Tagebau Hambach

Tagebau Hambach
Tagebau Hambach
Der Tagebau Hambach von der benachbarten Sophienhöhe gesehen
Der Tagebau Hambach von der benachbarten Sophienhöhe gesehen
Abbau von Braunkohle
Abbautechnik Tagebau auf 85 km²
Größte Tiefe 370 m
Abraum pro Jahr: 250–300 Mio. t
Förderung/Jahr 40 Mio. t
Betreibende Gesellschaft RWE Power AG
Beschäftigte ca. 1.500
Betriebsbeginn 1978
Betriebsende 2040 (genehmigte Betriebsdauer)
Nachfolgenutzung Rekultivierung, Restsee
Geografische Lage
Koordinaten 50° 54′ 39″ N, 6° 30′ 10″ O50.9108333333336.5027777777778Koordinaten: 50° 54′ 39″ N, 6° 30′ 10″ O
Tagebau Hambach (Nordrhein-Westfalen)
Tagebau Hambach
Lage Tagebau Hambach
Gemeinde Niederzier, Elsdorf (Rheinland)
Kreis Kreis Düren, Rhein-Erft-Kreis
Bundesland Nordrhein-Westfalen
Staat Deutschland
Revier Rheinisches Braunkohlerevier

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Der Tagebau Hambach (in den Gemeinden Niederzier, Kreis Düren und Elsdorf, Rhein-Erft-Kreis) ist der größte von der RWE Power AG (ehemals Rheinbraun AG) zur Förderung von Braunkohle betriebene Tagebau.

Inhaltsverzeichnis

Daten

Rheinisches Braunkohlerevier
Der Tagebau Hambach auf einer Satellitenaufnahme
Panorama des Tagebaus Hambach von der benachbarten Sophienhöhe gesehen (W-E)
Panorama des Tagebaus Hambach vom Aussichtspunkt bei Elsdorf-Angelsdorf gesehen (N-S)
Der Tagebau Hambach vom Aussichtspunkt bei Elsdorf-Angelsdorf gesehen
Braunkohlenbagger im Tagebau Hambach
Braunkohlenflöz im Tagebau Hambach
Absetzer im Tagebau Hambach
Absetzer auf der Sophienhöhe

Der damals noch unter dem Namen Rheinbraun bekannte Tagebaubetreiber leitete 1974 das Genehmigungsverfahren ein und konnte 1978 mit dem Aufschluss des Tagebaues beginnen. Damit ging die Umsiedlung von Ortschaften einher und das größte Waldgebiet der Jülicher Börde, der Hambacher Forst, wurde weitgehend gerodet. 1984 wurde die erste Braunkohle gefördert.

Hambach ist mit einer Betriebsfläche von 3.389 Hektar (Stand 2007) bei einer genehmigten Maximalgröße des Abbaufeldes von 8500 Hektar der größte Tagebau in Deutschland. Auf dieser Fläche werden jährlich ca. 40 Mio. Tonnen Braunkohle gefördert. Heute wird geschätzt, dass 1772 Mio. Tonnen Braunkohle noch zum Abbau zur Verfügung stehen. Die Braunkohle entstand aus weitflächigen Wäldern und Mooren, die sich in der Niederrheinischen Bucht vor 30 bis vor 5 Mio. Jahren entwickelten. Die Geologie der Niederrheinischen Bucht ist gekennzeichnet durch langanhaltende Senkungsbewegungen in den letzten 30 Mio. Jahren, die zur Ablagerung eines bis zu 1300 m mächtigen Sedimentpaketes durch die Nordsee und durch viele Flüsse geführt haben, in dem sich heute bis zu 100 m mächtige Braunkohleflöze befinden.

Mit 293 Metern unter NN, was 399 Meter unter dem Geländeniveau vom Südostrand (106 Meter über NN) des Tagebaus entspricht, ist der Tagebau Hambach auch der tiefste Tagebau in Deutschland.

Der Tagebau fördert jährlich eine Abraummenge von 250–300 Mio. . Das Verhältnis von Abraum zu Kohle beträgt 6,2 : 1. Die geförderte Braunkohle wird über die Hambachbahn nach Bergheim-Auenheim und von dort aus weiter über die Nord-Süd-Bahn zu den Kraftwerken Niederaußem, Neurath, Frimmersdorf und Goldenberg bei Hürth-Knapsack transportiert. Der Abraum wurde bis zum 16. April 2009 z.T. per Band zum Tagebau Bergheim befördert, der bereits ausgekohlt ist und deshalb verkippt wurde und rekultiviert wird. Weithin sichtbares Markenzeichen des Tagebaus ist die Hochkippe Sophienhöhe, sie gilt als größter künstlich angelegter Berg, der die ebene Bördenlandschaft um 200 Meter überragt.

