Führerschulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei

Führerschulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei

Führerschulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei waren Institutionen, die während der Zeit des Nationalsozialismus die Aufgabe hatten, Führungskräfte für die SS, den SD und die Sicherheitspolizei auszubilden.

Die verschiedenen Schulen und Schultypen hatten unterschiedliche Ausbildungsschwerpunkte und dienten nicht nur der Ausbildung von Offizieren, sondern auch von Unteroffizieren und anderem Fachpersonal. So gab es allein für die Waffen-SS neben den vier offiziellen Junkerschulen auch 18 Waffen- und Fachschulen, die für die Ausbildung der aktiven und der Reserve-Offiziere sowie der technischen Laufbahn und der Sonderlaufbahn zuständig waren.[1] Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Absolventen im Gesamtbereich von Allgemeiner SS und Polizei eingesetzt. Sie bildeten den Führungsnachwuchs in der SS-Verfügungstruppe, in der Ordnungspolizei, in den Konzentrationslagern und SS-Totenkopfverbänden und beim SD. Über die eigentliche militärische Ausbildung hinaus wurde an diesen Schulen auch eine im ganzheitlichen Sinne SS-gemäße Lebenshaltung gelehrt.[2][3] Die bekanntesten Schulen für Führungskräfte der SS waren die vier SS-Junkerschulen in Bad Tölz, Braunschweig, Klagenfurt und Prag-Dewitz. Die meisten anderen SS-Schultypen waren von der Grundstruktur her ähnlich wie diese Junkerschulen aufgebaut.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eigene Schulen für das Führungspersonal der SS waren schon früh Bestandteil des ehrgeizigen militärischen Elitekonzepts von Reichsführer-SS Heinrich Himmler. In ihnen sollte das zukünftige „Führer-Korps“ der diversen Gliederungen der SS ausgebildet werden. Da die SS eine politische Organisation war, war auch die Ausbildung ihrer Führungskader politisch. In Sinne der Erziehung im Nationalsozialismus sollten die Lehrinhalte in den Schulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei nach der Vorstellung der Reichsführung-SS zu gleichen Teilen aus militärischer Ausbildung und „weltanschaulicher Erziehung“ bestehen.

Die einzelnen Institutionen entwickelten sich schrittweise und zum Teil unabhängig voneinander. Anfang März 1935 wurde zunächst die „SS-Ärztliche Junkerschule“ in Berlin eingerichtet, aus der später die Medizinische Akademie der SS in Graz hervorging. Die SS-Verwaltungsschule nahm im Spätsommer 1935 in Dachau den Lehrbetrieb auf. Im Herbst 1936 eröffnete Adolf Hitler die erste „Führerschule der SS-Verfügungstruppe“ in Bad Tölz, und im Sommer 1937 wurde die SS-Führerschule Braunschweig eingerichtet, die ebenfalls militärisches Führungspersonal für die Verfügungstruppe ausbilden sollte. Von der Organisationsstruktur her entsprachen die Führerschulen der Verfügungstruppe den Führerschulen der Allgemeinen SS. Die Führerschulen der SS-Verfügungstruppe in Bad Tölz und Braunschweig wurden am 8. August 1937 offiziell in „SS-Junkerschulen“ umbenannt.

Nach dem Vorbild der Junkerschulen der bewaffneten SS-Verbände wurden später noch weitere Offiziersschulen der SS und auch der Polizei gegründet, die sich am Aufbau und der Organisationsstruktur der ersten Junkerschulen orientierten. Auch in den anderen Führerschulen der SS, des SD und der Sicherheitspolizei wurde besonderer Wert auf eine Erziehung nach nationalsozialistischen Grundsätzen gelegt, nur in den fachlichen Ausbildungsschwerpunkten wichen die Lehrinhalte von den Junkerschulen ab.

Schulen und Schultypen

SS-Junkerschulen

Hauptartikel: SS-Junkerschule

Die SS-Junkerschulen waren Militärakademien, die während des Zweiten Weltkriegs die Aufgabe hatten, Offiziersnachwuchs für die Waffen-SS auszubilden. Der Lehrplan umfasste Fächer wie Taktik, Gelände- und Kartenkunde, Gefechtsausbildung und Ausbildung an der eigenen Waffe, Allgemeiner praktischer Truppendienst (Waffentechnik, Schießausbildung, Exerzieren), Weltanschauliche Erziehung, Heerwesen, SS- und Polizeiwesen, Verwaltungswesen, Leibesübungen, Waffenlehre, Pionierlehre, Nachrichtenlehre, Panzerlehre, Kfz-Wesen, Sanitätswesen, Luftwaffenlehre, Arbeitsstunden und Deutschunterricht.

