- Chinesische Schrift
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Chinesische Schrift Schrifttyp Logografie Sprachen Chinesisch Entstehung 1000 v. Chr. Verwendungszeit bis heute Verwendet in China Offiziell in Volksrepublik China
Republik ChinaAbgeleitete Kanji
Hiragana
Katakana
Hanja
Chữ nômBesonderheiten Langzeichen und Kurzzeichen Unicode-Block U+4E00..U+9FAF
U+3400..U+4DBF
U+20000..U+2A6DFISO 15924 Hani
Hant (Langzeichen)
Hans (Kurzzeichen)Die chinesische Schrift (chinesisch 文字 wénzì ‚Schrift‘) fixiert die chinesischen Sprachen, vor allem das Hochchinesische mit chinesischen Schriftzeichen. Sie ist damit ein zentraler Träger der chinesischen Kultur und diente auch als Grundlage der japanischen (Kanji, Hiragana, Katakana), einer vietnamesischen (Chữ nôm) und einer der koreanischen Schriften (Hanja).
Insgesamt gibt es circa 87.000 Schriftzeichen, von denen viele jedoch nur selten verwendet werden. Für den alltäglichen Bedarf ist die Kenntnis von 3000 bis 5000 Zeichen notwendig.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Ein Schriftzeichen repräsentiert grundsätzlich eine Silbe als Lautstruktur eines Morphems. Die chinesische Schrift ist jedoch keine phonographische Silbenschrift wie das Koreanische, denn gleich lautende Silben werden nicht jeweils durch ein einheitliches Zeichen wiedergegeben, sondern verschiedene Morpheme mit der gleichen Lautstruktur werden durch verschiedene Zeichen wiedergegeben. Die chinesische Schrift wird daher als Morphemschrift oder morphosyllabische Schrift bezeichnet und stellt das einzige heute noch gebräuchliche Schriftsystem dar, das nicht primär auf die Lautung einer Sprache zurückgreift, sondern in der Mehrheit seiner Zeichen auch bedeutungsverweisende (semantische) Elemente trägt.
Die chinesische Schrift besteht vorwiegend aus Logogrammen, zur phonetischen Schreibung von Fremdwörtern werden aber manche davon fallweise auch als Lautzeichen benutzt. Im Allgemeinen ist einem Zeichen ein Wort oder ein Partikel der chinesischen Sprache zugeordnet. Die chinesische Schrift wird insbesondere zur Schreibung des Hochchinesischen verwendet: in China und Singapur in der vereinfachten Kurzzeichen-, in Taiwan und Hongkong noch in der traditionellen Langzeichen-Form. Als Kulturexport gelangte die chinesische Schrift etwa 600–800 n.Chr. auch in Nachbarländer und wird bis heute noch in Südkorea und Japan als Teil der nationalen Schriftsysteme genutzt. Auch dort werden die Langzeichen benutzt, in Japan seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings in einer moderat vereinfachten Form.
Bis zum Ende der Kaiserzeit wurde die chinesische Schrift vorwiegend zum Schreiben der klassischen Schriftsprache 文言 wényán verwendet, die nur einer gebildeten Elite verständlich war. Seitdem wird die chinesische Schrift vorwiegend zum Schreiben der Standardschriftsprache 白話文 báihuàwén eingesetzt, die grammatisch den modernen nördlichen Dialekten ähnelt und von den Sprechern südlicher chinesischer Sprachen leichter als wényán erlernt werden kann. Die chinesische Schrift dient heute trotz der heterogenen Sprachsituation allen Chinesen, die báihuàwén lesen können (mit welcher Aussprache auch immer), als überregionales Medium der Verständigung. Aus diesem Grund werden beispielsweise viele Sendungen im chinesischen Fernsehen mit der chinesischen Schrift untertitelt. Neben der reinen Schriftkompetenz wird jetzt durch die modernen Medien und die flächendeckende Unterrichtung allerdings auch das gesprochene Hochchinesisch (putonghua) zunehmend zum Allgemeingut.
Seit dem 15. Jahrhundert existiert in der Provinz Hunan auch eine auf Basis der Chinesischen Schrift speziell für den Gebrauch durch Frauen entwickelte eigenständige Schrift, die nur von ihnen verwendet wurde, die Nüshu.
Bedeutung
Die Bedeutung der Schrift in China konstituiert sich hauptsächlich aus zwei Aspekten.
- Sie dokumentiert die mehr als drei Jahrtausende alte Schriftkultur des chinesischen Volkes und stärkt damit das Nationalbewusstsein.
- Ihre Beherrschung kennzeichnet Grade sozialen Ansehens in der modernen chinesischen Gesellschaft.
