Mittelmeerraubwürger

Mittelmeerraubwürger
Südlicher Raubwürger
Südlicher Raubwürger

Südlicher Raubwürger

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeres)
Familie: Würger (Laniidae)
Gattung: Würger (Lanius)
Art: Südlicher Raubwürger
Wissenschaftlicher Name
Lanius meridionalis
Temminck, 1820
Unterarten
  • Lanius meridionalis meridionalis
  • L. m. koenigi
  • L. m. algeriensis
  • L. m. elegans
  • L. m. leucopygos
  • L. m. aucheri
  • L. m. buryi
  • L. m. unicatus
  • L. m. lathora
  • L. m. pallidirostris

Der Südliche Raubwürger (Lanius meridionalis), auch Mittelmeer-Raubwürger ist ein etwa amselgroßer Vertreter der Gattung Lanius. Er kommt in mindestens zehn Unterarten in der westlichen, zentralen und südlichen Paläarktis vor. Die südlichsten Verbreitungsgebiete liegen in der nördlichen Afrotropis.

Bis vor kurzem wurde L. meridionalis als Unterart von L. excubitor, dem Nördlichen Raubwürger, klassifiziert; seine Stellung als eigenständige Art ist heute jedoch allgemein anerkannt.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen

Der Südliche Raubwürger ist dem Nördlichen Raubwürger sehr ähnlich: Er ist ein grau-schwarz-weißer, amselgroßer Würger, aber schlanker, deutlich leichter und erheblich langbeiniger als sein nördlicher Verwandter. Seine Oberseite ist bleigrau, die helle Unterseite ist rosa überhaucht. Auffallend sind die hellen, bei einigen Unterarten weißen Schulterfedern, die stark mit den schwarzen Deckfedern sowie den ebenfalls schwarzen Arm- und Handschwingen kontrastieren. Die Flügeloberseite zeigt ein unterschiedlich großes weißes Feld, das durch die weißen Basen der Handschwingen und der äußeren Armschwingen gebildet wird. Auch beim sitzenden Vogel ist ein weißes Flügelfeld sichtbar, das sowohl individuell als auch je nach Unterart in seiner Größe variiert. Das meiste Weiß im Flügel zeigt die insgesamt sehr helle Unterart L. m. pallidirostris. Die Armschwingen sind bei den meisten Unterarten weiß gerandet. Ein schwarzes Gesichtsband zieht sich vom Schnabelansatz über die Augen bis zu den Ohrdecken. Bei einigen Rassen ist es von einem feinen weißen Streifen begrenzt. Der lange keilförmige Schwanz ist schwarz, die äußeren Steuerfedern sind weiß. Schwarz ist auch der kräftige Hakenschnabel. Beine und Zehen sind wie bei allen Arten der Gattung Lanius dunkelgrau.

Die Nominatformen des Nördlichen und des Südlichen Raubwürgers sind feldornithologisch auf Grund der unterschiedlichen Graufärbung des Obergefieders (L. e. excubitor: schiefergrau; L. m. meridionalis: bleigrau) sowie des Brust- und Bauchgefieders (L. e. excubitor: weißlich, grau überhaucht; L. m. meridionalis: weißlich, rosa überhaucht) gut unterscheidbar. Bei anderen Subspezies – insbesondere im asiatischen Winterquartier, wo sich die Brutvorkommen des Wüstenraubwürgers (L. m. pallidirostris) mit einigen Unterarten des Nördlichen Raubwürgers überlappen – ist eine feldornithologische Differenzierung sehr schwierig.

Die Geschlechter sind im Aussehen gleich. Auch das Jugendgefieder ähnelt sehr stark dem Erwachsenenkleid, ist aber insgesamt blasser und weniger kontrastreich. Der Augenstreif ist bei Juvenilen dunkelbraun und oft noch nicht durchgehend ausgebildet, ihr Obergefieder weist einen Braunton auf. Die Unterseite ist weißgrau und manchmal rosa überhaucht; zuweilen ist eine ganz leichte rötlichbraune Bänderung erkennbar, die aber nie so deutlich auftritt wie bei Jungvögeln des Nördlichen Raubwürgers.

