Kertsch-Feodossijaer Operation

Kertsch-Feodossijaer Operation

Die Kertsch-Feodossijaer Operation (russisch Керченско-Феодосийская десантная операция) war eine Operation der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg, die vom 25. Dezember 1941 bis zum 2. Januar 1942 dauerte. Sie hatte zur Folge, dass die Halbinsel Kertsch auf der Krim kurzzeitig von sowjetischen Truppen zurückerobert werden konnte.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Sowjetische Gegenoffensive an der Ostfront im Winter 1941/42

Während der sowjetischen Gegenoffensive in der Schlacht um Moskau und in der Schlacht um Tichwin wurde die Situation in Sewastopol für die Rote Armee kritisch. Die deutsche 11. Armee unter dem Oberbefehl Erich von Mansteins kam bis auf etwa 6 km an die Stadt heran, sodass fast die ganze Stadt in Reichweite ihrer Artillerie lag. Am 7. Dezember befahl die STAWKA, in zwei Wochen eine Operation zur Befreiung der Halbinsel Kertsch vorzubereiten und durchzuführen. Der Plan sah vor, gleichzeitig bei Kertsch und Feodossija Truppen abzusetzen, um die sich auf der Halbinsel Kertsch befindliche 46. Infanterie-Division (die zum XXXXII. Armeekorps unter General Graf Sponeck gehörte) zu zerschlagen. Laut den Ankündigungen sowjetischer Sender sollte Sewastopol entsetzt und danach die gesamte Krim zurückerobert werden. Erst nach der Vernichtung der 11. Armee auf der Krim im Jahr 1944 sollten die Kämpfe ein Ende haben.

Als Beginn der Operation war der 21. Dezember 1941 vorgesehen. Der Termin wurde aber wegen der schweren Lage in Sewastopol verschoben. Einige der für die Operation vorgesehenen Einheiten wurden als Verstärkung nach Sewastopol verlegt und mussten erst ersetzt werden. Damit hatten sich auch die Pläne verkompliziert. Jetzt sollte die Operation in drei Phasen durchgeführt und zusätzlich Luftlandetruppen abgesetzt werden.

Truppenstärke

Die Truppen der Kaukasusfront besaßen eine Stärke von 62.000 Mann. Die Schwarzmeerflotte mit der Asow-Flottille zählte noch 20.500 Mann.

Der deutschen Seite stand auf der Halbinsel Kertsch nur die 46. Infanterie-Division zur Verteidigung zur Verfügung. Bei Feodossija standen ein Pionierbataillon, ein Panzerjägerbataillon sowie einige rumänische Küstenbatterien. Nach den ersten Landungen befahl das Oberkommando der Wehrmacht auch die um Simferopol stehende 4. rumänische Gebirgsbrigade und die 8. rumänische Kavalleriebrigade (diese sicherte die Ostküste der Krim) nach Feodossija. Die deutsch-rumänische Besatzung verfügte damit über eine Stärke von bis zu 25.000 Soldaten mit bis zu 180 Geschützen und 118 Panzern. Ab Anfang Januar 1942 wurde zusätzlich noch die letzte Regimentsgruppe der abmarschierenden 73. Infanterie-Division von Henitschesk auf Feodossija heranbefohlen.

Verlauf

Am 26. Dezember 1941 begann die Operation unter schweren Bedingungen mit der Landung im nordöstlichen Teil der Halbinsel Kertsch. Erich von Manstein hielt den Angriff auf die Halbinsel Kertsch zunächst für ein Ablenkungsmanöver und setzte die Belagerung Sewastopols fort. Bis zum 28. Dezember gelang es der 46. Infanterie-Division, die sowjetischen Landeköpfe nördlich und südlich Kertsch auch größtenteils zu beseitigen.

In der Nacht des 29. Dezember landeten sowjetische Truppen unter dem Schutz starker Seestreitkräfte bei Feodossija. Die dort stationierten Kräfte der Wehrmacht hatten die Landungen wegen unzureichender Stärke nicht verhindern können; die rumänischen Verstärkungstruppen trafen erst im Verlaufe des Tages ein. Die Entdeckung der Massengräber des Massaker von Feodossija führte zu Übergriffen auf deutsche Soldaten und Kollaborateure. Dafür wurden nach der Rückeroberung der Stadt durch die Wehrmacht Rotarmisten und diejenigen Juden, die sich während der ersten Besetzung hatten verstecken können, verantwortlich gemacht und ermordet.[1] [2]

General Graf von Sponeck befahl unterdessen – entgegen einem nicht mehr erhaltenen Befehl des OKW – die Räumung der Halbinsel Kertsch. Er war der Ansicht, dass die 46. Infanterie-Division auf der Halbinsel abgeschnitten werde und damit verloren ginge, sobald Feodossija von sowjetischen Kräften erobert werden würde. Es wurde noch deutscherseits ein Versuch unternommen, die bei Feodossija gelandeten sowjetischen Kräfte mit Hilfe der rumänischen Verbündeten zu zerschlagen, was jedoch misslang. Die 46. Infanterie-Division erreichte schließlich die Enge von Parpatsch, wenngleich sie dabei die meisten ihrer schweren Geschütze hatte zurücklassen müssen. Zudem war die Kampfkraft der Division stark herabgesetzt, da die Soldaten infolge des Gewaltmarsches erschöpft waren.