In Europa geht man im Allgemeinen davon aus, die Voraussetzung für die Erfindung der Schrift sei das Bedürfnis nach Verwaltung (von Korn, Wasser) gewesen. Schriften hätten sich deshalb in frühester Zeit vorzugsweise in Imperien mit niedergelassenen, Ackerbau betreibenden Menschen oder hydraulischen Kulturen entwickelt (wie Sumerer, Ägypter). In China herrscht hingegen die allgemeine Auffassung, die ältesten Schriftfragmente, die man zu sehen bekommen könne, seien die Inschriften auf Orakelknochen. Dies bedeutet im übertragenen Sinne, es herrscht die Meinung vor, Schrift sei aus der Motivation entstanden, ein Medium zu konstruieren für die Kommunikation mit einer jenseitigen, schamanistischen Geisterwelt. Den Ursprüngen der chinesischen Schrift wird also etwas Magisches nahe gelegt.
Man hat heute in China zeitlich linear und lückenlos verlaufende Abfolgen von Schriftzeichenvarianten aufgestellt, aber die Kontinuität der Schrift in der chinesischen Sprachgeschichte kann nur bis zur Shang-Dynastie verfolgt werden. Die Verbindung zu noch älteren archäologischen Funden ist aktuelles Forschungsthema.
Anders als in europäischen Schriftsystemen versuchte man im Chinesischen erst zu Beginn der Latinisierungsbestrebungen explizite schriftliche Zeichen als Repräsentanten einzelner kleinster Laute der Sprache zu finden. Als offizielle Einheiten der Schriftsprache gelten jedoch bis heute die aus der chinesischen Kultur überlieferten Schriftzeichen (die meist ganze Silben repräsentieren).
Die Bedeutung der Schrift konstituiert sich im modernen China insbesondere dadurch, dass das Bildungsmonopol nicht mehr bei einer spezifischen Gesellschaftsschicht liegt, wie im alten China bei den Beamtengelehrten oder wie auch im europäischen Mittelalter die lateinische Schrift beim Klerus. Ereignisse wie die Bewegung des vierten Mai und die Baihua-Bewegung trugen dazu bei, dass das Prestige einer Volkssprache im Gegensatz zur klassischen Bildungssprache stieg und der Anspruch entstand, die Schriftkultur im ganzen Volk zu verbreiten. Heute herrscht die Auffassung, dass Schreib- und Lesekompetenz ein Bildungsgut ist, das für alle Chinesen gleichermaßen angestrebt wird, und dementsprechend bekämpft die kommunistische Regierung das Analphabetentum (besser: Illiteralität). Schriftkompetenz ist aufgrund dieser gesellschaftlichen Entwicklungen im modernen China, wie in vielen anderen modernen Staaten auch, an Grade des sozialen Ansehens gebunden.
Geschichtliche Entwicklung der chinesischen Schrift
Historie bis zur Volksrepublik China
Die chinesische Schrift ist über 3000 Jahre alt und hat somit in Asien die längste ungebrochene Tradition. Die ältesten bisher gefundenen chinesischen Schriftzeichen sind in Rinderknochen (vor allem in das Schulterblatt, sogenannte Orakelknochen) und Schildkrötenpanzer (zum Weissagen der Jagd etc.) eingeritzte Bildzeichen aus der Zeit um 1400 v. Chr., die 1899 in Anyang entdeckt wurden. Man geht davon aus, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits 5000 verschiedene Zeichen existierten.
Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends entwickelte sich die Bilderschrift zu einer verkehrsfähigen Schrift, die in der Lage war, Syntax und Semantik einiger der damaligen Sprachen im Raum der heutigen Volksrepublik China vollständig abzubilden. Mit der chinesischen Reichseinigung unter dem ersten Kaiser Qin Shihuangdi 221 v. Chr. fand eine große Schriftvereinheitlichung statt.
Im Zusammenspiel mit dem seit der Reichseinigung (Qin-Dynastie) etablierten Beamtenstaat wurde die chinesische Schriftsprache durch ihre Verwendung im gesamten Einzugsbereich des chinesischen Kaiserreiches zur Lingua franca, die die verschiedenen chinesischen Sprachgemeinschaften miteinander verband und eine relative Geschlossenheit des chinesischen Kulturraums ermöglichte.
In China mussten Politiker und Beamte bis ins 20. Jahrhundert hinein gute Literaten sein, wenn sie Einfluss gewinnen wollten – und nicht, wie im Westen, gute Redner. An vielen Stellen wird beschrieben, wie groß die Enttäuschung bei vielen Chinesen war, als sie Politiker wie Mao Zedong oder Deng Xiaoping zum ersten Mal sprechen hörten.
