SS-Junkerschule

SS-Junkerschule
SS-Junkerschule Bad Tölz 1942

SS-Junkerschulen waren 1937 eingeführte Offizieranwärterschulen, die als Schulungsstätten der SS während des Zweiten Weltkriegs die Aufgabe hatten, Offiziersnachwuchs für die Waffen-SS auszubilden. SS-Junkerschulen bestanden an insgesamt vier Standorten: in Bad Tölz, Braunschweig, Klagenfurt und Prag-Dewitz. Ihre Absolventen bildeten den Führungsnachwuchs in der SS-Verfügungstruppe, in der Ordnungspolizei, in den Konzentrationslagern und SS-Totenkopfverbänden und beim SD. Über die militärische Ausbildung hinaus wurde eine im ganzheitlichen Sinne SS-gemäße Lebenshaltung gelehrt.[1]

Nach Vorstellung der Führung der späteren Waffen-SS, aber vor allem für die Soldaten und des Offizierskorps dieser SS-Gliederung, handelte es sich bei den SS-Junkerschulen um ein Äquivalent für die Offizierschulen des Heeres; eine Auffassung, der einige Militärhistoriker kritisch gegenüber stehen. In etwa 22 Kriegsjunkerlehrgängen absolvierten etwa 15.000 angehende SS-Führer diese Ausbildung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Allg. Ärmelband der SS-Schule Braunschweig
Allg. Ärmelband der SS-Schule Bad Tölz
Junkerschule in Bad Tölz, nach Kriegsende Flint-Kaserne der amerikanischen Armee

„SS-Führerschulen“ als eigene Schulen für das Führungspersonal der SS waren schon früh Bestandteil des ehrgeizigen militärischen Elitekonzepts von Reichsführer-SS Heinrich Himmler. In ihnen sollte das zukünftige „Führer-Korps“ der Allgemeinen SS und der bewaffneten SS-Verbände ausgebildet werden. Adolf Hitler eröffnete im Herbst 1936 die erste „Führerschule der SS-Verfügungstruppe“ in Bad Tölz. Kommandeur dieser Schule wurde wenig später Felix Steiner. Im Sommer 1937 wurde die SS-Führerschule Braunschweig eingerichtet, die unter der Leitung Paul Haussers ebenfalls militärisches Führungspersonal für die Verfügungstruppe ausbilden sollte. Von der Organisationsstruktur her entsprachen die Führerschulen der SS-Verfügungstruppe den Führerschulen der Allgemeinen SS.

Die Führerschulen in Bad Tölz und Braunschweig wurden am 8. August 1937 offiziell in „SS-Junkerschulen“ umbenannt. Die Junkerschulen waren nun den regulären Kriegsschulen des Heeres vergleichbare Ausbildungseinrichtungen für den Führernachwuchs der Waffen-SS. Die militärische Ausbildung erfolgte nun streng nach den Heeresvorschriften. Als Vorbild hierzu diente offensichtlich die „SS-Unterführerschule Dachau“, die im Juli 1937 aufgelöst und in die SS-Junkerschule Bad Tölz eingegliedert worden war.

Ab dem Sommer 1938 bekleidete Hausser zusätzlich die Dienststellung eines „Inspekteurs der Junkerschulen“ mit dem Ziel, die Effizienz dieser Ausbildungsstätten zu erhöhen.

Nach dem Vorbild der Junkerschulen der Verfügungstruppe wurden im Laufe der 1930er Jahre zudem weitere Offiziersschulen der SS und auch der Polizei gegründet, die sich am Aufbau und der Organisationsstruktur orientierten (siehe Hauptartikel: Führerschulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei). Nur in den Ausbildungsschwerpunkten wichen diese von den Junkerschulen ab.

Ab Juni 1940 wurden die Junkerschulen als Teil einer 179 Dienststellen der Allgemeinen SS umfassenden Re-Organisation mit den SS-Totenkopfverbänden, SS-Hauptämtern und der SS-Verfügungstruppe zur „Waffen-SS“ zusammengefasst. Die Teilnehmer der Junkerschulen wurden nun alter Heerestraditionen entsprechend als regulärer „Offiziersanwärter“ oder auch als „Reserveoffiziersanwärter“ (Offiziersanwärter im Beurlaubtenstand) zu den Junkerschulen abkommandiert.

