Wurzelloser Zahn

Wurzelloser Zahn
Fossiler wurzelloser Zahn eines Haies. Länge 4 cm
Unterer Weisheitszahn

Zähne (latein: dens ‚der Zahn‘[1], dentes ‚die Zähne‘, dentis ‚des Zahnes‘; dental ‚den Zahn betreffend‘; griech.: όδούς (odous), Plural: έδοντες (edontes)[2] - alle mit gleicher indogermanischer Wurzel dont als Partizip zu ed „essen“) sind Hartgebilde in der Mundhöhle, die als modifizierte Teile des Hautskeletts in ihrer Gesamtheit das Gebiss bilden. Sie sind aus den einfachen Hautzähnen vorzeitlicher Fische entstanden. Im Verlauf der Evolution verschmolzen die Schuppenzähne zu Hartgebilden mit basaler Knochenmasse, Dentinkrone und innerer Pulpahöhle.

Mit den Zähnen wird Nahrung ergriffen, zerkleinert und zermahlen. Sie haben sich bei den Wirbeltieren und beim Menschen nach dem Form-Funktionsprinzip entwickelt. Beim Menschen kommen als Funktionen noch die Lautbildung (insbesondere des S-Lautes) und soziale Funktionen hinzu, bei Tieren fungieren sie auch als Waffen.

Inhaltsverzeichnis

Echte und unechte Zähne

Die bleibenden Zähne beim Menschen. Rechter Unterkieferast

Im Tierreich unterscheidet man echte und unechte Zähne.

  1. Die echten Zähne bestehen aus Schmelz (Enamelum), Dentin und Zement sowie der Pulpa (Zahnmark). Sie werden auch Dentinzähne genannt, weil das Dentin den Hauptbestandteil bildet (siehe heterodontes Gebiss).
  2. Bei den unechten Zähnen fehlen die Hartsubstanzen Schmelz, Dentin und Zement. Es handelt sich meist um Hornzähne, wie sie zum Beispiel im Schlund und in der Speiseröhre der Lederschildkröten zu finden sind. Primitive wurzellose Zähne kommen bei Fischen, Amphibien und Reptilien vor und stellen den Grundtyp der Zähne dar. Sie können die Form von leicht zugespitzten, konischen Kegel-Zähnen haben, die bei Haien kantig oder mehrzackig, bei Fischen zu Pflasterzähnen, bei Schlangen zu Giftzähnen umgebildet sein können (siehe homodontes Gebiss).

Zahnarten

Nach dem Erscheinen unterscheidet man bei Säugetieren die Milchzähne (Dentes decidui) sowie die nach dem Zahnwechsel sie ersetzenden bleibenden Zähne (Dentes permanentes).

Zähne mit Zahnwurzel

Nach der Stellung im Gebiss und dem Aufbau unterscheidet man bei den Säugetieren:

Schneide- und Eckzähne bilden beim Menschen die sogenannten Frontzähne, Vormahl- und Mahlzähne die Backenzähne.

Querschnitt durch den fossilen Stoßzahn eines Mammuts

Wurzellose Zähne

Bei einigen Säugetieren sind wurzellose Zähne ausgebildet. Sie besitzen keine von Zement überzogene Zahnwurzel, der Zahnschmelz überzieht auch den im Zahnfach liegenden Zahnteil. Wurzellose Zähne wachsen zeitlebens, im Gegensatz zu den Wurzelzähnen. Das permanente Wachstum wird durch den Zahnabrieb in Grenzen gehalten. Nachwachsende Zähne finden sich auch bei Fischen, Lurchen und Reptilien. Wurzellose Zähne bei Säugern sind:

Zahlencode der Zähne - Das FDI-Schema

Menschliches Gebiss (Computergrafik)

Zur Vermeidung von Missverständnissen werden die Zähne des Menschen in der Zahnheilkunde durch verschiedene Zahnschemata eindeutig bezeichnet. Das Gebiss wird dazu in 4 Quadranten unterteilt, d. h. pro Kiefer erfolgt die Teilung zwischen den mittleren Schneidezähnen. Diese Quadranten dienen als erste Ziffer der Zahnbezeichnung:

  • oben rechts = 1 (bei Milchzähnen: 5)
  • oben links = 2 (bei Milchzähnen: 6)
  • unten links = 3 (bei Milchzähnen: 7)
  • unten rechts = 4 (bei Milchzähnen: 8)

Die einzelnen Zähne werden dann jeweils von vorn beginnend durchnummeriert. Der linke untere Weisheitszahn trägt somit die Bezeichnung 38 (sprich: drei-acht), während der erste obere linke Schneidezahn als 21 (sprich: zwei-eins) bezeichnet wird.

