- Lineare gewöhnliche Differentialgleichung
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Lineare gewöhnliche Differentialgleichungen bzw. lineare gewöhnliche Differentialgleichungssysteme sind eine wichtige Klasse von gewöhnlichen Differentialgleichungen.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Seien ein Intervall sowie und gegebene Funktionen. Die Differentialgleichung
- mit
heißt lineares (gewöhnliches) Differentialgleichungssystem n-ter Ordnung von m Gleichungen, falls für jedes feste die Abbildung
eine lineare Abbildung ist.
Im Fall m = 1 bezeichnet man sie als lineare (gewöhnliche) Differentialgleichung. Sie heißt homogen, falls g(x) = 0 für alle gilt, andernfalls inhomogen.
Im Folgenden seien f und g zusätzlich stetig. Dann versteht man unter einer Lösung dieses Differentialgleichungssystemes eine n-mal differenzierbare Funktion , welche
(punktweise) für alle erfüllt. Ist f unabhängig von der ersten Variablen, so bezeichnet man das Differentialgleichungssystem als eines mit konstanten Koeffizienten.
Spezialfälle
Wichtige Spezialfälle sind die beiden folgenden:
- Das lineare Differentialgleichungssystem erster Ordnung aus m Gleichungen
-
- worin und stetige Funktionen sind. Das zugehörige homogene System lautet
- Die lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung
-
- worin stetige Funktionen sind. Die zugehörige homogene Gleichung lautet
Unter letztere Gruppe fallen weiter die folgenden Differentialgleichungen:
- Airysche Differentialgleichung .
- Besselsche Differentialgleichung .
- Eulersche Differentialgleichung .
- Hermitesche Differentialgleichung .
- Hypergeometrische Differentialgleichung .
- Laguerresche Differentialgleichung .
- Legendresche Differentialgleichung .
- Tschebyschowsche Differentialgleichung .
Globale Existenz und Eindeutigkeit
Seien und beliebig. Dann besitzt das Anfangswertproblem eines linearen Differentialgleichungssystems
gemäß der globalen Version des Satzes von Picard-Lindelöf genau eine globale Lösung .
Lösungsstruktur
Homogene Probleme
Jede Linearkombination von Lösungen eines homogenen Problems ist wieder eine Lösung - dies wird als Superpositionsprinzip bezeichnet. Somit ist die Menge aller Lösungen ein Vektorraum. Bei einer linearen homogenen Differentialgleichung n-ter Ordnung und einem linearen homogenen Differentialgleichungssystem erster Ordnung von n Gleichungen ist er n-dimensional. Jede Basis des Lösungsraums heißt ein Fundamentalsystem.
Inhomogene Probleme
Die Kenntnis von Fundamentalsystem und einer speziellen Lösung reicht aus, um die Gesamtheit der Lösungen des inhomogenen Problems zu bestimmen. Es ist nämlich
die Menge aller Lösungen des inhomogenen Problems.
Spezielle Verfahren zum Auffinden einer partikulären Lösung
Hat man bereits ein Fundamentalsystem des zugehörigen homogenen Problems bestimmt, so kann man eine spezielle Lösung ysp des inhomogenen Problems durch die Methode der Variation der Konstanten oder das dort beschriebene Grundlösungsverfahren konstruieren. Wenn die Inhomogenität eine besondere Struktur ausweist, kann man gelegentlich mit dem Exponentialansatz schneller zu einer partikulären Lösung gelangen.
Falls man kein Fundamentalsystem konstruiert hat, funktioniert gelegentlich ein Potenzreihenansatz.
Eine weitere Möglichkeit bietet die Laplace-Transformation. Die Laplace-Transformation eignet sich aufgrund ihres Differentiationssatzes unter anderem dazu, Anfangswertprobleme zu linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten zu lösen. Vorausgesetzt, man kennt die Laplace-Transformierte der Inhomogenität, erhält man aus dem Differentiationssatz die Laplace-Transformierte der Lösung. Unter Umständen kennt man dann die Inverse davon, so dass man die (untransformierte) Lösung zurückgewinnen kann.
Im Spezialfall eines Differentialgleichungssystems erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten kann man die allgemeine Lösung unter Zuhilfenahme der Matrixexponentialfunktion bestimmen, sofern man die jordansche Normalform der Koeffizientenmatrix herstellen kann.
Periodische Systeme
Die stetige Koeffizientenmatrix und die Inhomogenität des Systems
seien im Folgenden beides ω-periodische Funktionen. Zwar kann man im Allgemeinen kein Fundamentalsystem des zugehörigen homogenen Problems explizit konstruieren - jedoch kennt man deren Struktur aufgrund des Satzes von Floquet.
Es stellt sich bei periodischen Systemen die Frage nach der Existenz von ω-periodischen Lösungen. Zunächst ist man am Lösungsraum
der ω-periodischen Lösungen des zugehörigen homogenen Problems interessiert.
Sei Φ eine Fundamentalmatrix des homogenen Problems y' = A(x)y. Dann heißen die Eigenwerte von Φ(ω)Φ(0) − 1 Floquet-Multiplikatoren bzw. charakteristische Multiplikatoren von y' = A(x)y und sind unabhängig von der Wahl der Fundamentalmatrix. Es gilt: Das homogene System y' = A(x)y besitzt genau dann eine nichttriviale ω-periodische Lösung, wenn 1 ein Floquet-Multiplikator von y' = A(x)y ist.
Für das inhomogene Problem betrachtet man den Raum der ω-periodischen Lösungen vom adjungierten Problem y' = − A(x)Ty
Dann besitzt das inhomogene Problem y' = A(x)y + b(x) genau dann eine ω-periodische Lösung, wenn
für alle gilt.
Man zeigt . Also besitzt y' = A(x)y + b(x) für jede Inhomogenität b eine ω-periodische Lösung, falls 1 kein Floquet-Multiplikator von y' = A(x)y ist.
Literatur
- Herbert Amann: Gewöhnliche Differentialgleichungen. 2. Auflage. Gruyter - de Gruyter Lehrbücher, Berlin/New York 1995, ISBN 3-11-014582-0.
- Carmen Chicone: Ordinary Differential Equations with Applications. 2. Auflage. Texts in Applied Mathematics 34, Springer-Verlag 2006, ISBN 0-387-30769-9.
- Wolfgang Walter: Gewöhnliche Differentialgleichungen, Springer Verlag (1985), 3. Auflage , ISBN 3-540-16143-3
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