- Brand in der Lüneburger Heide
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Der Brand in der Lüneburger Heide bezeichnet eine Waldbrandkatastrophe aus dem Jahr 1975 in der südlichen Lüneburger Heide mit unterschiedlichen Brandherden bei Gifhorn, Eschede und Meinersen. Es war der bisher größte Waldbrand in der Bundesrepublik Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen
Begünstigt wurde der Brand durch eine lang anhaltende Trockenperiode mit heißem Sommerwetter und ausgetrockneten Nadelwäldern. Hinzu kam, dass noch viele Sturmholzreste des Niedersachsenorkans vom 13. November 1972 nicht beseitigt waren. Die Brandherde waren für Löschkräfte über die unbefestigten Wald- und Heidewege nur schwer erreichbar. Begünstigt durch die Monokultur der Kiefernbestände, konnte sich das Feuer rasch ausbreiten und entwickelte sich zu dem riesigen Waldbrand in Teilen der Landkreise Gifhorn und Celle.
Die Brandursache wurde nur in wenigen Fällen geklärt. An einer Stelle ging man von Funkenflug durch die Eisenbahn aus, an anderen Orten von fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung.
Chronologie der Katastrophe
Am 8. August 1975 geriet ein Flächenbrand nahe der Ortschaft Stüde in der Südheide außer Kontrolle. Das Feuer breitete sich schnell weiter aus und übersprang den Elbe-Seitenkanal. Neben dem Wald- und Moorbrand zwischen Stüde und Neudorf-Platendorf, brachen in den Folgetagen weitere Brände in den Landkreisen Gifhorn und Celle im Bereich des Naturparks Südheide aus, die nur schwer einzudämmen waren. Bis zu vier Kilometer hoch stiegen die Rauchsäulen über der Heide auf.
- Am ersten Brandtag, dem 8. August, wurde ein Feuerwehrfahrzeug bei Neudorf-Platendorf von der Feuerwalze überrollt, wobei zwei Feuerwehrmänner schwere Brandverletzungen erlitten. Am selben Tag verstarb der Gifhorner Kreisbrandmeister bei einer Einsatzfahrt an Herzversagen.
- Einer der Brandherde im Landkreis Celle entwickelte sich am 9. August 1975 um 12:50 Uhr aus einem Feuer im Raum Unterlüß/Schmarbeck.
- Am 10. August um 12:30 Uhr wurde zwischen Eschede und Oldendorf nahe dem Ort Queloh (Gemeinde Eschede) ein Waldbrand gemeldet. In den Kiefern-Monokulturen breitete sich das Feuer rasch aus.
- Am 10. August entwickelte sich an der B 188 bei Meinersen ein neuer Waldbrand, der sich in Richtung des Ortes ausbreitete. Nachdem der Brand kurz vor dem Ort gestoppt werden konnte, drehte plötzlich der Wind und trug die 20 m hohen Flammen in eine andere Richtung. Dadurch wurde einem Tanklöschfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Wolfsburg-Fallersleben der Fluchtweg abgeschnitten. Fünf Feuerwehrleute aus Fallersleben und Hohenhameln starben in der Feuerwand.
- Am 10. August erklärte Hans-Rainer Frede, Präsident des Regierungsbezirks Lüneburg, den Katastrophen-Zustand.[1]
- Am 12. August 1975 um 11:55 Uhr brach in der Nähe von Gorleben (Lüchow-Dannenberg) ein weiteres Großfeuer aus, das bis 22:00 Uhr ca. 2.000 Hektar Wald- und Ackerfläche vernichtete. Dieses Feuer konnte jedoch am Ende des Tages eingedämmt werden. 1980 wurde die durch den Brand entstandene Lichtung von Atomkraftgegnern besetzt, die dort die Republik Freies Wendland ausriefen.
- Am 17. August 1975 waren die Brände gelöscht. Die Brandkatastrophe war eine Woche lang bundesweit die Hauptmeldung in Zeitungen, Radio- und Fernsehnachrichten.
- Am 18. August 1975 wurde der Katastrophenalarm beendet.