Entwicklungsstufen des Schriftzeichens für Pferd Orakelknochen Bronzeinschrift Größere Siegelschrift Kleinere Siegelschrift Kanzleischrift Regelschrift Schriftreform in der Volksrepublik China
Am 28. Januar 1956 wurde auf der 23. Plenarsitzung des Staatsrates des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas das „Konzept zur Vereinfachung der chinesischen Schriftzeichen“ angenommen und am 31. Januar von der Tageszeitung „Renmin Ribao“ veröffentlicht. Bei der Vereinfachung der Schriftzeichen wurde auch auf eine große Zahl von Schreibungen zurückgegriffen, die schon bei handschriftlich verfassten Texten in der Zeit der Nord- und Süd-Dynastien verwendet wurden. In der Tang-Dynastie wurden bereits sehr viele Kurzzeichen von Dichtern benutzt. Im Königreich der Taiping-Rebellen wurden ebenfalls Kurzzeichen benutzt, von denen über 50 Stück in das „Konzept zur Verkürzung der chinesischen Schriftzeichen“ in der Volksrepublik China aufgenommen wurden. Das Engagement für die Einführung von Kurzzeichen beginnt bereits bei den Aktivitäten der Intellektuellen der Bewegung des vierten Mai, wie Qian Xuantong.
Beispiele für Vereinfachungen sind 图 für 圖 (tú, Karte), 龙 für 龍 (lóng, Drache) und 单 für 單 (dān, einzeln). Methoden der Vereinfachung waren beispielsweise die Verbindung von Punkten zu Linien (馬 mǎ, Pferd, wurde zu 马), das Weglassen von Strichen bzw. Punkten (爲 bzw. 為 wèi, tun, wurde zu 为) oder das Zusammenfassen von zwei oder drei Langzeichen zu einem Kurzzeichen (復 und 複 fù wurden zu dem vereinfachten Zeichen 复 zusammengefasst).
Die Schriftreformen in der Volksrepublik China beziehen sich jedoch nicht nur auf die Reduzierung der Anzahl der Striche innerhalb eines Schriftzeichens, sondern auch auf die Festlegung eines standardisierten Lauts eines Zeichens, die Festlegung einer standardisierten Schriftart, die Festlegung der Menge der Schriftzeichen im allgemeinen Gebrauch, sowie auf eine Systematisierung der Schriftzeichen, zum Beispiel bei der Anordnung in Lexika.
Parallel zu den vereinfachten Zeichen werden die traditionellen Langzeichen jedoch bis heute teilweise verwendet und kehren seit den zunehmenden Lockerungen in der Volksrepublik immer mehr in den Alltag zurück. Dennoch ist es für einen durchschnittlich gebildeten Chinesen nicht möglich, die Langzeichen alter Texte, die nicht übertragen wurden, zu lesen.
Auf Taiwan sowie in Hongkong und Macao wurde die Tradition des Schreibens mit Langzeichen bis heute beibehalten, weil dort die Reformen von 1958/1959 nicht durchgeführt wurden. Sie ist auch bei Überseechinesen verbreitet. So blieb die symbolische Bedeutung der Zeichen und Radikale erkennbar. In handschriftlichen Texten sind jedoch traditionell eine ganze Reihe von Kurzschreibungen gängig, die zum Teil den Kurzzeichen der Volksrepublik China entsprechen.
Die Regierung von Singapur hat sich den Schriftreformen der Volksrepublik China angeschlossen und benutzt seit den 1970er Jahren ebenfalls chinesische Kurzzeichen und einen horizontalen Schreibstil.
Weiterhin gibt es Strömungen, die sich für die Wiedereinführung der Langzeichen einsetzten. Bei einer Konferenz am 30. und 31. Oktober 2007 in Peking haben Gelehrte aus der Volksrepublik China, Taiwan, Korea und Japan die Vereinheitlichung der Schriftsprache von geläufigen Wörtern beschlossen, die größtenteils auf traditionellen Schriftzeichen beruht. Dies bedeutet keine absolute Wiedereinführung der Langzeichen, wobei die Kurzzeichen abgelöst werden, sondern, dass die Koexistenz der Langzeichen in der Volksrepublik China geduldet wird.[1]
Wie viele Zeichen?
Das Shuō wén jiě zì, ein Wörterbuch aus dem Jahre 100 n. Chr., enthält 9.353 verschiedene Schriftzeichen (1163 Varianten nicht mitgezählt); das Kāngxī zìdiǎn aus dem Jahr 1716 enthält 40.545 verschiedene Schriftzeichen und das Zhōnghuá zìhǎi 中华字海 aus dem Jahr 1994 enthält rund 87.000 verschiedene Schriftzeichen und Varianten.
