Mitbewohner

Mitbewohner
WG-Zimmer-Angebote und -Gesuche an einem schwarzen Brett in Berlin

Eine Wohngemeinschaft (kurz: WG) bezeichnet das Zusammenleben mehrerer unabhängiger Personen in einer Wohnung. Allgemeine Räume wie Bad, Küche, evtl. Wohnzimmer werden dabei gemeinsam genutzt.

In vielen anderen Ländern ist diese vor allem unter Studenten bevorzugte Lebensform nicht so verbreitet wie etwa in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Das englische Wort für eine WG lautet flatshare. Die Mitbewohner sind die flatmates, in Amerika roommates oder umgangssprachlich roomies.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Modelle für Lebensgemeinschaften in Haushalten gab und gibt es in allen Kulturen viele. Der Ursprung für westliche Wohngemeinschaften ist vermutlich in den Kommunen der 1960er wie der Kommune 1 zu suchen. Die anfänglich radikalen, politisch provozierenden neuen Lebensformen wurden gesellschaftlich anerkannt und sind seit den späten 1970er Jahren bis auf wenige Ausnahmen akzeptiert.

Des Weiteren wurden für behinderte Menschen, psychisch Erkrankte sowie Senioren Wohngemeinschaften mit professioneller Betreuung eingerichtet. Diese sollen Menschen, die nicht in der Lage sind allein zu leben, eine Möglichkeit bieten, ein Leben mit größtmöglicher Selbstständigkeit außerhalb von Heimen oder Kliniken zu führen. Für Personen mit Altersdemenz ist die sogenannte Demenz-WG eine mögliche Wohn- und Betreuungsform.

Eine spezielle Form bilden Wohngemeinschaften im Rahmen von „Wohnen für Hilfe“-Projekten, bei denen junge Menschen Ältere oder Familien unterstützen und dafür günstigen Wohnraum bei ihnen erhalten.

Soziologische Aspekte

Heute unterscheidet man umgangssprachlich die „Zweck-WG“, deren Bewohner nur aus Gründen der Kostenersparnis zusammenleben, Gemeinschaftsleben aber eine untergeordnete Rolle spielt. Das Gegenteil ist die „Nicht-Zweck-WG“, in der oft Freunde und Freundinnen zusammenleben wollen und viel miteinander unternehmen.

Jede soziale Beziehung zwischen Menschen fordert gewisse Regeln. Die Hierarchie in WGs ist aufgrund der eher progressiven Nutzergruppe meistens flach, obwohl natürlich Alter, WG-Zugehörigkeit und vor allem der Charakter jedes Mitglieds eine Hierarchie erzeugen. So können in Nicht-Zweck-WGs, aufgrund der neuen Pflichten (Sauberkeit, Eigentumsverhältnisse im Kühlschrank) Spannungen zwischen Freunden entstehen; andererseits können in sogenannten Zweck-WGs durch die Akzeptanz und das Kennenlernen in einem alltäglichen Umfeld Freundschaften entstehen.

In einigen Fällen kann auch eine WG-ähnliche Wohnform verschiedener nicht verwandter Personen oder Paare in unterschiedlichen Generationen (Mehr-Generationen-Haus, auch: Mehrgenerationenprojekt) oder traditionell mit Eltern und/oder Geschwistern entstehen (vgl. Mehrgenerationen-Haushalt, Großfamilie, eher satirisch als Hotel Mama).

Rechtliche Aspekte

Zivilrechtlicher Aspekt: Wohnungsgemeinschaften sind im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch nicht ausdrücklich geregelt. Daher sind verschiedene zivilrechtliche Konstruktionen des Mietvertrags denkbar:

