Notschrei

Notschrei

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Notschrei
Obelisk am Notschrei

Obelisk am Notschrei

Norden Süden
Passhöhe 1.119 m ü. NHN
Bundesland Baden-Württemberg
Talorte Oberried / Freiburg Todtnau
Ausbau Landesstraße 126 / 124
Erbaut 1849 1855
Gebirge Schwarzwald
Karte (Baden-Württemberg)
Notschrei (Baden-Württemberg)
Notschrei
Koordinaten 47° 52′ 33″ N, 7° 54′ 36″ O47.8756988888897.91000611111111119Koordinaten: 47° 52′ 33″ N, 7° 54′ 36″ O

Der Notschrei ist ein Gebirgspass im Südschwarzwald zwischen dem Dreisamtal im Raum Freiburg im Norden und dem oberen Wiesental im Süden. Er verbindet über die Landesstraße 126 die Talorte Oberried im Norden und Todtnau im Süden. Die Passhöhe mit 1119 m ü.NHN liegt auf der Gemarkung Todtnau. Die Landesstraße 124 beginnt am Notschrei und führt Richtung Nordwesten über die Halde am Schauinsland nach Freiburg. Vor dem Nordanstieg südlich von Oberried führt eine Stichstraße nach Osten in das zu Oberried gehörende St. Wilhelmer Tal; auf halber Höhe zweigt beim Steinwasen-Park die Kreisstraße 4996 nach Hofsgrund und zur Landesstraße 124 auf der Halde beim Schauinsland ab. Auf der Südseite liegen zwischen der Passhöhe und Todtnau die Ortschaften Muggenbrunn und Aftersteg, zwischen denen eine Stichstraße nach dem östlich gelegenen Todtnauberg führt. Nahe der Passhöhe entstand 1854 im Zuge des Straßenausbaus ein Gasthof ebenfalls mit dem Namen Notschrei, inzwischen ein Viersternehotel mit dem Namen Waldhotel am Notschreipass.

Inhaltsverzeichnis

Tourismus und Infrastruktur

Der Notschrei ist touristisch stark erschlossen. Er ist im Sommer Ausgangspunkt für Wanderungen Richtung Wiedener Eck, Schauinsland und Feldberg und im Winter Start der Notschrei-Loipen Richtung Schauinsland, Wiedener Eck, Stübenwasen und Feldberg. Zudem finden sich in der Nähe des Passes einige Skilifte und Hotels. Über den Notschrei führt außerdem die westliche Variante des Fernwanderweges Westweg des Schwarzwaldvereins.

Namensgebung

Die Straße führt vom Oberrieder Tal zur Passhöhe am sog. Schwendle, der Wasserscheide zwischen Dreisam- und Wiesental. Seit ihrer Fertigstellung 1848 trägt diese Stelle den Namen „Notschrei“. Dabei handelt es sich um einen geographischen Begriff und einen historischen Vorgang.

1780, noch unter der Regierung Vorderösterreichs, wurde der Bau einer Passstraße von Todtnau nach Oberried über den 1119 m hohen Schwendle geplant, um das Gebiet um Sankt Blasien und Waldshut besser an den Breisgau anzubinden. Als Todtnau unter Napoleon badisch wurde, brauchte der Ort neue Impulse, denn der Bergbau war am Ende. Strukturwandel war also dringend notwendig, und erste industrielle Entwicklungen kam durch Zuzug schweizer Kapitals zustande. So gab es bald zahlreiche Manufakturen wie Bürstenfabriken (die erste 1765), eine Zuckerfabrik (die erste 1826), eine Papierfabrik und Spinnereien. Nur konnte die Ware nirgendwo abgesetzt werden, so abgelegen waren das Tal und seine Gemeinden. Freiburg, damals bereits florierende Stadt im Breisgau, war auf direktem Wege mit dem Fuhrwerk nicht einmal erreichbar. Es gab nur einen steilen Weg, der über Aftersteg, Muggenbrunn, die Halde und Horben nach Günterstal führte und im Winter oft unzugänglich war. Zwischen Todtnau und Halde mussten zunächst 500 Höhenmeter nach oben überwunden werden und in die andere Richtung nach Horben wieder 500–600 m Richtung Tal. Dieser Weg konnte überhaupt nur mit Saumpferden und zweirädrigen Handkarren bewältigt werden.

Das Großherzogtum Baden hatte jedoch andere Interessen und kümmerte sich nicht um den Straßenbau. Neben Todtnau meldeten auch noch andere Gemeinden der anliegenden Schwarzwaldtäler Interesse an einer Straße in den Breisgau an. Der Dreisamabt zum Beispiel forderte aus Rücksicht auf seine Wälder eine Straße über Hofsgrund. Vor allem aber Todtnau und Schönau rivalisierten um das Straßenprojekt. Schönau hatte damals als frischgebackenes badisches Amtsstädtchen in Karlsruhe mehr politisches Gewicht als Todtnau und fand Unterstützung in der Forderung nach einer Straße übers Wiedener Eck nach Staufen.

