Andreas Scholl (Sänger)

Andreas Scholl (Sänger)
A. Scholl (2010)

Andreas Scholl (* 10. November 1967 in Eltville am Rhein) ist ein international bekannter deutscher Countertenor. Der musikalische Schwerpunkt seines Repertoires liegt in der Barockmusik. Er war 2005 der erste Countertenor-Solist bei der Last Night of the Proms in London und trat 2006 an der Metropolitan Opera auf.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Scholl stammt aus einer musikalischen Familie. Sein Vater und seine Mutter waren Chorsänger in Kiedrich, seine Schwester Elisabeth Scholl ist Sopranistin. Scholls Mutter war unter ihrem Geburtsnamen Wilma Seyer die Deutsche Weinkönigin 1959/1960.

Seine erste Musikausbildung erhielt er als Sänger der Kiedricher Chorbuben. Mit 13 Jahren trat er im Staatstheater Wiesbaden als „2. Knabe“ in Mozarts Die Zauberflöte auf, während seine Schwester Elisabeth den 1. Knaben sang. Von 1987 bis 1993 studierte er bei Richard Levitt und René Jacobs an der Schola Cantorum Basiliensis, wo er ein Diplom für Alte Musik erhielt.[1] 1992 wurde er mit dem Conseil de l'Europe und der Fondation Claude Nicolas Ledoux ausgezeichnet; darüber hinaus hat er einen Abschluss von der Stiftung Ernst Göhner und der Association Migros.

Scholl lehrt Gesang an der Schola Cantorum Basiliensis. Zu seinen Schülern zählt Patrick Van Goethem.

Oper

Andreas Scholl verkörpert viele Rollen, die für den Kastraten Senesino geschrieben wurden. Dazu zählt sein Operndebut 1998, die Rolle des Bertarido in Händels Rodelinda, aufgeführt beim Glyndebourne Festival unter Leitung von William Christie (1998, 1999, 2002). Er sang die Rolle auch an der Metropolitan Opera, 2006 mit Renée Fleming in der Titelrolle, Kobie van Rensburg, geleitet von Patrick Summers,[2] wieder aufgenommen 2011. Scholl verkörperte die Titelrolle in Händels Giulio Cesare in Det Kongelige Teater (2002, 2005), in Paris (2007) und Lausanne (2008). 2008 übernahm er die Role des Arsace in Händels Partenope an Det Kongelige Teater, geleitet von Lars Ulrik Mortensen.[1] 2010 sang er die Titelrolle Giulio Cesare in der Salle Pleyel an der Seite von Cecilia Bartoli mit Les Arts Florissants unter William Christie.[2]

Konzert

1991 sang Scholl die Alt-Soli in Bachs Johannespassion mit Philippe Herreweghe in Antwerpen. 1995 trat er unter Leitung von René Jakobs in Bachs h-moll-Messe auf.[1] 1998 sang er zusammen mit seiner Schwester Elisabeth in Bachs Matthäuspassion in St. Martin, Idstein, mit Max Ciolek als Evangelist und Max van Egmond als Vox Christi. 1999 führte er mit De Nederlandse Bachvereniging unter Jos van Veldhoven unter anderem Bachs Missa in G (BWV 236) auf. In der New Yorker Avery Fisher Hall sang er Bachs Weihnachts-Oratorium, geleitet von Ton Koopman. 2000 gastierte er mit der h-moll-Messe in Japan, geleitet von Masaaki Suzuki. 2001 Scholl sang er in Händels Saul in Brüssel und übernahm die Titelpartie in Händels Solomon, geleitet von Paul McCreesh. In der Leipziger Thomaskirche sang er Bachs Johannespassion.[2] Beim Bachfest Leipzig 2003 wirkte er in der Thomaskirche in Bachs h-Moll-Messe mit, die traditionell das Fest beschließt, zusammen mit Letizia Scherrer, Mark Padmore und Sebastian Noack, Chor und Orchester des Collegium Vocale Gent, geleitet von Philippe Herreweghe.[3] 2006 sang er auf einer Europa-Tounee Bachs Solo-Kantaten Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust (BWV 170) und Geist und Seele wird verwirret (BWV 35) mit dem Orchester Accademia Bizantina. 2007 sang er erneut Saul, im Kloster Eberbach mit Trine Wilsberg Lund (Merab), Hannah Morrison (Michal), Andreas Karasiak (Jonathan) und der Schiersteiner Kantorei, geleitet von Martin Lutz. In der Berliner Philhamonie sang er Händels Messiah mit Solisten des Tölzer Knabenchors, dem Chor von Les Arts Florissants und den Berliner Philharmonikern, geleitet von William Christie.[2] 2008 sang Scholl erstmals mit dem New York Philharmonic Orchestra im Lincoln Center, Messiah mit dem Westminster Symphonic Choir unter Leitung von Ton Koopman.[4][5] 2010 wirkte er mit seiner Schwester in einer Aufführung von Messiah in the Marktkirche in Wiesbaden, mit Andreas Karasiak und dem Wiesbadener Knabenchor.[6] Beim Bachfest Leipzig 2011 wirkte er wieder in der Thomaskirche in Bachs h-Moll-Messe mit, zusammen mit Anna Prohaska, Marie-Claude Chappuis, Magnus Staveland, Johannes Weisser, dem Balthasar-Neumann-Chor und der Akademie für Alte Musik Berlin, geleitet von René Jacobs.[2]

