- Thomas Steinfeld
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Thomas Steinfeld (* 2. Mai 1954 in Leverkusen) ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Aufgewachsen in Bielefeld-Sennestadt studierte Steinfeld nach dem Abitur an der Hans-Ehrenberg-Schule Germanistik und Musikwissenschaft in Marburg und Berlin. 1983 wurde er mit einer Arbeit über Hegels Ästhetik promoviert. Danach arbeitete er als Übersetzer und Deutschlehrer in Schweden. Von 1984 bis 1986 lehrte Steinfeld an der University of Calgary und von 1986 bis 1990 an der Université de Montréal deutsche Sprache, Literaturwissenschaft und Zeitgeschichte. Bereits in Kanada begann er, für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu schreiben. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er zunächst Verlagslektor in Stuttgart. Anfang 1994 wurde Steinfeld dann Literaturredakteur der FAZ, von Februar 1997 an leitete er das Ressort „Literatur und literarisches Leben“. 2001 wechselte Steinfeld als Leitender Redakteur ins Feuilleton der Süddeutschen Zeitung. Seit Frühjahr 2006 ist er Titularprofessor für Kulturwissenschaften an der Universität Luzern. Seit Januar 2007 leitet er gemeinsam mit Andrian Kreye das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung.
In seiner Arbeit setzt sich Steinfeld unter anderem für die Entwicklung der deutschen Sprache ein. Als Kritiker der Rechtschreibreform von 1996 erläuterte er (zusammen mit Kurt Reumann) in Die Reform als Diktat - Zur Auseinandersetzung über die deutsche Rechtschreibung, weshalb die FAZ zur alten Rechtschreibung zurückkehrte. Ebenso wendet er sich gegen den Anglizismus-Kampf der 'Sprachbewahrer' und tritt für die Wandelbarkeit der deutschen Sprache ein. Steinfeld veröffentlicht heute in der neuen Rechtschreibung.
Eine breitere Aufmerksamkeit[1][2][3] erzielte 2010 sein Beitrag Unsere Hassprediger. Darin warf er Islamkritikern vor, „dass die Beschwörung der ‚westlichen Werte‘ ihre eigenen Hassprediger“ hervorbringe. Konkret kritisierte Steinfeld den Publizisten Henryk M. Broder dafür, dass dieser „für eine offensive Verteidigung der ‚freien Gesellschaft‘“ plädiere, worin „auch eine Vision für die Zukunft der islamischen Gesellschaften“ stecke, die auf einem „autoritäre(n) Regime“ zur „Zwangsmodernisierung“ basiere.[4] Reinhard Mohr erwiderte, Steinfeld und seine analog argumentierenden Feuilleton-Kollegen würden „gar nicht merken, wie ihr ideologischer Paternalismus einer Entmündigung all jener Muslime gleichkommt, die selbst das Wort ergreifen sollten ...“[1] Border kommentierte, er finde es unanständig, wenn Steinfeld ihm und „anderen wie Necla Kelek, Seyran Ates oder Ayaan Hirsi Ali das Etikett Hassprediger“ anhänge. Es stelle damit die Wirklichkeit auf den Kopf.[5]
Steinfeld hat zahlreiche Bücher verfasst, darunter eine Ideen- und Kulturgeschichte der Stadt Weimar (Weimar, 1998), eine Phänomenologie der populären Musik (Riff. Tonspuren des Lebens, 2000), eine systematische Darstellung der Philologie (Der leidenschaftliche Buchhalter, 2004) und einen Buchessay über Leben und Wirken des schwedischen Künstlerarztes Axel Munthe (Der Arzt von San Michele. Axel Munthe und die Kunst, dem Leben einen Sinn zu geben, 2007). Neben Büchern veröffentlicht er Essays in Zeitschriften (Merkur, Kursbuch, Akzente) und schreibt immer wieder auch für schwedische Publikationen (Axess, Svenska Dagbladet, Expressen, Sydsvenska Dagbladet). Er ist Autor mehrerer Filmessays, darunter Rousseau. Wie man in seiner Utopie verreckt (zusammen mit Eberhard Rathgeb, SWR 1994) und Exil, Eden, Endstation. Die Luftschlösser von Capri (zusammen mit Thomas Schmitt, Arte 2004). Zusammen mit Ralph Jentsch und Lothar Müller gab er die Romane Kaputt und Die Haut von Curzio Malaparte im Zsolnay Verlag neu heraus. Schwedischen Themen gewidmet sind auch das mit Staffan Lamm verfasste Buch über das Kollektivhaus (Das Kollektivhaus. Utopie und Wirklichkeit eines Wohnexperiments, 2006) und seine Edition von August Strindbergs Reportagen Unter französischen Bauern, die 2009 in der Buchreihe Die andere Bibliothek erschien.
