LiMux

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LiMux – Die IT-Evolution ist ein Projekt der Stadtverwaltung München, durch welches Freie Software auf den derzeit ca. 15.000 Arbeitsplatzrechnern der städtischen Mitarbeiter installiert wurde. Alle Arbeitsplätze nutzen seit 2009 OpenOffice.org und WollMux[1]. Zweites Ziel ist, bis 2013 bei über 80% der Verwaltungs-PCs das Betriebssystem auf den LiMux Client zu bringen[2]. Aufgrund der für die öffentliche Hand neuartigen Ausrichtung der Software-Beschaffung auf Open Source ist LiMux weltweit sporadisch in den Medien präsent und wird von der proprietären Softwareindustrie und den Befürwortern freier Software gleichermaßen beobachtet. Das Kofferwort LiMux setzt sich aus Linux und München zusammen. Ähnliche Projekte bestehen in Amsterdam mit Open.Amsterdam[3], im spanischen Saragossa mit AZLinux.[4][5] In Wien, wo man das Projekt Wienux[6] nennt, in Solothurn[7] und Amsterdam[8] verliefen ähnliche Umstellungen nicht erfolgreich.

Der Zusatz „Die IT-Evolution“ steht im Gegensatz zur „Revolution“, die versucht, durch einen scharfen Schnitt die aktuelle Situation zu ändern. „LiMux – Die IT-Evolution” soll eine langsame, aber kontinuierliche Entwicklung sein, die als Ziel eine modernere, den Anforderungen auf dem Arbeitsplatzrechner besser angepasste IT-Landschaft hat.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anlass für die Migration war das Ende des Supports für Windows NT 4 durch Microsoft Ende 2003; dadurch war eine Ablösung des bis dahin genutzten Windows NT 4 nötig. Vor diesem Hintergrund ließ München in einer Vorstudie[9] (Clientstudie) fünf mögliche Konfigurationen der Verwaltungsdesktops unter drei Gesichtspunkten (Wirtschaftlichkeit, Technik, Strategie) untersuchen, von reinen Microsoft-basierten Lösungen bis hin zu reinen Open-Source-Lösungen.

Im Winter 2003 reiste Steve Ballmer, Chef von Microsoft, zu einem Gespräch mit dem Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, um die vorgeblichen Nachteile eines bevorstehenden Wechsels zu verdeutlichen – seine Ausführungen wurden jedoch verworfen.[10] Die genauen Gesprächsinhalte sind nicht bekannt.

Die Studie ergab letztendlich einen Gleichstand zweier Alternativen. Die Mehrheit des Münchner Stadtrates entschied sich dann für die Lösung, die im Bereich „Strategie“ die vorteilhaftere ist, um damit die auf Herstellerunabhängigkeit ausgelegte IT-Strategie der Stadtverwaltung zu stützen und langfristig den Mittelabfluss selbst bestimmen zu können (= Kostenreduzierung).

Der Beschluss besagte nicht, dass fortan ausschließlich Open-Source-Software eingesetzt wird, sondern dass diese präferiert wird. Als wesentlich wichtigeren Punkt enthielt der Beschluss die Maßgabe, dass zukünftig zu entwickelnde oder öffentlich auszuschreibende Fachverfahren webbasiert implementiert werden sollen. Gerade dies soll eine zu starke Kopplung von Betriebssystem, Officesuite und Fachsoftware verhindern.

Seit August 2006 gibt es für LiMux auch ein tierisches Maskottchen im Münchner Tierpark Hellabrunn, den Königspinguin GoniMux.[11]

Die anfängliche Testphase von LiMux ging im September 2006 zu Ende, worauf ab dem 19. September 2006 damit begonnen wurde, die Windows-Arbeitsplätze im Kernbereich der Stadtverwaltung durch ein angepasstes Debian GNU/Linux mit K Desktop Environment 3 und OpenOffice.org abzulösen. Die vielfache Linux-Installation läuft dabei durch die freie Software FAI[12] automatisiert ab und wird durch die freie Software GOsa² konfiguriert.

