Bundessicherheitsrat

Bundessicherheitsrat

Im Oktober 1955 wurde vom Kabinett Adenauer II der Bundesverteidigungsrat als Kontroll- und Koordinationsgremium für die bundesdeutsche Sicherheitspolitik gegründet, der 1969 den heute noch gültigen Namen Bundessicherheitsrat (BSR) erhielt.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Im Jahr 1955 wurden die alliierten Dienststellen in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich aufgelöst (siehe Deutschlandvertrag und Österreichischer Staatsvertrag), die Bundesrepublik Deutschland trat der NATO bei und der Warschauer Pakt wurde gegründet. In dieser Zeit war der Rat als ein Kabinettsausschuss der Bundesregierung für die Sicherheitspolitik gegründet worden, der so ausgestaltet war, dass sogar in der Geschäftsordnung die Möglichkeit zur Bildung interministerieller Ausschüsse vorgesehen war.[1] Allerdings verengte sich seit den achtziger Jahren seine Bedeutung und das Tätigkeitsfeld beschränkte sich im Wesentlichen auf die Rüstungsexportpolitik, die im Grundgesetz (Art. 26 Abs. 2) geregelt ist. Im Koalitionsvertrag der rot-grünen Bundesregierung, 1998, wurde erstmals wieder dem Bundessicherheitsrat mehr Bedeutung zugesprochen:

Die neue Bundesregierung wird dem Bundessicherheitsrat seine ursprünglich vorgesehene Rolle als Organ der Koordinierung der deutschen Sicherheitspolitik zurückgeben und hierfür die notwendigen Voraussetzungen schaffen. (...) Die transnationale europäische Rüstungsindustrie wird für ihre Exporttätigkeit einem verpflichtenden europäischen Verhaltenskodex unterworfen. Die neue Bundesregierung wirkt darauf hin, daß ein Transparenzgebot und der Menschenrechtsstatus möglicher Empfängerländer dabei als Kriterien enthalten sein sollen. Der nationale deutsche Rüstungsexport außerhalb der NATO und der EU wird restriktiv gehandhabt. Bei Rüstungsexportentscheidungen wird der Menschenrechtsstatus möglicher Empfängerländer als zusätzliches Entscheidungskriterium eingeführt. Die neue Bundesregierung wird jährlich dem Deutschen Bundestag einen Rüstungsexportbericht vorlegen. (zitiert aus dem Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen von 1998)

Die stärkere Gewichtung der Lage in den Empfängerländern der Rüstungsexporte hat die Entscheidungen im Sicherheitsrat schwieriger gemacht. Während in den Regierungen vor Bundeskanzler Gerhard Schröder auf eine einvernehmliche Entscheidung des geheim tagenden und seine Mitglieder zu Verschwiegenheit anhaltenden Rates geachtet wurde, wurden jetzt Mehrheitsentscheidungen eingeführt und immer öfter gelangen auch Tagungspunkte in die Presse.

Von den laut Rüstungsexportbericht (erster Bericht 1999) etwa 10.000 genehmigungspflichtigen Rüstungsexporten pro Jahr gelangen nur die politisch bedeutsamsten in die Öffentlichkeit.

Mitglieder

Der BSR hat neun Mitglieder: den Bundeskanzler, den Chef des Bundeskanzleramts, die Bundesminister des Auswärtigen, der Verteidigung, der Finanzen, des Inneren, der Justiz und den Bundesminister für Wirtschaft. Nach der Bundestagswahl 1998 ist noch der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dazu gekommen. Andere Bundesminister und der Generalinspekteur der Bundeswehr nehmen bei Bedarf mit beratender Funktion an den Sitzungen teil. Auch der Chef des Bundeskanzleramtes hat in den Sitzungen lediglich Beobachterstatus.

Gesetzliche Grundlage

Basis für die Kontrolle des Rüstungshandels in der Bundesrepublik Deutschland ist Artikel 26 (2) des Grundgesetzes: "Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz." Die im Grundgesetz vorgesehene nähere Regelung sollen zwei Gesetze gewährleisten: das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Außenwirtschaftsgesetz.[4]

Rechtsgrundlagen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern sind das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG), das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV). Rechtsgrundlagen für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern (Güter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können) ist neben dem AWG und der AWV die EG-Dual Use-Verordnung. Geregelt wird die Kontrolle sensitiver Ausfuhren und Verbringungen (Ausfuhren innerhalb der Gemeinschaft) sowie bestimmter sensitiver Dienstleistungen (technische Unterstützung) und in gewissem Umfang auch der Transithandel. Zuständige Behörde ist für Dual-Use-Güter das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Zu beachten sind außerdem die EG-Verordnungen zur Umsetzung wirtschaftlicher Sanktionsmaßnahmen (Embargos) gegen bestimmte Länder.