Artikel 7 der Vorschriften über die Bekämpfung des Analphabetismus der VR China von 1993 definiert Lese- und Schreibfähigkeit im Chinesischen als die Beherrschung von 1500 bis 2000 Schriftzeichen.
Schriftarten
Man kann im Verlauf der chinesischen Geschichte insbesondere folgende Schriftarten außerhalb von textverarbeitenden Geräten ausmachen:
historische Schriftarten des Chinesischen Deutsch Hanzi Pinyin jap. Romaji Siegelschrift 篆書 Zhuànshū Tensho Kursivschrift (Semi-Kursivschrift) 行書 Xingshu Gyōsho Grasschrift (Konzeptschrift) 草書 Cǎoshū Sōsho Kanzleischrift (Offizielle Schrift) 隸書
(隷書)Lìshū Reisho Regelschrift (Blockschrift) 楷書 Kǎishū Kaisho Schriftbild
Schreibrichtung
Die Schreibrichtung der chinesischen Schrift war in der vormodernen Zeit in der Regel senkrecht von oben nach unten, und die daraus entstehenden Spalten waren von rechts nach links angeordnet. (chinesisch 豎排 / 竖排 shùpái; jap.: 縦書き tategaki)
Seit der Schriftreform wird in der Volksrepublik China in Büchern meistens wie bei europäischen Büchern in Zeilen von links nach rechts und mit von oben nach unten angeordneten Zeilen geschrieben.
In Taiwan gedruckte Bücher literarischen Inhalts werden jedoch nach wie vor von oben nach unten gelesen. Für Zeitungen und Zeitschriften sowie Sachtexte und Fachbücher gilt das jedoch nur bedingt. In Anzeigen, und häufiger auch in der Werbung, wird, wenn im Text auch westliche (Marken-)namen auftauchen, die Schreibweise von links nach rechts verwendet. Bei Kalligrafie und Gedichten gibt es fast nur die Schreibrichtung von oben nach unten.
In Japan findet man beide Varianten, wobei literarische Texte eher in Spalten, Sachtexte eher in Zeilen gedruckt werden. In Zeitungen wird beides vermischt verwendet, wodurch sich mehr Möglichkeiten für ein ansprechendes Layout ohne extrem kurze Zeilen (oder schmale Spalten) ergeben.
Von oben nach unten gedruckte Bücher, also in Taiwan gedruckte und die meisten japanischen, werden im Gegensatz zu den europäischen Büchern „hinten“ geöffnet. Blickt man auf die Titelseite, so ist der Buchrücken also rechts und nicht wie in Europa links. Bücher, bei denen die Schriftzeichen von links nach rechts angeordnet sind, haben die Titelseite auf der für uns gewohnten Seite und werden wie europäische Bücher geöffnet und gelesen.
Inschriften über Portalen und Türen sind in der Volksrepublik China häufiger von rechts nach links geschrieben. In Japan sind Portalüberschriften eher – so wie in Europa – in Zeilen von links nach rechts, bei Tempeln und Schreinen allerdings fast ausschließlich traditionell von rechts nach links geschrieben. In Taiwan laufen die Inschriften über Tempeltoren und Altären von rechts nach links.
Zusammenschreibung von Wörtern
Chinesische Wörter setzen sich zumeist aus mehreren Zeichen zusammen. Ursprünglich bestanden im klassischen antiken Chinesisch, vor allem in der Schriftsprache, die meisten Wörter aus nur einem oder zwei Zeichen. Die zunehmende Verlängerung der Wörter hat sich im 20. Jahrhundert seit der Gründung der Republik jedoch immer mehr verstärkt.
Bei Chinesischer Schrift, die mit chinesischen Schriftzeichen wiedergegeben wird, werden keine Wortgrenzen, wie beispielsweise durch Leerzeichen, markiert, denn die Schriftzeichen haben alle den gleichen Abstand voneinander. Was chinesische Schrift betrifft, die mit lateinischen Buchstaben wiedergegeben wird, wird in der Volksrepublik China seit 1988 die Zusammenschreibung von Wörtern propagiert.