Südlicher Raubwürger in Dattelpalme

Die Gesamtlänge (Schnabel- bis Schwanzspitze) beträgt etwa 24 Zentimeter. Das Gewicht schwankt je nach Unterart zwischen 50 und 90 Gramm, wobei die Weibchen geringfügig leichter zu sein scheinen als die Männchen. Die Individuen der Subspezies L. m. pallidirostris gehören zu den leichtesten, die der Nominatform zu den schwersten der Art.

Stimme

Die Lautäußerungen des Südlichen Raubwürgers sind denen des Nördlichen Raubwürgers sehr ähnlich. Im Wesentlichen bestehen sie aus rauen, krächzend-kreischenden Rufen oder recht feinen, ziemlich langen Pfiffen, aber auch aus melodiösen, trillernden Strophen, die plaudernd-schwätzend vorgetragen werden. In diese eher leisen Strophen werden gelegentlich Gesangselemente anderer Singvögel eingestreut, doch kommen Gesangsimitationen beim Südlichen Raubwürger seltener vor als bei L. excubitor. In Bedrohungssituationen ist ein lautes, grelles, mehrfach wiederholtes Kreischen zu hören, in dem einige Autoren miauende Klangkomponenten erkennen.

Verbreitung und Unterarten

Verbreitungsgebiet des Südlichen Raubwürgers
grün: Jahresvogel
orange: mehrheitlich Zugvogel
gelbe Schraffur: Überwinterungsgebiete der Zugvögel
  • Die Nominatform L. m. meridionalis ist in Südfrankreich und auf der Iberischen Halbinsel verbreitet, möglicherweise auch im nördlichsten Marokko. In einigen Gebieten Südfrankreichs kommt sie sympatrisch mit dem Nördlichen Raubwürger vor; Hybride dieser beiden Arten sind nicht bekannt.
  • Die afrikanischen Subspezies werden von Westen nach Osten heller; zwischen ihnen bestehen feine klinale Übergänge. Feldornithologisch sind sie nur sehr schwer bestimmbar.
L. m. koenigi ist die Inselrasse der Kanarischen Inseln. Sie kommt auf allen größeren Inseln dieser Inselgruppe vor. Ihr Bestand wird auf etwa 2000 Brutpaare geschätzt. Neue Untersuchungen zeigen eine große genetische Distanz der kanarischen Würger zu L. m. meridionalis, während sie mit der Unterart auf dem benachbarten afrikanischen Festland (L. m. algeriensis) genetisch weitgehend identisch sind; aus diesem Grunde wird eine Abtrennung dieser Unterarten von L. m. meridionalis als eigenständige Art erwogen. [1]
L. m. algeriensis: Das Verbreitungsgebiet dieser Unterart liegt in Nordwestafrika, vor allem in Westmauretanien, der Westsahara, Marokko, Algerien und Tunesien.
Östlich schließt das Verbreitungsgebiet von L. m. elegans an. Diese Unterart ist in Libyen, Ägypten, in den Oasen der Zentralsahara und stellenweise im Sudan vertreten.
L. m. leucopygos: Diese helle Unterart ist in der Sahelzone südlich und südwestlich der Sahara verbreitet (Mali, Niger, Tschad, Nordnigeria; im Osten kommt sie vereinzelt im Südsudan vor.
  • West- und zentralasiatische Unterarten: Zum Großteil handelt es sich um relativ dunkle Vögel mit weniger Weiß, als es die zuvor beschriebenen aufweisen. Meist bedeckt die schwarze Gesichtsmaske in einem schmalen Band auch die obere Schnabelbasis.
L. m. aucheri (inklusive L. m. theresae und L. m. jebelmarrae – zwei Färbungsvarianten, die als Unterarten nicht allgemeine Anerkennung finden) ist dunkler als L. m. elegans, mit schmalem, schwarzen Band am Schnabelansatz und wenig Weiß im Flügel. Die Vorkommen liegen in Südisrael, Sinai, Syrien, auf der zentralen und östlichen Arabischen Halbinsel, im Irak und im Südiran.
L. m. buryi: Sehr dunkle Rasse mit schmalem schwarzen Band über dem Schnabelansatz und grauem Kehl- und Brustgefieder. Sie kommt nur in den Gebirgsgegenden der südwestlichen Arabischen Halbinsel (Jemen) vor.
L. m. unicatus ist eine Inselrasse, die auf Grund ihres isolierten Vorkommens auf Sokotra gut bestimmbar ist. Sie ist von allen Unterarten die dunkelste.
L. m. lathora: Diese Unterart weist ein ziemlich breites schwarzes Band über dem sehr mächtigen Schnabel auf. Das weiße Flügelfeld ist sehr groß, die Bauchseite schmutzigweiß, oft mit einem leicht beigen Anflug. Der weiße Augenbrauenstreif fehlt. Diese Unterart ist am weitesten nach Südosten vorgedrungen und kommt in Ostpakistan sowie in West-, Nordwest- und Nordostindien vor.
  • Das größte Verbreitungsgebiet weist der Steppen- oder Wüstenraubwürger (L. m. pallidirostris) auf, der manchmal auch als eigenständige Art geführt wird (Lanius pallidirostris). Sein Vorkommen beginnt im Westen am Ostufer des Kaspischen Meeres, erreicht den nordöstlichen Iran, Afghanistan und Nordpakistan und zieht sich nach Osten bis in die Südmongolei und das Ordos-Gebiet. Die Nordgrenze seiner Verbreitung liegt bei etwa 50° nördlicher Breite, die Südgrenze bei 40° N. Er ist wenig kontrastreich gezeichnet, seine Oberseite ist gräulich-sandfarben, die Unterseite ist verwaschen weiß mit einem blassrosa Anflug. Die Weißanteile in den Flügeln sind sehr ausgedehnt. Der Schnabel ist braungrau gefärbt. Das schwarze Band über der Schnabelbasis fehlt wie bei der Nominatform und den afrikanischen Unterarten.

