- Jan Ullrich
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Jan Ullrich Jan Ullrich beim Giro d’Italia 2006. Personendaten Spitzname Ulle Geburtsdatum 2. Dezember 1973 Nation Deutschland Radsportspezifische Informationen Aktuelles Team Karriereende Disziplin Straße Fahrertyp Rundfahrer, Zeitfahrer Doping 2002
20066-monatige Sperre, Amphetamine
in Dopingskandal Fuentes verwickeltAmateurteam(s) bis 1987
1987–1989
1991
1992–1995SG Dynamo Rostock
SC Dynamo Berlin
SC Berlin
RG HamburgProfiteam(s) 1995–2002
2003
2004–2006Telekom
Coast/Bianchi
T-MobileWichtigste Erfolge - Grands Tours
- Gewinner Tour de France 1997
- Gewinner Vuelta a España 1999
- Bester Jungprofi Tour de France, 1996 - 1998
- Olympische Spiele
- Olympiasieger im Straßenrennen 2000
- Olympiazweiter im Zeitfahren 2000
- Weltmeisterschaften
- Weltmeister im Zeitfahren 1999, 2001
- Deutscher Meister
- Deutscher Meister im Straßenrennen 1997, 2001
- Deutscher Meister im Einzelzeitfahren 1995
Infobox zuletzt aktualisiert: 15. August 2008 Jan Ullrich (* 2. Dezember 1973 in Rostock) ist ein ehemaliger deutscher Profi-Radrennfahrer. Als erster und bisher einziger Deutscher gewann Ullrich 1997 die Tour de France. Darüber hinaus war er fünfmal Zweiter, einmal Dritter und einmal Vierter der Tour, Amateurweltmeister im Straßenrennen, zweimal Weltmeister im Einzelzeitfahren sowie Sieger im olympischen Straßenrennen 2000.
Eine Verwicklung in den „spanischen Dopingskandal“ kurz vor der Tour de France 2006 führte zum Ausschluss Ullrichs von der Teilnahme an der Rundfahrt und zur fristlosen Kündigung durch seinen Arbeitgeber, das Team T-Mobile. Beim spanischen Doping-Arzt Fuentes sichergestellte Blutbeutel konnten im Laufe der Ermittlungen per DNA-Analyse eindeutig Ullrich zugeordnet werden.[1] Die Ermittlungen der deutschen Staatsanwaltschaft wurden 2008 gegen Zahlung einer sechsstelligen Summe für gemeinnützige Zwecke eingestellt.[2] Die Staatsanwaltschaft sah es zwar als erwiesen an, dass Ullrich gedopt habe; entscheidend für die Einstellung des Verfahrens sei jedoch die Tatsache gewesen, dass Doping im Radsport so weit verbreitet war, dass Ullrich mit seiner Aussage, nicht zu dopen, im Profiradsport niemanden betrügen konnte. Zudem sei er durch die Aufdeckung finanziell und im Ansehen erheblich geschädigt worden. Auch wurde ihm nur geringe kriminelle Energie vorgeworfen.[3] Ullrich selbst sah sich dadurch in seiner Auffassung bestärkt, niemanden betrogen und geschädigt zu haben.[4]
Am 26. Februar 2007 erklärte Ullrich seine aktive Radsportkarriere für beendet. In der Allzeitliste der Cycling Hall of Fame, die die 25 größten Radrennfahrer aller Zeiten auflistet, steht er als bester Deutscher auf Platz 14 (Stand 12. Oktober 2011).[5]
Inhaltsverzeichnis
Fahrerprofil
Ullrich gehörte zu den besten Rundfahrern seiner Generation. Bei Etappenrennen zeichnete ihn seine hohe Leistungskonstanz aus – zu seinen Spezialdisziplinen gehörte das Zeitfahren, durch das er regelmäßig seine Position im Gesamtklassement verbessern konnte. Er war ein Vertreter des athletischen Fahrertyps und fiel insbesondere durch einen kraftvoll-runden Tritt auf. Auffallend war dabei seine Fähigkeit, große Übersetzungen mit hoher, gleichmäßiger Intensität über einen langen Zeitraum zu fahren. Obwohl er durch seinen athletischen Körperbau nicht zum Bergfahrer prädestiniert war, konnte er auch dort mit den Besten mithalten.
