Lehmbruck-Museum

Lehmbruck-Museum
Lehmbruck-Museum, Eingang
„Lehmbruck-Trakt“ - links das Atrium (2010)
„Lehmbruck-Trakt“ (2010) - im Vordergrund: „Der Gestürzte“ von Wilhelm Lehmbruck

Das Lehmbruck-Museum ist ein öffentliches Museum in Duisburg mit einer herausragenden Sammlung internationaler moderner Kunst; der Schwerpunkt liegt auf hochrangiger Skulptur und Plastik, Malerei des deutschen Expressionismus, insbesondere aber auf dem Werk des deutschen Bildhauers Wilhelm Lehmbruck (1881-1919). Das Museum im Stadtzentrum von Duisburg ist umgeben vom Immanuel-Kant-Park - einem öffentlichen Skulpturengarten mit über 40 Freiluftskulpturen.

Inhaltsverzeichnis

Gründungsgeschichte

Das 1964 in seinem heutigen Gebäude eröffnete Haus geht zurück auf das Kunstmuseum Duisburg, welches 1924 von dem Kunsthistoriker August Hoff gegründet und als zunehmend eigenständige Einrichtung bis 1933 geleitet wurde. Damals werden Teile des Sammlungen aus dem Duisburger Heimatmuseum, das seit 1902 im neuen Rathaus residierte, in die Tonhallenstraße 11a verlegt. Das Heimatmuseum wurde vorbereitet, unterstützt und begleitet vom Museumsverein von 1902, der wiederum hervorgegangen war aus einer Duisburger Altertümerkommission von 1896. Der Verein, dessen Geschäftsführer Hoff 1924 wird, wandte sich schon seit 1907 auch der zeitgenössischen Kunst zu. Er beginnt, eine Sammlung mit Werken des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck aufzubauen, der 1881 in Meiderich (heute ein Stadtteil Duisburgs) zur Welt kam. Hoff bleibt bis 1926 für beide Museen zuständig, die zunächst noch einen gemeinsamen Haushalt haben. Anfang der 1930er Jahre wird der Museumsverein zum Kunstverein umgewandelt und Förderverein des Kunstmuseums, das die Stadt Duisburg 1931 als Träger übernimmt. Aus dem zweiten Standort in der Tonhallenstraße, in den 1924 auch die Lehmbruck-Objekte überführt werden, entwickelt sich so in wenigen Jahren das städtische Kunstmuseum. Das heutige Museum ist somit nicht nur benannt nach Wilhelm Lehmbruck, sein Werk war auch seit der Gründung in der Sammlung vertreten. Einige weitere Impulse aus Bürgerschaft und städtischen Gremien aus der Zeit vor Beginn und vor Ende des ersten Weltkriegs sowie Übernahmen aus dem Nachlass des namengebenden Künstlers tragen ebenfalls zur Entstehung der Sammlung wesentlich bei, die sich seit 1958 auch der internationalen Skulptur der Moderne öffnet. Eine größere Anzahl von Objekten geht der Sammlung 1937 durch die nationalsozialistischen Aktivitäten gegen die angeblich Entartete Kunst verloren. 2000 schließt sich der Museumsverein Duisburg mit dem 1968 gegründeten Förderkreis des Wilhelm Lehmbruck Museums e.V. zusammen zum neuen Freundeskreis Wilhelm Lehmbruck Museum e.V. und gegründet wird die Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum. Somit ist das ehemalige städtische Museum heute in der Trägerschaft einer öffentlichen Stiftung. 2009 wird eine der wichtigsten Erwerbungen erfolgreich abgeschlossen: Der 1.141 Werke (Skulpturen, Gemälde, Werke auf Papier) umfassende Nachlass von Wilhelm Lehmbruck kann erworben werden im Zusammenwirken von Familie Lehmbruck, dem Museum, der Stadt Duisburg, dem Land NRW, der Wirtschaft, mehreren Kunststiftungen und öffentlichen Förderern.

Architektur

Der Museumsbau am Rand des Immanuel-Kant-Parks in Duisburg wurde von Manfred Lehmbruck (1913–1992) – einem renommierten Museumsarchitekten und Sohn von Wilhelm Lehmbruck – in drei Abschnitten errichtet. Die Große Glashalle von 1964 rechts vom Eingang enthält Räumlichkeiten für die Sammlungen der Skulptur und Malerei. Sie dehnt sich auf mehreren Ebenen und Laufwegen aus und war für die Sammlungen, aber auch für Wechselausstellungen gedacht.