Einzelnachweise
- ↑ a b Reinhard Mohr: Peinlicher Aufklärungsunterricht, Spiegel-Online, 15. Januar 2010
- ↑ Henryk M. Broder: Das grüne Band der Sympathie, Der Spiegel, 2010, Heft 10, 8. März 2010, S. 122-123 (Online-Version)
- ↑ ZDF nachtstudio, 18. Juli 2010, Im Kreuzfeuer der Kritik: Die Islamdebatte – ein neuer Kalter Krieg?, Diskussionsteilnehmer: Hamed Abdel-Samad, Henryk M. Broder, Lamya Kaddor, Claudius Seidl. Zu Beginn wird erläutert, dass der ebenfalls eingeladene Thomas Steinfeld abgesagt habe. Mediathek: Video, Programmankündigung
- ↑ Thomas Steinfeld: Unsere Hassprediger, Süddeutsche Zeitung, 14. Januar 2010 (Online-Version)
- ↑ BR-alpha, Sendung vom 23. März 2010, 20.15 Uhr, Wortprotokoll
Werke
- Symbolik - Klassik - Romantik. Versuch einer formalanalytischen Kritik der Literaturphilosophie Hegels. Dissertation. Königstein/Ts., Forum Academicum in der Verlagsgruppe Athenäum, Hain, Hanstein, 1984. (Hochschulschriften: Literaturwissenschaft; 63) ISBN 3-445-02328-X (vergriffen)
- Thomas Steinfeld; Heidrun Suhr (Hrsg.): In der großen Stadt - Die Metropole als kulturtheoretische Kategorie. (Athenäums Monografien: Literaturwissenschaft, Bd. 101). Hain, Frankfurt am Main 1990 ISBN 3-445-08951-5
- Der grobe Ton. Kleine Logik des gelehrten Anstandes. Anton Hain; 13. Hain, Frankfurt am Main 1991 ISBN 3-445-06013-4
- Weimar. Mit Fotografien von Barbara Klemm. Klett-Cotta, Stuttgart 1998 ISBN 3-608-91941-4
- Riff. Tonspuren des Lebens. DuMont, Köln 2000 ISBN 3-7701-4986-6
- Beiträge zu Die Reform als Diktat. Zur Auseinandersetzung über die deutsche Rechtschreibung. FAZ GmbH, Frankfurt am Main 2000, IDN: 975592262
- Phänomen Houellebecq. (Hrsg.), DuMont, Köln 2001 ISBN 3-7701-5623-4
- "Einmal und nicht mehr." Schriftsteller über das Alter. DVA, Stuttgart/München 2001 ISBN 3-421-05449-5
- Der leidenschaftliche Buchhalter. Philologie als Lebensform. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2004 ISBN 3-446-20550-0
- Wallanders Landschaft – Eine Reise durch Schonen. Mit einem Vorwort von Henning Mankell. Ungekürzte Ausgabe. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2004 ISBN 3-423-20759-0
- Was vom Tage bleibt – Das Feuilleton und die Zukunft der kritischen Öffentlichkeit in Deutschland. (Hrsg.), Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2004 ISBN 3-596-16329-3
- Das Kollektivhaus. Utopie und Wirklichkeit eines Wohnexperiments. (mit Staffan Lamm) S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006 ISBN 3-10-043924-4
- Der Arzt von San Michele. Axel Munthe und die Kunst, dem Leben einen Sinn zu geben. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2007 ISBN 3-446-20844-5
- En stor man. Axel Munthe och konsten att förse livet med mening. Bokförlaget Atlantis, Stockholm 2009 ISBN 978-91-7353-208-2
- Skandinavische Architektur. Von der Einfachheit des Bauens. (mit Jon Steinfeld) Deutsche Verlagsanstalt, München 2008 ISBN 3-421-03643-8
- Der große Dichter sieht die Dinge größer. Der Klassiker Robert Gernhardt. (Hrsg.), S. Fischer, Frankfurt 2009 ISBN 978-3-10-070406-1
- Der Sprachverführer: Die deutsche Sprache: was sie ist, was sie kann, Hanser, München 2010 ISBN 978-3-446-23416-1
Literatur
- Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland (Hrsg.): Sie redigieren und schreiben. Bearbeitet von Ingeborg Lukas, FAZ GmbH, Frankfurt am Main 2000, IDN: 974157260
Weblinks
- Literatur von und über Thomas Steinfeld im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- "20 Jahre Fatwa gegen Rushdie - Der Feind und seinesgleichen ." In: Süddeutsche Zeitung vom 14. Februar 2009
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