Langlands-Programm

Langlands-Programm

Das Langlands-Programm der Mathematik besteht in einer Reihe von weitreichenden Vermutungen, die die Zahlentheorie und die Darstellungstheorie von Gruppen miteinander verknüpfen. Sie wurden von Robert Langlands seit 1967 aufgestellt.

Inhaltsverzeichnis

Verbindung zur Zahlentheorie

Als Ausgangspunkt des Programms kann man das Reziprozitätsgesetz von Artin ansehen, das das Quadratische Reziprozitätsgesetz verallgemeinert. Artins Reziprozitätsgesetz ordnet einem Algebraischen Zahlkörper, dessen Galoisgruppe über \Bbb Q kommutativ (abelsch) ist, eine L-Funktion der eindimensionalen Darstellungen der Galoisgruppe zu, und besagt, dass diese L-Funktion mit einer gewissen Dirichletschen L-Reihe übereinstimmt.

Für nicht-abelsche Galoisgruppen und höherdimensionale Darstellungen kann man ebenfalls L-Funktionen in natürlicher Weise definieren.

Automorphe Darstellungen

Die Idee von Langlands war es, eine geeignete Verallgemeinerung der Dirichletschen L-Funktionen zu finden, die es erlaubt, die Aussage von Artin in diesem allgemeineren Rahmen zu formulieren.

Hecke hatte schon früher Dirichletsche L-Funktionen mit automorphen Formen, also mit holomorphen Funktionen der oberen Halbebene der komplexen Zahlen \mathbb C, die gewisse Funktionalgleichungen erfüllen, in Verbindung gebracht. Langlands verallgemeinerte dies auf automorphe kuspidale Darstellungen. Dabei handelt es sich um unendlich-dimensionale irreduzible Darstellungen der allgemeinen linearen Gruppe GLn über dem Ring der Adele von \Bbb Q, wobei dieser Ring alle Vervollständigungen von \Bbb Q berücksichtigt, siehe p-adische Zahlen.

Langlands wies diesen automorphen Darstellungen gewisse L-Funktionen zu und vermutete, dass jede L-Funktion einer endlichdimensionalen Darstellung der Galoisgruppe mit der L-Funktion einer automorphen kuspidalen Darstellung übereinstimmt. Dies ist die sogenannte „Reziprozitätsvermutung“.

Ein allgemeines Funktorialitätsprinzip

Langlands verallgemeinerte dies noch weiter: Anstelle der allgemeinen linearen Gruppe GLn kann man andere reduktive Gruppen betrachten. Zu einer solchen Gruppe G konstruierte Langlands eine komplexe Lie-Gruppe LG, und für jede automorphe kuspidale Darstellung von G und jede endlichdimensionale Darstellung von LG definierte er eine L-Funktion. Eine seiner Vermutungen besagt dann, dass diese L-Funktionen gewisse Funktionalgleichungen erfüllen, die solche von bekannten L-Funktionen verallgemeinern.

In diesem Rahmen formulierte Langlands ein allgemeines „Funktorialitätsprinzip“: Wenn zwei reduktive Gruppen und ein Morphismus zwischen ihren L-Gruppen gegeben ist, so sind diesem vermuteten Prinzip nach ihre automorphen Darstellungen miteinander in einer Weise verbunden, die mit ihren L-Funktionen verträglich ist. Diese Funktorialität impliziert alle anderen Vermutungen. Es ist vom Typ her die Konstruktion einer induzierten Darstellung, was in der traditionellen Theorie der automorphen Formen eine 'Liftung' genannt wurde. Versuche, eine solche Konstruktion direkt anzugeben, haben nur zu eingeschränkten Resultaten geführt.

All diese Vermutungen können auch für andere Körper formuliert werden. Anstelle von \Bbb Q kann man algebraische Zahlkörper, lokale Körper und Funktionenkörper, d. h. endliche Körpererweiterungen von Fp(t) betrachten, wobei p eine Primzahl und Fp(t) den Körper der rationalen Funktionen über dem endlichen Körper mit p Elementen bezeichnet.

Ideen, die zu Langlands Programm führten

In das Programm gingen folgende Ideen ein: die Philosophie der Spitzenformen, die einige Jahre zuvor von Israel Gelfand formuliert worden war, der Zugang von Harish-Chandra zu halbeinfachen Liegruppen und im technischen Sinn die Spurformel von Selberg und anderen. Das Neue in Langlands Arbeit war, neben der technischen Tiefe, die vermutete direkte Verbindung zur Zahlentheorie und die funktorielle Struktur des Ganzen.

In den Arbeiten von Harish-Chandra findet man beispielsweise das Prinzip, dass man das, was man mit einer halbeinfachen (oder reduktiven) Liegruppe tun kann, für alle machen sollte. Wenn somit die Rolle von niederdimensionalen Liegruppen wie der GL(2) in der Theorie der Modulformen erkannt worden war, so war der Weg offen für Spekulationen über GL(n) für beliebiges n > 2.

Die Idee der Spitzenform rührte von den Spitzen bei Modulkurven her, sie war aber auch sichtbar in der Spektraltheorie als 'diskretes Spektrum', im Gegensatz zu dem 'kontinuierlichen Spektrum' von Eisensteinreihen. Dieser Zusammenhang wird für größere Liegruppen technisch weit komplizierter, da die parabolischen Untergruppen zahlreicher sind.

Ergebnisse und Preise

Teile des Programms für lokale Körper wurden 1998 beendet und das für Funktionenkörper 1999. Laurent Lafforgue erhielt 2002 die Fields-Medaille für seine Arbeiten im Fall von Funktionenkörpern. Diese setzten frühere Untersuchungen von Vladimir Drinfeld fort, der ebenfalls mit der Fields-Medaille 1990 ausgezeichnet wurde. Für Zahlkörper ist das Programm nur in wenigen speziellen Fällen bewiesen, zum Teil von Langlands selbst. Für lokale Funktionenkörper wurde die Langlandsvermutung von Gérard Laumon, Michael Rapoport, Ulrich Stuhler, \mathcal{D}-elliptic sheaves and the Langlands correspondence, Invent. Math. 113 (1993) 217-338 bewiesen. Die lokale Langlandsvermutung (für lokale p-adische Körper) wurde 1998 von Michael Harris, Richard Taylor und unabhängig davon von Guy Henniart bewiesen.

Langlands erhielt 1996 den Wolf-Preis für Mathematik für seine Arbeit zu diesen Vermutungen.

Literatur

  • Stephen Gelbart: An Elementary Introduction to the Langlands Program, Bulletin of the AMS v.10 no. 2 April 1984.
  • Edward Frenkel: Lectures on the Langlands Program and Conformal Field Theory, hep-th/0512172

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