Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Mit dem Begriff öffentlich-rechtlicher Rundfunk werden sowohl die Hörfunk- und Fernsehprogramme als auch die Organisationsstruktur von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung, Organisation, Aufgaben

Die meisten Länder Europas haben einen öffentlich-rechtlichen oder ähnlich gestellten Rundfunk.

Als erste öffentlich-rechtlich organisierte Rundfunkanstalt gilt die BBC (British Broadcasting Corporation). Die BBC, 1922 zuerst als privates Unternehmen gegründet, wurde nach jahrelanger Einflussnahme durch die Wirtschaft und Übernahmeversuchen durch den Staat, 1927 gesetzlich in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt. Das erste „Public Service“-Modell, das sich rein in Form von Rundfunkgebühren finanziert, wurde erschaffen. Das britische Modell setzte damit Maßstäbe, die Vorbild für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Europa waren. Bis Ende des Zweiten Weltkrieges, bevor das BBC-Modell auch in anderen europäischen Ländern Fuß fasste, war die Rundfunklandschaft von starken politischen Einflüssen geprägt.

Neben einem Grundversorgungsauftrag und einem gesetzlich definierten Programmauftrag ist eine der weiteren wesentlichen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks daher die Wahrung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit.

Nachdem der öffentlich-rechtliche Rundfunk über rund drei Jahrzehnte eine Monopolstellung hatte, ergab sich Anfang der achtziger Jahre mit der Einführung des privaten Fernsehens und der Entstehung des dualen Rundfunksystems eine völlig veränderte Situation in der europäischen Rundfunklandschaft.

Neben privatrechtlichen und staatlichen Sendern bzw. Programmen ist die öffentlich-rechtliche die dritte international verbreitete Organisationsform für Rundfunkanstalten. Öffentlich-rechtliche Sender gibt es außer in Deutschland und Österreich auch in vielen anderen Ländern, so in Europa z. B. die RAI in Italien, die BBC in Großbritannien, der Nederlandse Publieke Omroep in den Niederlanden oder SVT in Schweden.

Gesetzlich zur Versorgung verpflichtete Rundfunkanstalten können auch in anderen Rechtsformen als eine staatliche Behörde oder in öffentlich-rechtlicher Form organisiert sein. So ist die schweizerische SRG SSR seit 1991 ein Unternehmen als Verein im Sinne des Artikels 60ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Die SRG SSR ist allerdings aus der öffentlich-rechtlichen SRG hervorgegangen und ist als zwangsgebührenfinanzierter Rundfunk (eingezogen durch die privatrechtlich organisierte Billag) immer noch denselben Prinzipien verpflichtet und erfüllt einen gesetzlichen Versorgunsgauftrag. Auch die norwegische Rundfunkgesellschaft NRK wird seit 1996 in der Rechtsform einer AG betrieben, welche sich allerdings im Staatsbesitz befindet und einen gesetzlichen Versorgungsauftrag wahrnimmt. Die Finanzierung erfolgt über Gebühren und Steuergelder. In Schweden wird die SVT in Form einer Aktiengesellschaft betrieben, deren Aktien sich mehrheitlich im Besitz einer Stiftung befinden. Die Finanzierung erfolgt über Gebühren.

In Europa gibt es nur in Monaco weder öffentlich-rechtlichen noch staatlichen Rundfunk und auch keinen über Gebühren oder Steuern finanzierten Rundfunk mit anderer Rechtsform.

Finanzierung öffentlich-rechtlicher Sender

Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gestaltet sich in Europa unterschiedlich. Im Wesentlichen greifen sie auf folgende Einnahmequellen zurück:

  • Rundfunkgebühren (z. B. Österreich, Deutschland)
  • Direkte Finanzierung aus dem öffentlichen Staatshaushalt (z. B. Niederlande)
  • Kommerzielle Einnahmen (z. B. Werbung, Produktplacement)

Die Finanzierung aus Gebühren ist in Europa die vorrangige Einnahmequelle, um den gesetzlich definierten Auftrag zur Grundversorgung und der wirtschaftlichen sowie politischen Unabhängigkeit nachkommen zu können.

