Sigmund Jähn

Sigmund Jähn
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Sigmund Jähn


Land (Organisation): DDR (Luftstreitkräfte)
Datum der Auswahl: 25. November 1976
Anzahl der Raumflüge: 1
Start erster Raumflug: 26. August 1978
Landung letzter Raumflug: 3. September 1978
Gesamtdauer: 7 d 20 h 49 min
Ausgeschieden: September 1978
Raumflüge

Sigmund Werner Paul Jähn (* 13. Februar 1937 in Morgenröthe-Rautenkranz, Vogtland) ist ein ehemaliger deutscher Kosmonaut. Er war als DDR-Bürger der erste Deutsche im Weltraum.

Inhaltsverzeichnis

Vom Buchdrucker zum General

Nach der Volksschule absolvierte Sigmund Jähn von 1951 bis 1954 eine Lehre zum Buchdrucker. Danach war er Pionierleiter an der Zentralschule in Hammerbrücke. Am 26. April 1955 trat Jähn seinen Wehrdienst bei der VP-Luft, dem Vorläufer der Luftstreitkräfte der DDR, in Preschen an. Nach seiner Grundausbildung wurde er ab 1956 als Offiziersschüler an den Fliegerschulen Bautzen und Kamenz zum Flugzeugführer ausgebildet. 1958 kehrte er in sein Geschwader, das Jagdfliegergeschwader 8, nach Preschen zurück. 1960 wurde er mit seinem Geschwader an den endgültigen Standort Marxwalde verlegt. Von 1961 bis 1963 war Jähn stellvertretender Kommandeur für Politarbeit einer Geschwaderstaffel. Danach leitete er bis 1965 im Geschwader den Bereich Lufttaktik/Luftschießen. Im Anschluss daran wurde er zu einem Studium an die Militärakademie der Luftstreitkräfte „J. A. Gagarin“ in Monino bei Moskau delegiert. Er schloss dieses Studium als Diplom- Militärwissenschaftler ab. Von 1970 bis 1976 bekleidete Jähn die Funktion eines Inspekteurs für Jagdfliegerausbildung und Flugsicherheit beim Stellvertreter des Chefs LSK/LV für Ausbildung der Luftstreitkräfte im Kommando LSK/LV.

Im Rahmen des Interkosmos-Programms kamen Oberstleutnant Jähn und vier weitere Kandidaten ab 1976 in die engere Wahl zur Kosmonautenausbildung. Sigmund Jähn und Eberhard Köllner erhielten den Zuschlag. Nach der erfolgreichen Raumfahrtmission Sojus 31 wurde Jähn 1978 zum Oberst und stellvertretenden Leiter des Zentrums für Kosmische Ausbildung im Kommando LSK/LV berufen. 1979 wurde er Chef dieses Zentrums und blieb es bis 1990. Am 1. März 1986 wurde Oberst Jähn zum Generalmajor ernannt. Er gehörte am 2. Oktober 1990 neben Generalmajor Lothar Engelhardt und Admiral Theodor Hoffmann zu den letzten Generalen, die aus der NVA entlassen wurden.

Flug ins All

Vorbereitung

Seit 1976 wurde Jähn zusammen mit Eberhard Köllner als seinem Ersatzmann für einen Raumflug im Rahmen des Interkosmos-Programms im Sternenstädtchen bei Moskau ausgebildet. Im Institut für Luftfahrtmedizin der NVA in Königsbrück wurden die beiden potentiellen Kosmonauten vor allem von dem Wissenschaftler Hans Haase medizinisch auf den Raumflug vorbereitet. Sigmund Jähn war angeblich wegen seiner besseren Beherrschung der russischen Sprache sowie seiner Ausbildung in der Militärakademie der Luftstreitkräfte „J. A. Gagarin“ bei der Wahl ausersehen.[1] Anfangs war Jähn nicht Bykowski, sondern Alexei Leonow zugeteilt.[1]

Aufenthalt im All

Sojus 31
Briefmarke der DDR 1978
Jähns MiG-21 vor der ehemaligen Deutschen Raumfahrtausstellung im früheren Bahnhof von Morgenröthe-Rautenkranz