Nördlich von Feodossija wurden sowjetische Truppen durch rasch dorthin geworfene deutsche Einheiten zum Stehen gebracht, die bald darauf durch zwei aus dem Belagerungsring um Sewastopol abgezogene deutsche Divisionen (132. und 170. Infanterie-Division) verstärkt wurden.

Ab dem 2. Januar 1942 lagen sich Rote Armee und Wehrmacht in der Linie Kiet–Koktebel gegenüber. Die Operation war gescheitert und verschaffte auch den Belagerten in Sewastopol lediglich eine kurze Entlastung.

Verluste und Folgen

Die Rote Armee eroberte die Halbinsel Kertsch zurück und verlor 42.000 Soldaten (32.500 Tote). Darüber hinaus ließ sich die Führung der Roten Armee entgehen, die auf dem Rückzug befindliche deutsche 46. Infanterie-Division durch die bei Kertsch angesetzte 51. Armee sofort zu verfolgen und zu stellen. Die bei Feodossija gelandete sowjetische Armee (bestehend aus sechs Divisionen) versäumte es, trotz ihrer deutlichen Überlegenheit gegenüber den deutschen-rumänischen Kräfte einen Vorstoß nach Dschankoj durchzuführen. Damit hätte sie den gesamten Nachschub der 11. Armee unterbunden. Offenbar sah die russische Führung „nur das taktische Ziel der Vernichtung der deutschen Kräfte auf der Halbinsel Kertsch und verlor darüber das operative Ziel, die Abschnürung der Lebensader der 11. Armee, aus den Augen“ [3].

Wegen des Zuführens von Truppen in Richtung Feodossija brach die Wehrmacht einen geplanten zweiten Angriff auf Sewastopol am 1. Januar 1942 ab. Am 5. Januar versuchten sowjetische Kräfte, im Hafen von Jewpatorija zu landen; gleichzeitig brach ein Aufstand in der Stadt aus. Nach zwei Tagen wurden sowohl der sowjetische Landungsversuch zurück- wie auch der Aufstand niedergeschlagen. Schließlich wurde die Stadt Feodossija am 18. Januar nach einem dreitägigen Angriff von der Wehrmacht zurückerobert. Es kam zwar in den folgenden Monaten mehrmals zu Kampfhandlungen zwischen Roter Armee und Wehrmacht, es konnte jedoch keine Seite einen strategischen Erfolg erzielen. Erst im Mai 1942 wurde die Halbinsel Kertsch durch die Wehrmacht zurückerobert (Unternehmen Trappenjagd).

Die Kertsch-Feodossijaer Operation stellte die größte amphibische Operation der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg dar[4].

Folgen für General von Sponeck

General von Sponeck ließ die Halbinsel Kertsch im Glauben räumen, dass die 46. Infanterie-Division durch die bei Feodossija gelandeten sowjetischen Kräften abgeschnitten werden würde. Die eigenmächtige Räumung der Halbinsel führte dazu, dass der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd, Generalfeldmarschall Walter von Reichenau, sämtliche Auszeichnungen der 46. Infanterie-Division sperren ließ. General Graf von Sponeck wurde in einem kriegsgerichtlichen Verfahren unter dem Vorsitz Hermann Görings zunächst zum Tode verurteilt. Diese Strafe wurde von Adolf Hitler in sechs Jahre Festungshaft (Germersheim) umgewandelt. Mehrfache Versuche der Rehabilitierung seitens Erich von Mansteins blieben erfolglos. Nach dem Kriegsende wurde bekannt, dass General Graf von Sponeck auf Befehl Himmlers nach dem 20. Juli 1944 erschossen worden war.

Quellen

  1. Norbert Kurz: Die Krim unter deutscher Herrschaft, 1941–1944. Germanisierungsutopie und Besatzungsrealität. Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Band 5. Herausgegeben von Klaus-Michael Mallmann. Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005, ISBN 3-534-18813-6, S. 201.
  2. Bericht von Major Teichmann, Ortskommandeur Feodosia an Korück 553 vom 28. Februar 1942 zitiert in: Marcel Stein, Field Marshal Von Manstein, A Portrait. The Janus Head 2007, ISBN 1-906033-02-1, S. 372
  3. Erich von Manstein: Verlorene Siege. S. 243; Athenäum, Bonn 1955 (zuletzt in 17. Auflage: Bernard und Graefe, München 2004, ISBN 3-7637-5253-6
  4. Kertsch-Feodossier Operation in Soldaty 20 weka (russisch)

Weblinks


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