Bahnstrecke Węgliniec–Görlitz

Bahnstrecke Węgliniec–Görlitz
Węgliniec–Zgorzelec
Kursbuchstrecke: 260
Streckennummer: 278 (D29)
Streckenlänge: 26,532 km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h
Legende
Strecke – geradeaus
von Wrocław
Abzweig – in Gegenrichtung: nach rechts
von Lubań
Bahnhof, Station
0,387 Węgliniec früher Kohlfurt
Abzweig – in Fahrtrichtung: nach rechts
nach Żary
Abzweig – in Fahrtrichtung: nach rechts
nach Horka
   
nach Czerwona Woda
Bahnhof, Station
13,980 Pieńsk früher Penzig (Oberlausitz)
Haltepunkt, Haltestelle
16,345 Lasów früher Lissa (Oberlausitz)
Brücke über Wasserlauf (groß)
Viadukt Lasów (ca. 200 m), Kesselbach
   
nach Żarka nad Nysą
Brücke über Wasserlauf (groß)
Viadukt Jędrzychowice (ca. 150 m), Hennersdorfer Wasser
Brücke (mittel)
Autostrada A4
Haltepunkt, Haltestelle
22,421 Jędrzychowice früher Hennersdorf (b Görlitz)
   
Anschluss ehem. Städtisches Gaswerk Görlitz, heute ZEC Zgorzelec
Haltepunkt, Haltestelle
24,555 Zgorzelec Miasto
Blockstelle, Awanst, Anst etc.
25,125 Zgorzelec Miasto PODG
Abzweig – in Fahrtrichtung: nach links
Verbindungsbahn nach Abzw Krysin
Brücke (mittel)
Ulica Łużycka, Zgorzelec
Abzweig – in Gegenrichtung: nach rechts
von Wałbrzych
Bahnhof, Station
26,532
201,433
Zgorzelec früher Görlitz-Moys
Strecke – geradeaus
Grenze auf Brücke mit Wasserlauf
202,535
251,715
Neißeviadukt (475 m) Staatsgrenze Deutschland–Polen
Abzweig – in Gegenrichtung: nach rechts
von Zittau
Bahnhof, Station
252,997 Görlitz
Abzweig – in Fahrtrichtung: nach rechts
nach Berlin
Strecke – geradeaus
nach Dresden

Die Bahnstrecke Węgliniec–Görlitz (früher Kohlfurt–Görlitz) ist eine zweigleisige Hauptbahn im polnischen Teil Niederschlesiens. Sie bildet den Anschluss der Bahnstrecke Dresden–Görlitz an die elektrifizierte Hauptbahn von Węgliniec (ehem. Kohlfurt) über Legnica (ehem. Liegnitz) weiter nach Breslau.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Westlicher Teil des Bahnhofsgebäudes von Węgliniec (Kohlfurt)
Blick über das Gleisfeld auf den östlichen Teil des Bahnhofsgebäudes von Węgliniec (Kohlfurt)

Der Bau der Bahnstrecke durch die Kiefernwälder der Görlitzer Heide ging auf einen Kompromiss zurück, der die Anbindung von Görlitz an die Hauptstrecke der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn (NME) vorsah. Die Haupttrasse der NME verlief von Berlin über Frankfurt (Oder) und Liegnitz nach Breslau, umfuhr also die seit 1815 preußische Oberlausitz. Die Planungen sahen vor, die Stichstrecke nach Görlitz wiederum von einer Zweigstrecke der NME in Kohlfurt beginnen zulassen. Der Bau begann am 31. Juli 1845 mit dem Bau des Bahnhofsgebäudes in Kohlfurt. Er ähnelt in seiner Gestalt dem ehemaligen Görlitzer bzw. Gubener Bahnhof. Die zwei stirnseitigen Türme ragen an der Westseite des Bahnhofes empor, der in einer Insellage zwischen den Gleisen liegt. Mit dem Bau des Bahnknotens erlebte auch das bäuerlich geprägte Kohlfurt einen starken Bevölkerungszuwachs durch Bahnmitarbeiter.[1]