Ihren Ursprung hatten die SS-Junkerschulen in den sogenannten „Führerschulen der SS-Verfügungstruppe“, von denen die erste im Herbst 1936 unter der Leitung Felix Steiners in Bad Tölz und die zweite im Sommer 1937 unter der Leitung Paul Haussers in Braunschweig eingerichtet wurde. Ab dem Sommer 1938 bekleidete Hausser zusätzlich die Dienststellung eines „Inspekteurs der Junkerschulen“ mit dem Ziel, die Effizienz dieser Ausbildungsstätten zu erhöhen. Am 8. August 1937 wurden die Führerschulen der SS-Verfügungstruppe offiziell in „SS-Junkerschulen“ umbenannt, und ab Juni 1940 wurden sie als Teil einer umfassenden Re-Organisation der SS mit den SS-Totenkopfverbänden, den SS-Hauptämtern und der SS-VT zur „Waffen-SS“ zusammengefasst.

Im Sommer 1943 wurde in Klagenfurt-Lendorf eine SS-Junkerschule eröffnet, die Umbenennung in „SS- und Waffen-Junkerschule Klagenfurt“ erfolgte am 1. Juni 1944. Sie diente der Heran- und Ausbildung für deutsche und ausländische Führerbewerber. Im Frühjahr 1944 erfolgte die Inbetriebnahme der „SS-Junkerschule Prag-Dewitz“. Der Lehrgangsbetrieb begann am 3. Juli 1944.

Medizinische Akademie der SS

Die „SS-Ärztliche Junkerschule“ in Berlin wurde Anfang März 1935 unter SS-Standartenführer Schlink eingerichtet. Sie stand nicht unter der Kontrolle des „Inspektor der SS-Verfügungstruppe und der SS-Junkerschulen“, sondern wurde direkt von der „Reichsführung-SS, Dienststelle Reichsarzt-SS“ unter ihrem Amtschef SS-Gruppenführer Ernst-Robert Grawitz geleitet. 1937 wurde die Schule in „Medizinische Akademie der SS“ umbenannt und im Herbst 1939 nach Graz verlegt.

SS-Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes

Die Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes wurde im Spätsommer 1935 in Dachau als „SS-Verwaltungsschule Dachau“ durch SS-Standartenführer Hans Baier eröffnet. Die Verwaltungsschule war der „Reichsführung-SS, Verwaltungsamt München“ oder kurz dem SS-Verwaltungsamt unterstellt, das am 3. Mai 1935 geschaffen worden war. Die Verwaltung der SS-Verwaltungsschule selbst wurde im Stabsgebäude der SS-Totenkopfverbände im KZ Dachau untergebracht. Es war aber hier ebenfalls eine Einrichtung der SS-Verfügungstruppe und unterstand der unmittelbaren Kontrolle des SS-Inspekteurs Hausser.

In der SS-Verwaltungsschule wurden in etwa 53 Lehrgängen die zukünftigen SS-Führer im Verwaltungsdienst ausgebildet. Die Kursteilnehmer kamen aus der Allgemeinen SS und der Verfügungstruppe (aber auch vereinzelt aus den Totenkopfverbänden) und waren in den SS-Oberabschnitten bzw. in den Kompanien eingesetzt. Sie durften nicht älter als 23 Jahre sein und nicht den Dienstgrad eines SS-Untersturmführers überschritten haben.

Der erste Lehrkurs wurde von SS-Sturmbannführer Bachl abgehalten, dem damaligen Leiter der SS-Personalabteilung. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die SS-Verwaltungsschule in Dachau aufgelöst und in Arolsen als „SS-Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes“ re-organisiert. Diese SS-Schule war unmittelbar dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt Oswald Pohls unterstellt.

