- Leberwurstbaum
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Leberwurstbaum Leberwurstbaum
Systematik Asteriden Euasteriden I Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales) Familie: Trompetenbaumgewächse (Bignoniaceae) Gattung: Kigelia Art: Leberwurstbaum Wissenschaftlicher Name der Gattung Kigelia DC. Wissenschaftlicher Name der Art Kigelia africana (Lam.) Benth. Der Leberwurstbaum (Kigelia africana, Syn.[1] Kigelia pinnata (Jacq.) DC. 1845) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Trompetenbaumgewächse (Bignoniaceae). Die Art ist die einzige in der monotypischen Gattung Kigelia. Der Baum stammt ursprünglich aus Westafrika, er ist heute aber in ganz Afrika verbreitet.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Leberwurstbäume sind mittelgroße Bäume. Die Laubblätter sind gegenständig, und − aus sieben bis neun Teilblättchen bestehend – unpaarig gefiedert. Pseudonebenblätter, wie sie in anderen Vertretern der Familie vorkommen, fehlen.
Die Blütenstände sind Thyrsen, die geißelblütig von den unteren Zweigen hängen. Die Blüten öffnen sich nachts. Der Kelch ist groß, becherförmig und mit fünf unregelmäßigen Zähnen besetzt. Die Krone ist kastanienbraun gefärbt, röhrenförmig bis glockenförmig, gerade und dick. Die Blüten enthalten vier fertile Staubfäden, die nicht über die Krone hinausragen. Die Staubbeutel sind unbehaart und bestehen aus zwei dicken, nicht gegabelten Theken. Der Fruchtknoten ist zylindrisch und fein mit Schuppen bedeckt. In jeder Kammer des Fruchtknotens stehen die Samenanlagen etwa zehnreihig. Der Fruchtknoten wird von einem ringförmigen Blütenboden umschlossen.
Die Früchte werden bis zu 50 cm lang, sind wurstförmig, faserig verholzt und sehr stabil. Sie enthalten unbehaarte, ungeflügelte Samen in einer feuchten stärke- und eiweißhaltigen Einbettung. Die senkrecht herab hängenden Fruchtkörper zählen zu bevorzugten Nahrungsquellen für große Säugetiere wie Elefanten und Giraffen, aber auch von Pavianen können die harten Kapseln geöffnet werden. Ihr Inhalt ist auch für den menschlichen Verzehr geeignet, stellt aber aufgrund eines eigentümlichen Geschmacks und Konsistenz eine eher selten genutzte Nahrungsquelle dar.
Systematik
Die Gattung Kigelia wurde lange Zeit als Teil der Tribus Crescentieae geführt. 1976 teilte Alwyn Gentry die Tribus Coleeae von den Crescentieae ab und ordnete auch die Kigelia in die Coleeae ein. Frühe molekularbiologische Untersuchungen[2] mit nur wenigen untersuchten Vertretern belegten diese Einordnung zunächst. Neuere Untersuchungen, die umfassendere Teile der Familie untersuchten, zeigten jedoch, dass die Coleeae mit den Kigelia nicht monophyletisch wären. Demnach ist die Gattung in der Nähe der Gattungen Stereospermum, Markhamia, Newbouldia und Fernandoa platziert; diese bilden zusammen eine Schwesterklade zu den Coleeae.[3]
Die Gattung wird von vielen Autoren als monotypisch mit Kigelia africana als einzige Art geführt, gelegentlich wird eine zweite Art Kigelia moosa abgespalten.
Verwendungszwecke
Der Inhalt der stabilen Fruchtkörper ist für Menschen prinzipiell genießbar, wird jedoch selten genutzt. Er wird als weniger schmackhaft angesehen und seine zahlreichen Nährstoffe sind für die menschlichen Verdauung vergleichsweise schlecht erschließbar. Früchte, Rinde und Wurzeln werden jedoch von Einheimischen zur Herstellung von Heilmitteln verwendet. Sie werden zur Heilung von Bandwürmern, Geschwüren, der Ruhr, Rheuma und Syphilis eingesetzt.[4] Der Stamm des Leberwurstbaums wird in der Region des Okavangodeltas zur Herstellung von Mokoro-Einbäumen verwendet, da es für Bootsbau und Haltbarkeit im Wasser einige bevorzugte Eigenschaften aufweist.
