- Viererbob
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Der Bobsport ist eine Wintersportart, die Ende des 19. Jahrhunderts in der Schweiz von Engländern entwickelt wurde und heute Teil des olympischen Programms bei den Olympischen Winterspielen ist. Daher ist der Bobsport auch eng mit dem Rennrodeln und noch mehr mit dem Skeletonsport verwandt und kann auch als „Königsklasse“ des Schlittensports bezeichnet werden.
Inhaltsverzeichnis
Der Bobsport
1888 entwickelte in Andreasberg ein Engländer den Bob, indem er zwei Schlitten hintereinander unter einem Brett montierte. Dabei war der vordere Teil über Seile steuerbar. Die daraufhin ausgetragenen Rennen wurden ausschließlich auf natürlichen Rodelbahnen ausgetragen, also auf Waldwegen, die vorwiegend zum Holztransport angelegt waren.
Der internationale Bobsport ist seit 1923 in der Fédération Internationale de Bobsleigh et de Tobogganing (FIBT) organisiert. Seit 1924 gibt es Wettkämpfe bei den Olympischen Winterspielen und auch Weltmeisterschaften. Bei den Olympischen Winterspielen 1924 und 1928 waren 5 Fahrer im Bob erlaubt. In Deutschland wurde 1911 der Bob- und Schlittenverband für Deutschland gegründet.
Heute sind die verwendeten Sportbobs komplett aerodynamisch verkleidet und über einen Seilzug (Lenkseile) sind die vorderen Kufen lenkbar. Laut Reglement der Internationalen Bobföderation (FIBT) müssen Zweierbobs ein Mindestgewicht von 170 kg, Viererbobs von 210 kg haben. Das Maximalgewicht beträgt 390 (Damen: 340) bzw. 630 kg. Die maximale Breite ist auf 67 cm festgesetzt, was auch der vorgeschriebenen Spurbreite entspricht.
Die Bahn
Die Fahrten im Bobsport finden auf einer (heute meist künstlich angelegten) 1200 bis 1600 m langen vereisten Bobbahn statt.
Die Zahl der Bobbahnen ist weltweit sehr gering. Vier davon sind in Deutschland: Winterberg, Königssee (erste Kunsteisbahn der Welt) im gleichnamigen Ortsteil der Gemeinde Schönau sowie die angeblich schwerste Bahn der Welt in Altenberg. Auf der Rennrodelbahn in Oberhof finden keine internationalen Bob-Wettkämpfe mehr statt.
Fast alle Bobbahnen verfügen heute über Kunsteis. Die einzige Natureis-Bobbahn, auf der Weltcup-Rennen gefahren werden, befindet sich in St. Moritz. Auf dieser wurden 1928 und 1948 die Bobrennen der Olympischen Winterspiele ausgetragen.
Liste der wettkampffähigen Bobbahnen weltweit
siehe auch: Liste der Rennrodel- und Bobbahnen
Deutschland
- Winterberg
- Königssee (erste Kunsteisbahn)
- Altenberg
- Oberhof
Schweiz
- St. Moritz (letzte Natureisbahn im Weltcup)
Italien
- Cortina d’Ampezzo (teilweise nicht vereiste Wände)
- Cesana
Frankreich
Norwegen
- Lillehammer
Österreich
- Igls/Innsbruck
Kanada
- Calgary
- Whistler
USA
- Lake Placid
- Salt Lake City
Japan
- Nagano (einzige Bobbahn mit zwei Steigungen)
Lettland
- Sigulda
Russland
- Paramonovo
Herkunft des Namens „Bob“
Der Begriff „Bob“ kommt vom englischen Verb to bob (zu deutsch: ruckartig bewegen): Zu Beginn des Bobsportes versuchten die Mannschaften nach dem Start durch Zurücklehnen und dann gemeinsames, ruckartiges Vorschnellen des Oberkörpers dem Bob mehr Schwung bzw. Geschwindigkeit zu geben. Im Deutschen wurde diese Beschleunigungs-Technik damals bobben genannt.
Technik und körperliche Voraussetzungen
Bobs erreichen Geschwindigkeiten von weit über 100, teilweise 140 km/h. In den Steilkurven und Schikanen kann die Beschleunigung kurzzeitig 5g (fünffache Erdbeschleunigung) erreichen. Das stellt enorme Anforderungen an die Besatzung. Der Pilot muss über ein extrem gutes Reaktionsvermögen, ein hervorragendes „Bahngefühl“ und eine ausgeprägte Feinmotorik verfügen. Schon kleinste Lenkbewegungen an der falschen Stelle können im schlimmsten Falle einen Überschlag verursachen. Die Unterschiede zwischen den Spitzenmannschaften betragen mitunter auch nach vier Läufen in Addition oft nur wenige Hundertstel- oder Tausendstelsekunden. Oft fällt die Entscheidung über die Platzierung bereits in der Anschub- und Startphase auf den ersten 50 Metern. Die Anlaufzone ist ungefähr 15 Meter lang. Um wenige Hundertstel schlechtere Startzeiten bewirken in der Regel einen Verlust von einigen Zehntelsekunden im Ziel und nur wenige Weltklassepiloten können solche Verluste auf der Strecke noch aufholen. Deshalb müssen die Anschieber sehr athletisch gebaute gute Sprinter mit explosivem Schnellkraftvermögen sein. Oft werden ehemalige Leichtathleten, meist Sprinter, Weitspringer oder Zehnkämpfer, als Hinterleute verpflichtet. Die Anschieber fast aller Spitzenmannschaften können mit 100-Meter-Bestzeiten unter 11 Sekunden aufwarten.