Sportliche Laufbahn
Frühe Jahre
Jan Ullrich kam bereits in seiner frühen Kindheit mit dem Radsport in Berührung. Als Neunjähriger gewann er sein erstes Schulrennen und 1983 sein erstes Rennen für die SG Dynamo Rostock auf einem geliehenen Rad in Turnschuhen. 1985 siegte er in einem Radrennen in Warnemünde und bei einem Querfeldeinrennen durch den Wald am „Sonnenberg“ in Parchim. Ullrich wurde durch das DDR-Leistungssportsystem gefördert und kam nach Spartakiade-Siegen 1986 mit 13 Jahren auf die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) des SC Dynamo Berlin. 1987 wurde Ullrich DDR-Schülermeister im Rad-Bahnvierer und 1988 DDR-Jugendmeister im Straßenradfahren, 1990 DDR-Jugendmeister im Punktefahren.
Nach der Wende nahm ihn sein Trainer Peter Becker mit nach Hamburg zum neu gegründeten Team Panasonic Hamburg. 1992 siegte Jan Ullrich bei der Norddeutschen Straßen-Meisterschaft der Amateure in Harrislee und bei Kriterien in Hildesheim, Bad Sachsa, Kiel und Hannover.
Im Jahr darauf gewann der 19-jährige Ullrich die Straßenweltmeisterschaft der Amateure in Oslo. Er wurde zum deutschen Radsportler des Jahres 1993 gewählt, gewann in diesem Jahr den Gesamt-Weltcup der Amateure und die Brügelmann-Wertung der Bundesliga. Rundfahrtsiege erzielte Ullrich 1993 bei der Bohemia-Tour (Tschechien) und der Pazific Power Commonwealth Bank Cycle Classic (Australien). Neben den dortigen Etappensiegen folgten weitere bei der Regio-Tour und der Vuelta Costa Blanca (Spanien). Er gewann zudem Eintagesrennen in Neustadt/Weinstraße, Roth sowie Mudgee und Tamworth (letztere beide Australien).
1994 belegte er den dritten Platz bei der erstmals ausgetragenen, sowohl für Amateure wie Profis offenen, Zeitfahrweltmeisterschaft und gewann erneut die Brügelmann-Wertung der Bundesliga. Neben dem Gewinn der Sprinterwertung bei der Rapport Toer (Südafrika) erstritt er Etappensiege bei der Rapport Toer, der Kaiserstuhl-Tuniberg-Rundfahrt, der Niedersachsen-Rundfahrt, der Pazific Power Commonwealth Bank Cycle Classic (Australien) und der Tour o´Hawaii (Hawaii). Er gewann zudem Eintagesrennen in Hamburg, Magdeburg, Bad Sulzbach sowie Hurstville, Lithgow und Tamworth (letztere drei Australien).
Nach diesen Erfolgen wurde er vom Team Telekom unter Vertrag genommen und zog zu seiner Freundin nach Merdingen in Südbaden.
1996–1999
Bei seiner ersten Tour de France im Jahr 1996 erreichte Ullrich, neben seinem ersten Sieg bei einer Tour-Etappe im letzten Zeitfahren, den zweiten Platz hinter seinem dänischen Teamkollegen Bjarne Riis, der im Mai 2007 bekannt gab „mit unerlaubten Mitteln zum Toursieg 1996“ gekommen zu sein. Jan Ullrich wird ebenso vorgeworfen, zu dieser Zeit gedopt zu haben, was dieser allerdings bestreitet. Kritiker werfen Ullrich aber aufgrund der inzwischen belegten Lügen im Zusammenhang mit dem Fuentes-Skandal Unglaubwürdigkeit vor.
1997 startete er ebenfalls als Helfer seines Kapitäns Riis in die Frankreich-Rundfahrt. Als er sich nach einem Etappensieg in den Pyrenäen bei einer Bergankunft in Arcalis (Andorra) erstmals das Gelbe Trikot des Führenden überstreifen konnte, kam in Deutschland eine Art „Tourfieber“ auf, und die französische Sportzeitung L’Équipe reihte ihn mit der Schlagzeile „Voilà le Patron“ in die Größen der Radsportwelt ein, während die italienische Gazzetta dello Sport am nächsten Tag „Ullrich il Kaiser“ auf dem Titelblatt schrieb und ihm damit seinen bis heute in Italien verwendeten Spitznamen gab. Ullrich gewann noch eine weitere Etappe und schließlich, als erster Deutscher und mit 23 Jahren als einer der jüngsten Fahrer überhaupt, die Gesamtwertung der Tour.