Die von der Form der Frucht hervorgerufene Assoziation spielt eine Rolle bei Anwendungen mit dem Ziel der Bruststraffung oder Brustvergrößerung (Senegal) oder Penisvergrößerung (Venda).[5] Keine dieser Zuschreibungen ist bislang wissenschaftlich erwiesen.
Afrikanische Weisheit
Eine Redensart besagt, dass der schlechteste Platz zum Übernachten unter einem Leberwurstbaum ist. Wenn man nicht von den bis zu sieben Kilogramm schweren Früchten erschlagen wird, dann wird man von den Elefanten, die zum Fressen der Früchte kommen, vertrieben.[6]
Aberglaube
Einem alten Aberglauben aus Süd-Malawi zufolge beschützt die Frucht des Leberwurstbaums, wenn sie in einer Ecke der Hütte aufgehängt wird, diese vor Wirbelstürmen.[4]
Inhaltsstoffe
- das Chinon Lapachol[7], isoliert aus den Wurzeln
- Sterole: Stigmasterol und β-Sitosterol[7]
- Dihydroisocumarine: 6-Methoxymellein, Kigelin, Desmethylkigelin[7]
- terpenoide Aldehyde: Norviburtinal und Pinnatal[8] aus der Wurzelrinde
- Iridoide: Minecosid, Speciosid und Verminosid aus der Wurzelrinde und in der Stammrinde das Catalpol[9]
- Naphthochinone: Kigelinon[10], Isopinnatal, Kigelinol, Isokigelinol, 2-(1-hydroxyethyl)-naphtho[2,3-b]furan-4,9-chinon [11] und 2-(1-Hydroxyethyl)naphtho[2,3-b]furan-4,9-dion[12]
- Kigeliol, ein Lignan[10]
- Triacontansäure[10] (Syn. = Melissinsäure)
- Vanillin[10]
- Flavone: Luteolin und 6-Hydroxyluteolin[13]
- Polyphenole: u.a. Verbascosid[14]
- im Wachs auf den Blättern: n-Alkane (C23-C33) und n-Alkohole (C18-C30)[15]
- 6-p-Cumaroyl-Sucrose, ein Phenylpropanoid und zehn Phenylethanoide[16]
- Zimtsäure-Derivate: Ferulasäure und Kaffeesäure[17]
Experimentelle Pharmakologie
Extrakte und Zubereitungen aus Leberwurstbaum-Drogen werden in der westlichen Medizin nicht angewendet. Die meisten biomedizinischen Erkenntnisse über die Wirkungen des Leberwurstbaums beruhen bislang auf in-vitro-Versuchen und sind damit nur sehr begrenzt aussagefähig. Die große Zahl an Inhaltsstoff-Gruppen (siehe oben, Abschnitt Inhaltsstoffe) legt nahe, dass vielfältige Wirkungen von Leberwurstbaum-Extrakten ausgehen. Dies ist insofern schlecht für eine Anwendung als Naturarzneimittel, weil damit auch toxische Wirkungen, also Giftwirkungen, wahrscheinlich werden.
Zwar ist in einzelnen in-vitro-Versuchen nachgewiesen worden, dass Zubereitungen unter anderem antioxidativ, entzündungshemmend, gegen bestimmte Bakterien und Pilze, gegen Trypanosomen und gegen den Erreger der Malaria wirken können. Auch konnte in Tierstudien eine Giftwirkung gegen Weichtiere festgestellt werden und es ergab sich keine kurzfristige Organtoxizität. Jedoch liegen keine langfristigen toxikologischen Daten vor, weder per Tierversuch noch in klinischen Studien ermittelt. Da in vitro Hautirritationen und zytotoxische (zellschädigende) Effekte gegen Krebs-Zellkulturen ermittelt wurden, ist ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis unwahrscheinlich, zumal oft auch die festgestellten Effekte den Wirkungen von Standard-Substanzen unterlegen waren.
