Istituto per le Opere di Religione

Istituto per le Opere di Religione

Das Istituto per le Opere di Religione (IOR) (deutsch Institut für die religiösen Werke), bekannter als Vatikanbank, ist eine Bank im Besitz des Heiligen Stuhles. Sie ist keine Staatsbank der Vatikanstadt, obwohl sie auch deren Aufgaben erfüllt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mit päpstlicher Konstitution vom 11. Februar 1887 ordnete Papst Leo XIII. die Bildung der Commissio ad pias causas, also der Kommission für fromme Zwecke an,[1] die 1908 vom Papst Pius X. in Amministrazione delle Opere di Religione, also der Verwaltung der Religiösen Werke umbenannt wurde. Es war eine Reaktion auf die Zerschlagung des Kirchenstaates im Jahr 1870. Die AOR war zunächst nicht mehr als eine Art Sammel- und Verwaltungsstelle für das päpstliche Restvermögen und die Ausgleichszahlungen, die die junge italienische Monarchie dem Heiligen Stuhl für den Verlust des Staatsterritoriums des Kirchenstaates gewährt hatte. Überdies erhielt der Papst vom italienischen Staat bis zur Unterzeichnung der Lateranverträge 1929 eine jährliche Apanage, die für die damalige Zeit ein Vermögen darstellte. Das alles wollte Leo XIII. zentral verwaltet wissen. Die AOR war aber keine Bank und trat auch nicht als eine solche in Erscheinung. Bis 1942 war die Existenz dieser Verwaltung, die direkt dem Papst unterstellt war, kaum bekannt.

Papst Pius XII. benannte am 27. Juli 1942 die AOR in IOR um und machte das Institut am 24. Januar 1944 schließlich zu einer echten, eigenständigen Bank.[1] Der Begriff Vatikanbank wurde aber erst sehr viel später gebräuchlich.

Durch die Zahlungen aus den Lateranverträgen und das finanzielle Geschick des ersten Direktors des IOR, Bernardino Nogara, vermehrte sich das Ursprungsvermögen des IOR rasch. Einige seiner Anlageentscheidungen stießen allerdings später auf Kritik der Öffentlichkeit. Beispielsweise wurde kritisiert, dass einige Firmen, an denen das IOR Anteile besaß, an der Aufrüstung Italiens oder an der Herstellung der Anti-Baby-Pille beteiligt gewesen seien.

Unregelmäßigkeiten um die Vatikanbank

Ende der 1970er Jahre gab es einen Skandal um undurchsichtige Geschäfte, in die das IOR und der Banco Ambrosiano sowie die Mafia verwickelt waren. Der Mord an Roberto Calvi (Juni 1982 in London) und an seiner Sekretärin und Vertrauten Graziella Corrocher († 17. Juni 1982) wurde dabei auch dem Vatikan angelastet. Eng mit diesem Skandal verknüpft ist der Name des damaligen Leiters des IOR, Erzbischof Paul Casimir Marcinkus. Diesem wurden Verbindungen zur italienischen Mafia nachgesagt.

Es wird vermutet, dass über den Banco Ambrosiano die geheime Finanzierung der Solidarność-Bewegung in Polen stattgefunden habe.

Der Zusammenbruch der Banco Ambrosiano und die Ermittlungen rund um diesen Bankrott, den Tod Roberto Calvis und Johannes Pauls I. entwickelten sich zu einer wirklichen Bedrohung nicht nur für das IOR, sondern für die Reputation des Vatikans schlechthin. Diese Geschehnisse sowie der Tod Johannes Pauls I. werden unter anderem im Film Der Pate III (1990) aufgegriffen und filmisch interpretiert. Beweise für die darin behaupteten Verbindungen liegen jedoch nicht vor.

In der Folge richtete Johannes Paul II. einen Wächterrat von fünf Kardinälen ein, die so genannte Commissione Cardinalizia di vigilanza.[1] Dieses Gremium soll darüber wachen, dass das IOR sich nicht mehr in dunkle Geschäfte verwickeln lässt oder diese selber initiiert. Mitglieder dieser Kommission sind derzeit (Stand 2008) die Kardinäle Tarcisio Bertone, Attilio Nicora, Jean-Louis Tauran, Telesphore Placidus Toppo sowie Odilo Pedro Scherer.