Der Wettbewerb am Rundfunkmarkt und damit der Druck auf öffentlich-rechtliche Sendeanstalten hat sich in den letzten Jahren – vor allem im deutschsprachigen Raum – deutlich verschärft. Für diese Entwicklung ist vor allem das stark steigende Programmangebot in Satelliten- und Kabelhaushalten verantwortlich, welche durch die rasch fortschreitende Digitalisierung vorangetrieben wurde.

Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Sowohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk an sich, als auch dessen Finanzierung über Rundfunkgebühren und Werbeeinnahmen und das Modell der Gebührenerhebung sind regelmäßig Gegenstand kritischer Berichterstattung. Durch neue Übertragungswege und die Liberalisierung des Rundfunkmarktes tritt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einen immer stärker werdenden Wettbewerb mit privaten Rundfunkanbietern (Duales Rundfunksystem).

So werden die Programmqualität (Unterscheidung zu privaten Anbietern) und die Legitimität der Gebühren häufiger in Frage gestellt. Auf der anderen Seite versuchen private Rundfunkunternehmen Druck auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auszuüben. Auch eine Verflechtung zwischen parteipolitischen wie kommerziellen Interessen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde bemängelt.[1]

Duale Finanzierung

Im Januar 2008 sorgte eine Ankündigung von Frankreichs Regierungschef Nicolas Sarkozy hinsichtlich der dualen Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten nicht nur in Frankreich für Aufregung, sondern unter anderem auch in Deutschland und Österreich. Frankreichs Regierung überlegte, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen einer „Kulturrevolution“ zu verbieten, sich weiter aus Werbung zu finanzieren. Das nötige Geld für werbefreie Programme wollte die Regierung über neue Steuern einholen: Eine Extra-Abgabe auf Werbung bei Privatsendern und eine neue Steuer auf elektronische Empfangsgeräte (wie Internet oder Handy) wurden diskutiert. Damit sollten werbefreie Programme der öffentlich-rechtlichen Sender problemlos finanzierbar werden.[2]

Prüfung der Finanzierungssysteme durch EU-Kommission

Unter dem Stichwort der „unerlaubten Beihilfen“ steht die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seit mehreren Jahren auf dem Prüfstand der Europäischen Kommission. Grund dafür sind unter anderem Beschwerden privater Rundfunkbetreiber, die sich durch die Gebührenfinanzierung und die Zunahme des Angebots kommerzieller Dienste öffentlich-rechtlicher Betreiber benachteiligt sehen.[3]

Laut Beschluss des EU-Rates 1999 bleibt die Wahl der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten den EU-Mitgliedstaaten überlassen. Es bedarf jedoch einer Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags durch die Länder. Des Weiteren wird den öffentlich-rechtlichen Anstalten der Länder eingeräumt, wie privatwirtschaftliche Rundfunkanstalten nach hohen Einschaltquoten zu streben. Eine Mitteilung der Europäischen Kommission aus dem Jahre 2001 ruft die Notwendigkeit einer getrennten Buchführung in Erinnerung, die öffentlich-rechtliche von den kommerziellen Aktivitäten trennt.[4]

Gebührenmodell, Gebührenerhebung

Neben den allgemeinen Diskussionen zur Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wird auch das Modell der Gebührenerhebung an sich immer wieder kritisch hinterfragt. Ob Rundfunkgebühr, Mediengebühr, Kopfpauschale oder ein Steuermodell, das Thema der Finanzierungsmodelle und Alternativen zur Rundfunkgebühr stellt sich ziemlich komplex dar. Holland und Portugal haben beispielsweise die Rundfunkgebühr durch eine öffentliche Finanzierung ersetzt, womit die Kosten für den Gebühreneinzug wegfielen. Jedoch sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Meinung, dass die Unabhängigkeit vom Staat geschmälert wird. Auch sinken die Einnahmen, wie in Holland und Portugal geschehen.[3]

Deutschland

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In Deutschland wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und im Zuge der Demokratisierung von den West-Alliierten der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach britischem Vorbild (BBC) unter der Leitung von Hugh Greene eingeführt. Die Sender sind als beitragsfinanzierte Körperschaften (bzw. Anstalten des öffentlichen Rechts) gegründet.

