Kanarisches Spanisch

Kanarisches Spanisch

Das Kanarische Spanisch ist eine Variante des Spanischen, wie er auf den Kanarischen Inseln gesprochen wird. Er ist vergleichbar mit dem in Kuba (→ Kubanisches Spanisch) oder Puerto Rico gesprochenen Kastilisch.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Eingliederung der Kanarischen Inseln in die Kastilische Krone begann unter Heinrich III. und wurde von den Katholischen Königen abgeschlossen. Die Eroberungsfeldzüge starteten hauptsächlich von andalusischen Häfen aus, so dass die Eroberer und Siedler hauptsächlich Andalusier waren. Außerdem muss es ein großes Kontingent an Kolonisten aus Portugal gegeben haben, die in einigen Regionen den Siedlern aus Andalusien und dem Rest Spaniens zahlenmäßig überlegen waren. Im Norden der Insel La Palma wurde wahrscheinlich bis Anfang des 20. Jahrhunderts Portuñol gesprochen, also eine Mischsprache aus Spanisch und Portugiesisch.

Das Volk, das die Inseln vor der Eroberung bewohnte, die Guanchen, sprach verschiedene Dialekte der Berbersprachen. Einige Gelehrte früherer afrikanischer Sprachen vermuten, dass auf den Inseln verschiedene Sprachen gesprochen wurden. Einige davon waren indoeuropäischen, andere dagegen subsaharischen Ursprungs. Nach der Eroberung der Kanarischen Inseln trat ein starker Kultivierungsprozess in Gang, so dass diese Sprachen fast komplett aus dem Archipel verschwanden. Es blieben nur ein paar Namen von Pflanzen und Tieren, Begriffe aus der Viehzucht sowie verschiedene Orts- und Personennamen erhalten.

Auf Grund ihrer geografischen Situation erfuhren die Kanarischen Inseln viele Einflüsse von außen, was sowohl ihre Kultur als auch ihren Dialekt beeinflusst hat. Umgekehrt hatte die kanarische Sprache großen Einfluss auf das Spanische gesprochen in Kuba, Venezuela, Puerto Rico und der Dominikanischen Republik, wohin tausende kanarische Bürger auswanderten. Im Bundesstaat Louisiana in den USA konzentriert sich eine Kolonie von Abkömmlingen kanarischer Emigranten, die weiterhin ihren kanarischen Dialekt als Umgangssprache verwenden.