Auch der Lehmbruck-Trakt entstand 1964. Für diesen Teil des Baus auf der linken Seite der Kassenhalle entwarf Manfred Lehmbruck für das skulpturale und malerische Lebenswerk seines Vaters einen Stahlbetonbau, der sich auf mehreren Galerieebenen mit langen Treppenläufen tief in die Erde eingräbt. „Um ein offenes zentrales Atrium, das als strenges Quadrat gestaltet ist, werden die Binnenräume an der Nord- und Südseite von jeweils zwei gegeneinander versetzten und gewölbten Betonschalen begrenzt.“[1]

Schon bald nach der Eröffnung des Museums stellte sich heraus, dass die ständig wachsenden Sammlungen und innermusealen Bedürfnisse eine Erweiterung verlangten. Im Mai 1983 entstand ein neues Gebäude, das nach dem Entwurf von Manfred Lehmbruck und in Kooperation mit dem Dortmunder Architekten Klaus Hänsch ausgeführt wurde. „Für diesen Komplex, der wie bereits in der ersten Museumsplanung vorgesehen, erneut den Skulpturenhof als zentralen Binnenraum aufwertet und in südlicher Richtung erweitert, wurden drei verschieden große und fensterlose Kuben auf quadratischem Grundriss miteinander verzahnt.“ [2]

Eröffnet wurde der Erweiterungsbau 1987. Vorgesehen war, in diesem neuen Bereich die Privatsammlung des Schriftstellers Lothar-Günther Buchheim aufzunehmen. Buchheim hatte sein Angebot allerdings noch vor Fertigstellung des Anbaus zurückgezogen.

Im Juli 2010 wurde das Haus mit einer Neupräsentation der Sammlung nach mehrmonatigem Umbau wieder für das Publikum geöffnet. Das Museum wurde von zahlreichen Einbauten vergangener Jahre befreit, so dass in den beiden frühen Gebäuden die ursprünglichen Wände aus braunen Ziegeln, weißem Kiesel und grauem Sichtbeton wieder hervor kamen.

Die Sammlung

Die Sammlung des Museums besteht hauptsächlich aus den Plastiken Wilhelm Lehmbrucks und anderer nationaler und internationaler Künstler des 20. Jahrhunderts. Seit seiner Gründung hatte das Haus rund 165 Werke Lehmbrucks, vor allem seine Plastiken, erwerben können. Dazu kamen 2009 aus dem künstlerischen Nachlass 33 Skulpturen, 18 Gemälde, 11 Pastelle, 819 Zeichnungen und 260 Druckgrafiken. Diese 1.141 Werke hatten bis dahin nur als Leihgaben der Erbengemeinschaft Lehmbruck zur Verfügung gestanden.

Daneben verfügt das Museum über eine Sammlung deutscher Malerei des späten 19. und 20. Jahrhunderts wie beispielsweise Gemälde der Brücke-Künstler Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein und Otto Mueller sowie Gemälde von August Macke, Alexej von Jawlensky, Oskar Kokoschka, Emil Nolde, Heinrich Campendonk, Christian Rohlfs und Johannes Molzahn als weitere Vertreter des Expressionismus. Gemälde der Bauhaus-Schule, von Max Beckmann und Ernst Wilhelm Nay, sowie Fotografien und Druckgraphiken ergänzen die Sammlung.

In der Skulpturensammlung des Museums sind die wichtigsten Künstler und Kunstrichtungen des 20. und 21. Jahrhunderts vertreten: Ernst Barlach, Franz Marc, Käthe Kollwitz, Ludwig Kasper, Eberhard Bosslet, Joseph Beuys, Hermann Blumenthal, Alexander Archipenko, Raymond Duchamp-Villon, Henri Laurens, Jacques Lipchitz, Alexander Rodtschenko, Laszlo Péri, Naum Gabo, Antoine Pevsner, Pablo Picasso, Salvador Dalí, Max Ernst.

Die Kniende von 1911 kann wohl nicht nur als prominentestes Werk von Wilhelm Lehmbruck, sondern auch als früher Höhepunkt der Klassischen Moderne gelten. 1913 war die elegant überlängte Figur auf der Ausstellung The Armory Show in New York international bekannt geworden. Als sie nach dem Tod des Künstlers in den zwanziger Jahren im Duisburger Tonhallengarten aufgestellt wurde, entzündete sich an ihr eine öffentliche Debatte um die Verletzung des Schamgefühls. Eine Lokalzeitung rief sogar dazu auf, das als „unsittliches Schandmal“ bezeichnete Kunstwerk gewaltsam zu beseitigen. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1927 beschädigten vier junge Kaufleute die Skulptur schwer. Das Regime der Nationalsozialisten diffamierte die Skulptur später in ihren Kampagnen als Entartete Kunst.[3]

