- OLG
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Das Oberlandesgericht (OLG, in Berlin Kammergericht: KG) ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Gerichtsträger ist das Land. Oberlandesgerichte wurden in Deutschland mit dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 eingerichtet.
In Preußen gab es Oberlandesgerichte als oberste Provinzialgerichte seit 1808, die von 1723 bis 1808 Regierung hießen.
Das OLG steht im Gerichtsaufbau zwischen Landgericht und Bundesgerichtshof, in Familien- und Kindschaftssachen zwischen Amtsgericht und Bundesgerichtshof. Bei Strafsachen, die in der Gerichtsbarkeit des Bundes liegen, wird es in Organleihe als „Unteres Bundesgericht“ tätig.
Das OLG verfügt über Zivil- und Strafsenate nach § 116 GVG.
Bei den Oberlandesgerichten sind die Generalstaatsanwaltschaften eingerichtet.
Inhaltsverzeichnis
Zuständigkeit
Das Gerichtsverfassungsgesetz regelt die sachliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus den jeweiligen Verfahrensordnungen in Verbindung mit den landesrechtlichen Zuständigkeitsverordnungen.
Zivilrecht
Im Zivilrecht entscheidet das Oberlandesgericht in zweiter Instanz über:
- Berufungen gegen Urteile der Landgerichte,
- Beschwerden gegen Entscheidungen der Landgerichte,
- Berufungen gegen Urteile der Amtsgerichte in Familiensachen (§ 23b Abs. 1 GVG),
- Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte in Familiensachen,
- Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte in Fällen mit Auslandsberührung (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b und c GVG).
In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist das Oberlandesgericht Gericht der weiteren Beschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen der Zivilkammern am Landgericht, in einzelnen Fällen auch Beschwerdeinstanz gegen erstinstanzielle Beschlüsse der Landgerichte.
Strafrecht
Im Strafrecht ist das Oberlandesgericht zuständig:
- als erste Instanz für Staatsschutzsachen nach § 120 GVG (z.B. Gründung einer Terrorvereinigung etc.),
- als Revisionsinstanz für Revisionen gegen Urteile des Strafrichters und Schöffengerichts, oder Berufungsurteile des Landgerichts,
- als Beschwerdeinstanz für Beschwerden gegen die Entscheidungen der Strafkammern und Strafvollstreckungskammern der Landgerichte,
- zur gerichtlichen Entscheidung gegen den ablehnenden Bescheid der Staatsanwaltschaft im Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO).
Ordnungswidrigkeiten
Für Ordnungswidrigkeiten ist das Oberlandesgericht als Instanz der Rechtsbeschwerde nach § 80a OWiG gegen Urteile und Beschlüsse der Amtsgerichte tätig. Der Bußgeldsenat ist mit einem Berufsrichter, bei Geldbußen über 5000 Euro mit drei Berufsrichtern besetzt.
Besonderheiten der einzelnen Oberlandesgerichte
Alle Bundesländer haben mindestens je ein Oberlandesgericht, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz je zwei, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen je drei. Zu Sitz und Bezeichnung der 24 Oberlandesgerichte in den 16 Ländern siehe diese Liste. Das Oberlandesgericht in Berlin wird aus historischen Gründen Kammergericht genannt.
Bisweilen werden umgangssprachlich als „Oberlandesgericht X“ auch die Außenstellen von Oberlandesgerichten in anderen Städten bezeichnet. Diese existieren häufig am Standort früherer Oberlandesgerichte, die bei ihrer Auflösung zu unselbstständigen Standorten eines anderen Oberlandesgerichts wurden. Beispiele hierfür sind die früheren Oberlandesgerichte Augsburg, Freiburg, Kassel und Darmstadt, an deren Sitz heute einzelne Senate der Oberlandesgerichte München, Karlsruhe und Frankfurt ihren Dienstsitz haben.
Das vormalige Bayerische Oberste Landesgericht wurde zum 1. Juli 2006 aufgelöst. Die Zuständigkeiten sind auf die drei bestehenden bayerischen Oberlandesgerichte übergegangen.