Bereits am 22. September 1945 ging Radio Hamburg auf Sendung, das als Nordwestdeutscher Rundfunk (NWDR) gemeinsame Rundfunkanstalt unter der Organisation von Hugh Greene für die gesamte Britische Besatzungszone wurde. Die ARD wurde am 5. Juni 1950 aus den sechs Landesrundfunkanstalten BR, HR, RB, SDR, SWF, NWDR sowie mit beratender Stimme RIAS Berlin gegründet, das ZDF sendete erstmals am 2. April 1963.

Die Notwendigkeit und gesicherte Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der Umfang des von ihm zu leistenden Grundversorgungsauftrags und seine zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendige staatsfern zu erfolgende Finanzierung wurden vom Bundesverfassungsgericht in den sogenannten Rundfunk-Urteilen bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht stellte danach im Jahre 1987 in einem Urteil fest, dass die öffentlich-rechtliche Rechtsform nicht zwingend vorgeschrieben ist. Demnach wäre auch eine andere Rechtsform, wie z. B. in der Schweiz, möglich. Die Rechtsform des Rundfunks in Deutschland ist auch nicht im Grundgesetz vorgeschrieben.

Zu Zeiten der Weimarer Republik waren die Rundfunksender privatrechtlich geführte Gesellschaften (AGs/GmbH), bei welchen die einzelnen Länder sowie der Staat Teilhaber waren.

Mitte der 1980er wurde in Deutschland neben dem öffentlich-rechtlichen der private Rundfunk eingeführt. Im Rahmen der als „Duales System“ bekannt gewordenen Neuordnung des Rundfunks in Deutschland wurde dabei die Einführung des privaten Rundfunks untrennbar an die gesicherte Existenz eines starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks gekoppelt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat das Gebot der Staatsferne und der Unabhängigkeit. Deshalb werden – bis auf die als Staatssender ebenfalls öffentlich-rechtlich organisierte Deutsche Welle – die Sender nicht durch Steuern finanziert wie bei einem echten staatlichen Rundfunk. Öffentlich-rechtliche Sender und die Landesmedienanstalten, die den privaten Rundfunk kontrollieren, finanzieren sich durch Rundfunkgebühren, die jeder Bürger, der ein Empfangsgerät bereithält (Fernseher, Radio und neuartige Rundfunkempfangsgeräte), monatlich über die GEZ entrichten muss. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern hat Deutschland die sechsthöchsten Fernsehgebühren in Europa.

Darüber hinaus hat er zur weiteren Finanzierung die Möglichkeit, in seinen Hauptprogrammen bis 20.00 Uhr einen Anteil an Werbung auszustrahlen. Außerhalb dieser Zeit ist jedoch Sponsoring möglich.

Gewinn im privatwirtschaftlichen Sinn kann (im Gegensatz zu anderen ÖRR-Angeboten in Europa) eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nicht direkt erwirtschaften. Es ist den Rundfunkanstalten jedoch erlaubt, privatwirtschaftliche Unternehmen zu gründen oder sich an solchen zu beteiligen.

Im Mai 2010 veröffentlichte Paul Kirchhof ein Gutachten im Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über eine neu gestaltete Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hierin wird eine Finanzierungsänderung von einer Geräte- zu einer Haushaltsabgabe empfohlen.[5]

Am 9. Juni 2010 beschloss die Rundfunkkommission der Länder unter Vorsitz des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) die von Paul Kirchhof vorgeschlagene Haushaltsabgabe.

Organisationsstruktur

Die Steuerungsorgane des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestehen aus dem Rundfunkrat und dem von ihm gewählten Intendanten und Verwaltungsrat. Die Aufgabe des Rundfunkrates besteht in der Überwachung der pluralen Programmgestaltung. Der Verwaltungsrat kontrolliert die wirtschaftliche Tätigkeit der Rundfunkanstalt und die Geschäftsführung des Intendanten. Dieser ist wiederum für die Programmgestaltung und die generelle Geschäftsführung verantwortlich. Er repräsentiert den Sender nach außen hin.