2009 erregte das Enthüllungsbuch “Vatikan AG“ des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi über das Finanzgebaren der Vatikanbank großes Aufsehen in Italien. Der Bankpräsident musste nach 20 Jahren an der Spitze der Vatikanbank zurücktreten.[2]

Am 21. September 2010 beschlagnahmte die italienische Finanzpolizei 23 Millionen Euro von einem Konto des Instituts und leitete Ermittlungen gegen den Präsident der Bank, Ettore Gotti Tedeschi, und den Generalsekretär der Bank, Paolo Cipriani, wegen des Verdachts auf Geldwäsche ein.[3][4][5] [2]

Tedeschi wies die Vorwürfe vehement zurück.[6] Ein italienisches Gericht lehnte im Oktober 2010 die Forderung des IOR auf Freigabe der einen Monat zuvor beschlagnahmten 23 Millionen Euro ab.[7] Auch wurden neue Vorwürfe gegen das IOR erhoben. [8]

Ende 2010 verkündete der Vatikan, eine Aufsichtsbehörde zur Bekämpfung von illegalen Aktivitäten auf dem Feld des Finanz- und Währungswesens einzuführen.[9] Um den 1. Juni 2011 wurden die blockierten 23 Millionen Euro von einem Gericht freigegeben.[10] Dies Aufgrund der neuen Aufsichtsbehörde, die gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung geschaffen wurde. Seit Anfang April 2011 kann im Vatikanstadt Geldwäsche mit Haftstrafen bis zu zwölf Jahren, Terrorfinanzierung mit bis zu 15 Jahren bestraft werden.[11]

Heutige Situation

Das IOR arbeitet heute mit eigenem Vermögen und auf eigene Rechnung im Auftrag des jeweiligen Papstes, der, juristisch gesehen, Alleineigentümer des IOR ist. Bis heute legt das IOR seine Bilanzen nicht offen.[12] Insbesondere ist das IOR nicht Teil der APSA, der Amministrazione del Patrimonio della Sede Apostolica, der Verwaltung für das Patrimonium des Heiligen Stuhl.[13] Diese Institution verwaltet heute das Restvermögen aus jenen Geldern, die infolge der Lateranverträge in die päpstlichen Kassen flossen. Vermögensrechtlich hat das IOR also nichts mehr mit den so genannten Laterangeldern zu tun.

Das IOR fungiert heute vielmehr als eine Art Girozentrale für die römisch-katholische Weltkirche. Viele Diözesen, Orden, Stiftungen und andere katholische Einrichtungen unterhalten ein Konto beim IOR. Der Aufsichtsratschef des IOR, Angelo Caiola, bezifferte das Vermögen des IOR Ende November 1989 auf 7 Milliarden DM (ca. 3,5 Milliarden EUR), das vor allem in ausländischen Wertpapieren angelegt worden sei. Unter anderem nannte Caiola als wichtiges Vermögen des IOR Anteile an fünf Bankhäusern, ohne diese aber zu benennen.

Kardinal Castillo Lara bezifferte 1994 die Einlagen des IOR mit 7 Billionen Lire, was damals rund 4 Milliarden US-Dollar entsprach. Die Nettoeinnahmen betrugen laut Lara im gleichen Jahr rund 70 Milliarden Lire, also rund 40 Millionen US-Dollar.

Die Goldreserven des IOR, von Bernardino Nogara in den 1930er Jahren aufgebaut, bestanden laut Angaben der Präfektur für die Ökonomischen Angelegenheiten des Heiligen Stuhl im Januar 1992 aus 235.765 Feinunzen im damaligen Gegenwert von rund 83 Millionen US-Dollar. Ende 1992 waren es nur noch 139.302 Feinunzen und Ende 1993 hatte das IOR nur noch 47.772 Feinunzen Gold in seinen Büchern.

Papst Benedikt XVI. ernannte Kardinal Attilio Nicora am 19. Januar 2011 zum Präsidenten des Verwaltungsrates der neu geschaffenen vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF (Autorità d'informazione finanziaria)[14]

Der SWIFT-Code des IOR ist IOPRVAVX.

Leitung des IOR

Das oberste Organ des IOR ist die Kardinalskommission (Commissione Cardinalizia), die aus fünf von Papst designierten Kardinälen besteht. Die Kardinalskommission ernennt den fünfköpfigen Aufsichtsrat (Consiglio di Sovrintendenza), und auf Empfehlung des Aufsichtsrats den Generaldirektor und den Vize-Generaldirektor.[1]

Aufsichtsrat (seit September 2009)[15]

  • Ettore Gotti Tedeschi (Präsident)
  • Dr. Ronaldo Hermann Schmitz (Vizepräsident)
  • Dr. Carl A. Anderson
  • Dr. Giovanni De Censi
  • Dr. Manuel Soto Serrano

Generaldirektion

  • Paolo Cipriani (Generaldirektor, seit Oktober 2007)[16]
  • Dr. Mario Trippanera (Vize-Generaldirektor)
  • Dr. Alessandro Lombardi (Assistierender Vize-Generaldirektor)
  • Antonio Chiminello (Manager)

Revisoren

  • Prof. Avvocato Francesco Benatti
  • Dr. Mark Martinelli
  • Dr. Rodolfo Molinuevo