Sein Sieg machte Ullrich in Deutschland innerhalb kürzester Zeit zum populärsten aktiven Sportler; er wurde 1997 zum Sportler des Jahres gewählt. Allerdings konnte der neue Radstar die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit (die eine Serie von Toursiegen erhoffte) in den nächsten Jahren nicht erfüllen.
Seit 1998 erlebte Ullrich regelmäßig ein schwaches Frühjahr, geprägt von schlechter Fitness, Übergewicht, Krankheiten und Verletzungen. Trotzdem erreichte er bei der Tour 1998 den zweiten Rang hinter Marco Pantani und holte sich drei Etappensiege. Ein Jahr später verhinderte ein Sturz bei der Deutschland Tour 1999 seinen Start bei der Tour de France. Ullrich gewann dafür am Saisonende die Vuelta a España und die Zeitfahr-WM.
2000–2003
Im Jahr 2000 traf der Telekom-Fahrer erstmals bei der Tour auf Lance Armstrong und wurde von diesem auf den zweiten Platz verwiesen. Wenige Wochen nach dem Ende der Tour gewann Ullrich das Straßenrennen der Olympischen Sommerspiele in Sydney und zudem Silber im Zeitfahren – vor Armstrong. Nach diesen Erfolgen übernahm Ullrich als erster Deutscher die Führung der UCI-Radsport-Weltrangliste.
Im Jahre 2001 landete Ullrich bei der Tour de France erneut auf Platz zwei hinter Armstrong. Im Herbst des selben Jahres gewann Ullrich zum zweiten Mal die Zeitfahr-WM.
Im Frühjahr 2002 verursachte Ullrich in Freiburg unter Alkoholeinfluss einen nächtlichen Autounfall. Nur wenige Wochen später wurde er, während eines Aufenthalts in einer Rehabilitationsklinik, positiv auf Amphetamine getestet. Ullrich erklärte, von Unbekannten „Pillen“ in einer Diskothek angenommen zu haben. Er wurde für sechs Monate gesperrt.[6]
Im selben Jahr wechselte Ullrich gemeinsam mit seinem Mentor Rudy Pevenage vom Team Telekom zur Mannschaft Coast. Das von einem mittelständischen Textilunternehmer gesponserte Team geriet im Frühjahr 2003 allerdings in Finanzschwierigkeiten und wurde vom Radsportweltverband UCI zweimal suspendiert. Schließlich konnte Teammanager Pevenage den bisherigen Co-Sponsor Bianchi überzeugen, den Radrennstall zu übernehmen.
Nach einigen guten Platzierungen bei der Deutschland Tour und der Tour de Suisse ging Ullrich schließlich im Trikot des Team Bianchi in seine sechste Tour de France, bei der er zunächst von einer Lebensmittelvergiftung geplagt wurde, seinen Rückstand in den Alpen aber begrenzen konnte. Am 18. Juli 2003 gewann Ullrich die 12. Etappe der Tour, das Einzelzeitfahren von Gaillac nach Cap´Découverte, mit über eineinhalb Minuten Vorsprung vor Lance Armstrong. Es war Ullrichs erster Etappensieg bei der Tour seit 1998. Obwohl Ullrich den Kampf um das Gelbe Trikot bis zum letzten Zeitfahren offen gestalten konnte, setzte sich Armstrong schließlich durch und feierte seinen fünften Toursieg in Folge. Jan Ullrich belegte trotz Sturzes im Zeitfahren mit 1:01 Minuten Rückstand ein fünftes Mal den zweiten Platz.
Nach der Tour de France 2003 wurde Ullrich von der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) mit der Fair-Play-Plakette des deutschen Sports ausgezeichnet, weil er einen Sturz Armstrongs nicht zum Angriff ausgenutzt hatte, sondern mit verlangsamtem Tempo weiterfuhr, bis sein Kontrahent wieder aufgeschlossen hatte.