In den Aufsichtsgremien sitzen Vertreter der in den Landesrundfunkgesetzen der Länder festgelegten gesellschaftlich relevanten Gruppen wie politische Parteien, Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen usw., wobei die politischen Parteien meist nicht mehr als 30 % der Sitze stellen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat den so genannten öffentlich-rechtlichen Programmauftrag zu erfüllen, der in dem jeweiligen Landesrundfunkgesetz verankert ist. Danach müssen die Programme den Zuschauern umfassend und ausgewogen Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung anbieten. Dabei sind auch bestimmte journalistische und ethische Prinzipien einzuhalten.

Landesrundfunkanstalten

Zu den Landesrundfunkanstalten gehören in der Bundesrepublik Deutschland alle Sendeanstalten des öffentlichen Rechts, die für ein oder für mehrere Bundesländer Rundfunk- und Fernsehprogramme veranstalten.

Derzeit sind es neun Landesrundfunkanstalten, die sich in der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD) zusammengeschlossen haben:

Bundesweite und Auslandsprogramme

Zu den bundesweiten öffentlich-rechtlichen Programmen gehören Das Erste (Gemeinschaftsprogramm der ARD), das Programm des ZDF sowie das Deutschlandradio mit seinen drei Hörfunkprogrammen Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk und DRadio Wissen.

Des Weiteren bieten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten noch Gemeinschaftsprogramme und Spartenkanäle an. Dazu gehören u. a. ARTE, Phoenix, 3sat, KI.KA (Der Kinderkanal) und ein digitales Programmangebot (ARD digital, ZDFvision) mit jeweils drei Spartenkanälen, da laut Rundfunkstaatsvertrag nicht mehr als drei digitale Spartenkanäle pro öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalt erlaubt sind. Bis zum 31. Dezember 2005 durften die öffentlich-rechtlichen Anbieter noch Drittanbieter in ihre Bouquets aufnehmen.

Die Deutsche Welle mit Hörfunk und Fernsehprogramm nimmt als Auslandssender eine Sonderrolle ein, da sie von der Bundesregierung beaufsichtigt und finanziert wird.

Kommissionen und Zusammenarbeit

Eine Zusammenarbeit der ARD-Anstalten findet hauptsächlich in Kommissionen statt, in denen zum Teil das ZDF vertreten ist. Die Kommissionen ermöglichen die Abstimmungen interner Angelegenheiten und die gemeinsame Vertretung nach außen. Die Federführung obliegt für längerfristige Aufgaben einzelnen Intendanten bzw. Anstalten.

Darüber hinaus existieren Ständige Fachkommissionen für die Direktionsbereiche der einzelnen Rundfunkanstalten, die ihrerseits in Unterkommissionen bzw. Arbeitsgruppen untergliedert sind. Den Vorsitz einer Fachkommission haben grundsätzlich die jeweiligen zuständigen Direktoren der geschäftsführenden Anstalt inne, demnach im Jahr 2004/2005 die Direktoren des Bayerischen Rundfunks.

  • Fachkommission Recht – Vorsitzender Prof. Dr. Albrecht Hesse (Justiziar und Direktor BR)
  • Fachkommission Finanzen – Vorsitzender Lorenz Zehetbauer (Verwaltungsdirektor BR)
    • Arbeitsgruppe Kosten
    • Arbeitsgruppe Gebührenplanung – Vorsitzender Hans Buchholz (Geschäftsführer der GEZ)
  • Fachkommission Produktion und Technik
  • Fachkommission Hörfunk
  • Fachkommission Dritte Fernsehprogramme