Interpunktion
Die Interpunktion (標點 / 标点 biāodiǎn) in ihrer heutigen Form wurde durch den Kontakt mit dem Westen erst nach und nach im 20. Jahrhundert eingeführt. Allerdings sind schon bei den frühgeschichtlichen Knocheninschriften eingeritzte Striche zu erkennen, die wahrscheinlich zur Abgrenzung semantischer Einheiten dienten. In antiken chinesischen Texten war Interpunktion unüblich, die Leser konnten die Pausen (讀 / 读 dòu) selbst in die Texte schreiben. Diese bestanden meistens aus einem kleinen Kreis „。“ (圈 quān) oder aus einem Punkt (點 / 点 diǎn). Der Vorgang des Hineinschreibens der Interpunktion in den Text wird seit der Han-Zeit als Satzzäsur (句讀 / 句读 jùdòu) bezeichnet. Große Gelehrte konnte man an der souveränen Art ihrer Interpunktionssetzung erkennen. Noch heute findet man in taiwanischen Buchhandlungen Ausgaben von Klassikern, in denen die Zeichensetzung berühmter Gelehrter notiert ist.
Seit September 1951 ist die Interpunktion in der Volksrepublik China amtlich geregelt. Nach dem Stand von 1990 gibt es 16 Interpunktionszeichen, die überwiegend den im Westen gebräuchlichen entsprechen und ähnlich verwendet werden. Besonders sind der den Satz abschließende Punkt „。“ (句號 / 句号 jùhào, siehe auch den „Kreis“ oben) sowie das Aufzählungen gliedernde „liegende“ Komma „、“ (頓號 / 顿号 dùnhào).
Drucksatz
Beim Druck chinesischer Texte werden alle Zeichen, einschließlich der Satzzeichen, in gleich große, ungefähr quadratisch gedachte Kästchen gesetzt. Zeichen unterschiedlicher Laufweite – vgl. etwa das lateinische m gegenüber dem i – gibt es somit nicht. Um auch die Details der kompliziertesten Zeichen mit 20 oder mehr Strichen noch erkennen zu können, darf die Schrifttype insgesamt nicht zu klein gewählt werden. Bei selteneren Zeichen wird oft daneben oder darüber sehr klein die Aussprache angegeben (durch Zhuyin, in der VR China bis 1956 und in Taiwan bis heute, oder durch Furigana in Japan).
Leerzeichen zwischen Wörtern sind in der chinesischen Schrift unüblich. Dadurch gibt es keine klare Abgrenzung des Begriffs „Wort“ in den Sprachen, die die chinesische Schrift verwenden. Oft sind sich sogar Muttersprachler nicht einig darüber, ob ein bestimmtes Element in einem Satz eine Endung oder ein eigenes Wort ist.
Eine Textzeile wird, sobald sie voll ist, an einer beliebigen Stelle umbrochen; Trennungsregeln gibt es nicht. Nur unmittelbar vor einem Satzzeichen wird nicht getrennt, in diesem Fall wird ein Zeichen in die nächste Zeile übernommen.
Schriftmedien
Vom Altertum zur Neuzeit
Als besondere Schriftmedien des chinesischen Altertums gelten die Seide und der Bambus, der in schmale Brettchen geschnitten und beschrieben wurde (wie Guodian-Bambustexte). Beide findet man im europäischen Altertum nicht; in Europa herrschte die Verwendung von Wachstafeln, Papyrus und Pergament vor.
Als eine der ersten Kulturen verwendete China das Papier. Als Erfinder des Papiers wird der Chinese Cai Lun (蔡倫 / 蔡伦) verehrt, der die bahnbrechende Idee zur Entwicklung des kostengünstigen Schreibträgers im Jahre 105 n. Chr gehabt haben soll. Erst im 12. Jahrhundert kam Papier nach Europa, um 1250 wurde das Papier auch in Deutschland verwendet, dort Ende des 14. Jahrhunderts auch produziert.
Die Chinesen verwendeten Pinsel und schwarze und rote Stangentusche, um ihre Schriftzeichen auf Papier und Seide zu kalligrafieren. Als Erfinder des Pinsels gilt in China Meng Tian (蒙恬). Tusche wird in China seit der Han-Zeit aus dem Ruß von Kiefernholz hergestellt und als Tuschestein in den Handel gebracht. Siegelabdrücke waren schon lange vor dem 14. Jahrhundert bekannt. Pinsel, Tusche, Reibstein und Papier gelten auch heute noch als die vier Schätze des traditionellen Gelehrtenzimmers.