Am 16. Mai 2007 nahm Bürgermeisterin Christine Strobl für das IT-Projekt das Zertifikat „Gebrauchstauglicher Basisclient“ vom TÜV IT entgegen.[13] Der TÜV bestätigte nach einem umfangreichen Zertifizierungsprozess die Gebrauchstauglichkeit des LiMux-Basisclients als Benutzerschnittstelle für interaktive Computersysteme nach der ISO Norm 9241–110. „Entscheidend für diese Einschätzung war, dass mit der neu gestalteten und auf KDE 3 basierenden Oberfläche und den enthaltenen Zusatzprogrammen (u. a. […]) eine effektive, effiziente und zufriedenstellende Arbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung möglich ist, […] ."[14]

Ziele und Umsetzung

Im Rahmen des Projektes plant die Stadt München bis Oktober 2013, rund 12.000 Desktop-PCs (über 80 %) von Windows NT 4.0 und Microsoft Office auf das Betriebssystem Linux und OpenOffice.org umzustellen.

2003 bis 2004 wurde ein Feinkonzept für die Migration erarbeitet, die im Juni 2004 begann und Kosten in der selben Größenordnung wie eine Microsoft-Lösung haben würde.[10] Die Migration wurde im Sommer 2004 unterbrochen, weil die Stadt die rechtlichen Auswirkungen von Softwarepatenten untersuchen wollte. Ab Ende 2006 startete die eigentliche Migration der Desktops.

Im Mai 2009 waren 1800 Arbeitsplätze auf Linux umgestellt, 12.000 nutzten OpenOffice.[15]

Im Juni 2010 waren mehr als 3000 Arbeitsplätze umgestellt, im November 2010 waren es 4000,[16] bis Ende 2010 waren es 5000[17]. Mitte April 2011 war die Hälfte[18] und Mitte August 7600[19] der geplanten 12000 PCs umgestellt.

Die AG Usability der Projektgruppe befragt regelmäßig die Nutzer, um eine gute Anpassung an die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erreichen. Geplant ist ein möglichst einfacher Umgang mit der Software.

Die Umstellung wird aufmerksam beobachtet. Eine erfolgreiche Migration veranlasst möglicherweise weitere Städte und Gemeinden, ihre IT-Infrastruktur von Windows auf Linux umzustellen.

Umstellung auf OpenOffice.org

Die Umstellung zu OpenOffice.org, teilweise bereits vorab unter einem Microsoft-Betriebssystem, wird durch ein eigens entwickeltes Tool, den Eierlegenden WollMux (oder kurz WollMux) flankiert. Diese in Java geschriebene Applikation kommuniziert mit OpenOffice.org über die UNO-Schnittstelle. Der WollMux löst einige in München zusammen mit Microsoft Office eingesetzte Applikationen ab. Seine Hauptfunktionen sind:

  • Briefkopfsystem: Briefkopfvorlagen automatisch befüllen, stadtweites Erscheinungsbild einhalten, Vorzimmerfunktion;
  • Formularsystem: Unterstützung der Sachbearbeiter beim Erstellen von Dokumenten auf Basis von Vorlagen, die bestimmte Eingaben erfordern, Vorlagenauswahl, automatisches Drucken verschiedener Ausfertigungen, automatisches Berechnen von Werten aus den Eingaben und Einfügen an entsprechenden Stellen;
  • Textbausteinsystem: Unterstützung der Sachbearbeiter beim Erstellen von Dokumenten aus Textbausteinen;
  • Hilfen für sachleitende Verfügungen: automatisches Erstellen und Drucken verschiedener Dokumentversionen mit entsprechenden sachleitenden Verfügungen.

2007 waren über 8000 Nutzer mit dem Programm OpenOffice.org ausgestattet. Laut einem Sprecher des LiMux-Projektes sei die Zufriedenheit der Nutzer damit groß gewesen.[20]. Ab Mitte 2010 nutzen alle 15.000 Büroarbeitsplätze OpenOffice.[21] Ende 2011 sollen alle PC-Arbeitsplätze kein Microsoft Office auf ihrem Rechner haben.

WollMux ist seit Ende Mai 2008 als freie Software öffentlich verfügbar.[22]

Client

LiMux
Basisdaten
Entwickler Stadt München
Sprache(n) deutsch
Version 4.0
(18.08.2011 [23])
Abstammung \ GNU/Linux
  \ Debian GNU/Linux
    \ Ubuntu
     \ LiMux[24]
Kernel Monolithisch (Linux)
Architekturen x86
Lizenz gemischt, Projekt nicht öffentlich

Der LiMux-Client 4.0 basiert auf Ubuntu 10.04 LTS. Er beinhaltet neben OpenOffice.org, Mozilla Thunderbird und Mozilla Firefox[25] auch verschiedenste Eigenentwicklungen und Fremdsoftware.