Andreas Scholl und Mitglieder des Barockorchesters Accademia Bizantina in einem Konzert des Rheingau Musik Festival in der Kirche von Hallgarten

2011 debütierte Scholl beim Rheingau Musik Festival in drei Veranstaltungen eines Wochenendes, Interview, Rheingaugaureise zu drei historischen Kirchen und Opern-Recital mit seiner Schwester Elisabeth im Kloster Eberbach, mit Arien und Duetten aus Opern von Henry Purcell und Händel.[7] Er sang in Händels Messiah in St. Martin, Idstein, mit Katia Plaschka, Ulrich Cordes and Markus Flaig.[8]

Diskographie

  • 1995: Deutsche Barocklieder
  • 1995: A. Vivaldi: Stabat Mater
  • 1996: English Folksongs & Lute Songs mit Andreas Martin, Laute
  • 1999: G. F. Händel: Ombra mai fu
  • 1999: Heroes, März
  • 1999: Pergolesi: Stabat Mater
  • 2000: A. Vivaldi:Nisi dominus, Mai
  • 2000: The Voice, Portrait CD
  • 2000: A Musical Banquet
  • 2001: Wayfaring Stranger
  • 2002: Baroque Adagios
  • 2003: Arcadia
  • 2004: The Merchant of Venice
  • 2005: Arias for Senesino
  • 2007: Il Duello Amoroso
  • 2007: Andreas Scholl goes Pop (gemeinsam mit Orlando)
  • 2008: Crystal Tears
  • 2009: Händel: Solomon, Hannah Morrison, Trine Wilsberg Lund, Andreas Karasiak, Gotthold Schwarz, Schiersteiner Kantorei, Martin Lutz[9]
  • 2010: Oswald von Wolkenstein – Songs of Myself
  • 2010: Purcell: Oh Solitude, Accademia Bizantina[10]

Auszeichnungen

  • 1996: Baroque Vocal Prize bei den Grammophone Awards
  • 1999: Prix de l'Union de la Presse Musicale Belge
  • 1999: Echo – „Klassik Echo“ als bester Nachwuchskünstler des Jahres
  • 2001: Edison Award der Niederlande
  • 2002: Edison Award der Niederlande
  • 2004: Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik 1/2004
  • 2005: Echo – „Klassik ohne Grenzen“ für eine eigene Komposition (Projekt mit Wolfgang Joop)
  • 2006: Singer of the Year der UK Classical BRIT Awards
  • 2009: Europäischer Kulturpreis (Solistenpreis)

Hörbeispiele

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Andreas Scholl. klassikakzente.de (7. Oktober 2010). Abgerufen am 3. Oktober 2011.
  2. a b c d e When did Scholl sing at ...? Andreas Scholl Society (englisch)
  3. Johanna Gross (1. Juni 2003): Das jährliche Ritual zum Abschluss des Bachfestes. leipzig-almanach.de. Abgerufen am 6. Oktober 2011.
  4. Handel's Messiah (englisch). nyphil.org (17. Dezember 2008). Abgerufen am 6. Oktober 2011.
  5. Steve Smith (18. Dezember 2008): A "Messiah" as Handel Might Have Heard It (englisch). The New York Times. Abgerufen am 6. Oktober 2011.
  6. Doris Kösterke (19. November 2010): Händels „Messias“ mit Bravour Jubiläum des Wiesbadener Knabenchors mit Countertenor Andreas Scholl in der Marktkirche. Wiebadener Tagblatt. Abgerufen am 17. November 2010.
  7. Axel Zibulski (19. Juli 2011): Musikalischer Klang mit Idee. Wiesbadener Kurier. Abgerufen am 20. September 2011.
  8. Doris Kösterke (20. September 2011): Erhabene innere Ruhe. Wiesbadener Kurier. Abgerufen am 20. September 2011.
  9. Georg Friedrich Händel Solomon bach-wiesbaden.de
  10. Evi Baumeister: Andreas Scholl fasziniert mit seiner Purcell-Hommage Thüringer Allgemeine, 6. Februar 2011

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