Archimedische Schnecke

Archimedische Schnecke
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Eine typische archimedische Schraube

Eine archimedische Schraube oder Schneckenpumpe ist eine Förderanlage, deren wesentliches Bauteil ein schraubenförmiges Element ist, welches auch als „Schnecke“ bezeichnet wird. Die Erfindung wird Archimedes in der Zeit des dritten Jahrhunderts vor Christus zugeschrieben. Die klassische Anwendung ist der Transport von Wasser auf ein höheres Niveau zu Bewässerungs- und Entwässerungszwecken. Das Prinzip der archimedischen Schraube kommt auch in modernen Förderanlagen, den Schneckenförderern, zur Anwendung.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Animiertes Funktionsprinzip der archimedischen Schraube

Die Schnecke befindet sich in einem eng angepassten Trog oder Rohr und kann sich um ihre Mittelachse drehen. Durch die Schnecke und den Trog werden Kammern gebildet, in welchen das Wasser steht. Diese Kammern sind nach oben und unten durch jeweils einen Windungsabschnitt der Schnecke begrenzt. Wegen der Schwerkraft kann das Wasser nicht über die Ränder der Windungen zurückfließen. Durch die Rotation der Schnecke bewegen sich alle Kammern in Richtung des Schneckenendes. Am Ende der Schnecke läuft das Wasser aus der sich auflösenden Kammer aus, am Schneckenanfang entsteht gleichzeitig eine neue Kammer, welche sich mit Wasser aus dem Zulauf füllt.

Analog zu der Förderung von Wasser und Flüssigkeiten können auch Schüttgüter, die ausreichende fluide Eigenschaften aufweisen, gefördert werden. Die archimedische Schraube ist ein Sonderfall des Schneckenförderers, da hier nur die Schwerkraft mittelbar für den Vorwärtstransport des Fördermediums genutzt wird. Aus diesem Grund kann mit der archimedischen Schraube nur horizontal oder schräg nach oben gefördert werden, wogegen Schneckenförderer auch in der Lage sind, Güter senkrecht zu fördern.

Ausführungen

Von Vitruv beschriebene archimedische Schraube
Archimedische Schraube im Stadtpark von Bonndorf im Schwarzwald
...und im Britzer Garten Berlin

Bauarten der Schnecke

Ursprünglich wurden die Schnecken gefertigt, indem man einen Holzkern in mehreren Lagen schraubenförmig mit flexiblen Ruten umwickelte und diese verpichte.

In modernen Ausführungen aus Metall wird das Schneckengewinde für kleine Ausführungen aus dem Vollmaterial (etwa aus einem Rundstahlstück) gedreht oder als Gießteil angefertigt, wie es häufig bei Haushalts-Fleischwölfen zu sehen ist. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, eine Welle aus Rundstahl zu nehmen und an diese gebogene Flach- oder Bandstähle anzuschweißen. Die Dimensionen und Formen werden dabei speziell für ihre Einsatzbedingungen im Prozess ausgelegt. Für Standardanwendungen existieren zahlreiche konfektionierte Lösungen. Für große Anlagen wird das Schneckengewinde mit der Antriebswelle verschweißt. Eine Vollblattschnecke besteht entweder aus einer fortlaufenden Blechbahn oder aus einzelnen Schneckenflügelsegmenten, welche stumpf miteinander verschweißt sind. Das „Bandgewinde“ ist durch Stege mit der Schneckenwelle verschweißt, zwischen Gewinde und Welle verbleibt dabei ein freier Raum.

Als Antriebswellen werden bei größeren Anlagen Rohre eingesetzt, da sie bei gleicher Festigkeit ein wesentlich geringeres Gewicht als Vollwellen haben. Förderanlagen können auch als flexible (biegsame) Schnecken ausgeführt werden. Bei flexiblen Schnecken wird auf die Welle verzichtet (seelenlose Schnecke bzw. Spirale). Der umhüllende Trog bzw. das Rohr können auch entfallen, wenn die Schraubenwendel nicht als Förderfläche, sondern als gewendelter Trog ausgeführt ist.

