Römisch-katholischer Priester

Römisch-katholischer Priester
Metropolit Ján Babjak SJ bei der Heiligen Messe

Der Priester ist im Christentum, ähnlich wie in vielen anderen Religionen eine Amtsperson der Religionsausübung. Das genaue Verständnis der dem Priester innewohnenden religiösen Kraft bzw. seiner Mittlerrolle unterscheidet sich zwischen den christlichen Bekenntnissen.

Das deutsche Wort Priester stammt vom griechischen πρεσβύτερος, presbyteros, „Ältester“. Das Wort Presbyter ist in vielen europäischen Sprachen davon abgeleitet. Andere Sprachen entnehmen das Wort dem Bedeutungsfeld von griech. ἱερος, hieros — „heilig, geweiht“ und (lat.: Sacerdos) – „Priester“.

Inhaltsverzeichnis

Priesterweihe

Die Priesterweihe (siehe Weihesakrament) ist in den römisch-katholischen, orthodoxen, altkatholischen und anglikanischen Kirchen ein dreistufiges Sakrament. In der Christengemeinschaft ist die Priesterweihe ein einstufiges Sakrament; alle Priester haben die gleiche Weihestufe.

Frühes Christentum

Die jüdische Jerusalemer Urgemeinde Jesu war eine Sekte des Judentums ihrer Zeit und hatte, wie dieses, keine besonderen Mittler zwischen Mensch und Gott. Das Neue Testament scheint für das entstehende Heidenchristentum keine vermittelnde Priesterklasse vorzusehen: „Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und Mensch: der Mensch Jesus Christus!“ (1. Timotheus 2,5) Deshalb gebrauchte das frühe Heidenchristentum den Titel des Hohenpriesters, ausschließlich im Blick auf Jesus Christus [1]. Der Begriff des Priesters im kultischen Sinn (Kohen, Hiereus) wird im Neuen Testament für alle verwendet, die an Jesus Christus glaubten (zum Beispiel 1. Petrus 2,9; Offenbarung 1,6). Die im Neuen Testament genannten Ämter sind Dienstfunktionen der vor allem heidenchristlichen Anhänger Jesu Christi.

Durch das Anwachsen der Heidenmission, der heidenchristlichen Gemeinden und ihre institutionelle Verfestigung, durch den Ausbau der neuen christlichen Liturgie und der Lehre, nicht zuletzt durch die antignostische Auseinandersetzung, gewannen die Ämter an Gewicht. Im zweiten Jahrhundert bildete sich die bis heute verbreitete dreigliedrige hierarchische Struktur heraus: Bischof, Ältester (presbyteros) und Diakon. Der deutsche Begriff des Priesters hat sich zwar etymologisch aus dem griechischen Begriff „presbyteros“ entwickelt, wird aber in der katholischen und in der orthodoxen Kirchengemeinschaft im „kultisch-mittelnden“ Sinne (hiereus) verstanden. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen katholischem und evangelischem Amtsverständnis.

Amtsverständnis

In verschiedenen Kirchen hat sich ein unterschiedliches Verständnis des Priestertums entwickelt:

Orthodoxe, katholische und anglikanische Theologie

Römisch-Katholischer Militärpfarrer Allen R. Kuss (USN) auf der USS Enterprise

Im Verständnis der orthodoxen, katholischen und anglikanischen Kirchen sind die christlichen Priester durch die Weihe (Ordination), die ein Sakrament ist, aus den Christgläubigen ausgesondert und innerhalb des Volkes Gottes von den Laien unterschieden - das sogenannte Weihepriestertum. Innerhalb des dreistufigen Weihesakraments (Bischof - Presbyter („Priester“) - Diakon) bilden die beiden ersten die priesterlichen Ämter, während die Diakone nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst bestellt sind.

In den orthodoxen und katholischen Kirchen sind die priesterlichen Ämter auf Männer beschränkt, manche altkatholische Kirchen und manche Kirchen der anglikanischen Kommunion kennen die Frauenordination.

In der Nachfolge der Apostel ist die Aufgabe des Priesters die Verkündigung des Evangeliums und die Spendung der Sakramente, insbesondere die Leitung der Eucharistiefeier. Der Priester handelt dabei „in persona Christi“. Die Weihe verleiht also eine besondere Verbundenheit mit Christus, dem einzigen Priester. Das Sakrament legitimiert die Fortführung priesterlicher Funktionen in der Kirche Christi. Die römisch-katholische Tradition verbindet mit dieser Sicht seit dem 11. Jahrhundert den Zölibat, der in den Ostkirchen nur für Bischöfe gilt. Die Bischöfe der katholischen, orthodoxen und anglikanischen Kirchen sehen sich in der ungebrochenen Sukzession der Apostel, die durch Handauflegung und Weihegebet weitergegeben wird (Apg. 14,23; 2Tim. 1,6).