Trotz der Erfindung des Papiers sind aus dem vierten Jahr der Regierungsdevise Xiping (熹平) des Kaisers Han Lingdi der östlichen Han-Dynastie (175 nach Christus) wichtige (älteste) chinesische Steinmeißelungen erhalten, die klassische Werke der konfuzianischen Schule, wie „Shijing“ (das Buch der Lieder), „Shangshu“ (Buch der Urkunden), „Yili“ (Etikette und Riten), „Yijing“ (I Ging), „Chunqiu“ (die Frühlings- und Herbstannalen), „Gongyangchuan“, „Lunyu“ (Analekten des Konfuzius) konserviert haben. Weitere Steingravuren sind die drei Klassiker „Shangshu“, „Chunqiu“, „Zuozhuan“ aus dem zweiten Jahr der Regierungszeit Zhengshi der Wei-Dynastie (241 nach Christus), die in den Schriftarten „Antikchinesische Schrift“ (guwen), „Siegelschrift des Kaisers Qin“ und „vereinfachte Chinesische Kanzleischrift“ fixiert sind.
Mit der Unterstützung der Missionare setzte sich der Buchdruck in China durch und führte zum Ausbau von Printmedien, zum Beispiel der Shanghaier Tageszeitung Shenbao.
Im modernen Alltagsgebrauch wird mit den auch im Westen üblichen Schreibgeräten geschrieben; im Schreibunterricht in den Grundschulen Taiwans meist mit Bleistift in besonderen Schreibheften mit quadratischen Schreibfeldern.
Computer
Heute werden chinesische Schriftzeichen oft auf dem Computer mit moderner Textverarbeitung unter Zuhilfenahme verschiedener Eingabesysteme für die chinesische Schrift geschrieben. Zunächst begann diese Entwicklung im beruflichen Umfeld. Schon in den 90er Jahren wurden Textsysteme derart preiswert, dass sie fast jedermann zugänglich wurden. Heute sind sie im chinesischen Sprachraum und in Japan speziell auf PCs als Selbstverständlichkeit installiert.
Die Eingabe von Texten am PC erfolgt mit einer Schreibgeschwindigkeit pro Satz, die etwa dem entspricht, was zum Beispiel deutsche Textverarbeiter mit deutschen Tastaturen erreichen können. Dabei entstehen im chinesischen Sprachraum und in Japan als unerwünschter Nebeneffekt neue Fehlerarten bei der Schreibung chinesischer und japanischer Texte.
Beim Schreiben von Handschrift dagegen fehlen die Vorschläge, die computergestützte Eingabesysteme im Dialog machen. An deren Eingabedialoge gewöhnte jüngere Chinesen und Japaner haben darum oft schon Schwierigkeiten, seltener gebrauchte Zeichen zu schreiben bzw. sich handschriftlich fehlerfrei auszudrücken. Sie können diese Zeichen dann aber per Eingabesystem auf ihrem Handy oder in elektronischen Taschenwörterbüchern nachschlagen, die oft schon sehr umfangreich sind, weil in ihnen gleich der Inhalt mehrerer konventioneller Wörterbücher abgespeichert ist.
Siehe auch: Eingabesysteme für die chinesische Schrift und Computerinterne Darstellung chinesischer SchriftzeichenKalligrafie
Die Kalligrafie ist eine in China hochangesehene Kunst. Hierbei werden mit einem Pinsel die Zeichen schwungvoll zu Papier gebracht. Diese Schriftzüge gelten genauso als Kunstobjekte wie Malereien. Es ist in der chinesischen Malerei sogar üblich, Schriftzeichen in das Bild zu integrieren; buddhistische Mandalas werden im chinesischen Kulturraum, anders als in Südasien, eher mit Schriftzeichen als mit bildlichen Darstellungen gestaltet.
In Japan wurde im Gegensatz zu China nach dem Grundprinzip Wabi-Sabi oft ein nicht im klassischen Sinne schönes, sondern bewusst „rohes“ und unfertiges Aussehen angestrebt.
Kalligrafische Kunstwerke zieren häufig als paarige senkrechte Schrifttafeln und waagerechte Namensschilder den typischen chinesischen Garten. Sie sind von den Gartenbauten fast nicht zu trennen und bilden wichtige Schmuckelemente im chinesischen Landschaftsgarten. Der Inhalt der Tafeln und Schilder ist im allgemeinen auf die Umgebung der Gebäude bezogen. Häufig handelt es sich um Zeilen aus berühmten Gedichten, in denen Besonderheiten der Szenerie angedeutet sind.
Ihren künstlerischen Höhepunkt erreichte die Kalligrafie zusammen mit anderen Kunstformen in der Tang-Dynastie (618–907). Die Kunstwerke der damaligen berühmten Kalligrafen – etwa von Wang Xizhi, Yan Zhenqing, Ou Yangxun und Liu Zongyuan – werden bis heute als unbezahlbare Schätze betrachtet.
Der Wert des „Schönschreibens“ wird in China sehr hoch angesetzt. Das erkennt man etwa daran, dass die Republik China in Taiwan bei den offiziellen Biografien ihrer bisherigen Präsidenten kalligrafische Arbeiten von diesen mit angibt (hier für Sun Yat-sen).