Der Physiker und Diplom-Militärwissenschaftler flog am 26. August 1978 in der sowjetischen Sojus 31 zusammen mit Waleri Fjodorowitsch Bykowski zur sowjetischen Raumstation Saljut 6. Der Flug dauerte sieben Tage, 20 Stunden, 49 Minuten und vier Sekunden. Während der 125 Erdumkreisungen führte Jähn zahlreiche Experimente durch. Dazu zählten wissenschaftlich-technische Experimente mit der Multispektralkamera MKF 6 zur Erdfernerkundung, materialwissenschaftliche Experimente, Experimente zur Kristallisation, Formzüchtung und Rekristallisation sowie Züchtung eines Monokristalls, medizinische Experimente, Untersuchung der Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf das Sprechvermögen, arbeitspsychologische Untersuchungen, Überprüfung der Hörempfindlichkeit der Stammbesatzung, biologische Experimente zum Zellwachstum in der Schwerelosigkeit und zur Verbindung von Mikroorganismen mit organischen Polymeren und anorganischen Stoffen.

Bekannt wurde die im Fernsehen gezeigte Puppenhochzeit des von Jähn mitgebrachten DDR-Sandmännchen mit der sowjetischen Fernsehpuppe Mascha, die Waleri Bykowski gestellt hatte.

Eine unerwartet harte Landung der Rückkehrkapsel Sojus 29 (Sojus 31 blieb als Rückkehrkapsel für die Stammbesatzung an Saljut 6 angedockt) führte bei Jähn zu bleibenden Wirbelsäulenschäden. Da der Fallschirm sich nicht von der Landekapsel löste, wurde sie durch die Steppe geschleift.

Rezeption

Sigmund Jähn vor Büste Juri Gagarins, 1981

Jähns Weltraumflug wurde in den Medien der DDR ausgiebig behandelt und gefeiert, stellte doch der damals kleinere deutsche Staat den ersten Deutschen im All.

Nach seiner Rückkehr erhielt Jähn die Auszeichnungen Held der DDR und Held der Sowjetunion. Im Hain der Kosmonauten vor der Ost-Berliner Archenhold-Sternwarte wurde eine Büste mit seinem Abbild enthüllt. Auch Schulen, Freizeitzentren sowie ein Schiff der DDR-Handelsflotte erhielten schon zu Lebzeiten seinen Namen.

Ein Jahr nach seinem Flug wurde in seinem Geburtsort Morgenröthe-Rautenkranz im vormaligen Bahnhof eine Ausstellung über den Weltraumflug eingerichtet. In den Jahren 1991/92 wurde diese Ausstellung stark erweitert und nennt sich seitdem „Deutsche Raumfahrtausstellung“. Seit 2007 ist die nochmals erweiterte Ausstellung in einem neuen Gebäude unweit des alten Standorts untergebracht[2].

Bekannt wurde eine Darstellung Jähns im 2003 veröffentlichten Spielfilm Good Bye, Lenin.[3] Neben Originalaufnahmen der „Puppenhochzeit“ im Weltraum[4] wird Jähn dabei in einem fiktiven Bericht der Aktuellen Kamera als 1990 ernannter Staatsratsvorsitzender einer DDR dargestellt, welcher die Grenzen zur BRD öffnet.

Weitere Karriere

Sigmund Jähn im Mai 2009

1983 wurde Jähn am Zentralinstitut für Physik der Erde in Potsdam auf dem Gebiet der Fernerkundung der Erde promoviert. Dies geschah unter der Leitung seines Freundes Karl Heinz Marek, welcher zu diesem Zeitpunkt der Leiter des Bereiches Fernerkundung des Zentralinstitutes war. Seine Doktorarbeit beruhte unter anderem auf den gemeinsamen wissenschaftlichen Ausarbeitungen des Fluges. Seit 1990 ist er im russischen Kosmonautenausbildungszentrum als freier Berater für das Astronautenzentrum des DLR und seit 1993 auch für die ESA (European Space Agency) tätig. Er lebt in Strausberg.