Lebensraum

Der Südliche Raubwürger erscheint in seinem Verbreitungsgebiet in vielfältigen offenen, busch- und spärlich baumbestandenen trockenen Landschaften. Im westlichen Mittelmeergebiet sind es Trockengebiete mit typisch mediterraner, aber aufgelockerter Vegetation, in die kurzrasige oder vegetationslose, steinige Abschnitte eingestreut sind. Auch in nur extensiv genutztem Kulturland sowie in Weingärten kann die Art brüten. Leitpflanzen der asiatischen Brutgebiete sind verschiedene Wüstensträucher, wie Saxaulbüsche, Tamarisken, Akazien (Acacia sp.) und Salzsträucher (Halimodendron sp.). In reinen Wüstengebieten besiedelt er Oasen mit Palmen (Arecaceae), Ölweiden (Elaeagnus sp.) und verschiedenen Pappelarten. In Turkmenistan und Nordiran bilden vor allem hügelige, mit Pistaziensträuchern (Pistazia vera) bestandene Steppengebiete seinen Lebensraum. Dort kann er auch bis in Höhen über 2500 Metern vorkommen.

Die Bestandsdichten des Südlichen Raubwürgers sind mancherorts höher als die des Nördlichen Raubwürgers. In einigen Bereichen, so zum Beispiel in Südturkmenistan oder in den Sandgebieten zwischen Unterer Wolga und dem Ural-Fluss, zählt die Art zu den häufigen Brutvögeln. Besonders hohe Bestandszahlen erreicht die Art in Tälern mit temporären Fließgewässern, deren Ränder locker mit verschiedenen Bäumen und Büschen bestanden sind.

Nahrung und Nahrungserwerb

Aufgespießte Eidechse

Die Hauptnahrung des Südlichen Raubwürgers besteht aus Insekten. Vor allem erbeutet er Käfer, Heuschrecken und Grillen, Schmetterlinge und deren Raupen, sowie Bienen, Wespen und Ameisen. Daneben bilden verschiedene Reptilien, wie Eidechsen und kleine Schlangen, Amphibien (Frösche) sowie kleine Nagetiere, wie etwa Rennmäuse, Wühlmäuse und Altweltmäuse, einen nicht unbeträchtlichen Nahrungsanteil. Auch Vögel und deren Nestlinge werden vom Südlichen Raubwürger erbeutet. Darüber hinaus nehmen sie vegetarische Kost wie Datteln, Nüsse und Sämereien zu sich. In ihrer natürlichen Umwelt scheinen Südliche Raubwürger nicht oder nur äußerst selten zu trinken.[2] Auf den Kanarischen Inseln trägt der Südliche Raubwürger zur Verbreitung des Wirren Bocksdornes bei, indem er Eidechsen frisst, die von den Früchten und Samen dieser Pflanze leben.