Im Sommer 1943 wurde in Klagenfurt-Lendorf die SS-Junkerschule Klagenfurt in von KZ-Häftlingen erbauten Gabäuden eröffnet. Die Umbenennung in „SS- und Waffen-Junkerschule Klagenfurt“ erfolgte am 1. Juni 1944. Sie diente der Heran- und Ausbildung für deutsche und ausländische Führerbewerber. Der Kommandeur war SS-Standartenführer (später SS-Oberführer) Walter Bestmann.

Im Frühjahr 1944 erfolgte die Inbetriebnahme der SS-Junkerschule Prag-Dewitz. Der Lehrgangsbetrieb begann am 3. Juli 1944. In dieser Schule fanden neben der Ausbildung des Führernachwuchses auch Lehrgänge für versehrte SS-Junker statt. Der Kommandeur war SS-Standartenführer Wolfgang Joerchel.

Ausbildung in den Junkerschulen

Lehrinhalte

Unterricht in der SS-Junkerschule Bad Tölz 1942
Unterricht in der SS-Junkerschule Bad Tölz 1942

Insofern die SS eine politische Organisation war, war auch die Ausbildung ihrer Führungskader politisch. Nach Vorstellung der Reichsführung-SS sollte die Ausbildung zu gleichen Teilen aus militärischer Ausbildung und „weltanschaulicher Erziehung“ bestehen. Mit letzterem war nicht das gleichnamige Lehrfach gemeint (das später in „weltanschaulicher Schulung“ umbenannt wurde), sondern ein fachübergreifendes pädagogisches Prinzip. Sämtliche Lehrfächer waren von der nationalsozialistischen Ideologie bestimmt, bis hin zum Sport, der den „Angriffsgeist wecken“ und die Lehrgangsteilnehmer zu „einsatzbereiten Kämpfern“ erziehen sollte.

Ziel dieses Unterrichts war die Identifikation mit den Grundsätzen der SS-Ideologie, z.B. mit den geopolitischen Herrschaftsansprüchen („Volk ohne Raum“), mit dem Sozialdarwinismus, der mit dem „Lebenskampf der arischen Herrenrasse“ begründet wurde, mit Antikommunismus und Antisemitismus.

Die SS-Junker wurden auf den Eid verpflichtet, dem „Führer“ Adolf Hitler bedingungslos bis in den Tod zu folgen. Im Lehrfach „Weltanschauliche Erziehung“ wurden „germanische Geschichte“, „arische Rassenkunde“ und die Grundzüge der sogenannten „großdeutschen Lebensraum-Philosophie“ gelehrt. Nach dem Abschluss der Schule absolvierten die SS-Junker in der Regel noch einen „Waffenkundlichen Lehrgang“ im KZ Dachau.

Der Stundenplan der Junkerschulen sah wie folgt aus: Taktik, Gelände- und Kartenkunde, Gefechtsausbildung und Ausbildung an der eigenen Waffe, Allgemeiner praktischer Truppendienst (Waffentechnik, Schießausbildung, Exerzieren), Weltanschauliche Erziehung, Heerwesen, SS- und Polizeiwesen, Verwaltungswesen, Leibesübungen, Waffenlehre, Pionierlehre, Nachrichtenlehre, Panzerlehre, Kfz-Wesen, Sanitätswesen, Luftwaffenlehre, Arbeitsstunden, Deutschunterricht.

Teilnehmer („SS-Junker“)

Die Teilnehmer an einer „SS-Führerschule“ wurden gemäß der nationalsozialistischen Ideologie unter „rassischen“ Gesichtspunkten ausgewählt. An einer „Führerschule“ konnte bis 1937 angenommen werden, wer höchstens 23 Jahre alt, mindestens 1,74 m groß und kein Brillenträger war. Ein sogenannter Ariernachweis bis ins 18. Jahrhundert („großer Ariernachweis“) sowie ein ärztliches Gesundheitszeugnis mussten vorgelegt werden. Selbstverständlich waren SS-Führerschulen auch ein Ort der politischen Indoktrination. Lehrgangsteilnehmer wurden z. B. auch massiv zu Kirchenaustritten gedrängt, da christliche Religion und Mitgliedschaft in einer ideologisch an Neuheidentum orientierten Gemeinschaft nach Meinung der SS-Führung nicht zusammen passen würden. Bis 1937 hatten rund 90% der Teilnehmer die Kirchen verlassen und waren „gottgläubig“ geworden. Dieses hatten sie mit den Angehörigen der SS-Verfügungstruppe gemeinsam, wo Anfang 1938 rund 80% keiner Religionsgemeinschaft angehörten. Aber bis 1943 war das Gros von ihnen den Kirchen wieder beigetreten, was auch Felix Steiner immer wieder gefordert hatte.