Ein Hauptmieter + Untermieter
Ein Bewohner der WG fungiert als Hauptmieter, der den Mietvertrag mit dem Vermieter schließt. Die restlichen Mitbewohner schließen mit dem Hauptmieter einen Untermietvertrag (in der Regel nur nach Genehmigung des Vermieters; die unberechtigte Untervermietung ist ein Kündigungsgrund). Diese Konstruktion räumt dem Hauptmieter eine privilegierte Stellung mit weitgehenden Rechten und Pflichten ein: Er ist der (einzige) Vertragspartner des Vermieters.
Praktisch gesehen hat dies für den Hauptmieter vor allem den Nachteil, dass allein er die Pflichten aus dem Mietvertrag erfüllen muss. So haftet (nur) der Hauptmieter dem Vermieter gegenüber für die Zahlung der gesamten Miete. Falls die Untermieter ihre Miete nicht (rechtzeitig) zahlen, trägt er die alleinige Verantwortung. Generell trägt der Hauptmieter dem Vermieter gegenüber auch das Haftungsrisiko an der Mietsache und muss für die Einhaltung der Hausordnung durch seine Untermieter (= Mitbewohner) gerade stehen. Als Vorteil für den Hauptmieter lässt sich anführen, dass er einzelnen seiner Mitbewohner (evtl. fristlos) kündigen kann. Daneben kann nur der Hauptmieter selbst durch seine Kündigung dem Vermieter gegenüber den gesamten Mietvertrag zu Fall bringen. Bei einer Kündigung des Hauptmietvertrages muss der Hauptmieter aber darauf achten, dass er auch die Untermietverträge mit seinen Mitbewohnern (rechtzeitig) kündigt, da er sich diesen gegenüber sonst schadensersatzpflichtig machen könnte.
Die Untermieter haben bei einer solchen Konstruktion zwar den Vorteil, dass sie nur dem Hauptmieter gegenüber vertraglich haften. Indes hat der Untermieter den Nachteil, dass er dem Vermieter gegenüber keinerlei Wohnrecht hat, wenn der Hauptmietvertrag gekündigt wurde (oder ausgelaufen ist).
Der Vermieter schließlich hat den Nachteil, dass statt mehreren Personen nur der Hauptmieter vertraglich haftet; im Gegenzug hat er (etwa bei einem Untermieterwechsel) einen festen Ansprechpartner, was Mietzahlung usw. anbelangt.
Die hier beschriebene Konstruktion hat außerdem den Vorteil, dass die verschiedenen Bewohner nicht als Haushaltsgemeinschaft angesehen werden, mit weit reichenden Folgen für die Sozialleistungsansprüche.
Ein möglicher Nachteil dieser Konstruktion kann in Schwierigkeiten bei einem Wohnungswechsel des Hauptmieters bestehen: Zieht der Hauptmieter aus, wollen die Untermieter aber weiterhin die Wohnung bewohnen, muss entweder ein neuer Vertrag mit dem Hauptvermieter geschlossen werden oder einer der Untermieter in den bestehenden Mietvertrag zwischen Hauptvermieter und Hauptmieter eintreten (also den Vertrag übernehmen). Aufgrund der allgemeinen Vertrags(abschluss)freiheit ist der Hauptvermieter jedoch nicht verpflichtet, mit einem der Untermieter einen neuen Mietvertrag abzuschließen bzw der Vertragsübernahme (Eintritt) durch einen der Untermieter zuzustimmen. Aus diesem Grund ist es ratsam, schon vor Abschluss des Hauptmietvertrages mit dem Hauptvermieter eine Eintrittsklausel zugunsten der Untermieter zu vereinbaren und diese in den Vertrag aufzunehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Untermieter auch tatsächlich in der Wohnung bleiben können, sollte der Hauptmieter ausziehen. Nach österreichischer Rechtslage ist ferner eine Vertragsübernahme ebenso zu vergebühren wie der Abschluss eines neuen Mietvertrages, was in der Regel vom Mieter zu übernehmen ist und durchaus einige hundert Euro ausmachen kann.[1]
Mehrere Hauptmieter in einem Mietvertrag
Alle Bewohner der WG sind Hauptmieter. Damit haben alle gleiche Pflichten gegenüber dem Vermieter. Jedoch sind Entscheidungen der Mietpartei in der Regel gemeinsam und einstimmig zu fällen. So muss etwa die Kündigung gemeinsam erfolgen, ein einzelner Mitbewohner kann den Mietvertrag nicht kündigen. Sollte nur ein Mitbewohner ausziehen wollen, kann eine Abänderungsvereinbarung („X tritt für Y in den bestehenden Mietvertrag ein“) getroffen werden. Da eine solche aber der Mitwirkung bzw. Zustimmung des Vermieters bedarf, gestaltet sie sich in der Praxis oftmals schwierig. Deshalb sollte von vornherein eine sog. Nachfolgeklausel in den Mietvertrag aufgenommen werden. Grundsätzlich muss der Vermieter einem Austausch der Hauptmieter in einer Wohngemeinschaft aber zustimmen. Im Übrigen haftet jeder einzelne Hauptmieter gesamtschuldnerisch, das heißt für die ganze Vertragsschuld der Mietpartei gegenüber dem Vermieter.
Einzelne Mietverträge mit jedem Bewohner
Der Vermieter schließt mit jedem Bewohner einen Mietvertrag einzeln ab, zum Beispiel über einen Wohnraum mit anteiliger Benutzung von Küche/Bad. Folglich haftet auch nur jeder Mitbewohner für sich selbst. Da dies für den Vermieter recht aufwändig ist, wird man solche Vertragskonstruktionen eher selten antreffen.