Ehrungen

  • Sigmund Jähn ist erster und einziger Träger des Ehrentitels Fliegerkosmonaut der Deutschen Demokratischen Republik
  • 1999 erhielt er den Medienpreis Goldene Henne.
  • Im Jahr 2001 wurde der am 27. Januar 1998 an der Volkssternwarte Drebach im Erzgebirge entdeckte Asteroid 1998 BF14 nach Jähn benannt und trägt jetzt die offizielle Bezeichnung „(17737) Sigmundjähn“.
  • Am 20. Januar 2007 wurde Jähn zum Ehrenbürger von Neuhardenberg ernannt. Dort wurde an Jähns einstigem Wohnhaus eine Gedenktafel enthüllt.
  • Am 4. Juli 2010 wurde in der Vortragsveranstaltung "deutsche Beiträge zur bemannten Raumfahrt" im Kulturhaus "Aktivist" in Bad Schlema, im Rahmen der Festwoche "10 Jahre Bergbrüderschaft Bad Schlema", Sigmund Jähn in seinem Beisein die Ehrenmitgliedschaft der Bergbrüderschaft Bad Schlema e.V. verliehen.

Zitate

Sigmund Jähn über Funk während seines Aufenthaltes im All:

  • „Liebe Fernsehzuschauer der Deutschen Demokratischen Republik. Ich bin sehr glücklich darüber, als erster Deutscher an diesem bemannten Weltraumflug teilnehmen zu dürfen.“

Sigmund Jähn Ende der 1990er für einen Rundfunksender:

  • „Der Mensch ist technisch weit fortgeschritten. Er kann Raumstationen bauen, sie im Weltall zusammenkoppeln und denkt an die Landung auf dem Mars, aber seine Entwicklung scheint seit der Steinzeit zu stagnieren.“

Sigmund Jähn in einem Interview mit Superillu 1998:

  • „Die Stimme des Flugleiters im Kopfhörer klang fast feierlich: ‚Podjom – Aufstieg!‘ Es war zuerst, als würde es in weiter Ferne donnern. Das dumpfe Grollen kam schnell näher und näher. Die Rakete begann zu vibrieren, als zitterte sie, so schnell wie möglich vom Krater des Vulkans wegzukommen, auf dem sie saß. Ich sah es zwar nicht aus unserer Kapsel 50 Meter über der Erde, aber Augenzeugen berichteten mir später von diesem einmaligen Schauspiel. Es sah aus wie ein feuerspeiender Drachen, der ein Meer aus Flammen und Rauch ausstieß. Rot, gelb, blau und violett tobten die Strahlen aus den fünf Triebwerken. Ein faszinierender Anblick. Meine Pulswerte waren erhöht. Aber dieses Herzklopfen war keine Angst, eher anregend. Und was ich dann sah, war totale Glückseligkeit: Unsere Erde, in leuchtendes Blau gehüllt. Einfach traumhaft.“

Sigmund Jähn im DLR-Vortrag 2005:

  • „Als Pilot konnte ich dem Angebot, so eine Raumkapsel zu fliegen, einfach nicht widerstehen…“

Werke

Literatur

  • Horst Hoffmann: Sigmund Jähn. Der fliegende Vogtländer. Das Neue Berlin, Berlin 1999, ISBN 3-360-00848-0 (autorisierte Biographie)
  • Horst Hoffmann: Die Deutschen im Weltraum. Zur Geschichte der Kosmosforschung und Raumfahrt in der DDR. Vorwort von Sigmund Jähn, Edition Ost, 1998, ISBN 3-932180-49-6
  • Horst Hoffmann: Sigmund Jähn. Rückblick ins All: Die Biografie des ersten deutschen Kosmonauten. Das Neue Berlin, 2. Auflage, Berlin 2008, ISBN 3-360-01947-4

Weblinks

 Commons: Sigmund Jähn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b In Berlin wird eine Ausstellung anlässlich des 30. Jahrestages seit Jähns Weltraumflug eröffnet (russisch)
  2. Deutsche Raumfahrtausstellung, Neubau, Webseite der Raumfahrtausstellung mit Bildern
  3. Sigmund Jähn wird 70 – DDR-Bürger mit All-Erfahrung, SZ Wissen, 13. Februar 2007
  4. DDR-Fernsehen – Das Sandmännchen kam, sah und streute, Von Juliane Wienss, Die Welt, 28. November 2007

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