Magistrat von Berlin

Magistrat von Berlin

Der Magistrat von Berlin war von 1808 bis 1935 und von 1945 bis 1948 das oberste exekutive Organ (Stadtverwaltung, städtische Behörde, Stadtrat und Regierung) Berlins. Von 1948 bis 1950 gab es einen Magistrat in West-Berlin und von 1948 bis 1990 einen in Ost-Berlin. Das Wort Magistrat leitet sich vom lateinischen magistratus ab, das so viel wie Amt, Träger des Amtes (Beamter) oder Behörde bedeutet. Der Vorsitzende des Magistrats war der Oberbürgermeister. Nominell bestand der „Magistrat von Groß-Berlin“ im „Demokratischen Sektor“ (i.e. „Ost-Berlin“) bis Ende der 1970er Jahre, bevor der ehemals sowjetische Sektor in „Berlin – Hauptstadt der DDR“ umbenannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorläufer

Hauptartikel: Geschichte Berlins

Die Gemeinden Berlin und Cölln erhielten im 13. Jahrhundert Stadtrechte und hatten bereits 1307 bis 1442 als Doppelstadt eine gemeinsame Bürgerverwaltung. 1710 (andere Quellen geben 1709 an) wurden die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zur Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt und einer gemeinsamen Verwaltung unterstellt.

Städteordnungen seit 1808

Nach dem Rückzug Napoleons trat 1808 die neue Städteordnung „Ordnung für sämtliche Städte der Preußischen Monarchie“ im Rahmen der Preußischen Reformen unter Freiherr vom und zum Stein in Kraft. In Berlin wurde ein Magistrat mit einem Oberbürgermeister an der Spitze sowie zehn besoldeten und fünfzehn unbesoldeten Stadträten eingerichtet.[1] Mit dem Regulativ über das Geschäftsverfahren für den Magistrat von Berlin von 1834 wurde die Stellung des Oberbürgermeisters gegenüber den anderen Magistratsmitgliedern deutlich gestärkt.[2]

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Berlins Städteordnung mit dem Groß-Berlin-Gesetz, das am 27. April 1920 beschlossen wurde und am 1. Oktober 1920 in Kraft trat, neu geregelt. In den zwanzig Stadtbezirken bestanden dem Magistrat unterstellte Bezirksämter mit Bürgermeistern.[3]

Zeit des Nationalsozialismus 1935–1945

Hauptartikel: Deutsche Gemeindeordnung

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden demokratische Institutionen beseitigt oder gleichgeschaltet. Am 30. Januar 1935 trat die Deutsche Gemeindeordnung in Kraft, die sich an drei Grundlagen orientierte:

  1. Zusammenarbeit der Gemeinden mit Partei (NSDAP) und Staat,
  2. Durchführung des Führerprinzips und
  3. Wegfall von Wahlen und Abstimmungen.[4]

Das Amt des Oberbürgermeisters von Berlin wurde während des Dritten Reichs zwischen 1937 und 1940 von Julius Lippert wahrgenommen. Danach übernahm Ludwig Steeg amtierend die Geschäfte des Oberbürgermeisters sowie kommissarisch das Amt des Stadtpräsidenten.

Nachkriegsdeutschland 1945–1949

Die Aufteilung Berlins in einen sowjetischen (rot), amerikanischen (hellblau), britischen (violett) und französischen Sektor (dunkelblau)

Nach dem Zweiten Weltkrieg und Zusammenbruch Deutschlands setzte die Sowjetische Militäradministratur bereits am 19. Mai 1945 wieder einen antifaschistischen Magistrat ein. Dieser nach dem ersten, parteilosen Oberbürgermeister bezeichnete Magistrat Werner sollte den dringendsten Bedarf der Bevölkerung nach dem Krieg sicherstellen. Diesem Magistrat gehörten neben dem Oberbürgermeister seine vier Stellvertreter und 16 Stadträte an. Der erste Nachkriegsmagistrat amtierte bis zum 5. Dezember 1946.

Der Einzug der Westmächte in Berlin erfolgte im Juni 1945. Gemäß der Konferenz von Jalta wurde die deutsche Hauptstadt ab Juli 1945 in vier Sektoren geteilt. Die Arbeit des Magistrats stand unter strenger Beobachtung der vier Besatzungsmächte, deren Interessen im begonnenen Kalten Krieg diametral auseinander drifteten. So kam es auch, dass der erste Magistrat von Groß-Berlin unter Ernst Reuter vom 17. April bis 18. August 1947 vom Alliierten Kontrollrat nicht anerkannt wurde.

Nach der separaten Währungsreform in den drei Westsektoren der USA, Großbritanniens und Frankreichs am 23./24. Juni 1948 war die Gesamtberliner Wirtschafts- und Verwaltungseinheit nicht mehr gegeben. Die Mitglieder des Magistrats aus den Westsektoren verließen den Magistrat und bildeten mit dem zweiten Magistrat Reuter von 1948 bis 1951 die erste Regierung von Berlin (West).

