- Schlaich Bergermann und Partner
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Schlaich Bergermann und Partner Rechtsform GmbH Gründung 1980 Sitz Stuttgart Mitarbeiter 70 Umsatz 8,5 Mio. EUR[1]
(GJ 2006)Bilanzsumme 14 Mio. EUR[1]
(31. Dez. 2006)Branche Bauwesen Produkte Beratende Ingenieure Website www.sbp.de Schlaich Bergermann und Partner (SBP), Eigenschreibweise schlaich bergermann und partner, ist ein Unternehmen aus Stuttgart, das Ingenieurleistungen im Bauwesen anbietet. Das Ingenieurbüro wurde 1980 von Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann gegründet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Entwicklung
Den Beginn der beruflichen Partnerschaft von Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann markieren die Dächer im Olympiapark für die Olympischen Spiele in München 1972, mit deren Planung sie als Mitarbeiter des Ingenieurbüros Leonhardt und Andrä zusammen mit den Architekten Behnisch & Partner und Frei Otto betraut waren. Nach vielen weiteren gemeinsamen Projekten erfolgte dann 1980 die gemeinsame Bürogründung.
Seit 2002 firmiert das Büro unter schlaich bergermann und partner - sbp gmbh geleitet von Knut Göppert, Andreas Keil, Sven Plieninger und Mike Schlaich.
Inzwischen hat das Büro über 100 Mitarbeiter und drei Niederlassungen in Berlin (2004), New York (2004) und Sao Paolo (2010).
Philosophie
Das Büro folgt nach eigenen Angaben dem Motto, dass „die Natur, die wir verbauen (müssen), mit der einzigen adäquaten Gegenleistung zu entschädigen ist, mit Baukultur.“[2] Das Büro verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Darin begründet sich auch der interdisziplinäre Arbeitsansatz, der zu einer engen Zusammenarbeit mit Architekten, z.B. Günter Behnisch, Kurt Ackermann, Gerkan, Marg und Partner, Frank O. Gehry und Renzo Piano sowie anderen am Planungsprozess beteiligten Partnern führt.
Werk
Das Ingenieurbüro erlangte nationale und internationale Bekanntheit durch leichte, minimale und innovative Konstruktionen. Allgemein anerkannt sind diese nicht nur als konstruktive sondern auch als architektonische Leistung. Das Büro führte die Tragwerksplanung für den neuen Berliner Hauptbahnhof durch, für das Terminal 1 des Flughafen Stuttgart, den neuen Flughafen Berlin Brandenburg, Großbrücken für den ICE in Deutschland oder im Ausland beispielsweise die Ting-Kau-Brücke im Bereich des neuen Flughafens Chek Lap Kok in Hongkong. Neben diesen Großprojekten hat das Büro zahllose Fußgängerbrücken entwickelt. Ein weiteres Arbeitsfeld besteht in der Planung und Realisierung von Sportstadien, unter anderem die Stadien für die Fußballweltmeisterschaften 2006 in Deutschland (Berlin, Frankfurt/Main oder Köln), 2010 in Südafrika (Kapstadt, Durban, Port Elisabeth, Johannesburg) oder 2014 in Brasilien.
Einen besonderen Stellenwert in der Bürogeschichte nimmt die Hooghly Brücke, die sogenannte Vidyasagar Setu in Kolkata, Indien mit einem Planungs- und Bauprozess von mehr als 22 Jahren ein. Die zum Zeitpunkt des Entwurfs längste Schrägseilbrücke Asiens wurde ‚indigenous‘ entworfen, sollte also durch örtliche Baufirmen, von einheimischen Arbeitskräften und mit lokalen Werkstoffen gebaut. Dies bedeutete z.B., dass diese innovative Konstruktion zu Ende des 20. Jahrhunderts in wesentlichen Teilen noch genietet statt geschweißt wurde. Das Projekt ist auch ein Beispiel dafür, dass die Haltung der Ingenieure als Entwicklungshilfe durch die Schaffung von Arbeitsplätzen eng mit technologischem Wissenstransfer verbunden ist.
