- Spitzkehre (Eisenbahn)
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Eine Spitzkehre ist eine Bahnanlage, die dazu dient, unter möglichst geringem technischen Aufwand und Platzverbrauch einen Höhenunterschied zu überwinden. Sie besteht aus mindestens einem Stumpfgleis, in das zwei Gleise einer meist steigungsreichen Eisenbahnstrecke über eine Weiche zusammenlaufen. Im Stumpfgleis nimmt der Zug einen Fahrtrichtungswechsel vor. Dient eine solche Spitzkehre zugleich als Kopfbahnhof, spricht man auch von einem Spitzkehrenbahnhof.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Bau
- 2 Betrieb
- 3 Vergleich Spitzkehre – Kehrtunnel / Kreiskehrviadukt
- 4 Spitzkehren nach Staat
- 5 Weblinks
- 6 Einzelnachweise
Bau
Spitzkehren werden angelegt, wenn es auf Grund der Topologie der Strecke nicht möglich oder zu teuer ist, den Höhenunterschied mit Kehrschleifen oder Kehrtunneln zu überwinden. Spitzkehren stellen die einfachste Bauform dar, mit der eine Eisenbahnlinie durch Wegverlängerung eine Steigung überwinden kann. Folgen mehrere Spitzkehren nacheinander, kann eine Eisenbahnstrecke im Zick-Zack (Sägezahnfahrt) auch große Höhenunterschiede bewältigen.
Betrieb
Die Änderung der Fahrtrichtung kann bei aus einzelnen Wagen gebildeten Zügen durch Lokwechsel oder Umsetzen der Lok über ein zweites Gleis erfolgen. Alternativ wird der Zug geschoben werden, um gegebenenfalls nach einer weiteren Spitzkehre – oder nach umsetzen der Lok im nächsten Bahnhof – wieder gezogen zu werden. Spitzkehren behindern jedoch – wie auch Kopfbahnhöfe – durch den Fahrtrichtungswechsel Betrieb und Kapazität einer Strecke. Deshalb findet man sie heute nur noch auf wenig befahrenen Strecken. Teilweise war die Spitzkehre aber auch gewünscht: An manchen Steilstrecken musste die Lok aus Gründen der Sicherheit an die Talseite des Zuges umgesetzt werden. Mit einem Spitzkehrenbahnhof auf dem Bergrücken ließ sich beispielsweise diese Rangierfahrt einsparen.
Durch den heutigen Einsatz von Wendezügen oder Triebwagen entfällt der Nachteil, eine Lok umsetzen zu müssen. So wird beispielsweise im Spitzkehrenbahnhof Lauscha nur noch ein Aufenthalt von drei Minuten eingeplant. Im Bahnhof Michaelstein wird mit zwei Lokomotiven (je eine vorne und hinten) der Halt verkürzt.
Vergleich Spitzkehre – Kehrtunnel / Kreiskehrviadukt
Im Bau sind Kehrtunnel, Kreiskehrtunnel (auch Spiraltunnel genannt) oder Kreiskehrviadukte um vieles teurer als eine Spitzkehre. Sie können aber erheblich einfacher, ohne Zeitverlust betrieben werden, weil die Fahrtrichtung nicht gewechselt werden muss. Daher sind Spitzkehren zur Überwindung von Höhenunterschieden nicht so verbreitet wie die beiden anderen Methoden zur Höhenüberwindung.
Spitzkehren nach Staat
Europa
Deutschland, Spitzkehrenbahnhöfe in Betrieb
Baden-Württemberg
- Stuttgart Hauptbahnhof. Normalerweise als Kopfbahnhof bezeichnet, liegt er so, dass eine der drei Zulaufstrecken mit 1:100 abfällt (nach Bad Cannstatt), während die beiden anderen (nach Vaihingen und Feuerbach) mit 1:52 beziehungsweise 1:80 ansteigen. Es wäre ohne Überschreitung der zulässigen Steigungswerte nicht möglich, für den Durchgangsverkehr Verbindungskurven von Bad Cannstatt nach Feuerbach oder Vaihingen anzulegen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Stuttgart Hbf von allen anderen großen Kopfbahnhöfen Deutschlands. Die extremen Kosten und aufwändigen Tunnelbauten des Projekts Stuttgart 21 sind die logische Konsequenz.