Besondere Fähigkeiten der Anwärter für Lehrgänge an den Junkerschulen – abgesehen von sportlichen – wurden nicht vorausgesetzt. So besaßen ca. 90% der Teilnehmer einen Volksschulabschluss. Die ausgebildeten Offiziere der SS-Verfügungstruppen bzw. der Waffen-SS sollten eine vor allem militärische und rassische Elite darstellen. Da für Bereiche innerhalb der Waffen-SS jedoch eine höhere Ausbildung bzw. das Abitur benötigt wurden, begann man ab 1940, bevorzugt Abiturienten der Napola aufzunehmen.

Bis 1936 war der Besuch einer Junkerschule kein Wehrdienstersatz, d.h. er wurde weder auf Wehrdienstzeiten angerechnet, noch schützte er vor der Einberufung durch die Wehrmacht. Ab August 1938 besagten die Anweisungen des SS-Führungshauptamtes, dass der SS-Junker zwei Jahre in seiner Einheit gedient haben musste und erst bei einer Beurteilung durch den unmittelbaren Vorgesetzten die Schule besuchen durfte. Ab 1938 galt der Besuch der Junkerschule als Ableistung des Wehrdienstes. (Diese Order wurde dem SS-Freiwilligen im „Merkblatt für den Eintritt als Freiwilliger in die SS-Verfügungstruppe“ auch schriftlich zugesichert.)

Wegen der in sozialer Hinsicht sehr heterogenen Zusammensetzung der Führeranwärter und deren höchst unterschiedlicher Bildung wie auch militärischer Qualifikation war es die Aufgabe dieser Institution, Einheitlichkeit des Ausbildungsniveaus und Sozialverhaltens erst herzustellen.

Nach beendetem „Führerlehrgang“ kehrten alle Teilnehmer als „SS-Standartenjunker“ (SS-Scharführer) bzw. als „SS-Standartenoberjunker“ (SS-Hauptscharführer) zu ihren Stammeinheiten zurück. Sie trugen während des Lehrganges auf der Junkerschulen weiterhin ihre eigenen und nicht wie die Teilnehmer der „Führerschulen“ besondere Uniformen. Bei ihren Stammeinheiten wurden sie rasch zum SS-Untersturm- bzw. zum SS-Obersturmführer (aktiv) oder zum SS-Untersturm- bzw. zum SS-Obersturmführer (d.Res.) befördert.

Einsatz der Absolventen

Bis Kriegsbeginn wurden die Absolventen im Gesamtbereich von Allgemeiner SS und Polizei eingesetzt, auch als Wachmannschaften von Konzentrationslagern. Nach einer Stichprobe im Dezember 1938 verrichteten etwa 18 Prozent der an SS-Junkerschulen ausgebildeten Führer in den Konzentrationslagern ihren Dienst.[2]

Bekannte Dozenten und Absolventen

Dozenten:

Absolventen:

Verwandte Themen

Literatur

  • Bernhard Kiekenap: SS-Junkerschule. SA und SS in Braunschweig. Appelhans, Braunschweig 2008, ISBN 978-3-937664-94-1.

Einzelnachweise

  1. Bernd Wegner: Anmerkungen zur Geschichte der Waffen-SS in: R.D. Müller, H.E. Volkmann, (Hrsg. im Auftrag des MGFA): Die Wehrmacht: Mythos und Realität, München, Oldenburg 1999, ISBN 3-486-56383-1, S. 410 f.
  2. Bernd Wegner: Hitlers politische Soldaten, S. 142

Weblinks


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