Geplant wurden unter anderem:
- Vidyasagar Setu oder Second Hooghly Bridge, Kalkutta, Indien, Bauzeit 1979-1992[3]
- Messeturm in Leipzig, 1995
- Hörnbrücke in Kiel, 1997
- Ting-Kau-Brücke in Hongkong, 1998
- Buckelbrücke in Duisburg, 1999
- Schlaichturm in Weil am Rhein, 1999
- Killesbergturm in Stuttgart, 2001
- Humboldthafenbrücke in Berlin, 2002
- Zentraler Omnibusbahnhof Hamburg, 2006, ausgezeichnet mit dem Outstanding Structure Award der IABSE
- Tragwerksplanung für das Dach vom Nelson-Mandela-Bay-Stadion in Port Elizabeth, Südafrika, Mai 2009
- Dachkonstruktion des Umbaus vom FNB-Stadion in Johannesburg, Südafrika, 2009
Innovationen
Für verschiedene Projekte hat das Büro an zahlreichen technische Innovationen mitgewirkt.
Gitternetzschale
Die leichte, transparente Überdachung des Hamburger Museums belastet die Bausubstanz so wenig als möglich. Für diese Gitternetzschale stand das herkömmliche Küchensieb Pate: Dessen quadratisches Maschennetz kann durch Verrautung der Maschen einer beliebigen Flächengeometrie angepasst werden. Kombiniert mit einem diagonalen Seilnetz, wird das Netz zur idealen Schale. Eingedeckt mit Glasscheiben entsteht ein leichtes, transparentes Dach. Dabei liegen die Glasscheibenliegen direkt auf den Netzstäben auf, so verschmelzen Trag- und Glasebene und die bis dahin übliche Sekundärkonstruktion erübrigt sich. Für zahlreiche bestehende Innenhöfe, Bahnhöfe und Neubauprojekte wurde dieses Konstruktionsprinzip, erstmalig am Hamburger Museum angewandt, variiert und weiterentwickelt: Flusspferdehaus Berlin, Deutsches Historisches Museum Berlin, DZ Bank Berlin, Palacio de Communications Madrid oder Messe Mailand.
Seilnetzfassade
Für die Fassade mit fast nahtloser Transparenz spannen parallele horizontale und vertikale Seilscharen zwischen den beiden seitlichen Baukörpern sowie zwischen Dachbindern und Boden des Kempinski Hotels am Münchner Flughafen und bilden ein ebenes Seilnetz. Die Seilnetzfassade ist vergleichbar mit einem Tennisschläger. Je nach Höhe der Vorspannung und Anordnung der Seilscharen sind vielfältige Variationen dieses Konstruktionsprinzips möglich und wurden auch realisiert: Überdachung der Römischen Thermen Badenweiler, CYTS Peking, Hauptbahnhof Berlin, Auswärtiges Amt Berlin.
Ringseildach
Das Ringseildach ist die Transformation des primär in seiner Ebene beanspruchten Speichenrades zur vertikalen Lastabtragung. Es kombiniert die Eigenschaften der Seil- und der Membrankonstruktion: Zwischen in sich geschlossenen, selbstverankerten Zug- und Druckringen befindet sich ein weitmaschiges Primärtragwerk aus Seilen mit einer dazwischen verspannten Membran als Sekundärtragwerk. Zu den ersten modernen Ringseildächern zählt die Mercedes Benz Arena in Stuttgart. Weitere Beispiele sind einige der zahlreichen Fußballstadien weltweit (Berlin, Frankfurt/Main, Köln, Warschau, Kapstadt, Durban, Port Elisabeth, Johannesburg und viele mehr).