Die Mehrzahl der Priester steht einer Pfarrei als Pfarrer vor. Priester können jedoch auch mit anderen Aufgaben betraut sein, etwa in einem Orden, an kirchlichen Zentren (Wallfahrtsorte, etc.), im Ordinariat, usw.

Seit dem 2. Vatikanischen Konzil wird das allgemeine Priestertum aller in Taufe und Firmung mit Christus verbundenen Menschen deutlicher herausgestellt. (Allerdings spricht die katholische Theologie eher vom gemeinsamen Priestertum.) Dieses verwirklicht sich nach katholischer Auffassung jedoch nicht in gleicher Teilhabe, sondern im Zusammenwirken der kirchlichen Glieder je nach Berufung und Amt (siehe: Hierarchie).

In Gottesdiensten trägt der Priester liturgische Gewänder wie Messgewand, Albe, Stola. Aber auch andere, die liturgische Dienste tun (Messdiener, Lektoren, Vorsänger), tragen liturgische Kleidung (in Erinnerung an das Taufkleid vorwiegend weiße), die das allen gemeinsame Taufpriestertum abbildet (siehe: Liturgisches Gewand). Die Soutane war früher die übliche Alltagskleidung der katholischen Priester; heute können Priester zivile Kleidung tragen, sollen dabei aber als Priester erkennbar sein.

Lutherische Theologie

Der Begriff Priester für einen lutherischen Pfarrer ist eine durchaus übliche Bezeichnung, da sie in den Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche in dieser Weise bezeichnet werden.

„Dagegen in unseren Kirchen warten die Priester recht ihres Amtes, lehren und predigen das Evangelium, predigen Christum, dass wir nicht um unserer Werke willen, sondern um Christus willen Vergebung der Sünde einen gnädigen Gott haben. Und wenn ja das Abendmahl oder die Messe sollt das tägliche Opfer genennet werden, so möchte billiger die Messe bei uns also heißen. So wird nun die Predigt des Evangeliums und den rechten Brauch der Sakramente bei uns behalten, so haben wir ohne Zweifel das tägliche Opfer.“

(Zitat Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses Artikel 24)

Das lutherische Priesterverständnis wird unter anderem auch im Evangelisch-Lutherischen Kirchengesangbuch der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche deutlich. Dort heißt es beispielsweise im Beichtlied, Wir danken dir, o treuer Gott, des lutherischen Theologen Nikolaus Selnecker aus dem Jahr 1587 in Vers 2:

„Durch Priesters Mund sprichtst du: Mein Kind, dir alle Sünd vergeben sind, geh hin und sündige nicht mehr und allweg dich zu mir bekehr.“

(Zitat Evangelisch-Lutherisches Kirchengesangbuch Nr. 481,2)

Im alltäglichen Sprachgebrauch findet er sich u.a. in den lutherischen Kirchen des Baltikums. Durch die Ordination oder auch Weihe zum geistlichen Amt, wie es in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche heißt, wird der Pfarrer zum besonderen Dienst an der Verkündigung des Wortes und Spendung der Sakramente ausgesondert, gesegnet und gesandt. In der Verkündigung von Gesetz und Evangelium und der Spendung der Sakramente, repräsentiert er Christus und steht der Gemeinde gegenüber. Durch die Ordination unter Gebet und Handauflegung wird effektiv der Heilige Geist vermittelt und der Pfarrer durch Christus bevollmächtigt an seiner statt und in seinem Auftrag zu lehren, zu predigen und die Sakramente zu spenden. Mit den lutherischen Bekenntnisschriften kann daher die Ordination auch als Weihe zum geistlichen Amt mit sakramentalen Charakter verstanden verstanden werden, wie z.B. in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche.