Engagement im Internet

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unterhalten im Internet eine Reihe von Internetangeboten. Jeder Fernsehsender und jede Hörfunkwelle ist unter der entsprechenden Domain zu finden. Rechtliche Grundlage hierfür ist der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag von 2009. Dementsprechend sind Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Sender nur zulässig, wenn sie a.) eng programmbegleitend sind und nur sieben Tage im Netz eingestellt bleiben, oder b.) durch ein Telemedienkonzept (TMK) gedeckt sind, das in einem Drei-Stufen-Test verabschiedet wurde. In der Folge haben alle öffentlich-rechtlichen Sender ein TMK zur Wahrung ihres Bestandes vorgelegt. Diese müssen als Kernstück auch ein Verweildauerkonzept für AV-Inhalte (sprich Audios und Videos) und Internetseiten beinhalten. Die jetzigen Verweildauerkonzepte von ARD und ZDF sehen folgende (vereinfachte) Fristen vor: Themen und Dokumente von zeitgeschichtlicher Bedeutung oder Bezug können unbegrenzt vorgehalten werden. Bildungsbezogene Sendungen oder Angebote können maximal fünf Jahre eingestellt werden. Reportagen, Verbraucherinformationen usw. können bis zu einem Jahr für die Userinnen und User im Internet abrufbar sein; unterhaltende Programme ein halbes Jahr und Sport nur 24 Stunden. Nach diesen Fristen muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk die jeweiligen Online-Inhalte „depublizieren“. Des Weiteren enthält der 12. RÄStV eine Reihe von weiteren Verboten und Geboten, die berücksichtigt werden müssen (Verbot von „Presseähnlichkeit“ – ohne zu definieren was „presseähnlich“ ist). Schon früher galt: Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten dürfen in ihren Angeboten weder Sponsoring noch Werbung verbreiten. Von einigen Seiten wird problematisiert, ob die Sender Onlineshops unterhalten dürfen, in denen sie ihr Programm auf Datenträgern sowie Merchandisingartikel vertreiben.

Die Abrufzahlen der öffentlich-rechtlichen Internetseiten werden zwar von der IVW erhoben, aber nicht publiziert.

Die Beschränkungen des 12. RÄStV gehen auf einen Prozess zurück, bei dem der VPRT und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger Einfluss genommen haben: Die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat auf Antrag des VPRT von 2003 bis April 2007 geprüft, ob ein Verfahren wegen unerlaubter staatlicher Finanzierung (Beihilfe) eingeleitet werden soll. Der zu Grunde liegende Vorwurf war, der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfülle im Internet mit Gebührengeldern teilweise Aufgaben, die auch die Privatwirtschaft übernehmen könne. Die öffentlich-rechtlichen Sender argumentierten dagegen, dass sie für eine demokratische Öffentlichkeit sinnvolle Aufgaben erfüllten, diese immer kostenfrei erfolgten und sie in ihrer Entwicklung nachhaltig beeinträchtigt wären, dürften sie das nicht („Medienkonvergenz“).

Im Ergebnis wurden die Vorwürfe nicht bestätigt und kein Verfahren eingeleitet, wobei die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf konkrete Bedenken hinsichtlich der Finanzierung und des Umfangs von programmbegleitenden Angeboten entsprechende Änderungen zugesagt haben. Dazu gehören beispielsweise eine Konkretisierung des Programmauftrags durch die Länderparlamente und eine transparentere Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Unternehmensteilen.[6] „Die Sender müssen seitdem unter anderem darlegen, dass ein digitales Angebot den gesellschaftlichen Bedürfnissen entspricht, den publizistischen Wettbewerb stärkt und finanziell in einem angemessenen Rahmen bleibt“.[7]

Ende Juli 2008 forderten Verleger in einer so genannten Münchner Erklärung, die Medienpolitik solle im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag öffentlich-rechtliche Angebote im Internet auf Bewegtbilder und Audio begrenzen.[8]

Finanzierung

Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland stützt sich auf zwei Pfeiler: Rundfunkgebühren und Werbeeinnahmen („duale Finanzierung“). Die Grundsätze der staatlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rundfunkrechtsprechung entwickelt, insbesondere in seinem Urteil vom 22. Februar 1994: Aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG hat das BVerfG den Auftrag des Staates abgeleitet, seinen Bürgern eine mediale „Grundversorgung“ zu gewährleisten. Aus dem verfassungsrechtlichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat das BVerfG eine Bestands-, Entwicklungs- und Finanzierungsgarantie entwickelt. Es besteht die Pflicht des Staates zur funktionsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Andererseits ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch das Zensurverbot (Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG) und das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsfreiheit geprägt, d. h. die Rundfunkfinanzierung muss in einer Form erfolgen, die Einflussmöglichkeiten des Staates, vor allem auf die Programmgestaltung, ausschließt.

Über die Rundfunkgebühren, welche die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) im Auftrage der Landesrundfunkanstalten einzieht, werden nicht nur die Sendeanstalten, sondern auch die Verwaltungsorgane finanziert. Hierzu gehören die Landesmedienanstalten sowie die Verwaltungen der einzelnen Sender (mit der GEZ als deren gemeinsamer Gebührenverwaltung).