Membrandächer
Die meisten der Ringseildächer sind mit textilen Membranen eingedeckt. Textilien ermöglichen leichte, transparente Dächer und Fassaden, die durch vielfältige und ungewöhnliche Formen faszinieren. Aufgrund ihres geringen Gewichts und ihrer Faltbarkeit sind Textilien aber auch für wandelbare Dächer prädestiniert. Zu den ersten dauerhaften beweglichen Membrandächern gehört das Dach über der Stierkampfarena Saragossa, das sich in wenigen Minuten einer Blume gleich öffnen und schließen lässt. Das gleiche Prinzip kam auch beim „größten Cabriolet der Welt“, der Überdachung der Commerzbankarena in Frankfurt zum Einsatz. Noch leichter ist nur noch das Bauen mit Luft: die pneumatischen Kissen der Arenen Nîmes und Madrid verwandeln diese saisonal innerhalb weniger Tage oder nach Witterungslage in wenigen Minuten.
Kreisringträger
Die im Grundriss gekrümmte Brücke in Kehlheim über den Main-Donau-Kanal erregte zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung großes Aufsehen: Sie war die erste nur einseitig aufgehängte Brücke. Inzwischen variierten die Ingenieure von Schlaich Bergermann und Partner das Prinzip des Kreisringträgers mehrfach, wie die Fußgängerbrücken in Bochum über die Gahlensche Straße, in Gelsenkirchen oder „der Balkon zum Meer“ in Sassnitz zeigen. Beim ZOB Hamburg wurde das Prinzip auf eine Dachkonstruktion übertragen.
Stahlguss
Das Stuttgarter Ingenieurbüro ist an der Renaissance des Stahlgusses im Bauwesen beteiligt. Beim Bau der Seilnetzdächer für die Olympiade in München ermöglichte diese Wiederentdeckung die Baubarkeit und die termingerechte Fertigstellung. Der Stahlguss erlaubt die Herstellung geometrisch komplizierter Rohrnoten und eine optimale Anpassung an den Kraftfluss. Heutzutage kommen schwungvoll aufgerundete Stahlgussknoten bei Straßenbrücken (Nesenbachtalbrücke, Stuttgart) und Eisenbahnbrücken (Humboldthafenbrücke Berlin) ebenso zum Einsatz wie im Hochbau (Halle 13, Messe Hannover).
Solarenergie
Seit der Bürogründung werden bei Schlaich Bergermann und Partner Technologien zur solaren Stromerzeugung entwickelt. Dies führte 1982 zur Entwicklung und zum Bau eines Prototypen für ein Aufwindkraftwerk in Manzanares, Spanien. Ebenfalls seit Anfang der 80er Jahre werden konsequent die Dish/Stirling Spiegel (Systeme) zur dezentralen Energiegewinnung weiterentwickelt. Jüngst (seit 2000) intensivieren sie zudem ihr Engagement in der Planung und Konstruktion von Rinnenkraftwerken. Diese Technologie und die von sbp entwickelten Strukturen werden derzeit in zahlreichen Kraftwerken weltweit eingesetzt.
Einstürze
Das Büro wurde bei zwei Einstürzen des Knick-Eis von Halstenbek aufgrund falsch berechneter Statik als Verantwortlicher festgestellt.[4]
Weblinks
Commons: Schlaich Bergermann und Partner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Schlaich Bergermann und Partner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Homepage von Schlaich Bergermann und Partner
- Schlaich Bergermann und Partner. In: archINFORM.
- Schlaich Bergermann und Partner. In: Structurae.
Einzelnachweise
- ↑ a b Konzernabschluss der sbp GmbH, Stuttgart zum 31. Dezember 2006. Veröffentlicht im Elektronischen Bundesanzeiger am 14. April 2008.
- ↑ Schlaich, Jörg: „Zur Gestaltung von Ingenieurbauten oder Die Baukunst ist unteilbar“, in: Bauingenieur, Heft 2, 1986, S. 49–61
- ↑ Jörg Schlaich: Gut genietet ist besser als schlecht geschweißt. Sozialer Brückenbau - die Second Hooghly Bridge in Kalkutta, in: Deutsche BauZeitung DBZ, 8|2010, S. 20f.
- ↑ "Knickei"-Statiker arbeiteten auch am Hauptstadt-Bahnhof, Hamburger Abendblatt, Online-Artikel vom 25. Januar 2007
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