Wie der Nördliche Raubwürger jagt auch L. meridionalis hauptsächlich von Ansitzen aus, die aber, seinem Lebensraum entsprechend, bedeutend niedriger liegen als die seines nördlichen Verwandten. Er rüttelt nicht so häufig wie L. excubitor und legt auch seltener als dieser Vorratslager an. Diese spielen vor allem während der Balz eine besondere Rolle, da Männchen, die gefüllte Vorratslager vorweisen können, auf Weibchen besonders attraktiv wirken. Außerhalb der Balz- und Brutzeit sieht man selten von dieser Art aufgespießte oder eingeklemmte Beutetiere. Weibchen scheinen diese Verhaltensweise überhaupt nicht zu zeigen.[3] Bedeutend häufiger als der Nördliche Raubwürger jagt der Südliche Raubwürger laufend und hüpfend auf dem Boden.

Verhalten

Der Südliche Raubwürger ist tagaktiv. Seine Aktivitätsphase beginnt mit Sonnenaufgang und reicht bis nach Sonnenuntergang. Die Mittagsstunden verbringt er weitgehend inaktiv, dösend im Gestrüpp verborgen. Gelegentlich sieht man ihn während dieser Zeit ausgiebig beim Sandbad. Er badet auch sehr gerne an Gewässerrändern und Pfützen, sofern solche in seinem Lebensraum vorhanden sind. Während des Tages sitzt er, meist recht gut sichtbar an hoch exponierter Position, auf einer seiner Jagdwarten. Von diesen aus, die er in unterschiedlichen Abständen wechselt, unternimmt er kurze Beuteflüge. Manchmal verweilt er dann auch längere Zeit auf dem Boden, um Beutetiere aufzulesen. Die Nacht verbringt er in der Nähe seines Nestes, beziehungsweise, außerhalb der Brutzeit, im Gestrüpp seiner Zentralwarte.

Die Territorialität des Südlichen Raubwürgers ist weniger stark ausgeprägt als die von L. excubitor. Erst in der Balzzeit wird ein Revier stimmlich und durch Abgrenzungsflüge markiert und auch verteidigt. Im Bereich der Zentralwarte duldet er während der Brutzeit auch keine anderen Vögel, wobei mögliche Prädatoren, wie zum Beispiel Elstern (Pica pica), besonders aggressiv attackiert werden. In Bedrohungssituationen nimmt er eine geduckte, oft auch bucklig erscheinende Körperhaltung ein; der Kopf ist dabei weit vorgestreckt. Daneben signalisiert auch eine fast völlig aufrechte, durchgestreckte Körperhaltung eine Aggressionssituation.

Die Größe der Brutterritorien ist von der Nahrungsverfügbarkeit und von der Unterart abhängig. Die Territoriumsgrößen spanischer Populationen liegen zwischen 10 und 25 Hektar, die der Unterart L. m. aucheri in der Negev können 60 und mehr Hektar umfassen. In günstigen Oasengebieten Algeriens wurden bis zu fünf Brutpaare innerhalb eines Areals von 4 Hektar festgestellt. Außerhalb der Brutzeit behauptet ein territoriales Männchen meistens nur seine Zentralwarte, während die meisten Weibchen überhaupt das Brutgebiet kleinräumig verlassen und eigene kleine Außerbrutreviere etablieren.

Brutbiologie

Balz und Nestbau

Der Beginn der Balz ist vom Brutgebiet der jeweiligen Population abhängig. Afrikanische sowie südasiatische Vertreter der Art beginnen bereits Ende Januar mit Balz und Nestbau. Die Hauptbalzzeit der spanischen Vögel reicht von Mitte März bis Anfang April, während die ziehenden Populationen von L. m. pallidirostris erst Anfang April im Brutgebiet eintreffen und sofort mit Balz und Nestbau beginnen. Bei ihnen kann die Zeit der Partnerfindung und Balz sehr stark verkürzt sein. Der südliche Raubwürger führt eine meist monogame Brutsaisonehe. Wiederverpaarungen über mehrere Jahre dürften auf Grund der großen Brutortstreue beider Geschlechter nicht selten sein. Simultane und sukzessive Polygynie ist selten, kommt aber vor.[4]