Ausnahme: Für Lebensgemeinschaften oder Ehen gilt regelmäßig, dass sie nicht unter den Begriff der "Wohngemeinschaft" fallen. Kurzfristiger Besuch von bis zu sechs bis acht Wochen oder die Aufnahme eines Familienmitglieds ebenso nicht. Der Lebenspartner oder Ehegatte darf jeder Zeit beim jeweiligen Partner/Ehegatte einziehen und das auch ohne Zustimmung des Vermieters (sofern die Wohnung nicht dadurch überbelegt wäre).

Für eine nicht-eheliche Lebensgemeinschaft ergibt sich jedoch das Problem, dass der Partner, welcher nicht Vertragspartner ist, in einer rechtlichen Abhängigkeit vom anderen Partner de facto steht. Denn spätestens mit dem Ende der Partnerschaft/Beziehung kann der Partner, der Vertragspartner ist, den anderen auffordern, aus der Wohnung auszuziehen.

Es ist wohl davon auszugehen, dass die an einer Wohngemeinschaft beteiligten Mitmieter regelmäßig eine BGB-Innengesellschaft bilden.[2] Der hierfür erforderliche gemeinsam verfolgte Gesellschaftszweck besteht darin, das Zusammenleben in der gemeinsam gemieteten Wohnung zu ermöglichen. Aus dem (meist nur konkludent geschlossenen) Gesellschaftsvertrag ergeben sich einzelne Rechte und Pflichten der Mitmieter untereinander. So ist gerade in dem Fall, dass alle Mitmieter Hauptmieter sind, eine interne Vereinbarung darüber denkbar, wer welchen Anteil an der Gesamtmiete aufbringen muss. Eine solche Vereinbarung ändert nichts an der Haftung im Außenverhältnis (bei Hauptmietern gesamtschuldnerische Haftung), sondern entfaltet nur interne Wirkung. Als weiteres Beispiel kann etwa die Pflicht zur Befolgung eines gemeinsamen Putzplans genannt werden. Auch wechselseitige Schutzpflichten im Sinn von § 241 Abs. 2 BGB ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag.

Statistische Erhebungen

Die Bundesrepublik Deutschland führt in ihren Jahresberichten zur amtlichen Bevölkerungsstatistik keine genauen Erhebungen über Wohngemeinschaften. Wohngemeinschaften werden im Mikrozensus als mehrere Ein-Personen-Haushalte erfasst. Somit können keine verlässlichen Daten zur Verbreitung und Bedeutung von Wohngemeinschaften und Single-Haushalten in Deutschland bereitgestellt werden.

Lediglich für spezifische Gruppen der Bevölkerung ist der Anteil der in Wohngemeinschaften lebenden Menschen erfasst. So kommt beispielsweise die 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2003 etwa 22 Prozent der Studierenden (bei einer Gesamtzahl von 2 Millionen Studierenden sind dies etwa 445.000) in der Bundesrepublik Deutschland in Wohngemeinschaften lebten.

Funktionales Wohnen

Eine spezielle Form des gemeinschaftlichen Wohnens stellt das Funktionale Wohnen dar.[3] Die Bewohnerinnen und Bewohner verzichten auf ein eigenes Zimmer, um den gesamten Wohnraum kollektiv nutzen zu können. Anstelle der Personen werden den Zimmern Funktionen zugeordnet, daher der Name. Die Einrichtung und Aufteilung der Wohnung wird an der gemeinsamen funktionalen Nutzung ausgerichtet. So kann ein einzelnes Zimmer beispielsweise als Arbeitszimmer, Lesezimmer, Ruhezimmer, Werkstatt, etc. von allen Mitbewohner/innen genutzt werden. Die Gestaltung der Wohnung und die Vereinbarung von Regeln zur Nutzung erfordern einen hohen Kommunikationsaufwand seitens der Mitglieder. Viele funktionale Wohngemeinschaften halten daher regelmäßige Besprechungen ab, auf denen meist per Konsens entschieden wird.

Literatur

Steve B. Peinemann, „Wohngemeinschaft. Problem oder Lösung"“, Verlag Rita Hau, Hattersheim/Main, 4. Auflage 1975. In der Deutschen Nationalbibliothek, ohne ISBN-Angabe. [1]

Siehe auch


Quellenangaben

  1. § 33 TP 5 Gebührengesetz; VwGH 16.10.1989 88/15/0086; UFS 08.10.2004 RV/3631-W/02
  2. MSS-Saar - A bis Z "Mitmieter: Wohngemeinschaft = BGB-Gesellschaft"
  3. Artikel in Süddeutsche Zeitung jetzt.de, 16.12.2007

Weblinks

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