Truppenübungsplatz Wittstock

Truppenübungsplatz Wittstock

Das Bombodrom, offiziell Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz Wittstock, ist ein geplanter militärischer Übungsplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Der Übungsplatz soll auf einem ehemaligen Militärgelände zwischen den Städten Wittstock, Rheinsberg und Neuruppin im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, an der Grenze zwischen den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern entstehen und eine Fläche von 144 km² haben. Zurzeit hat das Gelände rechtlich den Status eines militärischen Sicherheitsbereichs. Es ist im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.

Die Bundeswehr plant, das Gelände als Übungsplatz für Tiefflüge und Bombenabwürfe zu verwenden. Insgesamt sollen 1700 Flugstunden pro Jahr absolviert werden.[1]

Geschichte

Entstanden ist der Übungsplatz ab 1952 mit der schrittweisen Nutzung durch die Rote Armee bzw. GSSD, die dort zuerst Panzerübungen durchgeführt und später auch vermehrt Bombenabwürfe im Tiefflug trainiert hat. Die ursprünglichen Grundbesitzer wurden gezwungen, das Land zu sehr günstigen Konditionen an die Rote Armee zu verpachten. [2] Auf die Nutzung durch die Rote Armee geht auch der Name Bombodrom zurück. 1992 stellen die sowjetischen bzw. russischen Truppen alle Übungsflüge ein. Die brandenburgische Bürgerinitiative „Freie Heide“ wurde gegründet mit dem Ziel, den Übungsplatz in eine touristische Nutzung zu überführen. [3] 1993 zogen die Streitkräfte der Russischen Föderation endgültig ab und die Bundesregierung beschloss die militärische Weiternutzung.

Die Bundeswehr darf den Platz nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2000 vor Abschluss eines ordnungsgemäßen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechenden Planungsverfahrens nicht für den militärischen Übungsbetrieb nutzen.

Am 31. Juli 2007 verwarf das Verwaltungsgericht Potsdam die neue Betriebsgenehmigung des Verteidigungsministeriums und gab damit drei Klagen gegen die Nutzung des Bombodroms durch die Bundeswehr statt. Eine Inbetriebnahme des Geländes für den militärischen Übungsbetrieb ist damit weiterhin untersagt. Eine Berufung wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg angenommen[1] und am 27. März 2009 abschlägig entschieden [4]. Das Verteidigungsministerium beharrt auf seinen Plänen[5].

Widerstand gegen Inbetriebnahme

Der geplante Truppenübungsplatz führte zu Protesten aus örtlicher Bevölkerung, Tourismusbranche und antimilitaristischen Gruppen. Der überwiegende Teil der Bevölkerung in der Region ist der Ansicht, dass mit dem Bombodrom die Aussicht auf Wirtschaftswachstum durch Tourismus zerstört wird. Entsprechend haben sich daher sowohl der Kreistag des Landkreis Ostprignitz-Ruppin als auch die Landtage von Brandenburg[6] und Mecklenburg-Vorpommern sowie das Abgeordnetenhaus von Berlin positioniert. Alle relevanten Landesparteien unterstützen den Kampf gegen das Bombodrom, aber auch Bundespolitiker, zum Beispiel die Vizepräsidentinnen des Bundestages Petra Pau (Die Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen). Von den mehr als 100 Unternehmen, die sich an einer repräsentativen Umfrage der Industrie- und Handelskammer Potsdam vom 24. September 2003 beteiligt haben, erwarten 76 Prozent der Befragten eine wesentliche Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Nur 11 Prozent hoffen, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verbessert, wenn eine Garnison in Wittstock errichtet wird. Demgegenüber hoffte eine Bürgerinitiative Pro Bundeswehr auf Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze durch den Standort und die geplante Kaserne Wittstock, tritt aber aktuell nicht mehr in Erscheinung.

Ein wesentliches Mittel der Protestbewegung sind mehrere Protestmärsche im Jahr, insgesamt bereits 112. So findet in der Kyritz-Ruppiner Heide seit einigen Jahren der größte Ostermarsch in Deutschland statt (mehr als 10.000 Besucher in 2009). Es gibt in der Region inzwischen auch eine Tradition zivilen Ungehorsams. So fand auf dem strittigen Gelände am 24. Juli 2004 ein klassisches Konzert mit den Musikerinnen und Musikern von Lebenslaute mit etwa 350 Teilnehmern statt. Daraus entwickelte sich die Kampagne Bomben nein – Wir gehen rein, bei der sich Unterzeichner verpflichten, das Gelände zu betreten, wenn die Bundeswehr den militärischen Übungsbetrieb aufnehmen sollte. Inzwischen hat diese Kampagne über 1200 Unterstützer. Im Sommer 2007 hat das Aktionsbündnis Rosa Heide eine Stelle um einen ehemaligen Kommandoturm herum für einen Tag und eine Nacht „besiedelt“, im Juli 2008 ein viertägiges Camp an anderer Stelle auf dem Gelände veranstaltet[7]. Am 3. März 2007 erhielt die Initiative FREIeHEIDe, stellvertretend für alle Initiativen gegen das Bombodrom, den Göttinger Friedenspreis. Ebenfalls stellvertretend verlieh Ministerpräsident Matthias Platzeck am 13. Juni 2008 dem Mitbegründer und Sprecher der Bürgeriniative Freie Heide Benedikt Schirge den Verdienstorden des Landes Brandenburg.

Seitens der Bundeswehr werden zwei Argumente für die Nutzung des Übungsplatzes ins Spiel gebracht: die Lastenverteilung zwischen Ost- und Westdeutschland und die Notwendigkeit des Übens zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft[8]. Winfried Nachtwei (MdB B90/Grüne), Mitglied des Verteidigungsausschusses des Bundestages, vertritt in seiner Stellungnahme[9] die Meinung, dass der Abwurf von ungelenkten Bomben im Tiefflug, wie er auf dem Übungsplatz trainiert werden soll, weder für die Landesverteidigung noch für die Aufgaben im Bereich internationaler Kriseneinsätze notwendig sei. Beim Argument „Lastenausgleich“ werde die jahrzehntelange extrem hohe Belastung der Anwohner durch den Übungsbetrieb der Sowjetarmee ignoriert.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Jung will auf „Bombodrom“ nicht verzichten in der Märkischen Allgemeinen, 16. Juli 2008
  2. Hans-Peter Richter – THE "BOMBODROM" IN BRANDENBURG – A MILITARY BASE PREPARING THE NEW WARS?
  3. NDR – Chronologie zum Streit über das „Bombodrom“
  4. SZ – Keine Tiefflieger über dem Bombodrom
  5. Januar 2008: Jung hält an den Plänen zum Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide fest
  6. Platzeck: Kein Bombenabwurfplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide, Rede vor dem Landtag Brandenburg vom 31.03.2004.
  7. Netzauftritt des Aktionsbündnis Rosa Heide, gesehen 23. Oktober 2008.
  8. Antworten der Bundeswehr auf die häufigsten Fragen zur künftigen Nutzung des Übungsplatzes Wittstock.
  9. Stellungnahme zur „Ergänzenden Begründung“ des BMVg zur „Notwendigkeit der sofortigen Inbetriebnahme des TrÜbPl Wittstock durch die Bundeswehr als Luft-Boden-Schießplatz“ vom 6. Dezember 2005 von Winfried Nachtwei.

53.08611111111112.6457Koordinaten: 53° 5′ 10″ N, 12° 38′ 42″ O


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