Am 30. November 1948 konstituierte sich ein neuer sogenannter „Demokratischer Magistrat“ im verbleibenden sowjetischen Sektor. Dessen erster Oberbürgermeister war bis 1967 Friedrich Ebert. 1950 wurde in West-Berlin der Senat von Berlin gebildet. Anstelle eines Oberbürgermeisters wurde hier Ernst Reuter als Regierender Bürgermeister gewählt.

Deutsche Demokratische Republik 1949–1989

In der 1949 gegründeten DDR war der Magistrat das „vollziehende und verfügende Organ der Volksvertretung“ des sogenannten ‚Demokratischen Sektors von Groß-Berlin‘. In den 1950er Jahren bestand er aus dem Oberbürgermeister (Vorsitzender des Magistrats) mit acht Stellvertretern, dem Sekretär und acht weiteren Mitgliedern.[5] Im Ergebnis des Viermächteabkommens über Berlin 1971 und des Grundlagenvertrages zwischen der Bundesrepublik und der DDR von 1972 entsprach der Begriff „Magistrat von Groß-Berlin“ auch offiziell nicht mehr den politischen Verhältnissen. Die DDR-Führung benannte ihn 1977 um in „Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR“.

„MagiSenat“ zwischen Wende und Wiedervereinigung 1989–1990

Hauptartikel: Senat von Berlin

Nach der politischen Wende in der DDR und der bevorstehenden Währungsunion sowie der Wiedervereinigung Deutschlands stand insbesondere auch die noch immer geteilte Stadt Berlin vor neuen, nun gemeinsamen Aufgaben. Am deutlichsten wurde das sofort auf dem Gebiet des Verkehrs, weil Grenzübergangsstellen (Straße und Schiene) geöffnet wurden und neue Verkehrsströme zu berücksichtigen waren. Aber auch auf allen anderen innerstädtischen Aufgabenfeldern konnten sich die beiden Stadtteile Ost- und West-Berlin nicht mehr losgelöst entwickeln. Mit der deutschen Wiedervereinigung ging natürlich auch die Wiedervereinigung Berlins einher.

Die politisch Verantwortlichen in beiden Teilen der Stadt erkannten diese historische Notwendigkeit und nutzten die Chancen, die sich schon in dieser Übergangszeit ergaben. Am 12. Juni 1990 fand unter Leitung von Walter Momper und Tino Schwierzina die erste gemeinsame Sitzung von Senat und Magistrat im Roten Rathaus (Sitz des Oberbürgermeisters von Ostberlin) statt, danach erst abwechselnd auch im Rathaus Schöneberg, dem Sitz des Senats und Regierenden Bürgermeisters, zuletzt nur noch dort.

Zu diesem Zeitpunkt bestand der Senat von Berlin (West) aus dem Regierenden Bürgermeister, einer Bürgermeisterin und 13 Senatoren; der Magistrat von Berlin (Ost) aus dem Oberbürgermeister und 14 Stadträten.

In diesem – im Volksmund so benannten – „MagiSenat“ standen sich Regierender und Oberbürgermeister sowie Senatoren und Stadträte gleichberechtigt gegenüber. Senats- und Magistratsvorlagen wurden vor der Beschlussfassung von dem zuständigen Senator und dem Stadtrat gemeinsam eingereicht. Die nachgeordnete Verwaltung musste vereinheitlicht und die seit 1948 unterschiedlichen Entwicklungen einander angepasst werden. So wurde im Magistrat in Anlehnung an die bereits bestehende Senatskanzlei eine Magistratskanzlei errichtet. Aufeinander abgestimmte Strukturen sollten die endgültige Vereinigung auch der Stadtverwaltung befördern. Der „MagiSenat“ Berlins musste selbst nach der deutschen Wiedervereinigung nach dem 3. Oktober 1990 als gemeinsame Landesregierung weiter amtieren, wie auch Abgeordnetenhaus (Westbezirke) und Stadtverordnetenversammlung (Ostbezirke) parallel weiter fungierten. Am 2. Dezember 1990 fanden Gesamt-Berliner Wahlen zu einer einheitlichen Legislative (dem Abgeordnetenhaus von Berlin) statt. Im Zuge dessen wurde eine einheitliche Exekutive (der Senat von Berlin) gebildet, in dem der Magistrat strukturell und personell aufging.[6]

Seit 1991 haben der Senat und der Regierende Bürgermeister der vereinigten deutschen Hauptstadt im Roten Rathaus ihren Sitz.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Berlin.de Galerie 1808. Abgerufen 6. Mai 2010.
  2. Berlin.de Galerie 1834. Abgerufen 6. Mai 2010.
  3. Jedermanns Lexikon in zehn Bänden. Erster Band. Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G., Berlin-Grunewald 1929, S. 342.
  4. Der Volks-Brockhaus A–Z. Zehnte Auflage. F. A. Brockhaus, Leipzig 1943, S. 237.
  5. Lexikon A–Z in zwei Bänden. Zweiter Band. Volkseigener Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1957, S. 87.
  6. Berlin.de Galerie 1990. Aufgerufen 7.Mai 2010.

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