Ab 2013 soll die Tagebaufläche südöstlich erweitert werden. Dazu müssen die Ortschaften Morschenich und Manheim umgesiedelt werden, die Autobahn A 4 und die Hambachbahn, über die der Transport der Braunkohle zu den Kraftwerken geschieht, um ca. 3 km nach Süden parallel zur Eisenbahnstrecke Köln–Aachen verlegt werden. Außerdem muss ein kleines Stück der Bundesstraße 477 Richtung Osten verlegt werden[1].

Umsiedlung von Ortschaften

Bereits umgesiedelte Ortschaften

Noch umzusiedelnde Ortschaften[2]

Feinstaub

Der Tagebau Hambach ist an Feinstaub-Emissionen in seinem näheren Umfeld beteiligt. Der Anteil des vom Tagebau herrührenden Feinstaubs wird vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen mit 25 % angegeben. 71 % werden der allgemeinen Hintergrundbelastung zugeschrieben.

Für das Jahr 2004 wird vom LANUV NRW für Überschreitungen des Feinstaub-Grenzwertes von 50 µg/m³ kein vollständiges Messjahr aufgelistet, der erlaubte Jahresmittelwert von 40 µg/m³ wird jedoch mit 30 µg/m³, an der Messstation Niederzier, deutlich unterschritten.

Seit Anfang 2005 gelten EU-weit neue Grenzwerte für Feinstaub-Emissionen. Unter Federführung der Bezirksregierung Köln wurde ein Aktionsplan zur Feinstaubminderung in der Umgebung des Tagebaus Hambach erarbeitet, der am 29. September 2005 in Kraft gesetzt wurde. Der Tagebaubetreiber hatte bereits vorlaufend mit der Umsetzung von Maßnahmen zur Feinstaub-Reduzierung begonnen. Im Jahr 2006 waren in Niederzier 35 Überschreitungen des Grenzwertes zu verzeichnen gewesen, was genau den erlaubten Überschreitungstagen entsprach. Der Jahresmittelwert sank für diesen Zeitraum auf 29 µg/m³.

Nach der EU-Richtlinie 1999/30/EG sind ab dem 1. Januar 2005 maximal 35 Überschreitungen des PM10-Tagesmittelwertes von 50 µg/m³ pro Jahr zulässig. Seit dem 1. Januar 2010 darf der einzuhaltende Tagesmittelwert für PM10 weiterhin 50 µg/m³ betragen, die ursprünglich vorgesehenen nur noch 7 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr sind durch Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 (Anhang XI) wieder auf die ursprünglich zulässigen 35 Überschreitungen korrigiert worden. Seit dem Jahr 2010 sollte der Jahresmittelwert für PM10 nur noch 20 µg/m³ betragen. Auch dies ist durch die Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 (Anhang XI) wieder entschärft worden, so dass ab 2010 weiter der Jahresmittelwert für PM10 40 µg/m³ gilt.

Folgende Maßnahmen zur Bekämpfung von Feinstaub werden laut RWE im Tagebau umgesetzt:

  1. Anpflanzen von Bäumen auf der Abraumseite
  2. Grasbewuchs auf brachliegenden Flächen
  3. Straßen werden befestigt und Bandanlagen auf festen Untergrund gestellt, was Staub vermindert
  4. Berieseln der oberen Sohle auf der Baggerseite
  5. Berieseln der Nordwand
  6. Berieseln von Kohlebunker und Kohlebändern
  7. beim Baggern wird Wasser auf den Abraum gesprüht

Verfüllung des Restlochs

Bis April 2009 wurde der Abraum, der bis dahin in Hambach anfiel, z.T. durch Bandanlagen in den ausgekohlten Tagebau Bergheim geschafft, um diesen wieder aufzufüllen. Nun wird ausschließlich am westlichen Rand des Tagebaus und auf der Sophienhöhe verkippt. Durch die Anhäufung von rund 10 km³ Material an der Sophienhöhe und durch die entnommene Kohle entsteht ein sogenanntes Restloch, das nach Abschluss der Abbautätigkeiten mit Wasser aufgefüllt werden soll.