Gebrauch und Aussprache

  • Pretérito indefinido (Präteritum). Es wird generell das Präteritum anstatt des pretérito perfecto compuesto benutzt. Der Perfekt ist für Situationen reserviert, die im Deutschen mit "jemals" umschrieben werden können: ¿Has estado en La Gomera? (Warst du jemals auf La Gomera?) - Sí, he estado 3 veces allí. (Ich war drei Mal dort); ¿Has visto la película de ...? (Hast du irgendwann einmal den Film von .... gesehen?). Im Gegensatz zum Festland verwendet man den Pretérito indefinido auch bei Ereignissen, die eben gerade erst stattgefunden haben: ¿Qué pasó? Ví un rayo. – „Was ist passiert? Ich sah einen Blitz.“. In Spanien würde man hier die Perfektform benutzen ("He visto ...").
  • Ustedes (3. Person Plural). Die Kanarier benutzen dieses Pronomen auch anstatt der 2. Person Plural (vosotros). Jedoch sagt man einigen Regionen von El Hierro und La Palma sowie auf La Gomera auch Vosotros estáis . Ebenfalls auf La Gomera und in einigen Regionen La Palmas gebraucht man ustedes vos vaís. Auch findet man archaische Formen wie váivos.
  • Diminutiv. Der Diminutiv -ito wird ungewöhnlich häufig verwendet. Beispiel: Vamos a hacer una comidita („Lasst uns was kleines essen“), was nicht nur im Falle eines wirklich kleinen Essens verwendet wird. Auf La Palma wird bei informellen Gelegenheiten ein noch stärkerer Diminutiv verwendet, als üblich, wie zum Beispiel chiquititito. Der Diminutiv findet auch bei ungewöhnlichen Worten Anwendung: Ahorita, also „jetztchen“.
  • Diminutivo acortado (gekürzte Diminutive). In einigen Diminutiven werden Silben "verschluckt". Beispiel: Cochito statt cochecito (kleines Auto), florita statt florecita (kleine Blume).
  • Seseo. Die bedeutendste Charakteristik des Kanarischen ist der Seseo, das heißt, die Laute [c] und [s] werden gleich ausgesprochen.
  • Teilweiser Wegfall des /s/-Lautes. Das /s/ wird am Wortende und vor Konsonanten wie ein angehauchtes h gesprochen: Lah mohcah statt „las moscas“. Dies ist so auch in der Südhälfte der iberischen Halbinsel sowie im größten Teil der Küstenregionen Lateinamerikas gebräuchlich. Die entsprechende Aussprache des /s/-Lauts vor Konsonanten findet man auch in Nordspanien, in Andalusien und Lateinamerika.
  • Aussprache von /ch/. Die Aussprache des /ch/-Lautes unterscheidet sich vom Rest Spaniens. Er klingt sehr dumpf, was für die Sprecher auf der Halbinsel wie in /y/ klingt.
  • Aussprache von /h/. Die Kanarische Sprache konserviert in einigen wenigen Worten die Aspiration des Anfangsbuchstaben f- im Lateinischen (wie z.B. auch in West-Andalusien). Ansonsten klingt das angehauchte /h/ wie ein /j/. So wird zum Beispiel aus harto (satt) jarto, aus hinojo (Fenchel) jinojo, ...
  • Vereinigung des finalen s mit dem darauffolgenden Vokal. los ojoslo'sojoh.
  • Abweichende Formen der Konjugation der Verben. Beispiel: enderezar (aufrichten) → enderechar
  • Verschwinden des „de“ in bestimmten Ausdrücken. Beispiele: Casa Marta, gofio mio, carne cochino, finca plátanos, etc. Dies ist allerdings auch in den meisten anderen Spanisch-Dialekten üblich.

Charakteristisches Vokabular

Auch das kanarische Vokabular hat verschiedene Einflüsse: So stammen einige Wörter aus dem Altspanischen, wie z.B. besos (labios – Lippen), Wörter portugiesischer bzw. galicisch-portugiesischer Abstammung, wie z.B. gaveta (cajón – Schrank mit Schubfächern).

Das kanarische Toponym ist voll von Wörtern, die ursprünglich aus der Guanche-Sprache stammen. Mal sind sie in ihrer Ursprungsform erhalten, mal wurden sie verspanischt. Des Weiteren gibt es viele Eigennamen, die auf die Guanchen zurückgehen (Gara, Jonay, Yaiza, etc.).

Auch existieren Wörter die auf das Andalusische zurückgehen und andere, deren Ursprung in Lateinamerika liegt, wie guagua (autobús - Bus) oder auch aus dem Englischen stammt, wie suéter (Sweatshirt).

Siehe auch

Literatur

  • Lengua Española 1 (S. 54), verschiedene Autoren, Ed. Alhambra (ISBN 84-205-1766-6)
  • Lengua Española de COU (S. 32), Simón Valcárcel Martínez, Ed. Tambre, S.L. (ISBN 84-88681-19-4)
  • El español de Canarias hoy, verschiedene Autoren, Ed. Iberoamericana (ISBN 84-88906-54-4)
  • Estudios sobre el español de Canarias (ISBN 84-96059-10-3)
  • El español de canarias en su dimensión atlántica : aspectos históricos y lingüísticos, Javier Medina López, Ed. Librería Tirant lo Blanch, S.L. (ISBN 84-8002-950-1)
  • Tesoro lexicográfico del español de Canarias, verschiedene Autoren (ISBN 84-7947-080-1)
  • Diccionario de canarismos, verschiedene Autoren (ISBN 84-87973-08-6)
  • Gran diccionario del habla canaria, Alfonso Oshanahan Roca (ISBN 84-7926-169-2).

Weblinks


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