Aufgrund der beinhalteten proprietären bzw. unfreien Software ist der LiMux-Client nicht öffentlich verfügbar.


Siehe auch

Literatur

  • Leonhard Dobusch: Windows versus Linux: Markt – Organisation – Pfad, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008, ISBN 978-3-531-16242-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Interview mit Florian Schießl „Microsoft reicht für unseren Zweck nicht aus!“ Abgerufen am 30. September 2011.
  2. LiMux -> Das Projekt im Überblick -> Zahlen und Fakten. Abgerufen am 30. September 2011.
  3. Open software Amsterdam (nl). amsterdam.nl (10. September 2009). Archiviert vom amsterdam.nl Original am 17. September 2010. Abgerufen am 18. Oktober 2011.
  4. Präsentation des Projektstandes AZLinux. Stadt Saragossa, abgerufen am 20. November 2009.(spanisch)
  5. Präsentation des Projektes. Stadt Saragossa(mandrivero), 19.August 2009, abgerufen am 20. November 2009.(spanisch)
  6. Martin Schindler: Wiener Linux-Projekt gescheitert. Silicon.de, 4. Juni 2008, abgerufen am 18. Oktober 2011.
  7. Aus für Linux: Schweizer Kanton wechselt zurück zu Windows. Der Standard (17. September 2010). Abgerufen am 17. Oktober 2011. „Laufendes Migrationsprojekt wird abgebrochen - Outlook statt Scalix, Windows 7 statt Linux-desktop
  8. Vincent van Adrighem (10. März 2011): Open Amsterdam Project. vanadrighem.eu. Abgerufen am 18. Oktober 2011. „When the project FINALLY completed (it was not all tech...there was a lot of politics as well) it was shelved because of other priorities.
  9. „LiMux - Die IT-Evolution freie Software in München - Vorstudie”. Landeshauptstadt München, 2003, abgerufen am 4. Juli 2008.
  10. a b Byron Acohid (17. Juli 2003): Linux took on Microsoft, and won big in Munich (englisch). www.usatoday.com. Abgerufen am 18. Oktober 2011. „[...]Microsoft subsequently lowered its pricing to $31.9 million and then to $23.7 million — an overall 35% price cut. [...]On May 28, the city council approved a more expensive proposal — $35.7 million — from German Linux distributor SuSE and IBM, a big Linux backer.
  11. „Ein Pinguin verstärkt das LiMux-Team“. In: Pressemitteilung. Landeshauptstadt München, 25. August 2006, abgerufen am 4. Juli 2008.
  12. Fully Automatic Installation
  13. demon@pro-linux.de: „LiMux erhält TÜV-Zertifikat“. In: News. Pro-Linux, 15. Mai 2007, abgerufen am 4. Juli 2008.
  14. „TÜViT zertifiziert Usability des LiMux-Basisclients der Stadt München“. In: Pressemitteilung. TÜVIT, 16. Mai 2007, abgerufen am 4. Juli 2008.
  15. Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG (1. Mai 2009): Status der Linuxmigration in München. muenchen.de. Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG. Archiviert vom Original am 6. Juni 2009. Abgerufen am 11. November 2009.
  16. Die Stadt München will die Migration auf den Linux-Desktop beschleunigen und bis 2013 abschließen. Abgerufen am 27. August 2011.
  17. Letzte Pressemeldung in der Rathausumschau vom 28.01.2011. Abgerufen am 27. August 2011.
  18. Linux in München feiert Bergfest. Abgerufen am 27. August 2011.
  19. München bringt neues Release 4.0 des LiMux Clients heraus. 18. August 2011, abgerufen am 5. November 2011.
  20. Anja Schütz: Bilanz: Das erste Jahr Linux-Client in München. In: silicon.de. CNET Networks Deutschland GmbH, 26. Oktober 2007, abgerufen am 4. Juli 2008.
  21. Projekt LiMux: Die IT-Evolution geht weiter. Presse und Informationsamt München, 23. Juni 2010, abgerufen am 30. Juni 2010.
  22. Münchens WollMux wird freie Software. Landeshauptstadt München, 29. Mai 2008, abgerufen am 4. Juli 2008.
  23. München stellt weiter auf Linux um. Abgerufen am 8. September 2011.
  24. Limux-Client 4.0 basiert auf Ubuntu 10.04. Abgerufen am 27. August 2011.
  25. LiMux – Im Projekt eingesetzte Lösungen. Abgerufen am 27. August 2011.

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