Volkspark Schönholzer Heide

Volkspark Schönholzer Heide
Lageplan der Schönholzer Heide, 1894

Der Volkspark Schönholzer Heide[1] im Berliner Ortsteil Niederschönhausen, Ortslage Schönholz, ist ein weitgehend naturbelassener, hügeliger Waldpark mit einer Fläche von etwa 35 Hektar. Es ist ein Rest des vormals großen geschlossenen Waldgebietes (Schönhauser Fichten) bis hin zur Jungfernheide.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ballsaal des Schlosses Schönholz
Altes Schloss in der Schönholzer Heide

Anfang der 1750er Jahre kaufte Königin Elisabeth Christine hier Land, um eine Maulbeerplantage anzulegen. Als Gattin von Friedrich II. war sie von diesem auf das Schloss Schönhausen in Niederschönhausen verbannt worden. Die Plantage wurde als Königin-Plantage benannt. Sie gehörte organisatorisch zum Schlosspark Niederschönhausen.

Ab 1763 siedelte die Königin am Rand der Plantage zwölf Kolonisten, Leineweber und Tuchmacher an, die aus Sachsen und Thüringen, eventuell auch aus Schwaben einwanderten. Auf diese Zeit nimmt der Tuchmacherweg Bezug.

Ab 1791 trägt diese Kolonie den Namen Schönholz und ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Königin-Plantage zu einem kleinen Gut. Hier wurde um 1800 das später „Altes Schloß“ genannte reich ausgestattete Gutshaus gebaut, in dem 1872 bis 1884 die Höhere Mädchenschule von Henriette Jenrich untergebracht wurde. Die Berliner Schützengilde ließ es Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend abreißen.

Der Friedhof Pankow V am Tuchmacherweg geht auf die Kolonistensiedlung zurück und wurde im August 2007 ohne Nachbeisetzungsrecht geschlossen, sodass diese Fläche ab 2037 frei nutzbar wird.

Schönholz wurde 1920 gemeinsam mit Niederschönhausen nach Berlin eingemeindet und Bestandteil des XIII. Bezirkes.

Ab 1900 war der südliche Teil des Geländes Ziel vieler Berliner Ausflügler. Neben Restaurants und der Schießanlage gab es auch bald Tennis- und Fußballplätze und eine Rodelanlage. Die neu gebaute Gaststätte Schloß Schönholz wurde unter Nutzung des Reste des alten Gutshauses eingerichtet und vor allem um einen großen Saalbau erweiterte. Die Übersiedlung des Vergnügungsparks aus Halensee brachte den Luna-Park in die Schönholzer Heide. Als Attraktionen existierte ein Riesenrad und eine Achterbahn.[2]

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Luna-Park ab 1940 als „Luna-Lager“ für ausländische Zwangsarbeiter umgenutzt. Das Lager entstand auf Initiative der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik und wurde das zweitgrößte Lager innerhalb Berlins. Die hier untergebrachten Ausländer wurden je nach ihrer Herkunftsnation gegliedert vorrangig zur Zwangsarbeit in den Bergmann Elektrizitätswerken in Wilhelmsruh und für NS-Rüstungsbetriebe in Reinickendorf eingesetzt. Neben den Baracken wurde das Schloß Schönholz selbst als „Polenlager Schönholz“ eingerichtet.[2]

1943 entstand Flächenbedarf für die innerstädtischen Bombenopfer. Es wurde der Städtische Friedhof Pankow VI auf einer großen Parkfläche nördlich der heutigen Hermann-Hesse-Straße, hinter der Schießanlage angelegt. Als 1946 kein Bedarf für Kriegsopfer bestand, wurde er teilweise und im Jahr 1981 endgültig geschlossen. Die Nutzung endete 2006, ab 2016 wird die Fläche für eine Folgenutzung frei sein.

Zwischen 1945 und 1947 diente die Schönholzer Heide der Roten Armee noch als Lagerplatz für demontierte Fabrikausrüstungen.

Sportstätten

Schönholzer Heide (1932), Schießanlage und Schloss
Sportler auf der Sportwiese in der Schönholzer Heide
Schützenhaus

Die weiträumigen Wiesen wurden umfangreich von Bürgern aus Berlin und Pankow genutzt. 1890 fanden die ersten Berliner Feiern zum 1. Mai in der Schönholzer Heide statt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Schönholz als Ausflugsort durch seine Lage an der Nordbahn bekannt.

Hier traf sich die Berliner Schützengilde von 1433 auf ihrem Schießplatz. Die Schützengilde hatte 1880 das Gutsgelände mit dem alten Schloss Schönholz für 240.000 Mark erworben. Ihr bisheriges Domizil in der Berliner Linienstraße konnte sie für 1,31 Millionen Mark verkaufen. Somit ließ sich der Bau eines exzellent ausgestatteten Schützenhauses[3] samt Schießplatz finanzieren. 1884 wurde der Platz eingeweiht. 1890 fand auch in diesen Schießanlagen das 10. Deutsche Bundesschießen statt. Das Schützenhaus und das Schloss wurden im Zweiten Weltkrieg ausgebombt und das 26 Hektar große Schießgelände von den Behörden beschlagnahmt. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde das Gelände der Schützengilde nicht rücküberschrieben. Die Mitglieder des Schützenvereins Schönholzer Heide e.V. trainieren seit 1991 auf dem Schießstand.