Trogformen

Bei einer Ausführung aus gebogenen Blechen in Trogform werden zur Versteifung der Trogwand die Enden seitlich abgekantet. Ausführungen mit vollständig geschlossenem Rohrtrog haben eingeschränkte Möglichkeiten zur Inspektion und Reinigung des Innenraums. Diese Bauform wird hauptsächlich bei Abzugsschnecken und bei ansteigenden Schneckenförderern gewählt.

Der Schneckentrog mit Doppelmantel wird verwendet, um das Schüttgut während des Fördervorganges zu kühlen oder zu erhitzen. Dazu wird das Kühl- oder Heizmedium durch die Zwischenräume geleitet. Der Mantel ist dicht verschweißt und mit entsprechenden Zu- und Ablaufstutzen versehen. Zusätzlich können durch entsprechende Gestaltung Zusatzstoffe, wie etwa Färbemittel, in die Grundkomponente mit eingemischt werden.

Außerdem besteht die Möglichkeit, zusätzliche Verfahrensschritte wie Mischen, Heizen, Kühlen und Trocknen zu integrieren. Die Förderrichtung ist abhängig von der Gewindeart (Rechts- oder Linksgewinde) und der Drehrichtung der Schneckenwelle. So kann beispielsweise bei einer Kombination von Rechts- und Linksgewinde auf einer Schneckenwelle von zwei außen liegenden Einläufen auf einen mittigen Auslauf gefördert werden.

Antrieb und Leistungen

Früher wurden archimedische Schrauben durch eine Windmühle oder durch Muskelkraft angetrieben, daher nannte man sie auch Wasserschöpfmühlen. Vor einigen hundert Jahren wurde das Prinzip wiederentdeckt und vor allem in Holland zur Polderentwässerung eingesetzt. Die Windmühle wurde daher ein Wahrzeichen der Niederlande; die meisten Schneckenhersteller stammen aus den Niederlanden.

Um 1880 gab es in Ostfriesland noch 130 solcher Entwässerungsmühlen; bis heute erhalten ist z. B. die Wasserschöpfmühle Wedelfeld in Sande.

Heute erfolgt der Antrieb meist mit Verbrennungsmotoren oder mit Getriebemotoren in Fuß-, Flansch- oder Aufsteckbauform. Der Antrieb kann – abhängig von der vorgegebenen Einbausituation – wahlweise an der Ein- oder an der Auslaufseite angebaut werden. Wichtig ist, dass das Festlager der Wellenlagerung an der Antriebsseite vorgesehen wird.


Hauptabmessungen einer archimedischen Schraube

Die nebenstehende Abbildung zeigt die wesentlichen Hauptabmessungen:

  • d: Kernrohrdurchemsser
  • D: Schneckendurmesser
  • β: Aufstellwinkel
  • H0: konstruktive Förderhöhe
  • H1: Wasserspiegeldifferenz
  • H2: erforderliche hydraulische Förderhöhe
  • H3: maximale Förderhöhe
  • J: Gangzahl (hier 4)
  • L: beschaufelte Länge
  • S: Steigung
  • 1: Tastpunkt
  • 2: Füllpunkt
  • 3: Sturzpunkt
  • 4: Übersturzpunkt
  • 5: Staupunkt

Zur Kraftübertragung werden sowohl elastische Kupplungen als auch Kettentriebe eingesetzt. Bei Kettentrieben kann durch die Änderung der Übersetzung die Drehzahl neu eingestellt werden. Oft ist es jedoch wünschenswert, während des Betriebes Anpassungen bei der Schneckendrehzahl vornehmen zu können. In der Vergangenheit wurden dafür mechanische Regelgetriebe verwendet, inzwischen kommen zunehmend Frequenzumformer zum Einsatz.

Wichtig bei der Auslegung einer Schnecke ist der voraussichtliche Füllgrad über die Prozesslänge. Er wird maßgeblich durch die Steigung der Schnecke und die Gangtiefe beeinflusst. Mit größer werdender Steigung nimmt hierbei der Füllgrad immer weiter zu. Die Fördermenge richtet sich nach der Drehzahl, dem Innen- und Außendurchmesser, der Steigung, dem Befüllgrad und der Reibung des Mediums an der Schnecke.