Löscheinsatz
Etwa 15.000 Feuerwehrleute aus dem gesamten Bundesgebiet bekämpften das Feuer. Im Einsatz waren 3.800 Fahrzeuge. Auch andere Behörden, wie Polizei, Bundesgrenzschutz, Zoll, Technisches Hilfswerk und Forstverwaltung sowie Hilfsorganisationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hilfsdienst und Arbeiter-Samariter-Bund, waren im Kampf gegen die Waldbrände in Niedersachsen eingesetzt.
Erst durch Einsatz von rund 11.000 Bundeswehrsoldaten mit geländegängigen Radfahrzeugen und schweren Räumgeräten (darunter Bergepanzern mit Räumschild) konnten durch das Anlegen von Brandschneisen die Feuer eingedämmt werden.
Erstmals wurden auch drei Löschflugzeuge vom Typ Canadair CL-215 aus Frankreich zur Unterstützung eingesetzt. Diese schützten ausschließlich die im Brandgebiet liegenden kleinen Ortschaften und Bauerngehöfte. Das Wasser holten sie aus dem Steinhuder Meer. Flughafen-Löschfahrzeuge aus dem Rheinland wurden in einer Bundeswehr-Kaserne in Wesendorf nördlich von Gifhorn stationiert.
Die Löscharbeiten wurden durch die Witterungsbedingungen, die schlechten Wegeverhältnisse und ständig wechselnde Winde erschwert. Das größte Problem aber war der akute Löschwassermangel. Natürliche Wasserentnahmestellen wie Teiche, Kiesgruben oder Flüsse lagen meist weit von den Brandstellen entfernt. Tanklöschfahrzeuge mussten lange Strecken fahren, um ihre Wasservorräte auffüllen zu können.
Löscheinsatz von der Schiene
Bei den Löscharbeiten kam auch ein schienengebundener Löschzug zum Einsatz. Die Bahnfeuerwehr Hannover hatte sich am 12. August 1975 für den Katastropheneinsatz bereitzuhalten. Für die Bildung des Schienenlöschzuges standen vier Kesselwagen und ein Flachwagen zur Verfügung. Jeder Kesselwagen fasste 45.000 l Wasser. Die Bahnfeuerwehr Hannover wickelte Brandstellen an der Eisenbahnstrecke zwischen Eschede und Garßen ab.
Auf dem Flachwagen wurde das Tanklöschfahrzeug TLF 16 der Bahnfeuerwehr Hannover transportiert; zwei Kesselwagen bildeten den Wasservorrat. Damit ständig Wasser zur Verfügung stand, waren die beiden anderen Kesselwagen mit Wasser befüllt. Brachte die Diesellok zwei volle Wagen, dann fuhr sie mit den leeren Wagen nach Uelzen, um sie dort wieder am Wasserkran zu befüllen. Der Einsatz des Schienenlöschzuges war am 16. August 1975 beendet. Für künftige Fälle stationierte die Deutsche Bundesbahn entlang der Eisenbahnstrecke von Hannover nach Celle insgesamt vier Wasserwagen.
Folgen
Bei dem Brand wurden rund 8.200 Hektar Wald und einige Gebäude vernichtet. [2] Es entstand ein Schaden von umgerechnet mehr als 18 Millionen Euro. Unmittelbar nach dem Brand wurde der für den Landkreis Celle zuständige und dem Problem nicht gewachsene Oberkreisdirektor ersetzt. Die zuständigen behördlichen Dienststellen in der Bundesrepublik waren zu diesem Zeitpunkt auf Großschadensfälle dieses Ausmaßes nicht vorbereitet. In Folge dessen kam es auch zu Kompetenzgerangel und Missverständnissen auf Leitungsebene, die einer koordinierten und effektiven Arbeit im Wege stand.
Am Unglücksort der fünf verstorbenen Feuerwehrmänner wurde ein Denkmal errichtet, das in einem Waldgebiet östlich von Meinersen an der B 188 liegt und ausgeschildert ist. Es besteht aus einem eingefriedeten Bereich mit einem großen Gedenkstein und fünf kleineren, symbolisch für jeden Getöteten. An alle, die bei der Brandbekämpfung tätige Hilfe geleistet hatten sowie an diejenigen, die durch ihren Einsatz ihr Leben verloren wurden die Gedenkmedaille aus Anlass der Waldbrandkatastrophe im August 1975 sowie eine Urkunde verliehen.