Die artspezifische Aggression zwischen den Geschlechtern ist sehr groß. Sie wird während der Balz weitgehend abgebaut, verschwindet aber selbst bei lang verpaarten Paaren nicht ganz.[5] Hauptelemente der Balz sind, neben den leise schwätzenden Lockgesängen des Männchens, ritualisiertes Nestplatzzeigen, pseudojuveniles Verhalten insbesondere des Weibchens sowie Beuteübergaben des Männchens an das Weibchen. Erscheint ein Weibchen im Revier eines Männchens, duckt sich dieses und zittert erregt mit den Flügeln. Lässt sich das Weibchen tatsächlich auf der Singwarte nieder, huscht das Männchen durchs Geäst und zeigt unter ritualisiertem Nistmulden? verschiedene Nestplätze. Oft füttert es das Weibchen mit aufgespießten oder frisch geschlagenen Beutetieren, die dieses ebenfalls unter Flügelzittern und juvenilen Bettelrufen entgegennimmt. In den ersten Tagen der Anpaarung begegnet das Männchen dem Weibchen sehr vorsichtig, da dieses noch häufig nach ihm hackt. Häufig sind auch von Männchen Rufe zu hören, die in das Stimmrepertoire von Nestlingen gehören. Die Paarbildung ist abgeschlossen, wenn das Weibchen nicht mehr in sein eigenes Revier zurückkehrt. Wenn die Partner Nachbarreviere besetzt hielten, verschmelzen die beiden.

Das Nest wird von beiden Partnern in einer Astgabelung der Zentralwarte errichtet. Es ist ein stabiler Napf, der durch hervorstehende Halme und Zweige der Außenverkleidung etwas ungeordnet aussehen kann. Hauptmaterial des Grundgerüstes sind oft dornige Zweige, die recht kunstvoll mit Halmen verwoben werden. Für die Innenauskleidung verwendet die Art verschiedene weiche Materialien wie Wolle, Pflanzenwolle und Federn. Für eine Zweitbrut wird ein neues Nest errichtet, für das die Würger in der Regel Baumaterial des alten verwenden. Gelegentlich renoviert das Paar jedoch auch ein altes Nest und verwendet es zuweilen über Jahre wieder.[6] Die Nestgrößen sind sehr unterschiedlich; L. m. meridionalis baut die größten Nester mit Durchmessern bis zu 27 Zentimetern. Die Nester von L. m. pallidirostris sind wesentlich kleiner; ihr Durchmesser überschreitet selten 20 Zentimeter. Der Durchmesser der Nestmulde schwankt zwischen 7 und 15 Zentimetern, die Tiefe der Nestmulde zwischen 5 und 7,5 Zentimetern.

Gelege und Brut

Im größten Teil seines Verbreitungsgebietes brütet der Südliche Raubwürger zwei Mal pro Jahr. Nur die nördlichsten Populationen ziehen lediglich eine Jahresbrut groß. In besonders günstigen Gebieten kommt es sogar zu drei, gelegentlich zu vier Jahresbruten.[7] Schachtelbruten kommen vor. Die Gelegegrößen schwanken zwischen zwei und sieben Eiern, meistens umfasst ein Vollgelege fünf bis sechs Eier. Die Eier unterscheiden sich kaum von denen des Nördlichen Raubwürgers: Ihre Grundfarbe ist schmutzigweiß oder leicht grünlich; am stumpfen Pol weisen sie eine unterschiedlich deutliche, dunkle Fleckung auf. Die Eimaße liegen im Durchschnitt bei 27,3 × 19,6 Millimetern (Nominatform) beziehungsweise 23,8 × 18,6 Millimetern bei der kleineren Unterart L. m. pallidirostris. Ab dem dritten Ei beginnt das Weibchen fest zu brüten. Während der Brutzeit und der ersten Nestlingszeit wird es zur Gänze vom Männchen mit Nahrung versorgt. Nur bei L. m. pallidirostris wurden gelegentlich kurze Brutintervalle des Männchens festgestellt. Die Brutdauer beträgt zwischen 16 und 20 Tagen, im Mittel etwa 18 Tage.