Anwendungen

Je nach Aufgabenstellung und Produkteigenschaften werden einwellige und zweiwellige Schneckensysteme gebaut, Letztere vorwiegend zum kontinuierlichen Mischen und zerkleinern von Produktagglomeraten. Die Auswahl der Schüttgüter, welche mit Schneckensystemen gefördert werden können, ist außerordentlich groß. In der Praxis werden damit staubförmige, körnige, halbfeuchte und faserige Stoffe sicher und umweltfreundlich transportiert. Grobstückige sowie gegen Zerkleinerung empfindliche Fördergüter sind dagegen für die Förderung mit Schnecken kaum geeignet. Feste oder zähe Massen werden mit Extrudern in Bäckereibetrieben oder bei Kunststoffspritzmaschinen gefördert.

Die archimedische Schraube wurde früher und wird heute noch zur Bewässerung und in vielen niederländischen Pumpstationen („Poldermühlen“) zur Förderung von Sickerwässern aus den Entwässerungsgräben eingesetzt. „Flutter“(-Mühlen) (in Holland „tjasker(molen)“) waren dabei transportable Anlagen, die je nach Bedarf zur Entwässerung eingesetzt werden konnten. Bei größeren Förderhöhen werden die Schnecken als Kaskaden angeordnet. In Klärwerken erreichen Schneckenpumpenanlagen für Schmutzwasser- und Schlammtransport sehr hohe Lebensdauern (bis 50 Jahre), fast konkurrenzlos gute Wirkungsgrade und können dabei auch Grobstoffe fördern.

Weitere Anwendungssituationen sind Getreidesilos, Hackschnitzelheizungen, Extrudermaschinen, Zementproduktionsanlagen, Müllförderung in Recyclingcentern, und im Fleischwolf. Eine Besonderheit stellten Laborextruder dar. Sie werden zwecks flexibler Umrüstung mit modular aufgebauten Schnecken bestückt, welche aus einzelnen Elementen wie beispielsweise Knetelementen, Zahnmischelementen und Förderelementen bestehen können.

Auch eine Umkehrung des Arbeitsprinzips, bei dem die Schnecke durch die Gewichtskraft des Wassers angetrieben wird, kann zur Energiegewinnung genutzt werden. Ein solches Kraftwerk existiert beispielsweise in der Ybbs in Lunz am See[1].

Literatur

Die wegweisendsten Veröffentlichungen stammen von dem Niederländer J. Muysken, dessen Ansätze überwiegend noch angewendet werden. In Deutschland sind die bekanntesten Veröffentlichungen von G. Nagel: „Ritz, Handbuch der Wasserförderschnecken“ von 1968 sowie „Wasserförderschnecken, Planung, Bau und Betrieb von Wasserhebeanlagen“ von G. Nagel und K.A. Radlik von 1988. Der gemeinsame Autor G. Nagel weist schon darauf hin, dass es sich im 2. Buch um eine überarbeitete Auflage handelt, in der nun auch der Firmenname Ritz nicht mehr vorkommt. Beide Bücher behandeln sehr theoretisch die Prinzipien der Schnecke. Sie sind schon lange vergriffen und nicht mehr neu erhältlich. Auf der IFAT 2008 (5.-9. Mai 2008) wurde ein neues Buch vorgestellt, das sich erstmals an Planer, Betreiber und Betriebspersonal von Schneckenpumpen wendet und praxisnahe Probleme und Bauformen diskutiert: das „Praxishandbuch Schneckenpumpe“ von P.J. Kantert (Hirthammer Verlag, ISBN 978-3-88721-202-5). Thema ist erstmalig auch die Wasserkraftschnecke. Dieses Buch ermöglicht die grobe Bestimmung bestehender Anlagen sowie näherungsweise die Auslegung von Neu-Anlagen.

Siehe auch

Weblinks

Archimedische Schraube auf dem Gartenschaugelände Plochingen

Einzelnachweise

  1. http://www.kleinwasserkraft.at/administration/01presse/files/Kraftwerk%2011.pdf S. 24

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