Feuerwehrausstattung
Die Feuerwehren wurden in der Folge der Waldbrandkatastrophe besser ausgestattet:
- Sie erhielten Waldbrandeinsatzkarten auf dem Standard der Bundeswehr und der Forstverwaltung.
- Einsatzfahrzeuge mit Allradantrieb wurden angeschafft.
- Feuerwehren hatten vor dieser Katastrophe nur Wenigkanal-Funkgeräte (SEM 37/47/57), wodurch es beim Einsatz zu Verständigungsproblemen kam. Die zur überörtlichen Löschhilfe angerückten Einsatzkräfte hatten nur ihren jeweiligen Heimatkanal bestückt - nicht aber den Funkkanal vor Ort. In Folge dessen verbrannten mehrere Löschzüge, da sie nicht um Verstärkung rufen konnten. Nach diesem Einsatz wurde die Verwendung von Vielkanal-Funkgeräten (FuG-7/8) zur Vorschrift.
- Zur besseren Ausstattung gehörte auch die Anschaffung des Tanklöschfahrzeuges 8/18 mit einem vergrößerten Wassertank (1.800 l), der sogenannte Niedersachsentanker.
- Außerdem wurden Einsatzleitfahrzeuge angeschafft und die sogenannten Fernmeldezüge eingerichtet.
- Des Weiteren wurde der Katastrophenschutz verbessert, was sich noch 1998 positiv beim ICE-Unglück von Eschede auswirkte.
Löschwasser
Als Folge der Brandkatastrophe ist der Brandschutz in der Lüneburger Heide, aber auch deutschlandweit wesentlich verbessert worden. So wird an besonders gefährdeten Orten bei entsprechender Waldbrandwarnstufe ein Feuerwehr-Flugdienst zur Luftbeobachtung der Wälder eingesetzt, was eine bessere Früherkennung ermöglicht. Um bei künftigen Waldbränden besser gerüstet zu sein, wurden befestigte Zufahrtswege für Löschfahrzeuge angelegt.
An vorhandenen Seen, Fischteichen oder Kiesgruben wurden Löschwasser-Entnahmestellen eingerichtet. In besonders gefährdeten Gebieten wurden Löschteiche angelegt, um eine schnelle und effiziente Wasseraufnahme durch Löschfahrzeuge zu ermöglichen. Wo Fließgewässer zur Wasserentnahme fehlten, legte man ausgediente Heizöltanks als Löschwasser-Vorratstanks mit jeweils zwischen 20.000 und 100.000 Liter Wasser in die Erde.
Wiederaufforstung
Bei der Wiederaufforstung der durch den Sturm und den Waldbrand vernichteten Waldflächen war anfangs ein Abgehen von den Kiefern-Monokulturen angedacht. Es sollten mehr Laubbäume (Eichen und Buchen) angepflanzt werden. Bodenuntersuchungen ergaben aber, dass Laubwald wegen des kargen Sandbodens nur auf sehr wenigen Standorten möglich war. Der Waldbrand hatte zudem viel vom vorhandenen Humusboden zerstört. An den Waldrändern pflanzte man teilweise Lärchen, die als Brandschutz dienen sollten. Ansonsten wurden die Brandflächen wieder flächendeckend mit Kiefern aufgeforstet.
Literatur
- Rudolf Augstein (Hrsg.): Das große Feuer. Wer hat versagt? (Der Spiegel. 29. Jg., Nr. 34, 1975).
- Jürgen Delfs: Der Feuerwehrgedenkstein in der Fahlen Heide. In: Bekannte und verborgene Naturdenkmale im Raum Gifhorn-Wolfsburg. Voigt, Gifhorn 1991 (Schriftenreihe zur Heimatkunde der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg 7, ZDB-ID 30106-1).
- Die grosse Waldbrandkatastrophe. 1976. Von Klaus Luttermann mit den Fotografien von Juergen Muegge-Luttermann, Eschede.
Einzelnachweise
Weblinks
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