Kartäuserkloster Erfurt

Kartäuserkloster Erfurt
Darstellung der Gründungslegende des Erfurter Kartäuserklosters, ölhaltige Temperamalerei auf Fichtenholz, Datierung: um 1525
Barocke Fassade der ehemaligen Kirche des Erfurter Kartäuserklosters

Das Kartäuserkloster St. Salvatorberg (lat. domus montis Sancti Salvatoris) zu Erfurt gehörte zum Kartäuserorden und bestand von 1374 bis 1803. Es lag südlich der Altstadt beim Löbertor.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Bauarbeiten begannen 1372[1]. Die Kirche wurde 1375 geweiht[1]. 1374 war das Kloster dem Orden inkorporiert und hatte 14 Mönche und 6 Laienbrüder. Vier Patres, die zuerst aus der Kartause Neuzell gekommen waren, erhielten die Ehrenämter. Der erste Prior war Heinrich Roeckel. Gleich zu Beginn erhielt das Kloster reiche Stiftungen von Geistlichen, Edelleuten und Bürgern Erfurts. Bald wurde die Zahl der Zellen auf 24 erhöht. Schon 1383 konnte von Erfurt aus das Kartäuserkloster Eisenach und 1387 die Kartause Hildesheim gegründet werden[2].

Ihre größte Blütezeit hatte die Kartause im 14. und 15. Jahrhundert. Berühmte Gelehrte der Scholastik, der Prior Johannes de Indagine[3][4] (eigentl. Johann von Hagen, † 1475), 1457 gewählt, und der Pater Jakobus de Clusa[5][6] (eigentl. Jakob von Paradis oder Jacobus de Jüterbog[7], † 1463) lebten einige Zeit in der Erfurter Kartause. Die Kämpfe der Reformation berührten das stille Kloster weniger. Doch ging die Anzahl der Mönche im Konvent zurück, so dass 1525-1620 der Konvent nicht selbst den Prior wählte, sondern einen solchen jeweils vom Generalkapitel erhielt.

Im Laufe der Jahrhunderte, im Bauernkrieg, im Dreißigjährigen Krieg und bei Aufhebung des Klosters 1803[1] (Säkularisation) ist der ganze Kirchenschatz verloren gegangen. Von den Altären der Kirche, über deren Ausschmückung uns die Chronik der Kartause genaue Beschreibungen bringt, ist heute keiner mehr erhalten. 1631-1635 führten Wirren des Dreißigjährigen Krieges zur Vertreibung des Konvents.

Große Umbauten und Neubauten der Kartause wurden von den Prioren Ambrosius Kummer und Leopold Wohlgemut in den Jahren 1702 bis 1728 ausgeführt. Die barocke Klosteranlage, seit 1805 in Privatbesitz und zu einer Baumwollfabrik und zu Wohnhäusern umgestaltet, wurde durch einen Brand im Jahre 1845 zerstört.[1]

Die große Klosterbibliothek, die in der Sakristei untergebracht war, gelangte 1810 in die Bibliothek der Universität Erfurt.

Bauwerke

Klosterkirche

Von der ursprünglichen großen Klosteranlage ist nur die Kirche mit den angrenzenden Bauten erhalten. Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts erwarb ein Bauträger große Teile der alten Klosteranlage, um hier Wohneigentum zu schaffen[1]. Zur Einrichtung von Büroräumen kam es wegen des Konkurses des Unternehmers nicht. Die Räume stehen derzeit zur Zwangsversteigerung.

Kartäusermühle

Hauptartikel: Kartäusermühle

An der Stelle der im 13. Jahrhundert erstmals erwähnten Kartäusermühle stehen heute denkmalgeschützte Mühlengebäude aus dem Jahr 1872.

Literatur

  • Joachim Kurt: Die Geschichte der Kartause Erfurt, Montis Sancti Salvatoris, 1372-1803, Verlag Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Salzburg, Salzburg 1989
  • Joseph Klapper: Der Erfurter Kartäuser Johannes Hagen, St. Benno-Verlag, Leipzig 1960

Einzelnachweise

  1. a b c d e Portrait des ehemaligen Kartäuserklosters auf Website der Stadt Erfurt
  2. Sönke Lorenz, Oliver Auge, Robert Zagolla: Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser - Festgabe zum 65. Geburtstag von Edward Potkowski, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2002, S. 139
  3. Johann Wolf: Politische Geschichte des Eichsfeldes, Bd. 2, Verlag Rosenbusch, Göttingen 1793
  4. Jakob Dominikus: Erfurt und das Erfurtische Gebiet, Verlag C.W. Ettinger, Gotha 1793, S.261
  5. Johann Samuel Ersch: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Bd. 18, Verlag Gleditsch, Leipzig 1828, S.102
  6. Christian August Vulpius: Curiositäten der physisch-literarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt, Bd.9, Weimar 1821, S.322
  7. Michael TillyJakob von Jüterbog. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 1466–1468.

Weblinks


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