Unterführerschulen der Waffen-SS

Die Waffen-SS verfügte nicht nur über die Junkerschulen, sondern auch über eigene Einrichtungen, die zur Ausbildung des eigenen Unteroffiziersnachwuchses dienten. Die ersten beiden Unterführerschulen der Waffen-SS gab es ab 1940/41 in Lauenburg (Pommern) und Radolfzell; Vorbild dieser Schulen war die 1937 aufgelöste SS-Unterführerschule Dachau der SS-Totenkopfverbände. Im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges wurden Unteroffiziersschulen in Arnheim, Laibach, Lubinitz und Posen-Treskau gebildet.[4]

Berufsschulen der Waffen-SS

Diese Berufsschulen lieferten Mitgliedern der Waffen-SS ausreichende Ausbildung, um es ihnen zu ermöglichen, adäquate und qualifizierte Grundlagen für spätere zivile Karrieren zu erwerben. Prototyp war die „SS-VT-Berufsschule St. Georgen“ für Mitglieder der SS-Verfügungstruppe. Sie lag in St. Georgen an der Gusen im 17. Wehrkreis (Reichsgau Oberdonau). Mit Schaffung der Waffen-SS wurde die Schule in St. Georgen unter dem Namen „Berufsschule der Waffen-SS“ bekannt und andere Ausbildungsstätten dieser Art wurden später in Hamburg, Schleissheim nördlich von München, Mittweida und anderen Orten gegründet.

Schulen der Sicherheitspolizei und des SD

Um ihrem eigenem Offiziersnachwuchs eine gute und „arbeitsorientierte“ Ausbildung gewährleisten zu können, wurde vom SS-Sicherheitsdienst in Bernau bei Berlin eine Nachwuchsschule der Sicherheitspolizei und des SD eingerichtet. Sie trug den Namen „Führerschule des Sicherheitsdienstes“ und die Kurse wurden von Angehörigen des Reichssicherheitshauptamtes durchgeführt. Leiter dieser Schule war SS-Sturmbannführer Nickol. Dem RSHA unterstand auch diese Schule, und der Inspektor der Junkerschulen Hausser hatte keinen Einfluss auf diese Einrichtung.[5]

Nach diesem Vorbild wurden auch die anderen „Polizeischulen“ der SS gegründet:

  1. „Führerschule der Sipo und des SD“ in Berlin-Charlottenburg unter SS-Sturmbannführer Erwin Schulz und SS-Obersturmbannführer Rudolf Hotzel
  2. „Sicherheitspolizeischule“ (Fürstenberg) unter SS-Standartenführer Hans Trummler
  3. „Sicherheitsdienstschule“ (Bernau bei Berlin) unter SS-Sturmbannführer Nickol
  4. „Funkschule der Sipo und des SD“ (Schloss Grünberg bei Nepomuk) unter SS-Sturmbannführer Hoffmann
  5. „Schießschule“ (Zella-Mehlis) unter SS-Standartenführer Daniels
  6. „Sportschule“ (Pretzsch (Elbe)) unter SS-Standartenführer Daniels
  7. „Grenzpolizeischule“ (Pretzsch/Elbe)
  8. „Reichsschule der Sipo und des SD“ (Prag) unter SS-Obersturmbannführer Rabe

Im April 1943 wurden zwei Schulen geschlossen: Die Funkerschule in Nepomuk wurde in die Sipo-Schule Fürstenberg integriert und die Grenzpolizeischule wurde für immer geschlossen. Ihr Personal wurde ebenfalls in die Sipo-Schule Fürstenberg übernommen.

Nach Bestehen der „Führerlaufbahn-Prüfung“ nahmen die Teilnehmer der Offiziersschulen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes vielfach noch an einer „militärischen Ausbildung“ an einer der offiziellen Junkerschulen der Waffen-SS teil, um zusätzlich zu ihren „polizeilichen Grundkenntnissen“ auch „militärische“ zu lernen.

Verwandte Themen

Literatur

  • Bernhard Kiekenap: SS-Junkerschule. SA und SS in Braunschweig. Appelhans, Braunschweig 2008, ISBN 978-3-937664-94-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hilde Kammer und Elisabet Bartsch: Jugendlexikon Nationalsozialismus. Begriffe aus der Gewaltherrschaft 1933-1945, S. 227.
  2. Bernd Wegner: Anmerkungen zur Geschichte der Waffen-SS in: R.D. Müller, H.E. Volkmann, (Hrsg. im Auftrag des MGFA): Die Wehrmacht: Mythos und Realität, München, Oldenburg 1999, ISBN 3-486-56383-1, S. 410 f.
  3. Andrew Mollo: Uniforms of the SS 1933-1945, Band 3, S. 23-26.
  4. Gordon Williamson: Die Waffen-SS 1933-1945. Ein Handbuch, S. 57.
  5. Hierfür und für den Rest des Abschnittes siehe Andrew Mollo: Uniforms of the SS 1933-1945, Band 5.

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