Basisdemokratische Verfassung

Basisdemokratische Verfassung
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Die Basisdemokratie ist eine Form der direkten Demokratie. Sie kommt in ihrer Konzeption im Gegensatz zur repräsentativen Demokratie ohne Repräsentanten aus, da alle relevanten Entscheidungen von den Betroffenen selbst abgestimmt werden. Die Basisdemokratie kommt meist nur bei trivialen Problemen zur Anwendung, die ohne Fachwissen oder Kompetenzkonflikte als einfach zu entscheiden gelten oder für Fragen, die erheblichen Einfluss auf das Leben der Mehrheit haben, wie die Struktur des Gesundheitswesens, Kriegseinsätze, neue Verfassungen, Eigentumsfragen, Löhne, Arbeitszeitregelungen, Streikentscheidungen, Grundrechte und Menschenrechte.

Nach dem rasanten Auftrieb des Internets (ab 1993) bietet es sich zunehmend an, basisdemokratische Abstimmungen online im Netz durchzuführen. Durch sogenannte I-Votings können Entscheidung schnell getroffen und ausgewertet werden.

Auch das Web 2.0, die Weiterentwicklung des Internets (ab etwa 2005), birgt einige basisdemokratische Ansätze. So haben z. B. Wikis einen basisdemokratischen Wissensansatz. In Wikis trägt eine Vielzahl von Nutzern Inhalte zu einem bestimmten Thema zusammen, so wie beispielsweise bei der Wikipedia. Mit den Weblogs hat zudem eine neue Form des Graswurzel-Journalismus Einzug erhalten.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Basisdemokratie wird häufig in kleineren Gruppen zur Entscheidungsfindung angewandt, so zum Beispiel, wenn die Mitglieder einer Familie darüber beratschlagen und abstimmen, ob sie lieber ins Schwimmbad gehen oder eine Burg besichtigen wollen.

Aber auch bei der Gestaltung eines staatlichen Gemeinwesens soll Basisdemokratie möglich sein: Sie würde bedeuten, dass jedes wahlberechtigte Mitglied der Gesellschaft das gleiche Mitspracherecht hat wie die Mitglieder der Regierung. Dazu müsste das Prinzip der Herrschaft aufgegeben werden, was allerdings oft in den Bereich der Utopie verwiesen wird. Derzeit gibt es basisdemokratische Organisationen, aber auch Staaten, bei denen ein Teil der Machtbefugnisse direkt an der Basis der Gesellschaft liegt.

Bestehende Formen

International

Eine Gruppe, die nach Meinung ihrer Anhänger in den von ihr beherrschten Landesteilen Mexikos die Basisdemokratie durchgesetzt hat, sind beispielsweise die Zapatistas. Ein europäischer Staat, bei dem direkt das Volk durch Volksentscheid und Volksbegehren an der Macht beteiligt ist, ist die Schweiz (siehe Halbdirekte Demokratie). Noch weitergehende basisdemokratische Elemente gibt es in Brasilien, wo die Einwohner verschiedener Städte und Dörfer, ja sogar eines ganzen Bundesstaates (Rio Grande do Sul), über den Finanzhaushalt entscheiden. Auch der in Venezuela von Hugo Chavez entwickelte Bolivarismus, weist basisdemokratische Elemente auf, hier allerdings in Verbindung mit einer Spielart des Demokratischen Sozialismus.

Deutschland

Eine Partei Deutschlands, die sich in ihrer Gründerzeit explizit zur Basisdemokratie bekannte, sind die Grünen.[1] Die Wahlerfolge in den späten 1980er sowie vor allem der Zusammenschluss mit den Ost-Grünen (Bündnis 90) führte jedoch zu einer zunehmenden Professionalisierung und Personalisierung der Grünen, die dadurch nach und nach Teile ihrer Grundsätze, die einer Hierarchisierung entgegenstanden, aufgaben.[2] Hinzu kam auch, dass eine feste Führungsspitze aufgrund der Medienwirksamkeit von der breiten Bevölkerung eher angenommen wurde als ständig wechselnde Personen, die letztendlich außerhalb der Partei kaum bekannt waren.

In Bayern wurde am 8. Februar 1999 per Volksentscheid nach einer Initiative der ÖDP Schlanker Staat ohne Senat der Bayerische Senat abgeschafft. [3]

Kritik

Weil das Konzept der Basisdemokratie sich gegen die konstitutionelle Verlagerung der Macht von der Masse des Volkes hin zu abstrakten Regeln folgenden Institutionen richtet, bleibt nach kritischer Meinung fraglich, wie in einer reinen Basisdemokratie Rechte des Einzelnen vor dem Zugriff der jeweiligen Mehrheit geschützt werden könnten, die als Mehrheit den erreichten institutionellen Konsens der die Individualrechte schützenden Gesetze im Prinzip jederzeit allgemein oder im Einzelfall durch einfache und zeitnahe Abstimmung verschieben oder abschaffen könnte.

In Deutschland verbietet Artikel 102 des Grundgesetzes[4] beispielsweise die Todesstrafe, aber nähme man das Konzept der Basisdemokratie wörtlich, dürfte jede – auch spontane – Mehrheit in einem konkreten Kriminalfall aus Empörung die Hinrichtung des vermuteten Täters beschließen, ohne dass Gerichte dagegen wirksam vorgehen könnten. Könnte sie es aber nicht, wäre sie strenggenommen keine reine Basisdemokratie, sondern wäre als Mischsystem anzusehen – mit möglicherweise starken basisdemokratischen Elementen neben einer deutlichen repräsentativen Vertretung durch Parlament und Regierung (s. a. Schweizerische Bundesverfassung).

In der bundesdeutschen repräsentativen Demokratie ist deswegen ein „Verfassungskern“ von Grundrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien wie dem der Gewaltenteilung als vor Veränderung oder gar Aufhebung geschützt festgelegt und nur durch Totalersetzung der Verfassung oder einen Umsturz angetastet werden könnte (s. Ewigkeitsklausel).

Dem Gedanken der Basisdemokratie in seiner Reinform wird aufgrund seiner theoretisch unbegrenzten Zugriffsmacht gegenüber dem Einzelnen deshalb teilweise auch ein potentiell totalitäres Politikverständnis vorgeworfen (s. Carl Joachim Friedrich).

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. http://www.boell.de/alt/de/13_archiv/2296.html
  2. http://socio.ch/movpar/t_ehrler.htm#4
  3. http://www.oedp-bayern.de/partei/chronik.html
  4. http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_102.html

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