Der Bundessicherheitsrat unterliegt keiner parlamentarischen Kontrolle. Allerdings kann keine Entscheidung getroffen werden, die einen Beschluss des Bundestages erfordert, wenn das Grundgesetz oder ein Bundesgesetz das so fordern. Dies war z. B. der Fall, als über die Auslandseinsätze der Bundeswehr im Parlament entschieden werden musste.

Organisatorische und politische Einordnung in die Regierungsarbeit

Der Bundessicherheitsrat ist Teil der Bundesregierung und kann deshalb auch nur aus dem Geflecht der Regierungsorgane verstanden werden.

  • Der Bundeskanzler: Der Bundeskanzler leitet die Sitzungen des Bundessicherheitsrates. (Früher war das nicht so. Es ist z. B. bekannt, dass Heinrich Krone ab 1964 Vorsitzender des Bundesverteidigungsrates war.) Im Sicherheitsrat wird mit einfacher Mehrheit entschieden, doch bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Kanzlers.
  • Das Bundeskanzleramt: In der Abteilung 2 existiert die Gruppe 21, besetzt mit Beamten des Auswärtigen Amtes (AA), und der Gruppe 22, besetzt mit Soldaten und Beamten des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg). In der Gruppe 22 ist auch das Sekretariat des Bundessicherheitsrates angesiedelt.[1] Diese Gruppe bereitet die Sitzungen vor und lädt dazu ein. Ebenfalls im Kanzleramt angesiedelt ist die Stelle des außen- und sicherheitspolitischen Beraters des Kanzlers, dem Leiter der Abteilung 2. Gegenwärtig ist dies Dr. Christoph Heusgen.
  • Das Wirtschaftsministerium: Es wird darauf geachtet, dass die Länder auf der sogenannten Länderliste K (mit Stand vom März 2010 sind es Kuba und Syrien) keinerlei Rüstungsgüter und keine Dual-Use-Güter erhalten.
  • Das Auswärtige Amt: Nach § 11 Absatz 2 Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg) dürfen Verhandlungen mit dem Ausland oder im Ausland nur mit Zustimmung des AA, auf sein Verlangen auch nur unter seiner Mitwirkung geführt werden. Darüber hinaus entscheidet das Außenministerium in Absprache mit den Ausländerbehörden und dem Innenministerium (BMI) über die Visaerteilung.
  • Das Bundesministerium der Verteidigung:
  • Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): Das Ministerium schaut sich die Höhe der Rüstungsausgaben in den Wunsch-Empfängerländern der Rüstungsgüter an und stellt sicher, dass (laut BMZ): "die im Sicherheitsrat getroffenen Entscheidungen die Gefahren, die in einer verhinderten Entwicklung und wachsenden Armut in Entwicklungsländern liegen, ausreichend berücksichtigt" werden.
  • Das Sicherheitskabinett: Es ist eine informelle Runde der Bundesregierung.
  • Der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages: Offizielle Verbindungen zum Verteidigungsausschuss gibt es nicht.
  • Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS): Im Juni 1990 gründete das Bundeskabinett die Akademie. Sie hat nach eigenen Angaben die Aufgabe: "die Kenntnisse über den Gesamtkomplex eines "erweiterten Sicherheitsbegriffes" zu vermitteln und zu vertiefen. So sollen Zusammenhänge aufgezeigt werden, die verschiedene Bereiche der Politik berühren." Die BAKS gehört organisatorisch zum Bundesministerium der Verteidigung und versteht sich als Fortbildungseinrichtung für Führungskräften aus Politik und Verwaltung, aus Wirtschaft und Wissenschaft. Ein Kuratorium aus den Mitgliedern des Sicherheitsrates und ein Beirat bestimmen die grundsätzliche Ausrichtung, die dann, unter anderem, in einem alle sechs Monate stattfindenden "Seminar für Sicherheitspolitik" vermittelt wird.

Literatur

  • Jan Zähle: Der Bundessicherheitsrat, in: Der Staat Bd. 44 (2005), S. 462 ff.

Weblinks

Quellen

  1. a b [1] Judith Siwert-Probst: Die klassischen außenpolitischen Institutionen. Kaiser/Eberwein, Deutschlands neuen Außenpolitik, Bd. 4, S. 13-28
  2. http://www.sueddeutsche.de/politik/291/468852/text/
  3. Deutschland verkauft Saudi-Arabien 200 Kampfpanzer, abgerufen am 2. Juli 2011
  4. [2] AI Deutschland: ZEIT ZUM HANDELN - DIE GESCHÄFTE MIT DER FOLTER STOPPEN

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