Geplant ist ein See mit einer Fläche von 4200 ha, einer Tiefe von bis zu 400 m und einem Wasservolumen von 3,6 Mrd. m³. Größe und Volumen hängen davon ab, ob der westlich gelegene Tagebau Inden nach dessen Auskohlung ebenso wie der Tagebau Bergheim durch Material aus dem Tagebau Hambach verfüllt wird oder offen gelassen wird. Der Restsee Hambach wäre der tiefste und (nach Volumen) der zweitgrößte See Deutschlands nach dem Bodensee. Wie der Tagebau befüllt werden soll, ist noch umstritten. Einige Stimmen schlagen vor, Wasser aus der Rur und/oder der Erft zu entnehmen oder gar den Tagebau über eine Pipeline mit Rheinwasser zu füllen. Wie dies auch geschieht, die Füllung des Tagebaus wird voraussichtlich einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Somit ist mit einer Fertigstellung dieses künstlichen Gewässers nicht vor dem Jahr 2100 zu rechnen.

Kritik und Protest

Pfingsten 2004 haben Greenpeaceaktivisten im Tagebau Hambach gegen die Klimaschädigung durch die Braunkohleverstromung demonstriert. Sie überflogen den Tagebau mit einem Heißluftballon und hatten mehrere Tage einen Bagger besetzt und teilweise rosa angestrichen. Am 13. Mai 2009 scheiterten die lokale Aktionsgemeinschaft der Bürgerinitiativen gegen die Verlegung der A 4 und der BUND mit ihrer gemeinsamen Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Kläger versuchten die zur geplanten Erweiterung des Tagebaus notwendige Verlegung der A 4 zu stoppen und begründen dies u.a. mit Lärmbelastungen und der Bedrohung der unter Naturschutz stehenden Bechsteinfledermaus[3][4]. 2009 befindet sich das neue Autobahnteilstück bereits in Bau. Seit 2008 werden vermehrt Beschwerden wegen möglicher Bergschäden im Bereich Elsdorf-Heppendorf laut; da die Beweislast bei den Beschwerdeführern liegt, ist der Nachweis gegenüber dem Bergbautreibenden schwierig. Der neu gebildete Braunkohlenausschuss hat deshalb am 16. April 2010 die Einrichtung einer Anrufungsstelle für Betroffene von Bergschäden im rheinischen Braunkohlenrevier beschlossen. Zum Vorsitzenden der Anrufungsstelle wurde der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichts Hamm Gero Debusmann berufen. Er ist bereits Vorsitzer der Schlichtungsstelle Bergschäden im Steinkohlenbergbau. Er kann angerufen werden, wenn Einigungsversuche mit RWE Power unbefriedigend geblieben sind. Das Verfahren ist für den Antragsteller kostenfrei[5].

Hambachgruppe

Die Hambachgruppe ist eine 1977 gegründete Gruppe von jungen Wissenschaftlern der RWTH Aachen, die sich mit Braunkohleabbau und dessen Folgen beschäftigt.[6]

Siehe auch

Literatur

  • Hambachgruppe (Hg.): Verheizte Heimat. Der Braunkohletagebau und seine Folgen. Aachen 1985. ISBN 3-924007-14-4.

Einzelnachweise

  1. Jörg Fehres: Die Unternehmensflurbereinigung – Beispiel für ein erfolgreiches Instrument zur Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen. In: zfv Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement, Heft 4/2010, S. 275–279, Augsburg 2010, ISSN  1618-8950
  2. Lage von Manheim und Morschenich auf geplanter Abbaggerungsfläche, Stand: 22. März 2010 OpenStreetMap, abgerufen am 22. März 2010
  3. Fledermaus soll Autobahn aufhalten. Aachener Nachrichten 20. Februar 2008
  4. http://www.wdr.de/themen/verkehr/strasse02/a4/090513.jhtml
  5. Braunkohlenausschuss beschließt Einrichtung einer Anrufungsstelle Bergschaden Braunkohle NRW, Pressemeldung 036/2010 der Bezirksregierung Köln vom 16. April 2010 28 kB, abgerufen am 25. April 2010
  6. Verheizte Heimat (1985) auf: bund-nrw.de vom 8. April 2011

Weblinks

 Commons: Tagebau Hambach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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