Im Dezember 2003 wurde Ullrich von den deutschen Sportjournalisten zum zweiten Mal zum Sportler des Jahres gewählt.
2004
Wieder bei Telekom unter Vertrag, stieg Ullrich im Jahr 2004 zunächst bei dem Ardennenklassiker La Flèche Wallonne vorzeitig aus. Vier Wochen später kehrte er bei der Deutschland Tour ins Renngeschehen zurück und wurde Zweiter der ersten Etappe, einem Einzelzeitfahren. Die Bergetappen beendete er in vorderen Rängen. Mitte Juni 2004 gewann Ullrich bei seiner achten Teilnahme schließlich erstmals die Tour de Suisse, bei der er auch die erste Etappe und das abschließende Zeitfahren für sich entscheiden konnte.
Am 3. Juli 2004 ging Ullrich im belgischen Lüttich als einer der Anwärter auf den Gesamtsieg an den Start der Tour de France 2004, verlor jedoch schon im Prolog 15 Sekunden auf den Titelverteidiger Lance Armstrong. Durch eine Erkältung verlor Ullrich auf den beiden Pyrenäen-Bergetappen weitere fünf Minuten und damit jede Chance auf den Gesamtsieg. Trotz seines Einsatzes in der letzten Tourwoche in den Alpen und bei den beiden verbliebenen Zeitfahren, in denen er sich jeweils nur Armstrong geschlagen geben musste, kam er in der Gesamtwertung nicht über einen vierten Platz hinaus. Dies war bisher sein schlechtestes Ergebnis bei der Tour.
Bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen trat Ullrich als Titelverteidiger beim Straßenrennen mit dem Ziel an, seine zweite Goldmedaille zu gewinnen. Der Kurs in der Innenstadt von Athen endete mit dem Sieg von Paolo Bettini. Beim Einzelzeitfahren wurde Ullrich nur Siebter.
2005
Bei der Tour de Suisse 2005 wurde Ullrich Dritter der Gesamteinzelwertung, hinter Aitor González Jiménez und Michael Rogers.
Die Tour de France 2005 war für Jan Ullrich die letzte Gelegenheit, gegen Lance Armstrong anzutreten, da dieser bereits vor Beginn der Tour seinen Rücktritt vom Radrennsport angekündigt hatte. Dennoch verfehlte er mit dem dritten Platz in der Gesamtwertung hinter Armstrong und Basso den Tour-Sieg.
Das Abschneiden im 55-km-Einzelzeitfahren am vorletzten Tag der Tour (20. Etappe), bei dem Ullrich nur 23 Sekunden mehr als Armstrong benötigte, und der Podiumsplatz ließen ihn dann doch noch eine positive Bilanz ziehen.
2006
Am 1. November 2005 begann Ullrich die Vorbereitung für die Saison 2006 mit dem Ziel, die Tour de France zum zweiten Mal zu gewinnen. Seine Rennsaison wollte er, wie bereits 2003 und 2005, bei der viertägigen Sarthe-Rundfahrt (4.–7. April) beginnen. Nach erneuten Knieproblemen griff er aber erst bei der Tour de Romandie (25.–30. April) ins Renngeschehen ein.
Nach der Tour de Romandie ging Ullrich beim Giro d’Italia an den Start. Bei der elften Etappe, einem Einzelzeitfahren über 50 Kilometer, konnte Ullrich zum ersten Mal in dieser Saison anerkennende Aufmerksamkeit erzeugen, als er dieses Rennen gegen die Uhr gewann. Wegen Rückenschmerzen gab er den Giro während der 19. Etappe auf. Als letztes Rennen vor der Tour de France bestritt Ullrich die Tour de Suisse. Im abschließenden Einzelzeitfahren nach Bern konnte er den Spanier Koldo Gil noch auf den zweiten Platz verdrängen und somit seinen zweiten Gesamtsieg nach 2004 erringen.
