Mutterschaftsentschädigung

Mutterschaftsentschädigung

Die Mutterschaftsentschädigung ist eine Erwerbsausfalls-Kompensationszahlung in der Schweiz, die jene Frauen erhalten, die ein Kind geboren haben (Mutterschaft) und die in einem Arbeitsverhältnis stehen, dieses aber wegen des Mutterschutzes nicht ausüben können. Die Entschädigung ist für selbständig Erwerbende und Arbeitnehmer obligatorisch.

Nach der Niederkunft erhält die Mutter eine 14-wöchige Lohnfortzahlung in der Höhe von 80% ihres bisherigen Einkommens.

Die Mutterschaftsentschädigung ist seit Mitte 2005 in die Erwerbsersatzordnung (EO) integriert. Da nichterwerbstätige Mütter von den Leistungen ausgeschlossen sind, ist die Schweizerische Mutterschaftsentschädigung keine eigentliche Mutterschaftsversicherung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seit 1945 bestand ein Verfassungsauftrag an den Bund, eine Mutterschaftsversicherung einzuführen, es fehlte jedoch am politischen Willen, diesen per Initiative vom Volk an die Regierung erteilten Auftrag umzusetzen.

Es existierten bereits diverse Schutzbestimmungen für Mütter und Wöchnerinnen, diese sind jedoch nicht einheitlich geregelt:

  • im Arbeitsgesetz wird festgehalten, dass Wöchnerinnen während 9 Wochen nach der Niederkunft nicht arbeiten dürfen
  • das Obligationenrecht (OR) sieht seit 1989 einen Kündigungsschutz für schwangere Frauen und Wöchnerinnen während 16 Wochen nach der Niederkunft vor
  • ebenfalls im OR wird eine grundsätzliche Lohnfortzahlung während einer "angemessenen Frist" (die auf mind. 3 Wochen beziffert wird) benannt. Diese Lohnfortzahlung wird nach kantonalen Richtlinien festgesetzt, deckt jedoch nicht in allen Fällen die 8 Wochen Arbeitsverbot. Die Höhe der Lohnfortzahlung ist gesetzlich gar nicht geregelt und hängt vom jeweiligen Arbeitsvertrag ab.

In einigen Gesamtarbeitsverträgen werden relativ großzügige Lohnfortzahlungen im Falle einer Schwangerschaft gewährt. Der Bund zahlt ab dem dritten Dienstjahr seinen Angestellten einen Mutterschaftsurlaub von vier Monaten und in immerhin 14 Kantonen bekommen die weiblichen Angestellten eine 100%ige Lohnfortzahlung während 16 Wochen.

Neben diesen in Einzel- oder Gesamtarbeitsverträgen festgehaltenen Regelungen zur Lohnfortzahlung, haben erwerbstätige Schweizerinnen die Möglichkeit, bei ihrer Krankenkasse eine private Taggeldversicherung für den Fall einer Mutterschaft abzuschliessen.

In mehreren Kantonen werden junge Elternpaare oder Eineltern, die aufgrund der Schwangerschaft und Geburt in eine prekäre finanzielle Lage geraten sind, mit so genannten Mutterschaftsbeihilfen unterstützt. Diese müssen jedoch von den Bedürftigen selbst bei der Fürsorge beantragt werden.

Nach dem Volksnein zur letzten Vorlage einer nationalen Mutterschaftsversicherung am 13. Juni 1999 haben einige Kantone (Kanton Genf, Kanton Jura) eigene Projekte für kantonale Mutterschaftsversicherungen initiiert und umgesetzt.

Initiative Triponez

Unter politischem und wirtschaftlichem Druck taten sich die vier Parlamentarier Jacqueline Fehr (SP), Thérèse Meyer (CVP), Ursula Haller (SVP) und der Initiant Pierre Triponez (FDP) zusammen und unterbreiteten dem Bundesrat und Parlament eine Vorlage, welche schlussendlich der Mutterschaftsentschädigung zum Durchbruch verhalf.

Die neue Lösung, welche eine Finanzierung über die Erwerbsersatzordnung vorsah, sollte je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt.

