- Tony Brooks
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Tony Brooks Automobil-/Formel-1-Weltmeisterschaft Nation: Vereinigtes Königreich Erster Start: Großer Preis von Großbritannien 1956 Letzter Start: Großer Preis der USA 1961 Teams 1956 B.R.M. · 1957-1958 Vanwall · 1959 Ferrari · 1960 Yeoman Credit Racing Team · 1961 B.R.M. Statistik WM-Bilanz: Vizeweltmeister (1959) Starts Siege Poles SR 38 6 3 3 WM-Punkte: 75 Podestplätze: 10 Führungsrunden: 127 über 1206 km Tony Brooks (eigentlich Charles Anthony Stanford Brooks; * 25. Februar 1932 in Dukinfield, Cheshire) ist ein ehemaliger englischer Formel-1-Rennfahrer und Vize-Weltmeister des Jahres 1959.
Inhaltsverzeichnis
Karriere
Anfänge: Student der Zahnmedizin ermogelt sich "seinen" Rennwagen
Der Sohn eines Zahnarztes sah zunächst nicht wie ein zukünftiger aktiver Rennfahrer aus. Geradlinig entschloss er sich zum Studium der Zahnmedizin an der Universität von Manchester, um gewissermaßen in die Fußspuren des Vaters zu treten.
So kam wohl kaum ein anderer Fahrer auf ungewöhnlichere Weise zu seinem ersten Rennsportgerät wie Tony Brooks. Als seine Mutter einen neuen Wagen benötigte, bot sich ihr Sohn „uneigennützig“ an, ihr bei der Suche behilflich zu sein. Froh, da sie kaum etwas von der Technik verstand und er sein Motorrad zur Aufbringung der 1000 Pfund verkaufen wollte, nahm sie sein Angebot an. Er wisse da auch schon jemanden, der einen „netten, kleinen Wagen“ bei der Hand hätte, meinte Tony. Doch als der neue Wagen vor der Tür stand, entpuppte er sich als kleines Sportwagenmonster Healey Silverstone mit 104 PS, womit wohl allen klar war, für welche Zwecke dieser Wagen wohl einzusetzen war. Mehr über seine Spitzbübigkeit amüsiert als resigniert, gaben die Eltern ihren Segen zu seinen ersten Gehversuchen im Motorsport.
Sportwagenrennen
Mit viel Engagement beteiligte er sich ab 1952 bei zahlreichen Club-Sportwagenrennen, die überall auf den britischen Inseln stattfanden. Nach drei Jahren reinen Amateurdaseins mit dem oben erwähnten Wagen und einem Frazer-Nash kannte man ihn als schnellen und zuverlässigen Piloten, sodass ihm sein ehemaliger Teamkollege John Riseley-Pritchard, der seinen vermögenden Eltern zuliebe mit dem Rennsport aufhörte, den eigenen Formel-2-Connaught A für das Crystal Palace Rennen bei London anvertraute. Nur drei Formel-1-Monoposto, die von Mike Hawthorn, Harry Schell und Roy Salvadori pilotiert wurden, konnten den viertplatzierten Brooks im unterlegenen Material schlagen.
Der erste Formel-1-Sieg
Dadurch kam Aston Martin auf ihn zu, um ihn als Werksfahrer zu verpflichten. Weitere gute Rennergebnisse führten dazu, dass man ihm einen Formel-1-Connaught für den Grand Prix von Syrakus auf Sizilien anbot, der zwar nicht zur offiziellen WM-Konkurrenz des Jahres gehörte, aber als eine der begehrtesten Trophäen im Fahrerlager galt.