Am 26. Juni 2006, fünf Tage vor Beginn der Tour de France, tauchten erneut Doping-Gerüchte im Zusammenhang mit der Dopingaffäre um das Liberty-Seguros-Team in den Medien auf, wobei es der spanischen Zeitung El País zufolge Hinweise auf eine mögliche Verstrickung von Jan Ullrich gegeben haben soll. Nachdem die Tour-Organisatoren eine Stellungnahme zu den Vorwürfen vom Team T-Mobile gefordert hatten, kam es zu Gesprächen zwischen der Tour-Organisation A.S.O. und T-Mobile, woraufhin die A.S.O. verlauten ließ, dass es keine triftigen Gründe gäbe, die Teilnahme von Ullrich bei der Tour in Frage zu stellen. Am Morgen des 30. Juni wurde Jan Ullrich nach der nun erfolgten Akteneinsicht durch die Teamleitung zusammen mit seinem Betreuer Rudy Pevenage und Óscar Sevilla von der Teilnahme an der Tour de France ausgeschlossen.
2007
Auf einer Pressekonferenz am 26. Februar 2007 gab Jan Ullrich das Ende seiner Laufbahn als aktiver Radprofi bekannt. Fortan wolle er als Berater, Repräsentant und Werbeträger für das österreichische Team Volksbank tätig werden. Das Team Volksbank setzte den Beginn der Tätigkeit Ullrichs jedoch nach der Erhärtung des Dopingverdachts durch die eindeutige Zuordnung der in Spanien sichergestellten Blutkonserven zu Ullrich bis auf weiteres aus.[7]
Ullrich und der Dopingskandal Fuentes
→ Hauptartikel: Dopingskandal Fuentes
Zur Suspendierung kam es aufgrund neuer Indizien im Dopingskandal um Eufemiano Fuentes. Ullrich und Sevilla hatten eine Verstrickung stets bestritten. Die spanische Justiz hatte jedoch Dokumente übergeben, die nach Auskunft der T-Mobile-Leitung ernste Zweifel am Wahrheitsgehalt der Unschuldsbeteuerungen der beiden Fahrer aufkommen ließen. Es gebe aber keine Hinweise, dass es zu einem persönlichen Treffen von Ullrich und Fuentes gekommen sei, so der Kommunikationschef Frommert. Zusätzlich sind laut spanischer Ermittlungsbehörden Indizien für den illegalen Gebrauch von Wachstumshormonen aufgetaucht, die aber genauso wie alle weiteren Vorwürfe bisher weder gerichtlich angeklagt noch sonst offiziell und damit überprüfbar veröffentlicht worden sind.
Die Olaf Ludwig Cycling GmbH als Betreiber der T-Mobile-Mannschaft erklärte am 20. Juli 2006 die außerordentliche Kündigung des Fahrervertrags mit Jan Ullrich, da trotz gegenteiliger Ankündigung ihrer Ansicht nach Ullrich keinen Beweis seiner Unschuld gegenüber seinem Arbeitgeber dargelegt habe. Ullrichs Rechtsbeistand hatte stattdessen auf das Fehlen einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung hingewiesen.
Zu dieser Zeit verkündete Jan Ullrich auf seiner Homepage, dass er seine Karriere fortsetzen und 2007 zur Tour de France erneut antreten wolle. In diesem Zusammenhang äußerte er auch, bei einem Toursieg dann vom aktiven Leistungssport zurücktreten zu wollen. Der Veranstalter der Spanien-Rundfahrt Vuelta schloss Jan Ullrich für 2006 von der Teilnahme aus.
Jan Ullrich akzeptierte Ende August die Kündigung durch T-Mobile. Grund dafür war eine Äußerung seines Managers, die Ullrich die Grundlage für seine finanziellen Forderungen gegen das Team entzog. Sein Manager erklärte, dass Jan Ullrich nicht mehr für T-Mobile fahren werde, selbst wenn die Kündigung zurückgenommen werde, doch Ullrich hätte sich weiter für Renneinsätze anbieten müssen, damit er Anspruch auf Gehalt oder eine Abfindung gehabt hätte.