„Wo man aber das Sakrament des Ordens wollt nennen ein Sakrament von dem Predigtamt und Evangelio, so hätte es keine Beschwerung, die Ordination ein Sakrament zu nennen. Denn das Predigtamt hat Gott eingesetzt und geboten, und hat herrliche Zusage Gottes. Wenn man das Sakrament des Ordens (Geistliche Amt) also verstehen wollt, so möcht man auch das Auflegen der Hände ein Sakrament nennen. Denn die Kirche hat Gottes Befehl, daß sie soll Predigter und Diakonos bestellen.“

(Zitat ApolCA 13, S. 293-294 BSLK)

Lutherische Pfarrer sehen sich in der Lehrsukkzession, die die Personalsukkzession mit einschließt, in der Kontinuität zur Einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche. Ein Opferpriestertum, wie beispielsweise in der römisch-katholischen Theologie, wird abgelehnt. Mit den Evangelisch-Lutherischen Bekenntnisschriften wird das geistliche Amt aus dem Apostolat abgeleitet.

„Weil nun Paulus klar zeuget, er hab bei Petro nicht wollen ansuechen, daß er ihm zu predigen erlaubte, auch dazumal, da er am letzten sei zu ihm kommen, haben wir eine gewisse Lehre, dass das Predigtampt vom gemeinen Beruf der Apostel herkomment, und ist nicht not, daß alle dieser einigen Person petri Beruf oder Bestätigung haben.“

(Zitat De potestate et primatu papae tractatus S. 474 BSLK)


Das Priestertum aller Getauften meint im Anschluß an Martin Luther, dass jeder getaufte ungehinderten Zugang zu Gott im Gebet habe.

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche und zahlreichen lutherischen Kirchen außerhalb Deutschlands trägt der lutherische Pfarrer den Ornat, Alba, Stola und Kasel, oder auch nur Albe und Stola zum Zeichen dafür, dass er Inhaber des geistlichen Amtes ist und von Christus bevollmächtigt ist öffentlich zu lehren und die Sakramente zu spenden.

Das geistliche Amt ist bei den Bekenntnislutheranern Männern vorbehalten. Liberale lutherische Kirchen kennen die Frauenordination.

Evangelische Theologie

Die evangelische Theologie lehnt unter Berufung auf die Ekklesiologie ihrer Interpretation des Neuen Testaments ein besonderes Priestertum in der Kirche grundsätzlich ab. Ein evangelischer Pastor ist kein Priester. Alle Getauften haben gleichen Anteil am Priestertum Christi. Die Ordination der evangelischen Pfarrer bzw. Pastoren gilt als Beauftragung und Segenshandlung, nicht als Sakrament. In reformierten und presbyterianischen Kirchen steht das Wort „Presbyter”, das wie „Priester” von presbyteros stammt, für das Mitglied des Gemeindevorstands, des Presbyteriums, und ist deshalb nicht mit einem Pfarrer, Pastor oder Priester zu verwechseln. Bei den evangelischen Christen gilt im Gegensatz zum römisch-katholischen Weihepriestertum das evangelische Allgemeine Priestertum.

Ökumenische Perspektiven

Der Gegensatz in der Sicht der kirchlichen Ämter und in der Frage ihrer Legitimität ist heute eines der größten Hindernisse der kirchlichen Einheit. Im Verständnis des priesterlichen Dienstes gibt es jedoch auch Annäherungen. Die meisten Kirchen stimmen inzwischen darin überein, dass es ein besonderes Amt in der Kirche gibt, das auch das Gegenüber Christi zur Gemeinde repräsentiert. Dieses Amt wird evangelischerseits im Pfarramt, katholischerseits im Bischofsamt gesehen.

Im Katholizismus wird eine allein rechtlich festgesetzte Untergliederung priesterlicher Dienste ohne Anbindung an die sakramental verstandene apostolische Sukzession nicht zugelassen. Man geht vom einen Weiheamt aus, das in der Bischofsweihe seine Fülle hat. Das Kollegium der Bischöfe verbürgt mit der Sukzession im Ritus der Handauflegung das Bleiben der gesamten Kirche in der Nachfolge der der Lehre der Apostel. Somit kann als Priester die Gemeinde nur der lehren und leiten, der von einem Bischof dazu bestellt ist. Auch die Evangelische Kirche kennt die Sukzession im Sinne eines Festhaltens an der wahren apostolischen Lehre. Hier gibt es, wenn katholischerseits nicht einseitig rechtlich und evangelischerseits nicht einseitig pneumatologisch gedacht wird, durchaus ökumenische Anknüpfungspunkte.

Siehe auch


Literatur

  • Peter Fabritz: Die tägliche Zelebration des Priesters. Eos-Verlag, 2005, ISBN 3-8306-7212-8.
  • Paul Volz: Die biblischen Altertümer. Komet Verlag, Köln 1914, ISBN 3-89836-316-3.

Weblinks

Quellen

  1. Zum Beispiel Hebräer 4,14-5,6

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