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Die Christliche und Demokratische Union – Tschechoslowakische Volkspartei, mit tschechischem Originalnamen Křesťanská a demokratická unie – Československá strana lidová (kurz auch als lidovci bezeichnet), ist eine christdemokratische politische Partei in Tschechien.
Geschichte
Ende des 19. Jahrhunderts bildeten die tschechischen Katholiken in Böhmen und Mähren, die damals beide zu Österreich-Ungarn gehörten, die ersten politischen Parteien: 1894 wurde in Litomyšl die Christlich-Sozialistische Partei gegründet, 1896 in Přerov die Katholisch-Nationale Partei Mährens. Im Januar 1919 gründete sich in Prag die Tschechoslowakische Volkspartei (Československá strana lidová, kurz ČSL), die alle katholischen Parteien vereinigte, Jan Šrámek wurde ihr erster Vorsitzender. 1921 trat die ČSL in die Regierung ein und blieb dort bis 1939 aktiv. Nachdem die Tschechoslowakei 1939 vom nationalsozialistischen Deutschland besetzt worden war (Protektorat Böhmen und Mähren), fungierte Jan Šrámek als Oberhaupt der tschechoslowakischen Regierung im Londoner Exil. Nach dem Ende der Besatzung 1945 wurde die Partei ein Teil der „Regierung der nationalen Einheit“ unter Edvard Beneš. Nach der kommunistischen Machtübernahme im Jahr 1948 wurden zahlreiche Mitglieder der ČSL verfolgt und verhaftet. Die Partei verlor danach jeglichen Einfluss und wurde zu einer Blockpartei, einer Marionette der Kommunistischen Partei, ähnlich wie z.B. die Ost-CDU. Sie war stets mit einem Ministerposten in der Regierung vertreten. Dies änderte sich erst nach der Samtenen Revolution 1989, die ČSL versuchte in der Folgezeit von ihren kompromittierten Positionen und Führungsfiguren der Vergangenheit loszukommen. 1993, nach dem Zerfall der Tschechoslowakei und der Unabhängigkeit der Tschechischen Republik, trat die Partei in die Regierung der konservativen ODS unter Václav Klaus ein, im Herbst 1997 traten ihre Minister allerdings aus der Regierung aus, was zu deren Sturz führte. Danach war sie in der Übergangsregierung unter Josef Tošovský vertreten, nach den vorgezogenen Parlamentswahlen 1998 ging sie in die Opposition.
Aktuelle Situation
Die KDU-ČSL hatte in den letzten Jahren relativ stabile Wahlergebnisse von 6–10 %, wobei sie in den katholischen ländlichen Regionen Mährens naturgemäß am stärksten abschnitt. Sie ist aufgrund ihrer langen Geschichte und Verwurzelung in der Bevölkerung eine Massenpartei mit im Moment etwa 60.000 Mitgliedern (etwa 0,6 % aller Tschechen, in etwa der gleiche Prozentsatz wie die CDU, in Tschechien Rang zwei hinter der Kommunistischen Partei KSČM), wobei die meisten mittleren Alters sind. Da viele der Älteren durch Tod wegfallen, kann auch durch Anwerbung von neuen Mitgliedern ein allmählicher Rückgang der Mitgliederzahl nicht aufgehalten werden. Der Einfluss der Partei ist allerdings größer als die Zahl ihrer Mitglieder es ausdrückt, da sie für fast jede Regierung als „Mehrheitsbeschaffer“ nötig ist.
Wie fast alle anderen Parteien in der Tschechischen Republik ist die Partei nicht von Skandalen verschont geblieben. Die meisten davon fallen in die frühen 1990er Jahre, als sie das Verteidigungsministerium innehatte.
Im Juni 2002 trat die ČSL bei den Parlamentswahlen in einem Wahlbündnis mit der rechtsliberalen US-DEU an, der so genannten „Koalice“ (Koalition), nachdem die vorherige „Viererkoalition“ durch Wegfall bzw. Ausschluss der ODA zerfallen ist. Es zeigte sich aber, dass die Wählerzielgruppe der beiden Parteien eine völlig andere war. Die „Koalition“ gewann 31 Mandate, wovon 22 der KDU-CSL zufielen. Beide Parteien traten danach in die Koalitionsregierung der siegreichen Sozialdemokraten (ČSSD) ein.