Brooks selbst schilderte im Rückblick seine Annahme des Angebot als reichlich unvernünftig: „They were doing the Syracuse Grand Prix, they said, and would I like to drive one of the cars? Frankly, they couldn't find anyone else and they were scraping the bottom of the barrel. I had never so much as sat in a Formula 1 car before, but I rather absent-mindedly said yes, and put the phone down.“
Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt stand das Examen des immer noch fleißigen Studenten Tony in unmittelbarer Nähe, der seine Eltern damit beruhigte, er würde sowohl im Flugzeug, als auch im Zug in den Fachbücher weiter „büffeln“. Ferrari verzichtete in jenem Jahr auf eine Werksteilnahme, sodass drei werkseitig unterstützte Maserati 250F, die von Luigi Musso, Schell und Luigi Villoresi gesteuert wurden, die eigentlichen Favoriten waren. Der überalterte Alta-Motor war von den Ingenieuren bis an seine Leistungsgrenze entwickelt worden, wodurch die Zuverlässigkeit gelitten hatte. Aus Angst, sowohl das Startgeld, als auch einen Motor zu verlieren, verweigerte man Brooks ausgiebige Testfahrten. Mehr als 12 oder 15 Runden soll er nicht zur Eingewöhnung gehabt haben. Als Brooks den Italiener Musso nach der elften Runde überholen konnte, fuhr er ungefährdet dem Ziel entgegen, konnte gleichzeitig aber nur an sein Examen denken. Zur Überraschung aller Experten konnte Brooks das Rennen gewinnen und erzielte damit den ersten Rennsieg eines britischen Rennfahrers auf einem heimischen Fahrzeug innerhalb der höchsten Motorsportklasse auf dem europäischen Kontinent.
B.R.M.
In der Heimat wieder angelangt, bestand er das Examen mit Bravour – doch er sollte nie seinen erlernten Beruf praktizieren. Mit dem Herzen war er nun dem Rennsport verbunden. So unterzeichnete für die Formel-1-Saison 1956 bei B.R.M., um beim Rennen in Silverstone sein eigentliches Debüt in der Königsklasse zu feiern. Doch diesmal stand das Glück überhaupt nicht auf seiner Seite. Ein Gang blieb bei hoher Geschwindigkeit im Getriebe stecken. Mit hoher Geschwindigkeit raste der Wagen in die Begrenzung und schleuderte seinen Wagen hinaus. Obwohl er eine komplizierte Oberkieferfraktur erlitt, hatte er noch das sprichwörtliche Glück im Unglück, einem sogenannten Todessturz entgangen zu sein.
Vanwall
Zum Ende der Saison wechselte er zu Vanwall, während er weiterhin für Aston Martin mit Erfolg Sportwagenrennen bestritt. Im Verlauf der Formel-1-Saison 1957 kam quasi der endgültige Durchbruch für den rasenden Zahnarzt. In Monaco kam er auf einen zweiten Rang und in Aintree teilte er sich den Sieg mit Stirling Moss, da er seinen Wagen an Moss weitergegeben hatte, um ihm nach dessen Ausfall das Erreichen von wichtigen Punkten zu ermöglichen. Doch eigentlich war er in diesem Jahr unter Wert geschlagen worden. Bei einem Unfall beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans hatte er zuvor schwerste Hautabschürfungen erlitten, die ihn ständig behinderten. Brooks selbst schätzte sich zwar glücklich, sich keinen einzigen Knochen gebrochen zu haben, beklagte aber allein ein faustgroßes Loch in der Hüfte. Für Aston Martin gewann er trotz dieses Handikaps die Sportwagenrennen auf dem Nürburgring und in Spa-Francorchamps
Zur Formel-1-Saison 1958 waren die grünen Renner von Vanwall vom Speed her den Ferrari in jedem Fall überlegen und so galten Moss oder Brooks als Weltmeisterschaftsaspiranten. Tony gewann zwar die Großen Preise von Belgien, Deutschland und Italien, aber im Verlauf der Saison gab es bei den defektanfälligen Vanwall immer nur „Top oder Flop“. Die beiden Teamkollegen nahmen sich die Punkte mehr unfreiwillig gegenseitig ab, während Mike Hawthorn zuverlässig punktete und mit einem einzigen Sieg für Maranello Weltmeister wurde. Vanwall gewann zwar die in diesem Jahr zum ersten Mal gewertete Teamkonkurrenz, trat aber als Team vom Motorsport aus Motivationsmangel zurück, da der Besitzer Tony Vanderwell aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit das Risiko nicht mehr tragen wollte.