Diesmal bettete der Rat die Vorlage eines bezahlten Mutterschaftsurlaubs in die Revision des Erwerbsersatzgesetzes ein. Sie würde vorerst, wegen der prall gefüllten Erwerbsersatzkasse, weder die Arbeitnehmer noch die Arbeitgeber finanziell einbinden. So erhoffte man sich eine grössere Zustimmung beim Volk.

Es könnten aber wieder nicht alle Mütter davon profitieren, sondern nur jene, welche einer bezahlten Arbeit nachgehen und wegen der Geburt mit anschliessendem 8-wöchigen Beschäftigungsverbot, seitens des Gesetzgebers, einen finanziellen Nachteil erleiden. Leer ausgehen würden alle Frauen, welche als Hausfrauen und Mütter arbeiten, in dem sie sich um das Wohl der Familie kümmern oder einer unbezahlten Arbeit nachgehen. Dies mag auf den ersten Blick als unfair angesehen werden, war aber wohl die einzige Möglichkeit die Vorlage „Entschädigung bei Mutterschaft“ vom Souverän als gut befinden zu lassen. Alles andere wäre von neuem gescheitert, weil dies erneut eine massive Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge bedeutet hätte.

Die Finanzierung der Zeit des Arbeitsverbots wird durch die EO überbrückt, welche eine gut funktionierende und finanziell gesunde Einrichtung ist.

Die Befürworter argumentierten mit der kostengünstigen Lösung, weil der Arbeitgeber nicht einseitig für die Finanzierung der Lohnfortzahlung verantwortlich sei. Gleichzeitig werden die in der Zwischenzeit entstandenen verschiedenen Pseudo-Mutterschaftsentschädigungen der Kantone wieder eliminiert. Die Wirtschaft würde so 136 Millionen einsparen. Ausserdem seien keine Mittel aus Steuern vorgesehen und die Arbeitnehmer in die Finanzierung einbezogen.

Die Gegner dieser Vorlage argumentierten mit einer Zwängerei und der Missachtung des Volkswillen von 1999. Die wirtschaftlich schwierige Situation erlaube keine neuen Sozialleistungen. Ausserdem sei der Verfassungsauftrag von 1945 bereits erfüllt. Seit dem Inkrafttreten des neuen KVG (obligatorische Krankenversicherung für die gesamte Schweizerbevölkerung) seien die unmittelbaren Kosten der Mutterschaft abgedeckt.

Abstimmung

Die SVP ergriff gegen die Gesetzesänderung der Erwerbsersatzordnung das Referendum und am 26. September 2004 brachte der Bundesrat die neue Idee zur Abstimmung. Im vierten Anlauf sollte nun endlich die Lücke im Gesetz geschlossen werden.

Mit einer Stimmbeteiligung von 53,8% nahm das Schweizervolk die Mutterschaftsentschädigung knapp, mit 55,5% Ja-Stimmen an.

Neun Kantone und zwei Halbkantone, darunter die gesamte Westschweiz, das Tessin, der Kanton Bern, die beiden Basel und der Kanton Zürich stimmten mit hohem Mehr dafür. Die anderen elf Kantone und vier Halbkantone verwarfen das Gesetz erneut, der Kanton Appenzell I.Rh. sogar mit 73.06%. Da es sich um eine Referendumsabstimmung handelte, musste das Ständemehr nicht erreicht werden. Sonst wäre die Vorlage schon wieder gescheitert.

Inkrafttreten

Am 1. Juli 2005 trat das neue Bundesgesetz 834.1 über die Mutterschaftsentschädiung in Kraft.

Finanziert wird die Mutterschaftsentschädigung mit 0,30 Lohnprozente je zur Hälfte durch die Arbeitnehmern und Arbeitgebern und in den Jahren 2008 und 2011 steigt die Belastung je um 0,10 % auf eine Gesamtbelastung von 0,40 % bzw. 0,50 %.

Alle Informationen über die Berechtigte, die Voraussetzungen, die Entschädigung und die Geltendmachung können im Merkblatt 6.02 der Informationsstelle AHV/IV nachgelesen werden.

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