Bayern
Nordrhein-Westfalen
- Pfannenberg bei Neunkirchen-Salchendorf, Güterverkehr der Kreisbahn Siegen-Wittgenstein zu den Schäfer-Werken, ehemals Strecke der Freien Grunder Eisenbahn zur Grube Pfannenberger Einigkeit
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
- Halligbahn Lüttmoorsiel–Nordstrandischmoor - Überfahrt über Außendeich in Schleswig-Holstein
Thüringen
- Lauscha (Bahnstrecke Sonneberg–Probstzella)
- Rennsteig (Rennsteigbahn)
- Rauenstein (Hinterlandbahn)
- Wurzbach (Sormitztalbahn)
Deutschland, Spitzkehrenbahnhöfe außer Betrieb
Baden-Württemberg
- Bahnhof Gomaringen der Gönninger Bahn
- Lenzkirch im Schwarzwald (Bahnstrecke Kappel Gutachbrücke–Bonndorf)
Bayern
- Spitzkehre im Bahnhof Schillingsfürst der Bahnstrecke Steinach bei Rothenburg–Dombühl
Hessen
- Erdbach (Westerwaldquerbahn)
- Großalmerode-Ost, Spitzkehre der Gelstertalbahn
- 5-fache Spitzkehre der 900 mm-Abraumbahn der Grube Messel
Nordrhein-Westfalen
- Kleinbahn Steinhelle-Medebach: doppelte Spitzkehre
Thüringen
Schweiz
Spitzkehrenbahnhöfe in Betrieb
- In Chambrelien an der Strecke von Neuchâtel nach La Chaux-de-Fonds (Schweizerische Bundesbahnen).
- In Combe-Tabeillon an der Strecke der Chemins de fer du Jura von Glovelier nach Saignelégier.
- Die Wengernalpbahn besitzt mit der Station Grindelwald Grund einen Bahnhof mit Spitzkehre. Auf ihrem höchsten Punkt, der Station Kleine Scheidegg, gibt es ein Gleisdreieck (Wendedreieck), welches allerdings im Planverkehr nicht genutzt wird. Es ermöglicht ein Wenden der Züge, so dass sie auf jeder Seite des Berges vorschriftsgemäß mit der Lokomotive voran bergab fahren können.
- In Châtel-Saint-Denis an der Strecke Palézieux-Bulle.
Ehemalige Spitzkehren in der Schweiz
- Vallorbe: Kopfbahnhof mit Spitzkehre (bis 1915)
- Lenzburg: Spitzkehre für die Züge (Luzern - Beinwil - ) Lenzburg Bahnhof - Lenzburg Spitzkehre - Lenzburg Stadt ( - Wildegg). Abgebaut 2005
Dänemark
- Die Hafenbahn in Lemvig (auch „Bergbahn“ genannt, mit Ausflugsfahrten).[1]
Italien
- Beim Bau der Grödnerbahn in Südtirol (Klausen–Plan, 1915–1916) wurde in St. Christina eine Spitzkehre angelegt. Die endgültige Trasse sah hier einen Kehrtunnel vor. Mit der Spitzkehre konnte die Bahn vor der Fertigstellung des Kehrtunnels in Betrieb genommen werden. Nach Fertigstellung des Tunnels wurde die Spitzkehre wieder abgebaut.
- Zwischen den Bahnhöfen Palau und Palau Marina an der Bahnstrecke Sassari–Palau befindet sich eine Spitzkehre, nicht zum Höhengewinn sondern zum Höhenverlust (um das Meeresniveau zu erreichen).
- Auf der Bahnstrecke Menaggio–Porlezza zwischen den Bahnhöfen Menaggio und Grandola.
Schweden
- auf der schwedischen Insel Gotland auf der schmalspurigen Bahnstrecke Lärbro–Burgsvik im Abschnitt zwischen Visby und Visby hamn.
- auf der schmalspurigen Bahnstrecke Glava Glasbruk–Glava.