Das Gesamtbudget der öffentlich-rechtlichen Anstalten beträgt etwa 9,1 Milliarden Euro, davon 6,3 Milliarden Euro für die ARD-Anstalten.[9][10] Gemessen am Budget ist die ARD damit der größte nicht-kommerzielle Programmanbieter weltweit.[11]

Gebührenfestsetzung

Die Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht in seinem „Gebührenurteil“ aufgestellten Grundsätze erfolgte durch den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV). Im Zentrum dieser Regelung steht die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Die KEF ist ein unabhängiges, pluralistisch besetztes Sachverständigengremium. Die Festsetzung der Rundfunkgebühren erfolgt in einem dreistufigen Verfahren:

  • Die Rundfunkanstalten melden ihren Finanzbedarf an die KEF.
  • Die KEF nimmt eine ausschließlich fachliche Prüfung unter Wahrung der Programmautonomie der Rundfunkanstalten vor und gibt eine Empfehlung zur Höhe der Rundfunkgebühr ab.
  • Die Festlegung der Rundfunkgebühr selbst erfolgt durch Staatsvertrag der Länder unter Berücksichtigung der Bedarfsfeststellung der KEF. Zur Änderung der Rundfunkgebühr ist die Zustimmung der Länderparlamente erforderlich.

Politische Auseinandersetzungen um die Finanzierung

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als ein Informationsangebot, für das alle Inhaber von Empfangsgeräten zahlen müssen, befindet sich in einer gesellschaftlichen Spannungssituation. Vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts wurde nach der Gründung der Bundesrepublik dieses System zur Wahrung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten gewählt. Dass diese Unabhängigkeit Grenzen hat, belegt die regelmäßig wiederkehrende Gebührendebatte: Im Jahr 2005 stimmten die Länderparlamente nur einer Gebührenerhöhung zu, die deutlich niedriger ausfiel, als die unabhängige KEF empfohlen hatte (0,88 € statt 1,09 €). Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben dagegen Verfassungsklage erhoben.

Ein wiederkehrender Streitpunkt in den anhaltenden Diskussionen über die Rolle der öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Art und Umfang der Internet-Auftritte der Anstalten, die beispielsweise von den deutschen Zeitschriftenverlegern als wettbewerbsverzerrend kritisiert wurden. Als Reaktion auf solche Kritik sowie auf Vorgaben der EU-Kommission sieht ein neuer Entwurf für den Rundfunkgebührenstaatsvertrag, auf den sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer im Oktober 2008 einigten, eine deutliche Einschränkung der betreffenden Internet-Auftritte vor. Keinesfalls dürfen die Anstalten die Rundfunkgebühren nutzen, um ein inhaltliches Vollprogramm im Internet bereitzustellen. Auch Anzeigenportale, Spiele, Partnerbörsen und Ratgeberportale ohne Bezug auf konkrete Sendungen dürfen die Rundfunkanstalten nicht mehr im Internet anbieten.[12]

Gesellschaftliche Akzeptanz

Akzeptanz der Programme

Die Akzeptanz von Programmen lässt sich nur über verschiedene Indikatoren messen. Dazu gehören:

  • Der Marktanteil: Beim Fernsehen liegen die Marktanteile (erhoben von der Gesellschaft für Konsumforschung) der öffentlich-rechtlichen Programme im Gesamtbundesdurchschnitt etwas unter 50 %, im Hörfunk etwas darüber. Das heißt: Ungefähr die Hälfte ihres Medienkonsums widmen die Deutschen im Schnitt einem öffentlich-rechtlichen Programm. Die Zahlen schwanken allerdings zwischen den verschiedenen Bundesländern.[13]
  • Die Glaubwürdigkeit des journalistischen Angebots: Auf die Frage „Journalisten welcher Medien vertrauen Sie besonders?“ votierten 69 % für die Journalisten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gegenüber 15 % für das Privatfernsehen, Radiosender kamen dabei ohne Unterscheidung nach öffentlich-rechtlich und privat auf 37 %.[14]