Statistik
Seit den 1920er Jahren wurden bereits Meisterschaften, damals noch im 5er-Bob, ausgefahren. Seit 1930 werden Weltmeisterschaften im Zweierbob und Viererbob gefahren. Seit 1924 ist Bobfahren fester Bestandteil des Olympischen Programms. Die ersten Europameisterschaften fanden 1935 in Ilmenau (Thüringen) statt. Von Anfang an waren bei internationalen Wettkämpfen Deutsche auf den vorderen Plätzen zu finden. Seit 2000 gibt es auch Weltmeisterschaften im Zweierbob bei den Frauen. Mit den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City sind die Damenwettkämpfe auch Bestandteil des Olympischen Programms. Erste Weltmeisterin als Pilotin wurde die ehemalige erfolgreiche Rodlerin Gabriele Kohlisch. Ein Jahr später gewann die Exweltmeisterin im Rodeln Susi Erdmann Bronze, ein weiteres Jahr später ebenfalls Bronze bei den Olympischen Spielen hinter Sandra Prokoff. Seit 1950 (Olympia seit 1952) gewannen Mannschaften aus beiden deutschen Staaten, seit 1990 aus dem wiedervereinigten Deutschland
- 124 von 330 WM-Medaillen (37,6%)
- davon 47 von 110 Weltmeistertiteln (43%)
- 32 von 87 Olympischen Medaillen (37%)
- davon 12 von 29 Olympiasiegen (41%)
Damit ist Deutschland die stärkste Bobnation. Erfolgreichster Pilot aller Zeiten in beiden Bobs ist Wolfgang Hoppe mit 36 internationalen Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften sowie Weltcups, davon 17 mal Gold. Einer seiner früheren Anschieber, Christoph Langen, wurde seit den 1990er Jahren sein Konkurrent und Nachfolger. Nicht als Pilot, jedoch als erfolgreicher Anschieber gilt auch Olaf Hampel.
siehe: Bobsport bei den Olympischen Spielen – Liste der Olympiasieger im Bobsport
siehe: Liste der Weltcupsieger im Bobsport.
Bekannte Bobpiloten und Bobpilotinnen
- Martin Annen
- Ingo Appelt
- Nico Baracchi
- Harald Czudaj
- Werner Delle-Karth
- Zintis Ekmanis
- Susi Erdmann
- Bernhard Germeshausen
- Reto Götschi
- Karl Häseli
- Matthias Höpfner
- Wolfgang Hoppe
- Janis Kipurs
- Sandra Kiriasis
- Dawid Kupczyk
- André Lange
- Christoph Langen
- Bernhard Lehmann
- Rudi Lochner
- Pierre Lueders
- Fritz Lüdi
- Manuel Machata
- Cathleen Martini
- Eugenio Monti
- Meinhard Nehmer
- Andreas Ostler
- Sandis Prusis
- Christian Reich
- Erich Schärer
- Brian Shimer
- René Spies
- Mark Tout
- Gustav Weder
- Gerda Weißensteiner
- Gabriele Kohlisch
- Auch der ehemalige Kronprinz und derzeitige Fürst von Monaco, Albert II., war bei internationalen Wettkämpfen regelmäßig als Bobpilot für sein Fürstentum am Start.
Bobhersteller
Bobs sind heute HighTech-Geräte. Ohne ausgereifte Technik, Aerodynamik und Materialien sind Spitzenzeiten heute nicht mehr möglich. Daher gibt es im internationalen Bobsport nur wenige Hersteller für Bobs. Zum Teil stellen diese auch andere Sportgeräte her, so dass Erfahrungen aus dem Bau von Rennrädern, Kanus und Rennwagen-Karosserien einfließen.
Die wichtigsten Hersteller sind:
- FES Berlin
- Dresdener Sportgeräte GmbH (DSG)
- Bo-Dyn (USA)
- Singer-Carbon
Literatur
- Willy Goepferich: Wie baue ich mir selbst - Schneeschuhe und Bobsleighschlitten (ca. 1920, Neuauflage 2006). Survival Press, Radolfzell, ISBN 3-937933-13-1
Weblinks
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