Der derzeitige pharmakologische und biologische Forschungsstand ist:
- In vitro-Versuche zeigten eine antioxidative Wirkung, indem sie in Ratten-Lebergewebe die Entstehung von reaktiven Substanzen verminderten, deren Entstehung durch Pro-Oxidantien zuvor angeregt worden war.[18] Die Lebern von Mäusen, die mit einer leberschädlichen Paracetamol-Dosis behandelt wurden, konnten durch die Gabe von Kigelia africana vor größeren Leberschäden bewahrt werden. Zugrunde liegt auch diesem Schutzmechanismus eine antioxidative Wirkung von Kigelia-africana-Inhaltsstoffen.[19]
- Das Iridoid Verminosid wies in vitro antiinflammatorische (entzündungshemmende) Effekte auf, indem es in Makrophagen die Expression der NO-Synthase iNOS verminderte und die Freisetzung des durch iNOS produzierten Stickstoffmonoxids (NO) verringerte. Es erwies sich als zytotoxisch und verursachte Hautirritationen, beeinträchtigte jedoch nicht die Lebensfähigkeit der Hautzellen.[14]
- Die Untersuchung eines Pflanzenextrakts, der aus mehreren Pflanzen, darunter Kigelia africana, zubereitet wird und in einigen afrikanischen Ländern gegen Diabetes zur Anwendung kommt, wies keine Organ-Toxizität bei Ratten auf und ergab keine Hinweise auf Wirkstoff-Interaktionen.[20]
- In einer Untersuchung verschiedener Kigelia-africana-Extrakte wurde eine molluskizide Wirkung festgestellt.[21][22]
- Die Inhaltsstoffe Norviburtinal und Isopinnatal aus Kigelia africana besitzen in vitro eine zytotoxische Wirkung gegen Melanom-Zelllinien und andere Krebs-Zelllinien[23]. Ein Dichlormethan-Extrakt aus der Stammrinde von Kigelia africana verlangsamte das Wachstum von Melanom-Zelllinien und einer Nierenzellkarzinom-Linie[24]
- 2-(1-Hydroxyethyl)naphtho[2,3-b]furan-4,9-dion aus der Leberwurstbaum-Wurzelrinde wirkte in vitro gegen Plasmodium falciparum, dem Erreger der Malaria tropica.[12]
- Die Komponente 2-(1-hydroxyethyl)-naphtho[2,3-b]furan-4,9-chinon wies in vitro eine antitrypanosomale Wirkung auf, sowohl gegen Trypanosoma brucei brucei, dem Erreger der Tierkrankheit Nagana, als auch gegen Trypanosoma brucei rhodesiense, dem Erreger der Ostafrikanischen Schlafkrankheit. Auch Isopinnatal, Kigelinol und Isokigelinol wirkten gegen diese beiden Trypanosomen, jedoch nicht so ausgeprägt, aber alle vier Substanzen waren schwächer wirksam als der Standard-Wirkstoff Pentamidin.[11]
- Ein wässriger Extrakt der Kigelia-africana-Stammrinde wies antimikrobielle Aktivität auf[25]. Kigelinon, Isopinnatal, Dehydro-alpha-Lapachon, Lapachol, P-Cumarylsäure und Ferulasäure aus der Wurzel und Kigelinon und Kaffesäure aus den Früchten, extrahiert mit Methanol, wurden als antifungal und antibakteriell wirksame Substanzen in Kigelia africana identifiziert.[17]
Literatur
- E. Fischer, I. Theisen und L.G. Lohmann: Bignoniaceae. In: Klaus Kubitzki, Joachim W. Kadereit (Hrsg.): Flowering Plants, Dicotyledons: Lamiales (except Acanthaceae Including Avicenniaceae), Springer Verlag, 2004. ISBN 978-3-540-40593-1.
- Hans Dieter Neuwinger: Afrikanische Arzneipflanzen und Jagdgifte. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh Stuttgart, 1994. ISBN 3-8047-1314-9
Weblinks
Commons: Leberwurstbaum – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienReferenzen
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- ↑ Michelle L. Zjhra, K. J. Sytsma und Richard G. Olmstead: Delimitation of Malagasy tribe Coleeae and implications for fruit evolution in Bignoniaceae inferred from a chloroplast DNA phylogeny. In: Plant Systematics and Evolution, Band 245, 2004. S. 55–67. doi:10.1007/s00606-003-0025-y
- ↑ a b Hans Dieter Neuwinger: Afrikanische Arzneipflanzen und Jagdgifte. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh Stuttgart, 1994. ISBN 3-8047-1314-9
- ↑ Hans Dieter Neuwinger; [translated by the author and Aileen Porter]: African ethnobotany: poisons and drugs: chemistry, pharmacology, toxicology. CRC Press, 1996, ISBN 978-3-8261-0077-2, S. 254.
- ↑ Safari Afrika - Pflanzenwelt & Naturlandschaften - Kenia Leberwurstbaum, Elefantenbaum - Kigelia africana, Zugriff Juli 2009
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