Akzeptanz der Finanzierung

Spätestens mit der Einführung der privaten Sender und der Etablierung des dualen Systems wurden vermehrt Stimmen laut, die die bisherige gerätegebundene Zwangsfinanzierung entweder grundsätzlich abschaffen oder als Grundabgabe realisieren (da praktisch jeder Haushalt über Empfangsgeräte verfügt, kann die Erfassungsbürokratie abgeschafft werden) wollen. Diese Haltung wird häufig an Einzelaspekten festgemacht:

  • Die Gebühren werden auf die Teilnahme an der „Gesamtveranstaltung Rundfunk“ erhoben; Gebühren zahlen muss also auch, wer das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gar nicht nutzt. Wer etwa ein TV-Gerät nur zum Empfang von Privatsendern oder wie viele Haushalte von Bürgern mit Migrationshintergrund nur zum Empfang von ausländischen Sendern einsetzt, muss dennoch Gebühren zahlen, und fühlt sich gegenüber den Haushalten ohne TV, die nicht gebührenpflichtig sind, benachteiligt. Die technisch mögliche Kontrolle der empfangenen Sender und die Abrechnung nach Nutzung ist keine Alternative, da eine Grundverschlüsselung der Sender und Abrechnung nach Nutzung dem Verfassungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zuwiderläuft.
  • Die Abgrenzungsbestimmungen zur Gebührenpflicht sind nicht eindeutig: Verwaltungsgerichte kommen in identischen Situationen zu unterschiedlichen Urteilen. Beispielsweise gelten im Ladengeschäft zum Verkauf stehende verpackte Geräte in einem Bundesland als zu „Prüf- und Vorführzwecken“ bereitgehalten und kosten eine Händlergebühr,[15] in einem anderen Bundesland gelten diese mangels Strom- und Antennenanschluss nicht als zu „Prüf- und Vorführzwecken“ bereitgehalten und kosten keine Gebühr.[16] Ebenso können selbst defekte Geräte eine Gebührenpflicht auslösen, wenn der Defekt einfach zu beheben ist, ohne dass das Ausmaß des Defekts definiert wäre.
  • Internetnutzer (mit neuartigen Rundfunkempfangsgeräten wie PC oder Mobiltelefon) werden ebenfalls als Rundfunkteilnehmer angesehen, da sie durch ins Internet gestreamte Rundfunkprogramme ebenfalls die Möglichkeit haben, diese zu empfangen. Die bis Ende 2006 geltende Befreiung von Internet-PCs wurde ab 2007 aufgehoben. Damit wird erstmalig eine Gebühr für Geräte erhoben, die für ganz andere Funktionen unabdingbar und daher teilweise beruflich unverzichtbar sind. Die neue Regelung betrifft alle Privathaushalte und Gewerbetreibende ohne Rundfunkgerät. Die Zweitgerätebefreiung wurde aber in diesem Zusammenhang auch auf Gewerbetreibende ausgedehnt, d. h. beispielsweise, dass ein einziger herkömmlicher Radioempfänger alle Internet-PCs auf demselben Grundstück zu gebührenfreien Zweitgeräten macht. Welche Mehreinnahmen die öffentlich-rechtlichen Anstalten durch diese Erweiterung auf internetfähige Geräte zu erwarten haben, ist noch unklar.
  • Für die Gebührenkontrollen werden selbstständige „Rundfunkgebührenbeauftragte“ auf Provisionsbasis eingesetzt. Für diese gibt es naturgemäß einen finanziellen Anreiz, die Regelungen und Vorschriften weitläufig auszulegen bzw. zu umgehen, wie verschiedene Presseberichte dokumentieren. Die Rundfunkgebührenbeauftragten sind als freie Mitarbeiter den Landesrundfunkanstalten verantwortlich und unterliegen deren Kontrolle.
  • Es erscheint aufgrund des Aufwandes, Millionen von Haushaltsdatensätzen zu verwalten, nicht rentabel, da diese Verwaltung entsprechend teuer erscheint.
  • Viele Nutzer fühlen sich durch diese gesetzlich fixierte Zwangsabnahme der Leistung öffentlich-rechtlicher Rundfunk gegängelt, gar überwacht, da Empfangsgeräte angemeldet werden sollen.

Siehe auch


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