- Michaeliskirche (Erfurt)
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Die Michaeliskirche in Erfurt gehört zur Evangelischen Stadtmission Erfurt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Bereits um 1183 wurde am heutigen Standort eine Kirche gebaut, die von den Patriziern Walter Kerlinger und Dietrich Hotermann sowie den getauften Juden Conrad Brun und Heinrich de Stalberg gestiftet wurde. Damals lag die Kirche an der Via regia im jüdischen Viertel von Erfurt. Die zahlenmäßig kleine, jedoch wohlhabende Kirchgemeinde bestand vorwiegend aus getauften Juden. Wie die Jüdische Gemeinde selbst, unterstand auch die Michaelis-Gemeinde direkt dem Erzbischof von Mainz und erhielt von diesem das Patronatsrecht.
Der untere Teil des Turmes stammt noch von der ersten Kirche. Zwischen 1278 und 1290 wurde dann -unter dem langjährigen Pfarrer Heinrich Bauso- ein chorloser gotischer Saal gebaut, der Kern der heutigen Kirche. 1451 erfolgte der Anbau eines Nordflügels. Um das Jahr 1500 wurde die Dreifaltigkeitskapelle vollendet, die der Pfarrer, Theologieprofessor, mehrfache Dekan und Rektor der Universität, Weihbischof Johannes Bonemilch von Lasphe, gestiftet hatte.
Seit 1392 war die Michaeliskirche die Universitätskirche der Universität Erfurt. Die Lehrgebäude der Universität lagen ihr direkt gegenüber, darunter später das Collegium Maius.
Martin Luther, der zwischen 1501 und 1505 in Erfurt studierte, besuchte regelmäßig die Messen in der Michaeliskirche. Er predigte am 21. Oktober 1522 hier, nachdem 1520 der erste evangelische Gottesdienst stattgefunden hatte. Bonemilch hatte Luther 1507 (wahrscheinlich am 3. April) zum Priester geweiht. Luthers Freund Johannes Lang, der Reformator Erfurts, predigte ab 1530 in der Michaeliskirche und wurde 1548 hier begraben.
1681 wurde die Spitztonne erneuert. Zwischen 1742 und 1750 fanden weitere Überholungsarbeiten statt. Mit der Schließung der Universität 1816 wurde die Michaeliskirche zur Gemeindekirche. 1819 und 1820 wurde eine Umgestaltung im neugotischen Stil vorgenommen.
Auf der Westseite erfolgte 1928 ein weiterer Anbau. Im gleichen Zuge wurde die neugotische Innenausstattung wieder entfernt und durch den Stil der Neuen Sachlichkeit ersetzt. Am 9. Februar 1945 wurden bei einem Sprengbombenangriff der US Air Force auf die Erfurter Altstadt schwere Schäden im Dach- und Innenbereich der Kirche verursacht, auch die Orgel stark beschädigt.[1] Die Kirche konnte danach soweit gesichert werden, dass sie nicht zur Ruine wurde. Eine Wiederherstellung 1958-1960 erlaubte dann wieder die Nutzung des Gotteshauses. Seit 1973 wird die Kirche von der Evangelischen Stadtmission verwaltet.
Zur DDR-Zeit, im Jahre 1987, wurde in der Kirche eine vielbeachtete Ausstellung „Stadtgerechter Verkehr, verkehrsgerechte Stadt“ gezeigt, die sich besonders gegen die geplante Erweiterung des Stadtrings durch die Altstadt richtete. Es folgten 1987 bis 1989 Ausstellungen „Schöpfungselement Wasser“ und „Schöpfungselement Luft“, welche die entsprechende Umweltproblematik in der DDR behandelten.
Von 1989 bis 1995 wurde eine erneute Außen- und Innensanierung der Kirche durchgeführt. Seit Pfingsten 2007 dient sie zudem als Gottesdienststation der Alt-Katholischen Gemeinde West-Thüringen / Erfurt, die dort an jedem zweiten und vierten Sonntag im Monat Gottesdienst feiert. Die Michaeliskirche ist auch wieder Universitätskirche.
Im Kirchturm befindet sich die älteste Glocke von Erfurt, aus dem Jahre 1380.
Der Michaelis-Kirchhof ist „einer der schönsten Zeugen spätgotischer Baukunst“. Er weist neben 24 aufgerichteten, vom Boden der Michaeliskirche stammenden Grabdenkmalen aus dem 17. - 19. Jahrhundert, auch zwei historische Grabsteine aus dem 15. und 16. Jahrhundert auf.
Orgel
Nachdem der Organist und Orgelbauer Balthasar Kühn 1648 bei der Reparatur der Orgel tödlich verunglückt war, wurde ihr Zustand immer schlechter. Schließlich entschloss man sich, aus dem Material der alten Orgel und der Orgel der abgebrochenen Georgskirche durch Ludwig Compenius ein neues Instrument bauen zu lassen. Es wurde 1652 fertiggestellt. Die Michaeliskirche wurde danach zu einem bedeutenden musikalischen Zentrum.
Im 18. Jahrhundert fand eine Versetzung und ein Umbau der Orgel durch die Gebrüder Wagner aus Teschnitz statt. Die Firma Wilhelm Rühlmann aus Merseburg errichtete 1896 ein neues, pneumatisches Instrument, für das nur Teile der alten Orgel wiederverwendet wurden. 1928 wurde die Orgel auf die heutige Empore versetzt und noch einmal umgebaut.
Den Bombenschäden 1945 konnte auch die Compenius-Orgel nicht entgehen. Von 1999 bis 2000 wurde sie durch die Orgelbauwerkstatt Rühle aus Moritzburg rekonstruiert. Sie ist auf dem Chorton mitteltönig gestimmt.
I Hauptwerk C–f3
Prinzipal 8′ Rohrflöte 8′ Oktave 4′ Oktave 2′ Mixtur III II Rückpositiv C–f3 Gedackt 8′ Prinzipal 4′ Rohrflöte 4′ Oktave 2′ Zimbel 2′ Sesquialter I-II Krummhorn 8′ Pedal C–f1 Subbaß 16′ Oktavbaß 8′ Posaunenbaß 16′ Literatur
- Otto-Arend Mai: Die evangelischen Kirchen in Erfurt. 2. Auflage, Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1989, ISBN 3-374-00936-0, S. 106–113.
- Christian Garbe: Michaeliskirche Erfurt. Kunstführer. Schnell und Steiner, Regensburg 2001, ISBN 3-7954-6235-5.
Einzelnachweise
- ↑ Helmut Wolf: Erfurt im Luftkrieg 1939-1945. Glaux-Verlag, Jena 2005. ISBN 3-931743-89-6. S.167
Weblinks
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(†): Kirche nicht mehr vorhanden | (T): nur noch der Kirchturm vorhanden
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