Nicolas Roeg

Nicolas Roeg
Nicolas Roeg (2008)

Nicolas Jack Roeg (* 15. August 1928 in London) ist ein international bekannter Filmregisseur und Kameramann britischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nicolas Roeg hatte sich zunächst als Kameramann einen Ruf erworben. Bei seinem Regiedebüt 1970 war Roeg bereits 23 Jahre im Filmgeschäft tätig.[1] Seine Arbeiten fanden bei Filmkritikern Beifall, unter anderem für seinen Gebrauch der Cut-up-Technik.

Als Kameramann arbeitete der Brite Roeg für einige der bedeutendsten Regisseure ihrer Zeit, so für Robert Rossen, Fred Zinnemann, Roger Corman, Richard Lester und John Schlesinger. Als lichtsetzender Kameramann war er an Lawrence von Arabien beteiligt.[2]

Oft bildet Roeg seine Geschichten in unverbundener, semi-kohärenter und nichtchronologischer Weise ab, die erst mit dem Finale verstanden werden kann, wenn ein zentrales Stück Information[3] zutage tritt oder sich die künstlerische Absicht abzeichnet. Diese Techniken, und Roegs einzigartiger vorahnender Aufbau von Atmosphäre[3] hat spätere Filmemacher wie Ridley Scott und François Ozon beeinflusst. Die spätereren Filme des in sich abwechslungsreichen Gesamtwerks wurden dabei von der breiten Öffentlichkeit verhalten aufgenommen. Mit den besten seiner frischen[4][5][6], intellektuellen und durchaus exzentrischen[7][2] Arbeiten bewegt er sich im Bereich der Analytik[6][8], der Perzeption, Kognition und Halluzination, der Symbolik[9], der Mystik[2] und des Mythos[2][10], Mensch, Natur und menschliche Natur[11] und nicht zuletzt der Sinnlichkeit[12] und Erotik. Weiter spricht er oft von kommunikationsbedingter Liebesunfähigkeit[13] oder Joseph Lanza zufolge von der Entfremdung (Alienation).[14] Die Bedeutung des (auktorialen) Schnitts kann dabei nicht überbetont werden.[15] Kleinhans verstand ihn in Jump Cut 1974 eher als Fotograf.[14] Stilistisch steht er näher an Ken Russell (* 1927) als an Peter Greenaway (* 1942)[16] und mit diesen weitab vom Mainstream. „Sein Quasi-Außenseiter-Status erinnert mitunter an den frühen John Boorman“ (* 1933), wie Jonathan Rosenbaum 1988 bemerkte.[17]

Performance war ein Produkt der Londoner Swinging Sixties. Eine deutsche Fernsehzeitschrift warnte damals ernstlich wegen psychischer Schäden vor dem in Venedig gedrehten Wenn die Gondeln Trauer tragen, der als Klassiker gilt. Bad Timing verwendete dagegen Wien. Der humorvolle Insignificance bleibt die bis dato wohl gelungenste dramatische Verwendung der Relativitätstheorie in einem Spielfilm (mit Theresa Russell als Marilyn Monroe, Michael Emil als Albert Einstein und Tony Curtis als Senator McCarthy). Dietrich Kuhlbrodt spricht von dem hyperaktiven Track 29 (Thema: Modelleisenbahn) als einem mediale[n] Kunstwerk ohnegleichen“[18]. Der Nischenthriller Puffball (d. h. Bovist oder Bauchpilz) von 2007 berührt als werkgetreue Literaturverfilmung wieder sehr einen dunklen Surrealismus mit sexuell-feministischer Thematik.

Im Jahr 1999 nahm er den Preis für die Lebensleistung der British Independent Film Awards entgegen, und sowohl Insignificance – Die verflixte Nacht als auch Walkabout waren für die Goldene Palme nominiert, und Der Mann, der vom Himmel fiel (mit David Bowie) für den Goldenen Bären. 1981 bekam er den ALFS Award der London Critics Circle Film Awards als Regisseur des Jahres für Blackout – Anatomie einer Leidenschaft.[1]

Von 1957 bis 1977 war er mit der Schauspielerin Susan Stephen verheiratet, mit der er vier Kinder hat. Nach der Scheidung heiratete er 1982 die Schauspielerin Theresa Russell. Von ihren beiden Kindern ist Maximillian Roeg ebenfalls Schauspieler. Nach einer weiteren Scheidung hat Nicolas Roeg 2004 abermals geheiratet.