Siehe auch

Literatur

  • Conferenza Episcopale Italiana: Dalla parola alle opere. 15 anni di testimonianze del Vangelo della carità nel Terzo Mondo. on-line: [1].
  • Umberto Folena: La vera questua. Analisi critica di un'inchiesta giornalistica. Avvenire Nuova Editoriale Italiana, Milano, 2008, ISBN 9771120602306
  • Giancarlo Galli: Finanza bianca. La Chiesa, i soldi, il potere. Mondadori, 2004 ISBN 88-04-51262-8
  • Jonathan Levy: The Vatican Bank. Chapter in: Everything You Know is Wrong, Disinformation Press, 2002, ISBN 1-56731-701-4
  • Larry Gurwin: The Calvi Affair: Death of a Banker. Pan Books, London, 1984, ISBN 0-330-28540-8
  • Heribert Blondiau, Udo Gümpel: Der Vatikan heiligt die Mittel. Mord am Bankier Gottes. Patmos, Düsseldorf, 1999 ISBN 3-491-72417-1
  • Friederike Hausmann: Kleine Geschichte Italiens von 1943 bis heute. Berlin, 1997, S. 118–123.
  • Nino Lo Bello: Vatikan im Zwielicht. Die unheiligen Geschäfte des Kirchenstaates. Heyne, München 1992, ISBN 3-453-03745-6
  • John F. Pollard : Money and the Rise of the Modern Papacy: Financing the Vatican, 1850–1950. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-81204-6.
  • Charles Raw: The Moneychangers: How the Vatican Bank Enabled Roberto Calvi to Steal 250 Million Dollars for the Heads of the P2 Masonic Lodge. Harvill Press, 1999 ISBN 0-00-217338-7
  • Nick Tosches: Geschäfte mit dem Vatikan. Die Affäre Sindona. Droemer Knaur, München, 1987, ISBN 3-426-03970-2
  • David A. Yallop: Im Namen Gottes? Der mysteriöse Tod des 33- Tage- Papstes Johannes Paul I. (Taschenbuch), Rowohlt Tb.; Auflage: Vollst. überarb. N.-A. (September 2001), Sprache: Deutsch, Englisch; ISBN 3-499-61175-9
  • Gianluigi Nuzzi: Vatikan AG. Ein Geheimarchiv enthüllt die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche. Ecowin Verlag GmbH, März 2010 ISBN 3902404892
  • Sabine Schwabenthan: Die geheimen Schatzkammern des Vatikans. In: P.M.-Welt des Wissens Nr. 8, 2010, ISSN 1863-9313, S. 36–43

Belletristik und Kunst:

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Johannes Paul II.: Chirografo di Giovanni Paolo II con il quale viene data nuova configurazione all'„Istituto per le Opere di Religione“. Libreria Editrice Vaticana, 1. März 1990, abgerufen am 3. Juli 2010 (italienisch, Chirograph zur Neugestaltung des „Istituto per le Opere di Religione“).
  2. a b [faz.net vom 21. September 2010: Chef der Vatikanbank im Visier der Ermittler
  3. Focus: Geldwäsche - Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Vatikanbank, vom 21. September 2010
  4. ORF: 23 Millionen Euro eingefroren
  5. NZZ: Geldwäscherei bei der Vatikanbank?, vom 22. September 2010
  6. faz.net vom 22. September 2010: 'Vatikanbank spricht von gezieltem Angriff
  7. Court rejects Vatican bid to unfreeze funds ft.com, 20. Oktober 2010
  8. Neue Vorwürfe gegen das Finanzinstitut des Vatikans handelsblatt.com, 21. Oktober 2010, abgerufen am 24. Oktober 2010
  9. Papst sagt Geldwäsche den Kampf an in: Spiegel Online vom 29. Dezember 2010
  10. IOR bekommt konfiszierte Millionen zurück, derstandard.at, abgerufen am 3. Juni 2011
  11. Richter belohnen Vatikan für Geldwäsche-Kampf in: Spiegel Online vom 1. Juni 2011
  12. Vatikan: Geld und Geheimnis diepresse.com, abgerufen am 31. Juli 2011
  13. * John F. Pollard: Money and the Rise of the Modern Papacy: Financing the Vatican, 1850–1950. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-81204-6, S. 2.
  14. „Kardinal Nicora wird Chef der Finanzaufsichtsbehörde“, kipa/apic, 19. Januar 2011
  15. Renewal of the Board of Superintendence of the Ior. EWTN, 23. September 2009, abgerufen am 3. Juli 2010 (englisch).
  16. Nuovo Direttore generale di quella che viene erroneamente definita la banca del Vaticano. ZENIT, 19. Juni 2007, abgerufen am 3. Juli 2010 (italienisch, Meldung der Presseagentur ZENIT).

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