John Law

John Law
John Law als Direktor der Banque Royale

John Law of Lauriston (* 16. April 1671 in Edinburgh; † 21. März 1729 in Venedig) war ein schottischer Nationalökonom und Bankier.

Inhaltsverzeichnis

Lebenslauf

John Law war das fünfte von zwölf Kindern des Innungsmeisters der Goldschmiede von Edinburgh und Geldverleihers William Law. Nach Schulbesuch in seiner Heimatstadt und einem Internat ging er – bald nach dem frühen Tod des Vaters (1688) – nach London. Dort betätigte er sich als professioneller Glücksspieler. Die Fähigkeit, Gewinnchancen mit verblüffender Geschwindigkeit zu kalkulieren, hatte er sich wohl mittels Lektüre (Antoine Arnauld, Jakob Bernoulli) und genauer Beobachtung antrainiert; seine Begabung als brillanter Kopfrechner half dabei entscheidend. 1694 wurde er wegen eines Duells mit tödlichem Ausgang zum Tod verurteilt und flüchtete während der Berufungsverhandlung auf den Kontinent. In den folgenden Jahren studierte Law das Finanzsystem der Bank von Amsterdam und lernte den britischen Thronprätendenten James III. kennen. In Paris wurde Madame Katherine Seigneur, geb. Knowles, seine Geliebte; mit ihr floh er vor Neidern nach Venedig. Nach einem Jahrzehnt im Exil war er zurück im noch unabhängigen Schottland, um es vergeblich vor der Finanzkatastrophe aus dem Darién-Projekt zu retten. Sein Plan zu einer Reform der Finanzverfassung wurde abgelehnt; als die Vereinigung der Parlamente Englands und Schottlands drohte, ging Law (der in England weiterhin als flüchtiger Verbrecher galt) wieder auf den Kontinent.

Durch Glücksspiel „erarbeitete“ er sich in Paris ein Vermögen und wurde 1707 ein Freund Philipps von Orléans, des Regenten Frankreichs (ab 1715). Von 1716 an konnte er in Paris endlich seine geldpolitischen Ideen in die Praxis umsetzen, was in der Mississippi-Spekulation resultierte. Als einer der Hauptaktionäre der von ihm kontrollierten Gesellschaften wurde er nicht nur schwerreich, sondern auch der Star von Paris. 1717 war die Mordaffäre durch Begnadigung seitens des englischen Königs bereinigt worden, Ende 1719 konvertierte er zum katholischen Glauben. Bereits wenige Tage später wurde er zum Generalkontrolleur der Finanzen ernannt. In finanzieller Hinsicht war er damit der Herrscher Frankreichs und gleichzeitig – als Direktor der Mississippi-Kompanie – eines Drittels des nordamerikanischen Kontinents. Um seine gesellschaftliche Anerkennung zu stützen, gab er Unsummen für karitative Zwecke aus (so berichten übereinstimmend Liselotte von der Pfalz und Daniel Defoe).

Jedoch war das Ergebnis seiner Aktivitäten als Bankier und Finanzier des Staates eine geldpolitische Katastrophe. Als Law im Frühjahr 1720 Anlass hatte, an der Unterstützung durch den Regenten zu zweifeln, erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Die Kinder wurden auf das Land gebracht, Katherine harrte bei ihm aus. Im Dezember 1720 flüchtete er über Brüssel nach Venedig; sein Vermögen war zunächst blockiert, dann übereignete er es als Schadenersatz der Kompanie. Im Herbst 1721 reiste er nach London – allein, denn Katherine und die Kinder durften Paris weiterhin nicht verlassen. Nach einer Episode als Geheimagent Englands in Aachen und München wandte er sich 1726 wieder nach Venedig, wo er sich als Gemäldehändler betätigte. Dort verstarb er 1729 an den Folgen einer Lungenentzündung. Law wurde in der ehemaligen Kirche San Geminiano bestattet, sein Grabmal befindet sich heute in der Kirche San Moisè.

Den Rest seines Vermögens (gesammelte Gemälde) erbten Katherine (mit der er nie verheiratet gewesen war) und die gemeinsamen Kinder.

Würdigung

Zu behaupten, John Law habe das Papiergeld erfunden, wäre unrichtig. Bereits von 1609 an hatte die Bank von Amsterdam Banknoten ausgegeben, wobei jahrzehntelang sorgfältig auf jederzeit ausreichende Deckung durch Münzen geachtet wurde. 1661 waren in Stockholm von einer privaten Notenbank Banknoten emittiert worden – hier jedoch mangels Vertrauens mit mäßigem Erfolg.