Bezeichnungen am Beispiel der Zähne 16 und 21 (Oberkiefer von unten gesehen)

Das FDI-Schema, welches seit 1970 von der Fédération Dentaire International empfohlen wird, ist somit computergerecht und wird derzeit weltweit am häufigsten genutzt.

Insbesondere ist darauf zu achten, dass in der Zahnmedizin – wie auch in der Allgemein-Medizin – das System grundsätzlich aus der Sicht des Patienten geschildert wird (Merke: „Die rechte Hand ist immer und aus jeder Blickrichtung die rechte Hand“). Das heißt, während beispielsweise Zahn 38, der linke untere Weisheitszahn, beim Patienten in der linken Mundhälfte liegt, wird die Linke vom gegenübersitzenden Behandler als rechts wahrgenommen.

Aufbau des Zahns

Schematische Darstellung eines menschlichen Zahns im Querschnitt

Jeder Zahn besteht aus der Zahnkrone (Corona dentis), dem Zahnhals (Cervix dentis, seltener: Collum dentis) und der Zahnwurzel (Radix dentis) und ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Bei einem gesunden Zahn sieht man nur den Zahnschmelz, der wie eine Glasur das innen liegende Zahnbein (Dentin) bedeckt. Das Dentin wiederum umschließt das Zahnmark (Pulpa).

Zahnschmelz (Enamelum)

Der Zahnschmelz (Latein: Enamelum) ist die härteste Substanz des menschlichen Körpers. Er besteht zu 95 Prozent aus Hydroxylapatit (Ca5(PO4)3(OH)), einem kristallinen Material, dessen Hauptanteile Calcium und Phosphat sind. Der Zahnschmelz ist für wasserlösliche Stoffe geringfügig durchlässig, zum Beispiel für seine Bestandteile Calcium und Phosphat, sowie für Fluoride. Mit Hilfe von Fluoriden wird das Hydroxylapatit in das härtere Fluorapatit (Ca5(PO4)3(F)) umgewandelt. Deshalb werden diese zur Härtung des Zahnschmelzes in Zahnpasten verwendet. Hingegen können Säuren dem Zahn schaden, weil sie aus dem Zahnschmelz das Calcium und Phosphat herauslösen und ihn damit aufweichen (siehe Karies).

Zahnbein (Dentin)

Unter dem Zahnschmelz liegt das Zahnbein (Latein: Dentin). Es stellt die Hauptmasse des Zahnes dar. Die Hartsubstanz des Dentins besteht wie beim Zahnschmelz aus Calcium und Phosphat, allerdings nur zu zwei Dritteln, der Rest ist Eiweiß und Wasser, weshalb Dentin weicher und anfälliger gegen Karies ist als der Zahnschmelz. Das Dentin ist schmerzempfindlich. Hitze-, Kälte- und Berührungsreize führen zu Flüssigkeitsbewegungen in den Dentinkanälchen (die im Bereich des Zahnhalses bis an die Oberfläche reichen können). Dies reizt die Tomes'schen Fasern, Zellfortsätze der Odontoblasten (Dentin-bildende Zellen). Die Odontoblasten stehen mit freien Nervenendigungen in Verbindung, die den Reiz als Schmerzempfindung ans Zentralnervensystem weiterleiten.

Zahnmark (Pulpa)

Das Dentin umschließt wiederum den inneren Teil des Zahns, das Zahnmark, das von Blutgefäßen und Nervenfasern durchzogen wird und den Zahn ernährt.

Wurzelzement (Cementum)

Im Wurzelbereich wird das Dentin vom Wurzelzement (neutr.), (Latein: Cementum), seltener: Substantia ossea dentis bedeckt, der dritten Zahnhartsubstanz neben dem Zahnschmelz und dem Dentin. Das Wurzelzement, das Wurzeldentin als dünne Schicht umschließend, ist im Bereich der Zahnwurzel die äußere Hülle des Zahnes und „mauert“ diese im Kiefer ein. Doch hat die Verbindung zum Kieferknochen, in dem jeder Zahn in seinem Zahnfach (Alveole) aufgehängt ist, eine gewisse Elastizität (siehe Zahnhalteapparat).