Überblick über einige statistische Daten zu den Oberlandesgerichten (Stand 2005):[1]OLG Bundesland Einwohner im Gerichtsbezirk in 1000 Zahl der Zivilsenate Neuzugänge Erledigte Verfahren Anhängige Verfahren am Jahresende Verfahren je 1000 Einwohner Hamm Nordrhein-Westfalen 9.038 48 160.572 164.485 61.820 6,84 München Bayern 6.968 35 105.491 108.003 37.795 5,42 Stuttgart Baden-Württemberg 6.198 24 78.900 81.447 22.767 3,67 Frankfurt am Main Hessen 6.092 34 108.670 112.741 52.416 8,6 Düsseldorf Nordrhein-Westfalen 4.755 37 98.793 101.005 43.734 9,2 Karlsruhe Baden-Württemberg 4.538 22 64.967 66.834 21.857 4,82 Dresden Sachsen 4.274 19 60.962 63.832 21.491 5,03 Köln Nordrhein-Westfalen 4.265 27 94.712 97.268 40.873 9,58 Celle Niedersachsen 4.126 22 69.425 71.457 24.748 6 Berlin Berlin 3.395 28 109.102 114.043 45.712 13,46 Nürnberg Bayern 3.057 17 40.954 41.822 13.461 4,4 Schleswig Schleswig-Holstein 2.833 16 43.922 45.200 16.731 5,91 Koblenz Rheinland-Pfalz 2.638 17 43.682 44.799 17.101 6,48 Brandenburg Brandenburg 2.559 18 41.544 44.405 17.636 6,89 Oldenburg Niedersachsen 2.475 15 34.175 35.243 12.028 4,86 Naumburg Sachsen-Anhalt 2.470 11 34.820 37.232 15.564 6,3 Bamberg Bayern 2.443 9 30.007 30.625 11.947 4,89 Jena Thüringen 2.335 8 32.135 34.510 14.859 6,36 Hamburg Hamburg 1.744 14 47.138 48.486 17.760 10,19 Rostock Mecklenburg-Vorpommern 1.707 7 25.236 26.941 10.344 6,06 Zweibrücken Rheinland-Pfalz 1.421 8 24.159 25.468 8.513 5,99 Braunschweig Niedersachsen 1.392 11 20.232 21.268 8.240 5,92 Saarbrücken Saarland 1.050 7 18.299 18.930 8.231 7,84 Bremen Bremen 663 12 12.827 13.216 5.249 7,91 Geschichte
Historisch gesehen waren die Oberlandesgerichte in Zeiten des Partikularismus die Gerichtshöfe der Landesherren, die mit einem ius de non appellando (letztinstanzliche Entscheidungskompetenz) ausgestattet waren und nicht der Kontrolle des Reichskammergerichts unterlagen.
Die Struktur der Bezirke der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland erfuhr wiederholt Veränderungen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entstand 1906 aus Teilen der Bezirke der Oberlandesgerichte Köln und Hamm. Das Oberlandesgericht Saarbrücken entstand nach dem Ersten Weltkrieg in Folge des Völkerbundmandats über das Saargebiet, sein Gerichtsbezirk war zuvor vom Oberlandesgericht Köln abgedeckt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten die Bezirke aufgrund der Grenzen der alliierten Besatzungszonen teilweise einen neuen Zuschnitt. Neue Oberlandesgerichte wurden in Tübingen, Freiburg, Koblenz und Bremen eingerichtet, da deren Gerichtsbezirke bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs jeweils von einem Oberlandesgericht abgedeckt wurden, das nach 1945 in der Besatzungszone einer anderen Besatzungsmacht lag. Eine Sitzverlegung erfolgte im Fall des heutigen Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, das bis 1947 als Oberlandesgericht Kiel den Sitz in Kiel hatte und in diesem Jahr nach Schleswig verlegt wurde.
Rechtsanwaltskammern
Am Sitz eines jeden Oberlandesgerichts ist nach § 60 Bundesrechtsanwaltsordnung eine Rechtsanwaltskammer eingerichtet, deren Mitglieder alle im Bezirk des Oberlandesgerichts zugelassenen Rechtsanwälte sind. Wird ein Oberlandesgericht aufgelöst, kann in Abweichung von diesem Grundsatz die bereits existierende Rechtsanwaltskammer fortbestehen. Aus diesem Grund gibt es die Rechtsanwaltskammern Kassel, Freiburg und Tübingen, obwohl an diesen Standorten keine Oberlandesgerichte mehr existieren. Bei Bedarf kann im Bezirk eines Oberlandesgerichts eine zweite Rechtsanwaltskammer eingerichtet werden. Hiervon wurde bislang nur einziges Mal Gebrauch gemacht, als 1911 im Bezirk des Kammergerichts zusätzlich zur Rechtsanwaltskammer Berlin die Rechtsanwaltskammer Potsdam eingerichtet wurde. Hierauf beruht der häufiger anzutreffende Irrtum der früheren Existenz eines Oberlandesgerichts Potsdam, das es nie gegeben hat.
Einzelnachweise
- ↑ Alle Daten nach Fachserie 10 des Statischen Bundesamtes
Siehe auch
Weblinks
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