Lautumschriften
Ein Schriftzeichen repräsentiert in den meisten Fällen eine Silbe. Um die Aussprache eines (selteneren) Schriftzeichens wiederzugeben, verwendete man im alten China seit der Sui-Dynastie und Tang-Dynastie Reimlexika, in denen der Laut einer Silbe nicht durch Angabe der Phone beschrieben wurde, sondern durch Angabe von zwei (häufigeren) chinesischen Schriftzeichen. Das erste stimmte mit dem Anlaut der gesuchten Silbe überein, das zweite mit dem Auslaut (Fanqie-System).
Die ersten Versuche zur Transkription der chinesischen Sprache gingen 1588 von dem italienischen Missionar Matteo Ricci und dem französischen Missionar Nicolas Trigault aus. Die Missionare versuchten, die Laute der chinesischen gesprochenen Sprache mit Buchstaben aus dem lateinischen Alphabet zu fixieren.
1892 entwickelte Lu Zhuangzhang (盧戇章 / 卢戆章) eine Transkription für den Dialekt aus Xiamen und nannte sie „qieyin xinzi“ (切音新字 ‚Neue Zeichen für zerteilte Laute‘). Er gilt als der erste Chinese, der für die chinesische Schrift ein Transkriptionssystem entwarf. Gemäß seinem Entwurf wird die Bewegung für die Transkription der chinesischen Sprache am Ende der Qing-Dynastie in China „qieyinzi yundong“ (切音字運動 / 切音字运动 ‚Bewegung für die Zeichen für zerteilte Laute‘) genannt. Lu Zhuangzhang hatte bereits die Idee einer einheitlichen Sprache und Schrift für ganz China.
Bis zur Gründung der Republik China wurden fast dreißig weitere Transkriptionssysteme hervorgebracht. Davon machten solche aus lateinischen Buchstaben etwa ein Viertel aus. Das Ziel war es, die chinesische Schrift einfacher erlernen zu können und damit im Zuge der Modernisierungsbestrebungen Wissenschaft und Bildung vorantreiben zu können. Unter diesen Transkriptionssystemen war auch das Konzept von Wang Zhao (王照), der sich von japanischen Kana bei der Entwicklung seines Konzepts beeinflussen ließ.
Die Idee, eine einheitliche chinesische Sprache zu verwenden, findet sich bereits bei den Beamten der Qing-Dynastie. Daher leitet sich der Name guanhua (Beamtensprache), beziehungsweise Mandarin für das Chinesische ab. Der Gedanke, eine Aufsplitterung in Dialektgruppen in China zu verhindern, und die Idee der Notwendigkeit einer gemeinsamen Nationalsprache innerhalb der heterogenen Sprachsituation in China wurde ganz besonders nach dem Sturz der Qing-Dynastie und der Gründung der Republik China deutlich.
1913 berief deshalb die Beiyang-Regierung die „Konferenz zur Vereinheitlichung der Aussprache“ (讀音統一會 / 读音统一会 dùyīn tǒngyī huì) ein. Auf der Konferenz wurde beschlossen, das „Zhuyin Zimu“ (Nationale Phonetische Alphabet) (注音字母) einzuführen. Die Schriftreform in China ging somit einher mit einer Sprachreform. Es handelt sich bei diesem Transkriptionssystem anders als bei den von den Missionaren geschaffenen Schriften um eine Lautschrift aus verkürzten chinesischen Zeichen.
Bis zur Machtergreifung der Kommunistischen Partei 1949 entstanden weitere Transkriptionssysteme aus lateinischen Buchstaben. Die bedeutendsten sind:
- das „Gwoyeu Romatzyh“ (國語羅馬字 / 国语罗马字 Guoyu Luomazi ‚Romanisierung der Nationalen Sprache‘)
- das „Sin Wenz“ (拉丁化新文字 / 拉丁化新文字 Ladinghua Xin Wenzi ‚Neue Lateinschrift‘)
Das Gwoyeu Romatzyh stammt von Yuen Ren Chao /Pinyin: Zhao Yuanren (趙元任 / 赵元任) und wurde am 14. September 1926 dem Erziehungsministerium zur Veröffentlichung unterbreitet.
