Mikojan-Gurewitsch MiG-9

Mikojan-Gurewitsch MiG-9
Mikojan-Gurewitsch MiG-9
MiG-9, 1997 in Monino
MiG-9, 1997 in Monino
Typ: Leichtes Jagdflugzeug
Entwurfsland: SowjetunionUdSSR UdSSR
Hersteller: Mikojan-Gurewitsch
Erstflug: 24. April 1946
Indienststellung: 1947
Produktionszeit: 1946 bis 1948
Stückzahl: 598

Mikojan-Gurewitsch MiG-9 ist Typenbezeichnung zweier Flugzeugmuster des sowjetischen Herstellers Mikojan-Gurewitsch.

Das erste Modell der MiG-9 war ein von einem Kolbenmotor angetriebenes Jagdflugzeug von 1941 basierend auf der Mikojan-Gurewitsch MiG-3.

Die spätere MiG-9 (NATO-Codename: „Fargo“) war ebenfalls ein sowjetisches Jagdflugzeug. Sie war das dritte Modell des Mikojan-Gurewitsch OKB (Experimental-Konstruktionsbüro) und das erste Strahlflugzeug der sowjetischen Luftstreitkräfte. Sie wurde wesentlich durch deutsche Entwicklungen und Techniker geprägt, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion verschleppt worden waren.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Das erste Flugzeug mit der Bezeichnung war der Entwurf I-210. Bei diesem Entwurf wurde 1941 die Mikojan-Gurewitsch MiG-3 mit einem Sternmotor M-82 ausgerüstet. Anfangs noch als MiG-3 M-82 bezeichnet, wurde daraus die MiG-9. Obwohl in niedrigen Flughöhen die Geschwindigkeit etwas geringer war als bei der MiG-3 AM-38, war die Steiggeschwindigkeit überzeugend. Der Bau fand unter schweren Bedingungen bei Kuibyschew statt. Am 23. Dezember 1941 wurde auf Stalins Befehl die Produktion zugunsten der Iljuschin Il-2 gestoppt. 1942/1943 fand unter der Bezeichnung Mikojan-Gurewitsch I-211 eine Weiterentwicklung statt.[1]

Die Entwicklung des zweiten als MiG-9 bezeichneten Flugzeugs begann aufgrund einer entsprechenden Forderung des Verteidigungsministeriums vom Februar 1945 unter der Bezeichnung I-300. Parallel dazu begannen bei den Konstruktionsbüros Jakowlew, Lawotschkin und Suchoi ebenfalls die Arbeiten. Der Erstflug des Prototypen sollte bereits im März 1946 erfolgen.

Die Tragflächen wurden wie schon bei der I-250 sehr dünn gehalten, weshalb auch die Räder des Hauptfahrwerks in den Rumpf eingezogen wurden. In den ersten Plänen sollten die beiden Triebwerke der MiG-9 dort angebracht werden, wo sie auch bei der Me 262 waren – an den Tragflächen. Später wurde entschieden, die Triebwerke im Rumpf zu installieren, was als aerodynamisch günstiger erachtet wurde. Die Luftzufuhr erfolgte durch zwei getrennte Einläufe im Rumpfbug. Als Bewaffnung wurden, um auch schwere Bomber bekämpfen zu können, drei Kanonen (zwei mit 23 mm sowie eine mit 37 mm oder 57 mm) im Bug vorgesehen.

Erprobung

Ende 1945 war der erste von drei Prototypen fertig und wurde für statische Tests zum ZAGI gebracht. Diese ergaben, dass der hintere Rumpf verstärkt werden musste, wodurch sich (zum Ärger der Staatsführung) der Erststart verzögerte. Im März 1946 wurde ein umgebauter Prototyp zum Flugerprobungszentrum in Ramjenskoje gebracht, wo erste Standläufe des Triebwerks erfolgten. Dabei wurde festgestellt, dass die Hitze des Abgasstrahles die Rumpfstruktur angriff, was die Anbringung eines Hitzeschutzschildes notwendig machte. Am 24. April 1946 hob der erste Prototyp der MiG-9, die F-1, als erster Jet-Prototyp der Sowjetunion neben der Jak-15 (die am selben Tag ihren Erstflug bestritt) vom Boden ab. Angetrieben wurde die F-1 von zwei BMW-003-Triebwerken. Der Erstflug erfolgte durch Alexei Grintschik. Während der folgenden Erprobungsphase wurden gravierende Veränderungen an der Maschine vorgenommen, da sie einerseits bei hohen Geschwindigkeiten zu Vibrationen durch den Hitzeschutzschild neigte und außerdem nicht die gewünschte Leistung brachte. Den Ingenieuren wurde klar, dass sie, um hohe Geschwindigkeiten in der Nähe der Schallmauer zu erreichen, Tragflächen in Pfeilform brauchten. Die gepfeilten Tragflächen wurden zu einem charakteristischen Merkmal der später in Serie produzierten MiG-15. Die Erfahrungen mit der F-1 zeigten auch, dass die Leistung der beiden BMW-Triebwerke zu gering war. Aber genau wie schon zuvor den deutschen Konstrukteuren gelang es den sowjetischen Konstrukteuren nicht, die Leistung der Triebwerke zu steigern.

Am 11. Juli 1946 stürzte die F-1 bei einer Vorführung vor hochrangigen Funktionären ab, wobei Grintschik den Tod fand. Ursache war ein Materialfehler an der Flügelvorderkante, wodurch sich an dieser ein Teil löste und das Querruder beschädigte. Die beiden folgenden Prototypen F-2 (Erstflug 11. August 1946) und F-3 (Erstflug 9. August 1946) wiesen darum verstärkte Klappen und Ruder auf. Im August 1946 wurden die Flugtests mit den Testpiloten G. M. Schijanow und Mark Gallai wieder aufgenommen, wobei der kurze Erstflug der F-3 durch bei der Montage vertauschte Steuerseile der Höhenrudertrimmklappe bei der harten Landung mit gebrochenem Bugfahrwerk endete.