Westlich vom Kohlfurter Bahnhof zweigt die Strecke in südwestlicher Richtung ab und erreicht nach 14 Kilometern den Bahnhof Penzig, der bis 1865 der einzige Zwischenhalt auf der Strecke war. Am 15. November 1846 erreichten die Bauarbeiten den Haltepunkt Hennersdorf, an dem ab diesem Tag sämtliche Züge endeten. Bis Hennersdorf musste nur hügeliges Gelände überwunden werden, aber in Richtung Görlitz musste ein kleiner Flusslauf überwunden, ein Durchstich geschaffen und vor dem Görlitzer Bahnhof das Neißetal überquert werden. Mit dem Bau des Neißeviadukts hatte man bereits 1844 begonnen und der Durchstich wurde durch zahlreiche Sprengarbeiten realisiert. Auch den kleinen Flusslauf bei Hennersdorf überspannte nun ein Viadukt. Am 26. August 1847 um 18 Uhr traf die erste Lokomotive der NME in Görlitz ein. Die Strecke wurde am 1. September 1847 feierlich durch einen Eröffnungszug für den Verkehr freigegeben, dieser traf gleichzeitig mit dem Einweihungszug der Sächsisch-Schlesischen Eisenbahn aus Reichenbach/Oberlausitz ein. Die Feierlichkeiten zur Eröffnung fanden im Görlitzer Hotel Rheinischer Hof (Bahnhofstraße / Jakobstraße, heutiges Kino) statt.[1]

Die Strecke blieb bis 1860 eingleisig und bekam erst in den folgenden Jahren ein zweites Streckengleis. Im Jahr 1860 wurde zuerst über den Viadukt das zweite Gleis verlegt. Der spätere Bahnhof Moys wurde im Rahmen des Neubaus einer Teilstrecke der Schlesischen Gebirgsbahn errichtet und nahm 1856 seinen Betrieb auf. Bald darauf wurde auch die restliche Trasse zweigleisig ausgebaut. Der Bahnhof Kohlfurt gewann in den Folgejahren immer mehr an Bedeutung, ab 1865 mündete hier eine Zweigstrecke von der Schlesischen Gebirgsbahn aus Lauban ein, 1874 folgte die Anbindung an die private Oberlausitzer Eisenbahn nach Hoyerswerda (zuerst mit separater Bahnstation und Übergangsgleis zur Staatsbahn). Seine größte Ausdehnung erreichte der Bahnhof mit Inbetriebnahme der Kleinbahn nach Rothwasser am 21. Oktober 1913. Das Dorf Kohlfurt blieb aber eine nahezu reine Eisenbahnerkolonie mitten in der Heidelandschaft.[2]

Bis zum Ersten Weltkrieg erhielt Lissa/Oberlausitz eine Bahnstation mit Ladegleis, und auch Hennersdorf, das ja zwischenzeitlich wie schon erwähnt Endstation der Strecke war, erhielt 1. Juni 1846 wieder einen provisorischen Haltepunkt. Den Bahnhof Hennersdorf hatte man nach der Fertigstellung der Strecke abgebrochen, da man vermutete ihn nicht zu benötigen. Doch der einsetzende Freizeitverkehr signalisierte den Wunsch nach einem Haltepunkt. Die erste „Petition zur Errichtung einer massiven Personenhaltestelle“ wird auf das Jahr 1874 datiert. Nach zahlreichen Streitigkeiten über die Finanzierung dieser Haltestelle und eines Bahnanschlusses zum städtischen Holzhof, konnte zwischen Stadt und der Bahngesellschaft eine Einigung erzielt werden. Die Stadt leistete einen Bauzuschuss in Höhe von 25.000 Mark, überließ das benötigte Terrain ohne Rücksichtnahme, ob es sich um privates oder städtisches Eigentum handelt und überschrieb der Gesellschaft ein Wohnhaus für Beamte der Bahn. 1904 erwies sich mit dem Bau des Görlitzer Gaswerkes in Hennersdorf der Bahnhof als zu klein. Noch dringender wurde eine Bahnhofserweiterung mit der Errichtung eines Militärflugplatzes in Leopoldshain und dem geforderten Gleisanschluss des Flugplatzes. Zur Realisierung kam es auf Grund der zahlreichen notwendigen Erdarbeiten durch die angespannte Finanzlage jedoch erst 1933. Zur gleichen Zeit erhielten auch Penzig und Moys Überhol- und Nebengleise für den Güterverkehr.[3]