Das entscheidend Neue an Laws Vorgehen war, nicht nur Edelmetalle, sondern auch Grundvermögen – mit dessen in der Zukunft liegenden Ertragsaussichten – zur Deckung des Notenumlaufs heranzuziehen. Law strebte an, mittels so geschaffenen Papiergelds Deflation zu verhindern und Handel und Gewerbe mit hinreichend Liquidität zu versorgen – ein erst im 20. Jahrhundert als geeignet anerkanntes Konzept.[1] Nach dem Platzen der Spekulationsblase 1720 waren jedoch seine Ideen für die darauffolgenden Generationen seriöser Geldpolitiker zunächst tabu. Karl Marx bezeichnete Law später als „eine Mischung aus Schwindler und Prophet.“[2]

Law war seiner Zeit weit vorausgeschritten. Erst nach den Erfahrungen mit der Hyperinflation in der völlig verarmten Weimarer Republik wagte man sich 1923 daran, den neuen Notenumlauf („Rentenmark“) mit der Ertragskraft (den „Renten“) der deutschen Landwirtschaft zu besichern, was bis zur Weltwirtschaftskrise auch Erfolg hatte. Spätestens seit den 1970er Jahren spielt die Deckung des Geldumlaufs mit Edelmetall weltweit keine Rolle mehr.

Bemerkenswert ist auch der sozialpolitisch revolutionär wirkende Versuch, zahllose Verbrauchsteuern durch eine einkommensabhängige Steuer zu ersetzen. Im feudal geprägten Frankreich seiner Zeit konnte diese Maßnahme keinen Bestand haben, denn sie hätte den Kleinverdiener entlastet und einflussreiche Großverdiener belastet.

Ein weiterer Aspekt seiner wirtschaftspolitischen Maßnahmen war der Versuch, sämtliche gewerblichen Monopole, die Notenemission und die Steuereintreibung aus privater Hand in staatliche Regie zu überführen. Damit, so hoffte er, könne die öffentliche Hand ausreichend Gewinn machen und ihre Verbindlichkeiten ablösen.

John Law war mit den führenden Wirtschaftspolitikern seiner Zeit einig, dass reichlicher und zügiger Geldumlauf für die Volkswirtschaft förderlich sei. Die inflationären Gefahren einer solchen Politik verlor man gerne aus den Augen. Law – als Sohn eines Geldverleihers – war sich dieser Gefahren wohl bewusst. Er konnte sich jedoch von 1719 an gegen einflussreiche Entscheidungsträger in Paris nicht mehr durchsetzen. Deren ungehemmte Ausweitung der Banknoten- und Aktienemission heizte die Spekulationsblase noch an, die in die Katastrophe führen sollte.

John Law war eine der faszinierendsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Von attraktivem Aussehen, intelligent und charmant, mit tadellosen Manieren, gleichzeitig ein kühl kalkulierender Draufgänger, musste er in jedem Salon der Haute volée Europas Erfolg haben. An der Schwelle zwischen der rigiden Barockkultur Ludwigs XIV. und dem lasziven Rokoko stehend, verkörperte Law beide Seiten. Seine Vorstellung, mit einem einzigen Finanzkonglomerat die Wirtschaft eines ganzen Landes steuern zu können, entsprach noch völlig dem Denken des Sonnenkönigs. Mit seinem abenteuerlichen Privatleben jedoch leitete er bereits über zu der Welt Watteaus und erscheint uns als ein Vorläufer Giacomo Casanovas.

Einzelbelege

  1. „Verkehrt an John Law war nicht, daß er Zahlungsmittel in vacuo schuf, sondern daß er sie für Zwecke verwandte, die scheiterten.“ Joseph A. Schumpeter: Konjunkturzyklen. Eine theoretische, historische und statistische Analyse des kapitalistischen Prozesses. Bd. I, Göttingen 1961, S. 122 (engl. Business Cycles. A Theoretical, Historical, and Statistical Analysis of the Capitalist Process. New York 1939)
  2. Paul Strathern. A Brief History of Economic Genius. Thomson Texere, New York, 2001 ISBN 1-58799-189-6 S. 56.

Werke

  • Money and Trade Considered – With a Proposal for Supplying the Nation with Money, 1705 [1]

Literatur

Fachliteratur

  • Kwass, Michael: Privilege and the Politics of Taxation in Eighteenth-Century France: Liberté, Egalité, Fiscalité, Cambridge 2000.
  • Murphy, Antoin E.: John Law. Ökonom und Visionär, Düsseldorf 2002.
  • Sonenscher, Michael: Before the Deluge. Public Debt Inequality and the intellectual Origins of the French Revolution, Princeton 2007.
  • Lüthy, Herbert: La Banque Protestante en France de la Révocation de l'Édit de Nantes à la Révolution (1685-1794), 2 Bde., Paris 1959/1961.

Weblinks

 Commons: John Law – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Henri Jacques Nompar de Caumont, duc de La Force Generalkontrolleure der Finanzen
5. Januar 1720-28. Mai 1720
Michel Robert Le Peletier des Forts

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