Das Sin Wenz hat seine Vorläufer in der Sowjetunion. Auf dem Höhepunkt der sowjetischen Latinisierungsbewegung entwarfen Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas, die sich in Russland aufhielten, und sowjetische Linguisten ein Transkriptionssystem für die chinesische Schrift mit lateinischen Buchstaben, das 1933 nach China überliefert und „Ladinghua Xin Wenzi“ genannt wurde. Es löste die Massensprachenbewegung (拉丁化群眾運動 / 拉丁化群众运动 Ladinghua qunzhong yundong) aus, in der es Anspruch auf nationale Verbreitung erhob. Es verbreitete sich ab 1934 von Shanghai aus. Ein prominenter Befürworter war Lu Xun. Es wurde jedoch von der Guomindang verboten, und auch in den von den Japanern eroberten Gebieten musste seine Verbreitung eingestellt werden. Aber in den von den Kommunisten kontrollierten Gebieten wurde es in Abendschulen eingesetzt und legte nach der Machtergreifung der Kommunisten 1949 die Basis für die Entwicklung des Pinyin.
Neben einigen an der Sprache des jeweiligen Übersetzers orientierten Sonderformen (vor allem in den anderen ostasiatischen Sprachen) sind heute für Hochchinesisch vor allem drei Systeme gebräuchlich: Die Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte lateinische Umschrift von Wade-Giles, die nichtlateinische Umschrift Zhuyin, die in Taiwan noch üblich ist, und das mit der Vereinfachung der Zeichen in der VR China eingeführte lateinbasierte Pinyin.
Das Pinyin wurde 1982 von der ISO als internationaler Standard für die Umschrift des Chinesischen anerkannt.
Durch die vielfältigen Systeme kommt die teilweise vorhandene Uneinheitlichkeit der Lautumschrift zustande, Mao Zedong und Mao Tse-Tung.
Für andere chinesische Sprachen, wie beispielsweise Kantonesisch, werden ebenfalls Lautumschriften entwickelt, diese sind jedoch bisher weniger ausgereift als die Mandarin-Systeme.
Einzelnachweise
- ↑ Xin Fei: „China, Taiwan, Japan und Korea führen die alte chinesische Schrift ein“, Epoch Times, 21.November 2007
Literatur
- Johannes Bergerhausen, Siri Poarangan: decodeunicode: Die Schriftzeichen der Welt Hermann Schmidt, Mainz, 2011, ISBN 978-3-87439-813-8 (inkl. Abbildungen aller 75.000+ chinesischen Unicode-Zeichen)
- Karl-Heinz Best, Jinyang Zhu: Ein Modell für die Zunahme chinesischer Schriftzeichen. In: Glottometrics 20, 2010, S. 29-33. (Mathematische Modellierung der Erweiterung des chinesischen Schriftzeicheninventars ab ca. 200 v. Chr.)
- John DeFrancis: The Chinese Language, Fact and Fantasy. University of Hawaii Press, Honolulu 1984, 2005, ISBN 0-8248-1068-6
- John DeFrancis: Nationalism and Language Reform in China. Princeton University Press, Princeton NJ 1950, Octagon Books, New York 1972, ISBN 0-374-92095-8
- Helmut Martin: Chinesische Sprachplanung. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1982, ISBN 3-88339-291-X
- Dorothea Wippermann: Das phonetische Alphabet Zhuyin Zimu. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1985, ISBN 3-88339-483-1
- Andreas Guder-Manitius: Sinographemdidaktik. Aspekte einer systematischen Vermittlung der chinesischen Schrift im Unterricht Chinesisch als Fremdsprache. Mit einer Komponentenanalyse der häufigsten 3867 Schriftzeichen. Julius Groos, Heidelberg 1999, ISBN 3-87276-835-2
- Martin Woesler: Der Computer als Hilfsmittel der Sinologie für Spracherwerb, Übersetzung, Bibliotheksverwaltung. Europ. Univ.-Verl., Bochum 2004, ISBN 3-89966-027-7
- Cornelia Schindelin: Zur Phonetizität chinesischer Schriftzeichen in der Didaktik des Chinesischen als Fremdsprache. Eine synchronische Phonetizitätsanalyse von 6.535 in der Volksrepublik China gebräuchlichen Schriftzeichen. iudicium, München 2007, ISBN 978-3-89129-979-1 (SinoLinguistica, Bd. 13)
- Edoardo Fazzioli: Gemalte Wörter. 214 chinesische Schriftzeichen. Vom Bild zum Begriff. Ein Schlüssel zum Verständnis Chinas, seiner Menschen und seiner Kultur. Aus dem Italienischen von Anna Eckner. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1987, ISBN 3-7857-0476-3.
- Rainer Hesse: Umfassend analytisch-synthetisches Referenzwörterbuch moderner chinesischer Schriftzeichen nach der Kolumnen-Methode. Verlag BoD, 2011, ISBN 3-8391-7514-3, ISBN 978-3-8391-7514-9
Siehe auch
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