Von 2003 bis 2006 stand der Partei Miroslav Kalousek vor, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger Cyril Svoboda den eher rechtsgerichteten Flügel der Partei repräsentierte, der gegen eine Koalition mit der ČSSD eintrat. Sofort nach seiner Wahl im November 2003 weigerte er sich, wie üblich ein Amt in der Regierung zu übernehmen und hielt diese Weigerung auch nach der Regierungsumbildung und dem Rücktritt Vladimir Špidlas im Sommer 2004 aufrecht. Am 19. Februar 2005 forderte er nach dem Ausbruch eines Finanzskandals den Rücktritt des betroffenen Ministerpräsidenten Stanislav Gross. Gross rächte sich, indem er versuchte, den Austritt der KDU-ČSL aus der Regierung zu erzwingen, wodurch sich die Regierungskrise verschärfte. Am 25. April 2005 musste Gross schließlich zurücktreten. Auch dem Kabinett seines Nachfolgers Jiří Paroubek gehörten die KDU-CSL und die US-DEU an.
Im Dezember 2006 erfolgte nach einer längeren Krise in der Partei die Wahl des Vsetíner Bürgermeisters Jiří Čunek zum Parteivorsitzenden. Er hatte wenige Wochen zuvor auf sich aufmerksam gemacht, als er mehrere Roma-Familien, die in Vsetín ihre Mieten nicht bezahlt hatten, zwangsweise aus ihren Wohnungen in der Innenstadt entfernte und in Containersiedlungen am Stadtrand unterbrachte.
Gleichfalls seit Dezember 2006 ist die KDU-ČSL Mitglied der Regierungskoalition unter Mirek Topolánek, gemeinsam mit der ODS und den Grünen. Sprachliche Ausfälle des Parteivorsitzenden Čunek gegenüber den Roma und Strafverfahren wegen verschiedener Korruptionsvorwürfe führten aber auch innerhalb der Koalition zu Streitigkeiten. Insbesondere der von den Grünen gestellte Außenminister Karel Schwarzenberg ist ein scharfer Kritiker der Person Čuneks. Zeitweise musste Čunek daher auch sein Amt als Minister für ländliche Entwicklung ruhen lassen.
Ergebnisse bei Wahlen zum Abgeordnetenhaus
- 1991: 8,4 % – 19 Mandate
- 1995: 6,3 % – 15 Mandate
- 1998: 8,1 % – 18 Mandate
- 2002: 14,3 %2 – 31 Mandate
- 2006: 7,2 % – 13 Mandate
2 – zusammen mit der US-DEU
Mitgliedsparteien der Europäischen VolksparteiBelgien: Centre Démocrate Humaniste, Christen-Democratisch en Vlaams | Bulgarien: Bulgarische Agrarische Volksunion, Demokraten für ein starkes Bulgarien, Demokratische Partei, GERB, Union der Demokratischen Kräfte | Dänemark: Kristendemokraterne, Det Konservative Folkeparti | Deutschland: Christlich Demokratische Union, Christlich-Soziale Union in Bayern | Estland: Isamaa ja Res Publica Liit | Finnland: Kansallinen Kokoomus-Samlingspartiet | Frankreich: Union pour un mouvement populaire | Griechenland: Nea Dimokratia | Irland: Fine Gael | Italien: Unione dei Democratici Cristiani e Democratici di Centro, Popolari-Unione Democratici per l’Europa, Popolo della Libertà, Südtiroler Volkspartei | Lettland: Tautas Partija, Jaunais Laiks | Litauen: Tėvynės Sąjunga – Lietuvos krikščionys demokratai | Luxemburg: Chrëschtlech Sozial Vollekspartei | Malta: Partit Nazzjonalista | Niederlande: Christen Democratisch Appèl | Österreich: Österreichische Volkspartei | Polen: Platforma Obywatelska, Polskie Stronnictwo Ludowe | Portugal: Partido Social Democrata | Rumänien: Demokratische Union der Ungarn in Rumänien, Partidul Democrat Liberal, Partidul Naţional Ţărănesc Creştin Democrat | Schweden: Kristdemokraterna, Moderata samlingspartiet | Slowakei: Slowakische Demokratische und Christliche Union – Demokratische Partei, Partei der ungarischen Koalition, Kresťanskodemokratické hnutie | Slowenien: Slowenische Demokratische Partei, Slovenska Ljudska Stranka | Spanien: Partido Popular, Unió Democràtica de Catalunya | Tschechien: Křesťanská a demokratická unie – Československá strana lidová, Občanská demokratická strana | Ungarn: Ungarisches Demokratisches Forum, Fidesz | Zypern: Dimokratikos Synagermos
Assoziierte Parteien: Kroatien: Hrvatska demokratska zajednica | Norwegen: Høyre | Schweiz: Christlichdemokratische Volkspartei, Evangelische Volkspartei
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