Im Oktober 2006 trat Ullrich aus dem Schweizer Radsportverband aus, was juristische Folgen in der Schweiz für ihn jedoch nicht verhindern kann.[8] Seine Absicht, darauf in Österreich eine Lizenz zu lösen, beantwortete der Österreichische Radsportverband (ÖRV) allerdings in einer Presseerklärung mit den Worten, der Verband „benötigt keine zusätzlichen Herausforderungen oder Aufgaben im Zusammenhang mit dem Fall Ullrich“ und es habe außerdem „keinerlei Einladungen oder Angebote seitens des ÖRV an Herrn Ullrich gegeben, sich in Österreich um einen Wohnsitz und eine Lizenz zu bewerben“.[9]
Am 3. April 2007 wurde bekannt gegeben, dass die gefundenen Blutkonserven nach einem DNA-Vergleich eindeutig Jan Ullrich zugeordnet werden konnten. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelte daher gegen Ullrich wegen „Betruges zum Nachteil seines früheren Arbeitgebers“ und gegen seinen Berater Rudy Pevenage wegen „Beihilfe und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz“. Das Internationale Olympische Komitee (IOK) reagierte auf die Geständnis-Lawine von ehemaligen Radprofis des früheren Team Telekom und berief im Mai 2007 eine Disziplinar-Kommission. Das Gremium unter dem Vorsitz des Schweizers Denis Oswald soll mögliche Doping-Verstöße bei zurückliegenden Olympischen Spielen untersuchen. Damit droht Jan Ullrich die Aberkennung seiner Goldmedaille von den Spielen 2000 in Sydney.
Am 14. April 2008 stellte die Staatsanwaltschaft Bonn ihre Ermittlungen gegen Ullrich wegen der Betrugsvorwürfe seines ehemaligen Arbeitgebers Team T-Mobile ein. Ullrich müsse eine Zahlung „in sechsstelliger Höhe an gemeinnützige Institutionen und die Staatskasse“ leisten, dafür werde auf eine Klageerhebung verzichtet. Oberstaatsanwalt Fred Apostel sagte: „Unsere Ermittlungen über 21 Monate haben ergeben: Ullrich hat gedopt.“[10] Nicht zuletzt beruhte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf Ullrichs subjektiver Einstellung, nichts Unrechtes getan zu haben, da „zu Ullrichs aktiver Zeit eine weithin verbreitete Doping-Mentalität vorherrschte“. Juristisch gilt Ullrich nun als unschuldig im Sinne des Betrugsvorwurfs, die Entscheidung hat aber keine Auswirkung auf weiter laufende zivilrechtliche Verfahren, etwa zwischen Ullrich und dem Molekularbiologen Werner Franke oder zwischen Ullrich und seinem früheren Teammanager Günther Dahms. Ullrich kommentierte die Einstellung auf seiner Homepage: „Die Zahlung ist kein Schuldeingeständnis. […] Ein Geständnis konnte es auch deshalb nicht geben, weil es keinen Betrogenen gibt.“[11]
Im Vorfeld der Tour de France 2008 wiederholte Ullrich erneut, er habe in seiner Karriere „nie jemanden betrogen“. Zudem beklagte Ullrich mangelnde Unterstützung durch den BDR-Präsidenten Rudolf Scharping nach dem Auftauchen des Dopingverdachts.[12]
Exklusiv-Vertrag mit der ARD
Wie am 5. September 2006 die Süddeutsche Zeitung berichtete, gab es einen Exklusiv-Vertrag zwischen Jan Ullrich und der ARD. Der Vertrag existierte seit 1999 und garantierte Ullrich Gelder, damit er in ARD-Sendungen auftritt oder für Interviews bereitsteht. Ullrich erhielt zuletzt 195.000 Euro pro Jahr und hätte dies durch weitere Prämien aufstocken können. So hätte es für einen Tour-Etappensieg 20.000 Euro, für den Gesamtsieg sogar 65.000 Euro zusätzlich gegeben.