Vize-Weltmeister auf Ferrari
So wechselte Brooks für die Formel-1-Saison 1959 zu Ferrari, wo man große Stücke auf ihn hielt. Wieder gewann er mit den Grand Prix von Frankreich und Deutschland zweimal, doch in diesem Jahr zeigte sich deutlich das im großen und ganzen die Ära der Frontmotoren ihrem Ende zuging. Buchstäblich ausgebremst wurden sie dabei vom Heckmotor-Prinzip des wendigen Cooper, den Jack Brabham zum Championat führte. Denn ausgerechnet Brooks Lieblingsstrecke Spa-Francorchamps war aus dem Kalender gestrichen worden und der Start in Aintree wurde durch einen Streik in Italien verhindert. Der Vize-Weltmeistertitel war so gesehen für Brooks eine Enttäuschung, die er selbst sicherlich verwinden konnte, zumal er vor Moss rangierte, überraschte aber die Italiener, als der dort zum Saisonende ausstieg.
Ausklang der Karriere
1960 unterschrieb Tony beim Yeoman Credit Cooper-Team. Dreimal kam er in die Punkteränge, aber mit dem Herzen war er schon mehr bei seiner KFZ-Werkstatt und Fiat-Vertretung, die er sich in der Zwischenzeit in Weybridge bei Brooklands aufgebaut hatte.
Eine Rückkehr zu B.R.M. für 1961 war nur ein Aufschub vom Abschied: Nach unzufriedenstellenden Rennergebnissen verkündete er schließlich zum Jahresende seinen Rücktritt vom Motorsport, um sich mehr seiner Familie und seinem Geschäft widmen zu können. Nach seinen eigenen Worten hätte er besser bereits 1959 mit den Autorennen aufgehört, da er bereits zu viele Freunde und Bekannte dabei verloren hatte.
Von den Fachleuten wurde Brooks aufgrund seiner guten Grundschnelligkeit und seiner sauberen Fahrlinie geschätzt, der am besten war, wenn er unbedrängt sein eigenes Rennen fahren konnte. Als ausgesprochener Teamplayer hatte er keine Probleme damit, Moss an sich vorbeiziehen zu lassen, wenn diesem ein Überholmanöver geglückt war. Im Gegensatz zu den übrigen britischen Piloten war der gläubige Katholik Brooks wohl der einzige Formel-1-Pilot, der keinen Sonntagsgottesdienst vor dem Rennen versäumte, während die Partylöwen Hawthorn und Peter Collins noch verkatert waren. Der stets freundliche Brooks, der sich nach einer erfolgreichen beruflichen Karriere dem Restaurieren alter Automobile widmete, ist auch heute noch ein häufiger Gast auf historischen Motorsportveranstaltungen wie dem Festival of Speed.
Grand-Prix-Siege
- 1957 Großer Preis von Großbritannien (Aintree)
- 1958 Großer Preis von Belgien (Spa-Francorchamps)
- 1958 Großer Preis von Deutschland (Nürburg)
Le-Mans-Ergebnisse
Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund 1955 Aston Martin Ltd. Aston Martin DB3 John Riseley-Prichard Ausfall Batterie 1956 Aston Martin Ltd. Aston Martin DBR1 Reginald Parnell Ausfall Getriebeschaden 1957 Aston Martin Ltd. Aston Martin DB3S Noël Cunningham-Reid Ausfall Unfall 1958 David Brown Racing Department Aston Martin DBR1/300 Maurice Trintignant Ausfall Getriebeschaden Literatur
- Derick Allsop: The British Racing Hero. Magna Books, 1992, 176 S., ISBN 1-85422-313-5
- Peter Gruner: Das Formel-1-Lexikon. ECON, Düsseldorf 1997. 474 S., ISBN 3-612-26353-6
- Jörg-Thomas Födisch, Erich Kahnt: 50 Jahre Formel 1. Die Sieger. Heel, Schindellegi 1999, 215 S.
- Peter Scherer: 50 Years of British Grand Prix Drivers. o. O, 1999, 233 S., ISBN 0-9530052-8-3
- Achim Schlang: Die Formel-1-Asse unserer Zeit. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1984, 213 S., ISBN 3-613-01035-6
Weblinks
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