Durch den Druck Stalins leisteten die Konstrukteure und Arbeiter fast Unmögliches und so begann die Serienproduktion in Kuibyschew noch 1946 (die erste Maschine war am 13. Oktober 1946 fertig) und lief zwei Jahre später nach mehr als 600 gebauten Maschinen aus. Ab Dezember 1946 begann die Truppenerprobung, wobei sich unter anderem herausstellte, dass beim gleichzeitigem Abfeuern aller Kanonen in einer Höhe von 7000 Metern die Triebwerke ausfielen. Außerdem wurde das Fehlen von Luftbremsen und eines Schleudersitzes bemängelt. Die MiG-9 stand von 1947 bis 1950 im Dienst, bis sie durch ihre erfolgreiche Nachfolgerin MiG-15 abgelöst wurde. Während die leichte Jak-15 als reines Jagdflugzeug fungierte, übernahm die schwerere MiG-9 die Aufgabe des Jagdbombers.[2]

Technik

Die MiG-9 war ein freitragender Mitteldecker in Ganzmetallbauweise mit Dreibeinfahrwerk. Die Tragflächen wiesen Trapezform auf und besaßen an den Enden Vorrichtungen zur Anbringung von Kraftstoffzusatzbehältern. Das Leitwerk in Normalbauweise war auf einen auslaufenden Träger aufgesetzt, unter dem sich die Austrittsöffnung der beiden Triebwerke befanden. Diese waren nachgebaute BMW 003A, welche die Bezeichnung RD-20 erhielten und deren Betriebszeit zwischen den Überholungen von 10 auf 50 Stunden verlängert worden war.

Versionen

Profil der MiG-9
  • I-300 / F-1, F-2, F-3

Die ersten drei gebauten Prototypen, ausgerüstet mit RD-20- bzw. RD-20F-Triebwerken.

  • MiG-9 / FS / I-301

Erste Serienversion, ausgerüstet mit RD-20.

  • MiG-9F

Serienversion mit RD-20F.

  • I-301T / FT-1, FT-2

Bezeichnung für die beiden Prototypen der zweisitzigen Schulausführung, 1946 erprobt. Mit der FT-2 erfolgten erstmals in der Sowjetunion Versuche mit einem Katapultsitz.

  • MiG-9UTI / UTIMiG-9

Bezeichnung für die Serienversion der zweisitzigen Schulausführung. Erstflug 4. April 1947. Eine Spezialausführung zur Erprobung von Katapultsitzen hieß MiG-9UTI-LL.

  • I-302 / FP

umgebaute Serienmaschine mit 37-mm-Kanone auf der linken Seite.

  • MiG-9N / FF / I-307

zwei Prototypen mit RD-21-Triebwerk, Katapultsitz und hermetisierter Kabine. Erstflug im Mai 1947.

  • MiG-9M / FR / I-308

verbesserte Serienversion mit RD-21-Antrieben, Kanonen im Rumpf verbaut (NS-23 links, N-37 rechts), Schleudersitz und Druckkabine. Mit dieser Variante erreichte erstmals ein herkömmliches Serienmodell die 0,8-Mach-Grenze. Erstflug im Juli 1947. Da die Truppenerprobung keine signifikanten Verbesserungen ergab und die MiG-15 bereits in Planung war, wurde das Projekt eingestellt.

  • I-305 / FL / TR-1

Versuchsausführung vom Herbst 1946 mit einem Ljulka TR-1-Triebwerk; nicht im Flug erprobt.

  • I-320 / FN

Version mit Rolls-Royce-Nene-Triebwerk. Bau 1948 abgebrochen.

  • MiG-9L / FK

Erprobungsversion für den KS-1-Flugkörper mit zwei Cockpits und zwei Radaren an der Rumpfnase und an der Leitwerksspitze. Erprobung von 1949 bis 1953.

Technische Daten

MiG-9 (FR)
Kenngröße Daten
Spannweite 10,00 m
Länge 9,83 m (9,75 m)
Höhe 3,23 m (3,25 m)
Flügelfläche 18,20 m²
Rüstmasse 3420 kg (3570 kg)
Startmasse max. 5054 kg (5070 kg)
Antrieb zwei RD-20 mit je 8,82 kN (RD-21 mit je 9,81 kN)
Höchstgeschwindigkeit 911 km/h (965 km/h)
Startstrecke 920 m
Landestrecke 735 m
Steigzeit auf 5000 m  ? (2,7 min)
Gipfelhöhe 13.500 m (13.000 m)
Reichweite 800 km (900 km)
Bewaffnung eine 37-mm-Kanone Nudelman-Richter NR-37 (40 Schuss)
zwei 23-mm-Kanonen Nudelman-Suranow NS-23 (je 80 Schuss)
Besatzung 1

Siehe auch

Literatur

  • Karl-Heinz Eyermann: MiG-Flugzeuge, transpress Verlag Berlin 1987, ISBN 3-344-00193-0
  • Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Jagdflugzeuge, transpress, Berlin, 1985, VLN 162-925/145/85

Einzelnachweise

  1. Gordon,Khazanov: Soviet Combat Aircraft of the 2nd World War, Leicester 1998, ISBN 1-85780-083-4
  2. Flugrevue November 2008, S.92-95, Jet Premiere - MiG-9

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