Die Hauptfütterungsarbeit übernimmt später das Weibchen, das seinerseits aber weiterhin auch vom Männchen mit Beutetieren versorgt wird, die dieses zum Teil an die Jungen verfüttert. Polygam lebende Männchen scheinen nur ihre Weibchen mit Futter zu versorgen, sich an der direkten Jungenfütterung aber nicht zu beteiligen[8]. Nach etwa 15 Tagen verlassen die Nestlinge das Nest, bei Störungen sogar noch früher. Sie sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll flügge. Sie werden noch mindestens 30 Tage, meist aber länger, von den Eltern betreut. Bei Schachtelbruten übernimmt das Männchen allein diese Aufgabe.

Über die Dismigration juveniler Südlicher Raubwürger ist wenig bekannt.

Wanderungen

Die Brutvögel der südlichen Teile des Verbreitungsgebietes sind im Wesentlichen Standvögel, die nur kleinräumige Wanderungen unternehmen. Brutvögel montaner Zonen wandern in tiefergelegene Regionen ab, verbleiben räumlich aber im Bereich des Brutgebietes. Nur die nördlichen Populationen von L. m. pallidirostris sind Zugvögel, einige Populationen sogar Langstreckenzieher. Sie ziehen hauptsächlich in Südwestrichtung ab und überwintern in Afghanistan, Südiran, Südirak, auf der Arabischen Halbinsel und an der Levante. Einige ziehen noch weiter und erreichen Ostägypten, den Ostsudan und den Norden Äthiopiens.

Bestand und Bedrohung

Über die Bestandsverhältnisse dieser Art liegen nur wenige Untersuchungsergebnisse vor. Zusammenfassende Bestandseinschätzungen fehlen völlig. Laut IUCN, die die beiden Arten Lanius excubitor und Lanius meridionalis noch nicht trennt, sind die Bestände in Südwesteuropa und auf den Kanaren stabil[9]. Andere Autoren vermuten jedoch einen leichten Rückgang[10]. Über die außereuropäischen Vorkommen fehlen gesicherte Angaben. Gebietsweise, so etwa in Südturkmenistan, gilt der Südliche Raubwürger als einer der stetigsten Brutvögel[11]. Auch in Afrika sind einige Unterarten des Südlichen Raubwürgers stellenweise häufig. Weite Bereiche seines Verbreitungsgebietes sind kaum kultivierbares, landwirtschaftlich nicht genutztes Land, so dass die Art von menschlichen Eingriffen in ihre Brutgebiete nur wenig beeinträchtigt wird. Überall dort jedoch, wo die landwirtschaftliche Nutzung intensiviert und der Insektizid- und Herbizideintrag erhöht wird, gehen die Bestände des Südlichen Raubwürgers zurück.

Literatur

  • Tony Harris & Kim Franklin: Shrikes & Bush-Shrikes. Helm identification Guides, London 2000, S. 155–159; plate 5, ISBN 0-7136-3861-3
  • Javier Gonzales, Michael Wink,Eduardo Garcia-del-Rey und Guillermo Delgado Castro: Evidence from DNA nucleotide sequences and ISSR profiles indicates paraphyly in subspecies of the Southern Grey Shrike (Lanius meridionalis). In: J Ornithol (2008) 149:495–506.
  • Evgenij N. Panow: Die Würger der Paläarktis. Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 557. Westarp-Wissenschaften, Magdeburg 1996, S. 198–211, ISBN 3-89432-495-3
  • Urs N. Glutz von Blotzheim (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bearb. u. a. von Kurt M. Bauer und Urs N. Glutz von Blotzheim. Aula-Verlag, Wiesbaden 1985 ff. (2. Aufl.). Teilband 13/2, S. 1262–1328, ISBN 3-89104-535-2

Einzelnachweise

  1. Gonzales et al. (2008) S. 504
  2. Harris & Franklin (2000), S. 158
  3. Panow (1996), S. 211
  4. Harris & Franklin (2000), S. 156
  5. Panow (1996), S. 202 f.
  6. Harris & Franklin (2000), S. 158
  7. Harris & Franklin (2000), S. 158
  8. Harris & Franklin (2000), S. 159
  9. factsheet birdlife europe
  10. Harris & Franklin (2000), S. 157
  11. Panow (1996)

Weblinks


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