Wilhelm Lehmbruck (Auswahl)

Klassische Moderne und zeitgenössische Kunst (Auswahl)

  1. Magdalena Abakanowicz: Neun-Figuren-Raum (1990)
  2. Kenneth Armitage: Der Prophet (1961)
  3. César: L'Homme de Figanères (1964)
  4. Max Beckmann: Rugbyspieler (1929)
  5. Claus Bury: Mercator (1986)
  6. Giorgio de Chirico: Reiter (Dioskur) (1940)
  7. Max Ernst: Die Versuchung des Heiligen Antonius (1945)
  8. Bogomir Ecker: Boden 1/Hertz (1988/1990)
  9. Belu Simion Fainaru: Bait/Haus (1998/1999)
  10. Hans-Peter Feldmann: David (2010)
  11. Alberto Giacometti: Frau auf dem Wagen I (um 1943)
  12. Karl Hartung: Thronoi (1958/59)
  13. Erich Hauser: 17/70, Raumsäule (1970)
  14. Ernst Hermanns: Plastik I/67 (1967)
  15. Rudolf Hoflehner: Formation 29 (1959/1960)
  16. Dani Karavan: Dialog (1989)
  17. Berto Lardera: Zwischen zwei Welten I (1952)
  18. Alf Lechner: 3/73, Würfelkonstruktion, zweiteilig (1973)
  19. Alf Lechner: Große Zylinderspaltung (1991)
  20. Wilhelm Lehmbruck: Kniende (1911/1926)
  21. Henry Moore: Locking Piece (1962)
  22. Henry Moore: Reclining Figure, Two Pieces (1959)
  23. Horst Münch: Kopfbahn (1982/1984)
  24. Ansgar Nierhoff: ... die Liebe (2003)
  25. Ansgar Nierhoff: Eine enorme Anstrengung - Wilhelm Lehmbruck, Streckungen (1987)
  26. Meret Oppenheim: Der grüne Zuschauer (Einer der zusieht, wie ein anderer stirbt) 1933/1977)
  27. Eduardo Paolozzi: Egypt (1990)
  28. Heinz-Günter Prager: Abdeckung III (1973)
  29. David Rabinowitsch: Metrical (Romanesque) Construction in 5 Masses and 2 Scales (1973/1991)
  30. Norbert Radermacher: Der Posten (1989)
  31. Erich Reusch: Ohne Titel (1977)
  32. George Rickey: Two Congenial Segments, Rotation IV (1980)
  33. Michael Schoenholtz: Besuch in Rom IV (1998)
  34. Pinuccio Sciola: Uccello di pietra (1985)
  35. George Segal: Woman in lace (1985)
  36. Klaus Simon: Skulptur für einen Baum (1989/1990)
  37. Richard Serra: Weitmar (1984)
  38. Toni Stadler: Kniende Figur - Eos (1958)
  39. Werner Stötzer: Liegende (1998)
  40. Günter Tollmann: Beweglicher Plastik PA II (1971)
  41. Heinz Trökes: Zwischen den Blöcken (1947)
  42. André Volten: Skulptur für eine Ebene (1977)
  43. Friederich Werthmann: Felix Austria (1974)

Immanuel-Kant-Park

Kantparkpanorama.jpg

Eingebettet ist das Lehmbruck-Museum in den Immanuel-Kant-Park, von den Duisburgern gerne verkürzt Kant-Park genannt. Der Park geht auf den ehemaligen Villengarten des „Hauses Rhein“ zurück, das dem Duisburger Kaufmann Theodor Böninger jun. gehörte. Einige alte Flurstücke trugen bereits 1886 die Bezeichnung „Stadtgarten“. Die Katasterkarte von 1910 weist einen Teil des heutigen Geländes als „Immanuel-Kant-Park“ aus. 1925 wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er stark zerstört. Die Beseitigung der Schäden ging einher mit dem Ankauf von weiteren Grundstücken durch die Stadt Duisburg. Ende der 60er Jahre erfolgte die Umgestaltung und der weitere Ausbau des Parks. Auf der etwa 100 ha umfassenden Grünanlage befinden sich über 40 Skulpturen, die temporäre Ausstellungen ergänzen.[4]

Galerie

Direktoren

Weblinks

Quellen

  1. Lehmbruck Museum: „Die Architektur des Lehmbruck Museums“
  2. Lehmbruck Museum: „Die Architektur des Lehmbruck Museums“
  3. virtuelles museum moderne nrw: „Wilhelm Lehmbruck - Kniende, 1911“
  4. Duisburg.de: „Immanuel-Kant-Park - Die zentrale Grünanlage in der Duisburger City“
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