1896 bildete sich die Pankower Lawn-Tennis-Vereinigung, die am 28. September 1899 in den Verein für Bewegungsspiele (VfB) Pankow aufging. Der Akademische Turnverein (A.T.V.) hatte in der Schönholzer Heide seine Spielstätte. Die Fußballer des VfB Pankow hatten in den 1920er und 1930er Jahren hier ihren Fußballplatz.

Filmstudio Ifa

Aktie der Ifa

Das Schloß Schönholz wurde vom Filmregisseur und Produzenten Robert Meinert für die von ihm im November 1921 mitbegründete Internationale Film A.G. (Ifa) zu einem Atelier umgebaut.

1922 wurde der Stummfilm Marie Antoinette (Das Leben einer Königin) von Rudolf Meinert produziert. Nach der erfolgreichen Zensur vom 21. Oktober 1922 wurde der 3134 Meter lange Film (etwa 67 Minuten) im Berliner Kino Alhambra am Kurfürstendamm uraufgeführt.

Im Sommer 1928 entstand im Ifa-Atelier unter der Regie von Max Mack nach dem System Tri-Ergon der erste Sprech-Spielfilm. Sein Titel ist Ein Tag Film. Er wurde am 11. September 1928 von der Zensur genehmigt und am 12. September im Berliner Mozartsaal mit einer Länge von 552 Metern (20 Minuten) voraufgeführt. Die eigentliche Uraufführung war am 11. Oktober 1928 in den Terra-Lichtspielen in Frankfurt/Main.

Gedenkstätten

Gräberstätte in der Schönholzer Heide

In der Nähe eines zum Ende des Zweiten Weltkrieges genutzten oberirdischen Bunkers, der zum Zwangsarbeiterlager gehörte, bleibt der Ehrenhain für Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft mit Dauerruherecht erhalten. Auf diesem vormaligen Teil des Friedhofs Pankow VI befinden sich 352 Einzelgrabstätten mit Zwangsarbeitern, aber auch Pankower Kriegsopfern. Hier ruhen Pankower Zivilisten, Angehörige des Volkssturms und ein SS-Mann als Bombenopfer der Wachmannschaft des Lagers.[2]

Im westlichen Abschnitt des Parks jenseits der Germanenstraße wurde 1949 das Sowjetische Ehrenmal Schönholz mit 13.200 Einzelgrabstätten eingerichtet. Die Toten wurden aus umliegenden Grabstellen hierher umgebettet und zusammengelegt. Die Anzahl der Bestatteten wurde in den 1960er Jahren noch mit 11.000 angegeben, aus den 1992 übergebenen Dokumenten ergab sich die Zahl von 13.200 hier Bestatteten. Außer während der Kämpfe um Berlin gefallenen Soldaten sind im hinteren Teil auch Zwangsarbeiter begraben. Die Differenz in den Angaben ergeben sich auch durch hier bestattete verstorbene Zwangsarbeiter aus den umliegenden Lagern.[2]

Im Süden wird die Schönholzer Heide durch die Hermann-Hesse-Straße begrenzt. Als Teil der vormaligen Waldfläche der „Schönhauser Fichten“ schließen sich der Städtische Friedhof Pankow III und der Bürgerpark an.

Die Schönholzer Heide heute

Aufführung im Heide-Theater in Pankow-Schönholz am 8. Mai 1957
  • Mitte der 1950er Jahre bestand bereits ein Konzept zur Nutzung als Erholungsort, so wurde am 15. August 1956 im südlichen Teil die Freilichtbühne Heide-Theater eröffnet und danach bespielt. Allerdings wurde sie wenige Jahre später geschlossen.
  • Die Schönholzer Heide dient (insbesondere seit dem Mauerfall) der Naherholung. Durch die gesamte Heide führt heute ein Naturlehrpfad, es gibt Liegewiesen, einen Abenteuerspielplatz und einen Fußballplatz. Das Trommlerfest Rakatak findet seit 1995 jährlich im Juni in der Schönholzer Heide statt. Auf diesem Fest in der Schießanlage werden jedes Jahr Perkussionsinstrumente aus verschiedenen Nationalitäten und mit unterschiedlicher Rhythmik aufgeführt. Im Gelände der Schönholzer Heide (nordwestlich der Friedhofsgelände, südlich der Gedenkstätte für die gefallenen sowjetischen Soldaten) ist eine Platane als Naturdenkmal ausgewiesen.

Verkehr

Die Schönholzer Heide ist mit der S-Bahn vom Bahnhof Schönholz oder dem Bahnhof Wilhelmsruh zu erreichen, auch Busse der BVG verkehren an den Randstraßen.

Bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 war der Park auch mit den Straßenbahnen der Linien 19 und 88 erreichbar.

Sonstiges

An den Vergnügungspark erinnert die dritte Strophe des bekannten – im Berliner Volksmund – gehaltenen Gassenhauers Bolle reiste jüngst zu Pfingsten.

Auf der Schönholzer Heide,
Da jab’s ’ne Keilerei,
Und Bolle, jar nicht feige,
War mittenmang dabei,
Hat’s Messer rausgezogen
Und fünfe massakriert.
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

Literatur

  • Andrea Rudorff, Ulrike Huhn: Die Schönholzer Heide – Von einer Vergnügungsstätte zum Gedenkort. text·verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-938414-47-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  2. a b c d VVN-BdA Berlin-Pankow e.V.: Die Geschichte der Schönholzer Heide - Spiegel der Pankower Geschichte. Heidefilm
  3. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
52.57638888888913.383333333333

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