Sanierte Bahnsteige des Bahnhofs Zgorzelec Miasto mit einfahrendem Zug aus Richtung Węgliniec

Am 7. Mai 1945 zerstörten Sprengkommandos der Wehrmacht neben dem Neißeviadukt auch den Hennersdorfer Viadukt. Drei Bögen des Neißeviadukts und fünf Bögen des Hennersdorfer Viadukts wurden zerstört. Die fehlenden fünf Bögen des Hennersdorfer Viadukts wurden schon in den folgenden Monaten unter Regie der Polnischen Staatsbahn (PKP) mit Ziegeln wieder aufgemauert. Die PKP übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg durch den neuen Grenzverlauf den Betrieb auf der Strecke zwischen dem nun in Węgliniec umbenannten Kohlfurt und dem Ostteil von Görlitz, nun Zgorzelec. Die Statik des Hennersdorfer Viadukts war jedoch nachhaltig gestört, so dass gewaltige Schienenanker (pr.15-Profil Krupp 1833) nahezu alle Pfeiler und Gewölbe umspannen um das Bauwerk zu sichern. Durch den gesprengten Neißeviadukt wurde der Bahnhof Görlitz-Moys zur Kopfstation. Mit dem Bau einer Verbindungskurve von Kohlfurt kommend zur Strecke der Schlesischen Gebirgsbahn 1948 war eine Umgehung des Bahnhofes möglich, in dessen Folge der Bahnhof stark an Bedeutung verlor. Im gleichen Jahr entstand auch ein neuer Haltepunkt Zgorzelec Miasto an der ehemaligen Hirschberger Chaussee. Der Bau war notwendig, um Zügen, die die neue Verbindungskurve in Richtung Zawidów (ehem. Seidenberg), Bogatynia (ehem. Reichenau) oder Lubań (ehem. Lauban) einen Halt in Zgorzelec zu ermöglichen. Seit dem 22. Mai 1957 ist die ehemalige Zweigbahn der NME wieder auf ihrer gesamten ehemaligen Streckenlänge zweigleisig befahrbar.[4]

1984 vereinbarte die DDR und die Volksrepublik Polen im Rahmen des Warschauer Paktes eine strategische Bahn zwischen der Bahnstrecke Berlin-Görlitz und Zgorzelec-Węgliniec. Sie sollte im Fall der Zerstörung des Neißeviaduktes eine provisorische Überquerung der Neiße ermöglichen. Die Nationale Volksarmee (NVA) verlegte auf deutscher Seite von Charlottenhof/Oberlausitz nach Ober-Neundorf und die PKP und polnische Armee vom Anschlussgleis in Jędrzychowice (ehem. Hennersdorf) über die Penziger Straße bis zum Neißeufer die Gleise.[5]

In den Jahren 2006 und 2007 wurde die Strecke und deren Bahnhöfe und Haltepunkte im Rahmen des deutsch-polnischen Abkommens zur Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindungen aus dem Jahr 2003 grundlegend modernisiert und für eine maximale Geschwindigkeit von 120km/h ertüchtigt. Die Modernisierung der Strecke kostete umgerechnet etwa 44 Millionen Euro.[6]