Die Wurzeloberfläche ist unter dem Elektronenmikroskop perforiert. Auf die poröse Oberfläche der Wurzel ziehen feinste Nervenausläufer, die bei Rückgang des Zahnfleisches für die Temperatur- und Berührungssensibilität verantwortlich sind.

Zahnmerkmale

Menschliche Zähne haben eindeutige Zahnmerkmale, die es sogar erlauben, Zähne selbst nach deren Entfernung zu identifizieren. :

  • Winkelmerkmal: aus vestibulärer Sicht ist der Winkel zwischen Schneidekante und der Mesioapproximalfläche spitzer als der Winkel zwischen der Schneidekante und der Distoapproximalfläche.
  • Krümmungsmerkmal: von okklusal betrachtet, ist der mesiale Anteil der Vestibulärfläche stärker gekrümmt als der distale Anteil.
  • Wurzelmerkmal: Die Wurzelspitze weicht nach distal ab, Ausnahmen bilden häufiger die unteren mittleren Schneidezähne.
  • Kronenflucht: Die Krone der Unterkieferzähne neigt sich nach lingual - sehr deutlich bei den Prämolaren.

Zahnentstehung und -wechsel

Hauptartikel Entwicklung der Zähne und Dentition

Die Zahnhartsubstanzen entstehen aus dem Ektoderm, die Zahnpulpa und der -halteapparat aus dem Mesenchym. Die erste Anlage eines Zahns wird als Zahnknospe bezeichnet.

Bei den meisten Säugetieren gibt es einen einmaligen Zahnwechsel (Diphyodontie). Zunächst werden Milchzähne angelegt (lacteale Dentition), die später durch die „zweiten“ oder bleibenden Zähne (permanente Dentition) ersetzt werden. Die Molaren (hintere Backenzähne) haben generell keine Milchzahnvorgänger, sie entstehen nur im bleibenden Gebiss.

Bei Fischen, Amphibien und Reptilien können die Zähne zeitlebens immer wieder durch neue ersetzt werden (Polyphyodontie). Bekannt sind hierfür z. B. die Zebrafische und das „Revolvergebiss“ der Haie.

Erkrankungen und wichtige Behandlungsformen

Die Zahnmedizin (Stomatologie) beschäftigt sich mit den Erkrankungen der Zähne und deren Therapie beim Menschen. Erkrankungen des Zahnhalteapparats sind Gegenstand der Parodontologie.

Die häufigste Krankheit der Zähne und des Menschen überhaupt ist die Zahnkaries (Zahnfäule). In Deutschland ist nur ca. ein Prozent der Erwachsenen kariesfrei, hat also naturgesunde Zähne[3]. Auch Erkrankungen des Zahnhalteapparats (siehe Zahnfleisch, Parodontitis) sind häufig.

Seit Jahrtausenden gehören Zahnfüllungen (vulgo „Plomben“), vereinzelte Zahnkronen und Kiefer-Operationen zur Gesundheitspflege von Kulturvölkern.

Wenn heute durch notwendig gewordene Extraktionen größere Zahnlücken entstehen, wird häufig eine Zahnprothese („dritte Zähne“) oder eine Brücke eingesetzt. Seit etwa 20 Jahren besteht auch die Möglichkeit, Zahnimplantate einzusetzen, die der Befestigung von Zahnersatz dienen.

Wachsende Bedeutung hat auch die Mundhygiene, die von Zahnärzten zur Gesunderhaltung des Gebisses angeboten wird. Durch regelmäßige Zahnpflege kann vielen Erkrankungen vorgebeugt werden: Ein sauberer Zahn wird niemals krank.

Cave: In seltenen Fällen kann akut auftretender Zahnschmerz einziges Symptom eines Herzinfarkts sein.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der kleine Stowasser: Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch
  2. GEMOLL: Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch
  3. 35 Kariesfreie in einem Boot

Literatur

  • F.-V. Salomon: Zähne. In: Salomon, F.-V. u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart 2004, S. 251-264. ISBN 3-8304-1007-7

Quellen

Weblinks


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