Auf Grund der Dopingsperre, die aus dem positiven Dopingtest 2002 resultierte, löste die ARD den Vertrag auf, doch bereits zum 1. Januar 2003 wurde ein neuer Vertrag geschlossen. Dieser Vertrag wurde wegen Ullrichs Verwicklungen in den Dopingskandal Fuentes zum Jahresende 2006 gekündigt.[13]
Jan Ullrich im Spiegel der öffentlichen Meinung
Jan Ullrichs Chancen, seine Fähigkeiten und sein Trainingszustand waren in den Jahren seiner aktiven Radsportkarriere regelmäßig Gegenstand lebhafter Diskussionen unter Journalisten, Radsportexperten und Fans. So schrieb beispielsweise der Sportjournalist Oskar Beck: „Kurzzeitig musste ganz Fahrraddeutschland ja befürchten, er würde sich mit diesen Eskapaden – zu viel Torte im Winter, ominöse Pillen in der Disco, umgefahrene Radständer und ähnliche Mißgeschicke – zugrunde richten.“[14]
Ullrich wurde von Kritikern ebenfalls häufig vorgeworfen, nicht über die Härte, den unbedingten Siegeswillen oder die akribische Saisonvorbereitung zu verfügen, wie sie in ihren Augen Lance Armstrong demonstrierte. So sagt zum Beispiel Eddy Merckx dazu: „Wenn Ullrich in Belgien aufgewachsen wäre, hätte er schon dreimal die Tour gewonnen. Es liegt alles nicht am Körper, sondern am Kopf.“[15]
Bedeutende Erfolge
- Eintagesrennen
- Sieger des Olympischen Straßenrennens 2000
- Silber im Olympischen Einzelzeitfahren Straße 2000
- Amateur-Straßenweltmeister 1993
- Bronze bei den UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 1994 im Einzelzeitfahren
- Weltmeister im Einzelzeitfahren 1999 und 2001
- Deutscher Meister im Einzelzeitfahren 1995
- Deutscher Straßenmeister 1997 und 2001
- Sieger der HEW Cyclassics 1997
- Sieger der Coppa Agostoni 2000
- Sieger des Giro dell’Emilia 2001
- Sieger bei Rund um Köln 2003
- Sieger der Coppa Sabatini 2004
- Zweiter Platz bei der Meisterschaft von Zürich 1997, 2000, 2001 und 2003
- Rundfahrten
- Gesamtsieger der Tour de France 1997
- Zweiter Platz Tour de France 1996, 1998, 2000, 2001 und 2003
- Dritter Platz Tour de France 2005
- Vierter Platz Tour de France 2004
- Gewinner des Weißen Trikots (Bester Profi unter 25 Jahren) Tour de France 1996, 1997 und 1998
- Gesamtsieger der Vuelta a España 1999
- Gesamtsieger der Tour de Suisse 2004 und 2006
- Zweiter Platz Deutschland Tour 2005
- Etappensiege bei Rundfahrten (Anzahl der Etappen/Jahr)
- 7 Etappen Tour de France: 1/1996, 2/1997, 3/1998, 1/2003
- 2 Etappen Vuelta a España: 2/1999
- 1 Etappe Giro d’Italia: 1/2006
- 5 Etappen Tour de Suisse: 1/1997, 2/2004, 1/2005, 1/2006
- 1 Etappe Deutschland Tour: 1/2005
- Ehrungen
- Deutschlands Sportler des Jahres 1997 (Einzelwertung und Mannschaft des Jahres) und 2003 (Einzelwertung)
Persönliches
Ullrich ist seit September 2006 mit Sara Steinhauser, der Schwester von Ullrichs ehemaligem Trainingskollegen Tobias Steinhauser, verheiratet. Der erste gemeinsame Sohn wurde 2007 geboren. 2011 kam sein zweiter Sohn zur Welt.[16] Mit seiner früheren Lebensgefährtin hat Ullrich seit 2003 eine Tochter. 2009 plante Ullrich, ein Buch über seine Zeit als Rad-Rennfahrer zu verfassen. Darin sollte auch das Thema Doping angesprochen werden.[17]
Im August 2010 berichtete Jan Ullrich, dass er am Burnout-Syndrom erkrankt ist[18], kurz vor Weihnachten 2010 gab er an, davon wieder genesen zu sein. [19] Im August 2011 nahm er wieder, unter großem Zuspruch der Zuschauer, an längeren, öffentlichen „Jedermann“-Radrennen teil, dies unter anderem für einen guten Zweck.[20]
Literatur
- Jan Ullrich, Hagen Boßdorf: Ganz oder gar nicht. Econ, 2004, ISBN 3-430-19231-5
- Andreas Burkart: Jan Ullrich – Wieder im Rennen. Goldmann, 2003, ISBN 3-442-15295-X
- Hagen Boßdorf (Hrsg.): Jan Ullrich – Meine Lieblingsradtouren, Schwarzwald. Artbeer Creation, 2001, ISBN 3-00-007288-8
Weblinks
-
Commons: Jan Ullrich – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
- Literatur von und über Jan Ullrich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Jan Ullrich in der Datenbank von Radsportseiten.net
- Jan Ullrich in der Datenbank der Tour de France (englisch)
- Jan Ullrich in der Datenbank von Sports-Reference.com (englisch)
- Offizielle Internetseite
Einzelnachweise
- ↑ http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,655699,00.html
- ↑ http://www.sportschau.de/sp/radsport/news200804/14/ullrich_doping.jsp
- ↑ Mathias Klappenbach: Jan Ullrich und das Doping - Das Ende vom Ende. In: Der Tagesspiegel. 15. April 2008, abgerufen am 28. April 2010.