Zugverkehr

Der erste Zugverkehr mit Aufnahme des Betriebes bestand aus vier Zugpaaren täglich zwischen Kohlfurt und Görlitz. Die Reisezeit in beide Richtungen betrug 52 Minuten, das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 28 Kilometern pro Stunde für die rund 25 Kilometer. Solange die Fahrt in Hennersdorf endete, mussten sich die Reisenden frei, per Fuhrwerk oder zu Fuß nach Görlitz begeben. Der Güterverkehr setzte erst mit der Vollendung der Strecke über die gesamte Länge ein. An Sonntagen verkehrten für den Ausflugsverkehr auch kurzzeitig Sonderzüge nach Hennersdorf, diese wurden jedoch schnell wieder eingestellt. Die NME übernahm 1851 auch die wöchentliche Beförderung zum Gefangenenaustausch zwischen den Haftanstalten in Brieg, Görlitz, Jauer, Ratibor, Sagan und Schweidnitz. 1852 und 1854 wurde der Personenverkehr auf täglich erst fünf, später sieben Zugpaare aufgestockt, die nun nur noch eine dreiviertel Stunde Fahrzeit benötigten. 1885 kam zu den sieben Personenzugpaaren auch ein Schnellzugpaar hinzu, das für die Strecke nur noch 34 Minuten Fahrzeit benötigt. Die Personenzüge benötigten bei zwei Halten nur 6 Minuten länger. Der Winterfahrplan 1904/05 weist folgende Ziele aus, die über die NME-Zweigstrecke verkehren: sieben Personenzüge nach Kohlfurt, sowie jeweils zwei D-Züge nach Breslau und Lissa (Posen). Die 1930er Jahre stellten den Höhepunkt in der Verkehrsleistung der Strecke dar. Auf der sich nun zur „Ost-West-Rennstrecke“ entwickelten Kursbuchstrecke 134 (Breslau–Liegnitz–Görlitz–Dresden) verkehrten nun sechs Schnellzüge, zwei Eilzüge und vierzehn Personenzüge, von denen zwei in Penzig endeten. Während der Kriegsjahre sank die Verkehrsleistung jedoch wieder ab.[5]

Seit dem Bau der schon genannten Verbindungskurve durch die PKP in Zgorzelec verkehren die meisten Züge weiter nach Bogatynia (ehem. Reichenau) und Turoszów (ehem. Türchau). Mitte der 1960er Jahre verkehren wieder zehn Zugpaare über Penzig nach Kohlfurt, zu denen sich 20 Jahre später noch zwei weitere gesellten. Auch der grenzüberschreitende Schnellzugverkehr zwischen Volksrepublik Polen und DDR zog wieder an. War es 1957 nur ein Zugpaar, so waren es 1987 bereits drei Zugpaare bzw. freitags sogar fünf.[7]

Die PKP Przewozy Regionalne betreiben seit 2009 drei Schnellzugpaare in Kooperation mit der Deutschen Bahn zwischen Dresden Hbf und Wrocław Główny (ehem. Breslau Hbf) über Bautzen, Görlitz, Węgliniec und Legnica (ehem. Liegnitz).[8] Acht weitere Regionalzugpaare betreibt die polnische Bahngesellschaft Koleje Dolnośląskie zwischen Zgorzelec und Węgliniec. Ein Zugpaar verkehrt ab Węgliniec weiter über Bolesławiec (ehem. Bunzlau) und Chojnów (ehem. Haynau) nach Legnica.[9] Die PKP stellte im Dezember 2009 ihre eigenen Direktverbindungen von Zgorzelec nach Breslau bzw. in die polnische Hauptstadt ein.

Literatur

  • Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1994, ISBN 3-922138-53-5.
  • Bernd Kuhlmann: Eisenbahnen über die Oder-Neiße-Grenze. Ritzau KG – Verlag Zeit und Eisenbahn, Pürgen 2004, ISBN 3-935101-06-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1 Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1994, ISBN 3-922138-53-5, S. 52.
  2. Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1 Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1994, ISBN 3-922138-53-5, S. 52f.
  3. Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1 Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1994, ISBN 3-922138-53-5, S. 53.
  4. Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1 Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1994, ISBN 3-922138-53-5, S. 53f.
  5. a b Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1 Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1994, ISBN 3-922138-53-5, S. 55.
  6. plk-inwestycje.pl: Modernisierung der Bahnlinie E30 in den Abschnitten Węgliniec – Zgorzelec und Węgliniec – Bielawa Dolna (auf deutsch). Abgerufen am 28. Juli 2010.
  7. Willfried Rettig: Eisenbahnknoten Görlitz. 1 Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, 1994, ISBN 3-922138-53-5, S. 56.
  8. Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Presseinformation RE 100 auf Erfolgsspur: Fahrgastzahlen zwischen Dresden und Wroclaw seit Inbetriebnahme vervierfacht. 2010 (PDF, 12,5 kB, abgerufen am 28. Juli 2010).
  9. rozklad-pkp.pl: Fahrplanauskunft der PKP (auf deutsch). Abgerufen am 28. Juli 2010.

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