Slowakei
- Waldeisenbahn mit historischen Spitzkehren (Waldbahn Vychylovka, Abk. HLÚŽ), mit fünf Spitzkehren
- Der Bahnhof Tisovec auf der Bahnstrecke Jesenské–Brezno wies 1896–1949 eine Spitzkehre auf
Tschechien
- Dubí (Eichwald) auf Bahnstrecke Most–Moldava (Moldauer Bergbahn)
- Dětřichov u Frýdlantu auf ehemalige Schmalspurbahn Frýdlant–Heřmanice
- Liteň auf Bahnstrecke Zadní Třebaň–Lochovice
- Klobouky u Brna auf Bahnstrecke Čejč–Ždánice
- Tachov (Tachau) auf Bahnstrecke Domažlice–Planá u Mariánských Lázní
- Stupno auf Bahnstrecke Chrást u Plzně–Radnice
- Žleby auf Bahnstrecke Čáslav–Třemošnice
Afrika
Tansania
- Die Sigi-Bahn wies eine vierfache Spitzkehre auf. Die Bahn existiert nicht mehr.
- Die Usambarabahn wies zwischen Pongwe und Ngommi / Muheza eine Doppelspitzkehre auf. Sie wurde durch eine geänderte Trassierung ersetzt.
Amerika
Argentinien
Der von Salta aus fahrende Touristenzug Tren a las Nubes muss auf seinem Weg nach San Antonio del los Cobres zwei Spitzkehren befahren. Ohne sie wären die Höhenunterschiede der Strecke nicht zu bewältigen. Die Eisenbahnstrecke weist außer der natürlichen Schönheit der Landschaft noch weitere bahntechnische Raffinessen wie Wendeschleifen und Viadukte auf.
Ecuador
Die Zugverbindung von Riobamba (2.754 m) über die Anden nach Simbambe (1.806 m) enthält das Steilstück der Teufelsnase (span. Nariz del Diablo). Auf diesem Streckenabschnitt, der als steilste Bahnstrecke der Welt gilt, werden rund 500 Höhenmeter in mehreren Spitzkehren bewältigt.
Peru
Die Steigung auf der touristisch wichtigen Bahn zwischen Cusco und Macchu Picchu wird ausschließlich durch Spitzkehren überwunden, wodurch die Fahrt auf der nur 120 km langen Strecke fünf Stunden dauert.
USA
- Kohala Mill an der Hawaii Railway.
- Cascade Tunnel
Asien
China
Entlang der sogenannten Jing-Bao-Linie von Peking nach Zhangjiakou gibt es in Qinglongqiao zwei voneinander unabhängige Spitzkehren direkt unterhalb der Chinesischen Mauer, da jedes Gleis der zweigleisigen Strecke seinen Spitzkehrenbahnhof auf einer gegenüberliegenden Talseite hat.
Indien
Im Verlauf der Darjeeling Himalayan Railway in Indien gibt es neben einigen Kreiskehrschleifen ebenfalls mehrere Spitzkehren. Die Strecke ist aufgrund ihrer baulichen Besonderheiten von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes eingetragen worden.
Korea
Zwischen den Bahnhöfen Heungjeon und Nahanjeong an der Yeonggong-Bahnstrecke in Südkorea bestand bis 2009 eine – inzwischen durch einen Tunnel ersetzte – Spitzkehre.
Libanon
Die Libanonbahn von Damaskus nach Beirut wies im Zuge der Überquerung des Libanongebirges zwei Spitzkehren auf.
Pakistan
Entlang der Bahnstrecke über den Chaiber-Pass befinden sich kurz hintereinander zwei Spitzkehren, der Zug wird zwischen beiden bergwärts geschoben.
Australien
- Glenbrook, Ostflanke der Blue Mountains im Zuge der Transaustralischen Eisenbahn, abgebaut
- Zig Zag Railway, Westflanke der Blue Mountains im Zuge der transaustralischen Eisenbahn bei Lithgow, heute: Museumsbahn
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ rvo: Strecke Lemvig-Lemvig havn. In: IBSE-Telegramm 247 (Juni 2011), S. 4.
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