Heinrich Campendonk

Heinrich Campendonk

Heinrich Campendonk (* 3. November 1889 in Krefeld; † 9. Mai 1957 in Amsterdam) war ein deutsch-niederländischer Maler und Grafiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Campendonk, Sohn eines Textilkaufmanns, brach 1905 eine Lehre der Textilkunde ab und erhielt von 1905 bis 1909 eine künstlerische Ausbildung bei Jan Thorn-Prikker an der damals sehr fortschrittlichen Kunstgewerbeschule in Krefeld. Er war befreundet mit Helmuth Macke, August Macke, Wilhelm Wieger, Franz Marc und Paul Klee. 1909 knüpfte er erste Kontakte zu Mitgliedern der Neuen Künstlervereinigung in München. Mit der Unterstützung von Wassily Kandinsky und Franz Marc fand Heinrich Campendonk Anschluss an die Gruppe, die unter dem Namen „Blauer Reiter“ berühmt wurde. Er nahm an den beiden Ausstellungen der Gruppe in den Jahren 1911 und 1912 teil und wurde 1912 deren Mitglied. 1913 beteiligte er sich am Ersten Deutschen Herbstsalon in Berlin und an der Ausstellung „Rheinische Expressionisten“ in Bonn. Nach Ableistung des Kriegsdienstes von 1914 bis 1916 übersiedelte er nach Seeshaupt und war von 1919 bis 1921 Mitglied des Arbeitsrates für Kunst.

Zwischen 1923 und 1933 lebte Heinrich Campendonk im Rheinland. An der Kunstgewerbeschule in Essen wurde er 1923 Lehrer. 1926 wurde er als Professor für Glasmalerei, Wandmalerei, Mosaik und Gobelinweberei an die Kunstakademie in Düsseldorf berufen, wo er bis 1926 tätig war. Nach Hitlers Machtergreifung im Jahre 1933 wurde er in Düsseldorf auf der Grundlage des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entlassen. 1934 verließ Heinrich Campendonk Deutschland und emigrierte nach Belgien. Die Diffamierung seiner Bilder unter dem Schlagwort „Entartete Kunst“ (87 seiner Werke wurden beschlagnahmt) musste er aus dem Exil in Amsterdam miterleben. Dort nahm er 1935 eine Professur an der Rijksakademie van beeldende kunsten an. 1937 war er in der Münchener „Ausstellung Entartete Kunst“ mit sechs seiner Arbeiten vertreten. Im gleichen Jahr stellte er auf der Weltausstellung in Paris für die Niederlande ein Fenster vor, für das er den Grand Prix gewann. Nach dem Krieg kehrte Heinrich Campendonk nicht nach Deutschland zurück, sondern blieb in Amsterdam, wo er am 9. Mai 1957 hochgeehrt und als Holländer naturalisiert starb.

Werk

Seine Arbeiten bewegten sich im Bereich Kubismus, Futurismus, Expressionismus sowie der strengen geometrischen Formensprache. Campendonk prägte den rheinischen Expressionismus.

Während seines Aufenthalts in Sindelsdorf von 1911 bis 1916 und Seeshaupt von 1916 bis 1922 hat Campendonk als einziges Mitglied der Künstlergruppe mehrfach Szenen der Bergarbeiterstadt Penzberg verarbeitet (z.B. „Penzberger Reiter“, „Barbarazeche“, „Vorstadtbauern“, „Hohes Bild mit Pferden“, „Bayerische Landschaft mit Fuhrwerk“ und weitere).