Erstmals 1819, im ersten Landtag in Karlsruhe, brachten die Gemeinden des oberen Wiesentals eine Petition vor, in der sie eine Fahrstraße von Todtnau über Muggenbrunn, St. Wilhelm nach Oberried forderten als Anschluss an die bereits bestehende Verbindung zwischen Kirchzarten und Freiburg. 1844 fiel auch eine Entscheidung, allerdings für eine Straße zwischen Utzenfeld übers Wiedener Eck durchs Münstertal nach Staufen. Zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens machten sich für die Pläne Todtnaus stark. So unterstützte der Zeller Kaufmann und Textilingenieur Johann Faller – gebürtiger Todtnauer und Mitglied der Zweiten Kammer in Karlsruhe – zusammen mit dem Schopfheimer Abgeordneten Gottschalk den „Notschrei“ der Todtnauer Petition. Mitausschlaggebend für das Todtnauer Projekt war aber die Intervention des Bezirksförsters Friedrich Julius Gerwig aus Kirchzarten (sein Vetter Robert Gerwig hatte u. a. die Schwarzwaldbahn gebaut), der sich für die Pläne Todtnaus engagierte. Er argumentierte gegenüber der staatlichen Forstbehörde, dass die 1200 Morgen staatlicher Waldungen am Notschrei und die daraus resultierende Verwertung des Holzes durch einen Holzabfuhrweg erheblich erleichtert werde.

Im Jahr 1847 machten sich Hunger und Arbeitslosigkeit im Wiesental breit und die Bevölkerung fühlte sich von der Regierung in Karlsruhe im Stich gelassen. Dadurch bekundeten sich viele Todtnauer und Zeller offen zu den Zielen der Badischen Revolution und zu deren Vertretern, Hecker und Struve. Um ein Aufbegehren der Bevölkerung zu verhindern, musste die Karlsruher Regierung die Wiesentäler beruhigen.

Nach 30 Jahren fiel am 13. November 1847 die Entscheidung für den Bau der Straße über den heutigen Notschrei im großherzoglichen Landtag. Der Straßenbau ging auf Rechnung des Forstdomänenfiskus, die betroffenen Gemeinden hatten lediglich das benötigte Gelände unentgeltlich zu stellen. Sowohl die Bevölkerung als auch die bereits ansässigen Fabrikanten waren hochzufrieden.

Drei Großherzoge waren mit dem Projekt beschäftigt: Ludwig I., Leopold und Friedrich I.

1848/49 wurden die ersten 7 km für 36 000 Gulden zwischen Notschrei und Oberried gebaut. Die Straße war rund 6 m breit und hatte eine Steigung von 5–11 %. Das Festprogramm zur Einweihung der Straße fiel jedoch den Schneemassen zum Opfer. Der Bürgermeister Kelle aus Todtnau bezeichnete die Verbindung nach Freiburg als „notwendige Lebensader“.

Aus Erleichterung und Dankbarkeit errichteten die Todtnauer Bürger einen 6 Fuß [rund 1,8 m] hohen steinernen Obelisken mit Inschrift und fühlten sich mit der Herrschaft versöhnt. Die Revolution war (zumindest zunächst) vergessen.

In Stein gemeißelt ist zu lesen:

Auf der Vorderseite: Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog Leopold in tiefster Ehrfurcht gewidmet von den Gemeinden der ehemaligen Talvogtei Todtnau.

Auf der Ostseite: Errichtet am Tage der Eröffnung der neuen Straße, den 13. November 1848.

Auf der Westseite: Nach dreißigjährigem erfolglosen Bitten bei der hohen Regierung und allen Landtagen um diese Straße wurde endlich auf dem im Hungerjahr 1847 erfolgten Notschrei der Gemeinden dem tiefgefühlten Bedürfnis dadurch abgeholfen, dass S. K. H. [seine Königliche Hoheit] der Großherzog die Sache an die Direktion der Forstdomänen und Bergwerke überwies deren Direktor Ziegler das Bedürfnis sogleich in seiner ganzen Größe erkennend die Ausführung der Straße dem Bezirksförster Gerwig übertrug welcher die Einleitung dazu traf und sie nachher zweckmäßig ausführte. Daher den beiden Männern tiefen Dank.

1855 wurde auch der Streckenabschnitt zwischen Todtnau und Notschrei für 37 000 Gulden vollendet. Der Verkehr war danach auf 17 160 Zentner Transportgüter angewachsen, doch hatten sich die Transportkosten von 36–40 Kreuzer pro Zentner auf rund 18 Kreuzer/Zentner verringert.

Heute sind trotz der starken Frequentierung der Straße sowohl durch Pendler, Bewohner der umliegenden Gemeinden als auch Touristen Pläne zum Bau einer Eisenbahn über den Notschrei oder eines Schauinsland-Tunnels, die noch 1991 kursierten und positiv aussahen, ad acta gelegt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Text in der Badischen Zeitung von Hubert Döbele [1998]. (Zeitungsausschnitt ohne Angaben des Datums).
  2. „Wie der Wegkreuzungspunkt ‚Notschrei‘ zu seinem Namen gekommen ist. Ein Stück Heimatgeschichte, aber ein trauriges Kapitel“. (Zeitungsausschnitt ohne Angaben des Datums und des Namens).

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