- ↑ Jan Ullrich: Staatsanwaltschaft Bonn stellt Ermittlungen ein. In: janullrich.de. 14. April 2008, abgerufen am 28. April 2010.
- ↑ Cycling Hall of Fame: Die 25 größten Radrennfahrer aller Zeiten.
- ↑ berlinonline.de: Ullrich gesteht Einnahme von Amphetamin abgerufen am 8. August 2008
- ↑ Stellungnahme des Team Volksbank zur Entwicklung um Jan Ullrich. Auf: www.team-volksbank.com, 3. April 2007.
- ↑ „Er bekommt bei Umzug Lizenz“. Österreichischer Verband buhlt um Jan Ullrich. Auf: radsportnews.net, 22. Oktober 2006.
- ↑ Presseerklärung des ÖRV auf www.sportpress.at, 25. Oktober 2006. Vgl. Keine Profi-Lizenz. Österreich erteilt Ullrich Absage. Auf: sport.ard.de, 26. Oktober 2006.
- ↑ Betrugs-Verfahren gegen Ex-Radprofi eingestellt. Staatsanwalt: „Jan Ullrich hat gedopt“. Auf: sport.ard.de, 14. April 2008.
- ↑ Staatsanwaltschaft Bonn stellt Ermittlungen ein. Auf: www.janullrich.de, 14. April 2008. Vgl. Betrugs-Verfahren gegen Ex-Radprofi eingestellt. Staatsanwalt: „Jan Ullrich hat gedopt“. Auf: sport.ard.de, 14. April 2008.
- ↑ rad-net.de: Medien: Jan Ullrich holt zum Rundumschlag aus abgerufen am 2. Juli 2008
- ↑ Hans Leyendecker: Jan Ullrich und die Medien. Das goldene Lenkrad. Auf: sueddeutsche.de, 5. September 2006; ebenso Süddeutsche Zeitung, 6. September 2008.
- ↑ Stuttgarter Zeitung, 11. März 2004.
- ↑ dpa-Meldung, 21. April 2000.
- ↑ "www.janullrich.de", Homepage-Eintrag vom 24. Januar 2011
- ↑ [1], "Jan Ullrich spielt sich als Moralapostel auf" Artikel auf Welt Online, 9. März 2009
- ↑ "Burnout-Syndrom bei Ullrich", Artikel vom 13. August 2010
- ↑ "www.janullrich.de", Homepage-Eintrag vom 20. Dezember 2010
- ↑ [2] „Jan Ullrich erfährt enormen Zuspruch beim "Ötzi"“ Artikel auf Zeit Online, 29. August 2011
1896: Aristidis Konstantinidis | 1936: Robert Charpentier | 1948: José Beyaert | 1952: André Noyelle | 1956: Ercole Baldini | 1960: Wiktor Kapitonow | 1964: Mario Zanin | 1968: Pierfranco Vianelli | 1972: Hennie Kuiper | 1976: Bernt Johansson | 1980: Sergei Suchorutschenkow | 1984: Alexi Grewal | 1988: Olaf Ludwig | 1992: Fabio Casartelli | 1996: Pascal Richard | 2000: Jan Ullrich | 2004: Paolo Bettini | 2008: Samuel Sánchez
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