Filmografie

Regie
Kamera
  • 1958 Der Dicke von Scotland Yard (The Great Van Robbery) – Regie: Max Varnel
  • 1961 Scotland Yard hört mit (Information Received) – Regie: Robert Lynn
  • 1962 Dr. Crippen – Regie: Robert Lynn
  • 1963 Der Hausmeister (The Caretaker) – Regie: Clive Donner
  • 1963 Man geht wieder über Leichen (Nothing But the Best) – Regie: Clive Donner
  • 1964 Die Verdammten der Blauen Berge (Table Bay) – Regie: Robert Lynn
  • 1964 Satanas – Das Schloß der blutigen Bestie (The Masque of the Red Death) – Regie: Roger Corman
  • 1965 Jeder Tag ein Urlaubstag (Every Day’s Holiday) – Regie: James Hill
  • 1965 Toll trieben es die alten Römer (A Funny Thing Happened on the Way to the Forum) – Regie: Richard Lester
  • 1966 Casino Royale – Regie: John Huston, Ken Hughes, Val Guest, Robert Parrish, Joseph McGrath
  • 1966 Fahrenheit 451 (Fahrenheit 451) – Regie: François Truffaut – nach dem Roman von Ray Bradbury
  • 1967 Die Herrin von Thornhill (Far from the Madding Crowd) – Regie: John Schlesinger
  • 1967 Petulia – Regie: Richard Lester
Drehbuch
  • 1963 Todestrommeln am großen Fluß (Sanders of the River) – Regie: Lawrence Huntington – nach einem Roman von Edgar Wallace

Literatur

  • Neil Feineman: Nicolas Roeg. Twayne, Boston 1978.
  • John Izod: The Films of Nicolas Roeg: Myth and Mind. Macmillan, Basingstoke 1992.
  • Thomas Koebner, Fabienne Liptay (Reihe); Marcus Stiglegger, Carsten Bergemann (Band) (Hrsg.): Nicolas Roeg. edition text+kritik, München 2006, ISBN 3-88377-836-2 (Film-Konzepte 3).
  • Joseph Lanza: Fragile Geometry: The Films, Philosophy and Misadventures of Nicolas Roeg. Paj Publications, New York 1989.
  • Neil Sinyard: The Films of Nicolas Roeg. Letts, London 1991.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Nicolas Roeg in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
  2. a b c d Stiglegger.
  3. a b Vgl. Mike Sutton: Don't Look Now (1973). In: Screenonline. abgerufen am 23. Juli 2008 (englisch): „constant sense of foreboding […] the dread of what will happen next [/] suddenly meaningful fashion“
  4. Anders natürlich Don't Look Now.
  5. Stiglegger zu Insignificance, anders zu Eureka.
  6. a b Sönke Krüger; Dirk Manthey u. a. (Hrsg.): Das große Film-Lexikon : alle Top-Filme von A - Z. Verlagsgruppe Milchstraße, Hamburg 1995-, ISBN 3-89324-126-4, S. 2804 („[…] Energie und vorwärtstreibende Kraft […] witzig und ironisch […] unter der Oberfläche jedoch mit gnadenloser Härte die menschlichen Lebensbedingungen zu analysieren.“, zu Track 29, zitiert The Guardian).
  7. Sinyard zu Track 29.
  8. Vgl. Lexikon des Internationalen Films zu Eureka und The Man Who Fell To Earth.
  9. Stiglegger: „symbolgewaltige[..] Bildsprache“ zu Eureka.
  10. Vgl. Lexikon des Internationalen Films zu Walkabout.
  11. Rüdiger Suchsland: Seine Kamera zielt ins Unsichtbare des Intimen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. August 2008, abgerufen am 21. August 2008.
  12. Sinyard: „raw emotion“, Hill: „obsessive characters“.
  13. Vgl. Lexikon des Internationalen Films zu Bad Timing.
  14. vgl. Ekkehard Knörer: Walkabout. In: Filmzentrale. Abgerufen am 28. April 2008.
  15. Hill setzt diese in Beziehung.
  16. Jonathan Rosenbaum: Not Coming Soon to a Theater Near You. In: JonathanRosenbaum.com. 16. September 1988, abgerufen am 24. November 2008 (englisch): „In some respects, his quasi-maverick status recalls that of John Boorman, at least before Boorman became respectable with Hope and Glory“
  17. Dietrich Kuhlbrodt: Track 29. In: Konkret 01/1989. 1989, abgerufen am 15. Januar 2009 (bei Filmzentrale).

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