Predigerkirche (Erfurt)

Predigerkirche (Erfurt)
Predigerkloster Erfurt.jpg

Die Predigerkirche ist eine ursprünglich im 13. Jahrhundert erbaute, heute evangelische Kirche im Stadtzentrum der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ansicht von Nordwesten
Gewölbe im Kircheninneren
Blick entlang der Südseite der Kirche

Die Predigerkirche samt Klostergebäuden wurde 1230 von Erzbischof Siegfried II. von Eppstein von Mainz für die Dominikaner geweiht. Der Name der Predigerkirche leitet sich aus der Bezeichnung der Dominikaner als Predigerbrüder ab. Um 1300 waren Kirche und Kloster die Wirkungsstätte Meister Eckharts.

Das ursprüngliche Gebäude wurde 1340/50 abgerissen, um für einen Neubau Platz zu schaffen. Dieser langgestreckte „edle gotische Bau“ gilt als Höhepunkt des Bettelordensstils. Der recht unscheinbare Glockenturm wurde zwischen 1447 und 1488 errichtet. Eine Besonderheit stellt der (begehbare) Lettner aus der Mitte des 15. Jahrhunderts dar; die alten Chorschranken dahinter, d.h. zwischen Chor und Lettner, stammen aus der Zeit um 1275. Der gotische Flügelaltar zeigt Szenen aus der Passion und stammt von etwa 1450.

Die Kirche diente in der Zeit der Napoleonischen Kriege 1806 den Franzosen als Kriegsgefangenenlager und Heumagazin, was zu Beschädigungen und Verwüstung der Ausstattung mit Plastiken und Gemälden führte. 1808 konnte wieder Gottesdienst stattfinden, 1811 wurde die Kirche dann zum Verkauf auf Abriss angeboten. Das scheiterte am Einspruch des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel und am allgemein gewachsenen Bewusstsein für Baudenkmäler.

Um 1826 erfolgte eine Instandsetzung, 1874 bis 1908 die generelle innere und äußere Sanierung. 1850 war die Predigerkirche zunächst als Tagungsstätte des Erfurter Unionsparlaments vorgesehen, das dann jedoch im Augustinerkloster tagte. Als die Deutsche Nationalversammlung im Januar 1919 vor der blutigen Revolution in Berlin ausweichen musste, wurde auch Erfurt mit seiner Predigerkirche als Alternative in Betracht gezogen.

Im Bombenkrieg 1944/45 erlitt die Kirche indirekte Schäden mit Zerstörung der Fenster und weitgehender Dachabdeckung. Für einige Zeit war sie schutzlos der Witterung ausgesetzt, bis erste Sicherungsmaßnahmen einsetzten. Auf Initiative von Pfarrer Benckert fertigte der Erfurter Meister Heinz Hajna zwischen 1946 und 1950 vier farbige „Trümmerfenster“ aus Scherben von Fenstern kriegszerstörter deutscher evangelischer Kirchen. Eine umfassende Rekonstruktion der Kirche, die schon vor dem Krieg vorgesehen war, erfolgte von 1960 bis 1964. Bei Erneuerung des Fußbodens wurden 80 Sandsteingrabplatten aus dem 14. bis 18. Jahrhundert freigelegt. Bilder und Schrift zeigen meist Stifter aus Erfurter Patrizier-Familien.

Während der Friedlichen Revolution 1989/90 kamen die Erfurter auch in der Predigerkirche zusammen, bevor sie die Demonstrationszüge durch die Stadt bildeten. Im Oktober fand zweimal ein Plenum des Neuen Forums mit 1750 und 4000 Teilnehmern in der Kirche statt.

Substanzsicherung und Bauwiederherstellung der Kirche wurden nach der politischen Wende verstärkt fortgesetzt.

Die Orgel

Orgel

Im Jahr 1567 entstand die neue Orgelempore mit einer Orgel von Heinrich Compenius dem Älteren. Dessen Enkel Ludwig Compenius baute 1650 eine Orgel im Barockstil ein, welche u. a. von Johannes Bach gespielt wurde. 1978 schuf die Potsdamer Firma Alexander Schuke ein neues Orgelwerk hinter dem alten Prospekt von 1648.

Die derzeitige Orgel verfügt über 56 Register mit 4302 Pfeifen. Die Tontrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch. [1] Seit 1994 ist Matthias Dreißig Organist der Predigerkirche.

I Hauptwerk C–a3

1. Principal 16'
2. Principal 8'
3. Koppelflöte 8'
4. Viola di Gamba 8'
5. Quinte 51/3'
6. Oktave 4'
7. Gemshorn 4'
8. Quinte 22/3'
9. Oktave 2'
10. Groß-Mixtur VI
11. Klein-Mixtur IV
12. Trompete 16'
13. Trompete 8'
II Schwellwerk C–a3

14. Gedackt 16'
15. Principal 8'
16. Holzflöte 8'
17. Spitzgedackt 8'
18. Salicional 8'
19. Oktave 4'
20. Nachthorn 4'
21. Rohrnassat 22/3'
22. Waldflöte 2'
23. Terz 13/5'
24. Spitzquinte 11/3'
25. Sifflöte 1'
26. Oberton II
27. Mixtur V
28. Cymbel III
29. Dulcian 16'
30. Oboe 8'
Tremulant
III Positiv C–a3

31. Gedackt 8'
32. Quintadena 8'
33. Principal 4'
34. Rohrflöte 4'
35. Sesquialtera II 22/3'
36. Oktave 2'
37. Spitzflöte 2'
38. Quinte 11/3'
39. Scharff V
40. Spillregal 16'
41. Trichterregal 8'
Tremulant
Pedal C–f1

42. Principal 16'
43. Offenbass 16'
44. Subbass 16'
45. Quinte 102/3'
46. Oktave 8'
47. Spitzflöte 8'
48. Bass-Aliquote IV
49. Oktave 4'
50. Pommer 4'
51. Flachflöte 2'
52. Mixtur VI
53. Posaune 16'
54. Trompete 8'
55. Dulcian 8'
56. Clairon 4'

Bildergalerie

Literatur

  • Gerhard Kaiser: Predigerkirche zu Erfurt. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2007. ISBN 978-3-7954-5574-3
  • B. R.: Die Predigerkirche nach ihrer Wiederherstellung. Erfurter Heimatbrief Nr.11, Dezember 1965, S.50-54
  • B. Steinbrück: Die Erfurter Bettelordenskirchen. Erfurter Heimatbrief Nr.36, Mai 1978, S.56-64

Einzelnachweise

  1. Zur Orgel der Predigerkirche auf der Website der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar

Weblinks

 Commons: Predigerkirche (Erfurt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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