In der heutigen NS-Gedenkstätte Villa Merländer in seiner Geburtsstadt Krefeld sind die zwei einzigen erhaltenen Wandgemälde Campendonks, „Katzen“ und „Harlekin“ zu betrachten. Die Bilder wurden während der Zeit des Nationalsozialismus vom Besitzer des Hauses, Richard Merländer übermalt und gerieten in Vergessenheit. Erst 1991 wurden die Bilder wieder entdeckt, bis 1998 freigelegt und im gleichen Jahr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die beiden Bilder entstanden 1925 und wurden direkt auf den frischen, trockenen Putz des neuen Hauses gemalt. Campendonk ging es in dieser Zeit finanziell nicht sehr gut, was ihn wohl dazu nötigte Auftragsarbeiten wie diese anzunehmen. Das schlug sich auch in seinem Malstil und vor allem in den von ihm gewählten Motiven nieder. Der Harlekin auf dem einen Wandgemälde ist als lustloser, trauriger Clown mit nach unten gezogenen Lippen ausgeführt. Es wird vermutet, dass Campendonk noch weit mehr solcher Bilder als Auftragsarbeit auf die Wände wohlhabender Kunstliebhaber seiner Zeit gemalt hat, doch bis heute sind keine weiteren erhaltenen Wandbilder dieser Art von ihm bekannt.

Die 1929 bis 1930 erbaute Pfarrkirche Maria Grün in Hamburg-Blankenese wurde von ihm mit Glasfenstern ausgestattet.

In der Christkönigskirche von Penzberg befinden sich zwei weitere Glasfenster Campendonks. Das „Passionsfenster“ entstand 1937 zur gleichen Zeit, als Campendonk von den Nazis als „entartet“ bekämpft wurde, im niederländischen Exil als Beitrag im niederländischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris. Es wurde dort ausgezeichnet mit dem Grand Prix. In Penzberg befindet sich eine neue Fassung in den Dimensionen 55 x 155 cm. Das „Jesaja“-Fenster von 1954 war ursprünglich Teil eines Entwurfes für ein riesiges Nordfenster des Kölner Domes. Dieses Fenster entstand als farbliches Probestück in den Maßen 349 x 106 cm. Campendonk musste letztlich aus gesundheitlichen Gründen auf die Ausführung des gesamten Fensters im Kölner Dom verzichten. Mittlerweile hat dieser Entwurf seinen endgültigen Platz in der 1951 geweihten Kirche gefunden.

Weitere Glasfenster Campendonks befinden sich im Essener Münster, das Michaelsfenster und im Emporengeschoss des Westwerks. Ferner schuf er Fenster für die evangelische Jesus-Christus-Kirche in Köln-Kalk, die katholische Pfarrkirche St. Matthäus in Vochem (Brühl) und St. Paulus in Düsseldorf.

1930 schuf Campendonk den Glasfensterzyklus in der Krypta der Bonner Münsterkirche. In den Niederlanden befinden sich Glasfenster in öffentlichen Gebäuden, Banken und Kirchen.

Weitere Werke Campendonks werden im Clemens-Sels-Museum Neuss und im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich aufbewahrt. Im Jahr 1955 wurden Werke Heinrich Campendonks auf der documenta 1 in Kassel ausgestellt.

Im Jahre 2010 wollte die Stadt Penzberg das Nachlass-Konvolut aus 89 Werken des Künstlers erwerben und in ein zu bauendes Museum eingliedern, jedoch kam es durch einen Stadtratsbeschluss vom 17. März 2010 nicht zum Erwerb der Sammlung. Am 2. Juni 2010 wurde bekannt, dass die Familie Mast (Jägermeisterlikör) den Nachlass aufgekauft hat und diesen als Leihgabe für 15 Jahre der Stadt Penzberg unter Auflagen überlässt.

Literatur

  • Mathias T. Engels: Heinrich Campendonk. Recklinghausen, 1958. (Monographien zur rheinisch-westfälischen Kunst der Gegenwart ; Bd. 8)
  • Volker Rattemeyer (Hrsg.): Das Geistige in der Kunst. Vom Blauen Reiter zum Abstrakten Expressionismus. Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-89258-088-1
  • Staatliche Museen zu Berlin: Expressionisten. Die Avantgarde in Deutschland 1905–1920, Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1986, ISBN 3362000819
  • Deutscher Wirtschaftsverlag, AG (Hg.): Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Band 1, Berlin, 1931

Weblinks


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