Franz Spitzner

Franz Spitzner

Franz Spitzner (* 31. Oktober 1787 in Trebitz; † 2. Juli 1841 in Wittenberg; latinisiert: Franciscus Spitznerus, vollständiger Name: Franz Ernst Heinrich Spitzner, auch: Ernst Franz Heinrich Spitzner) war ein deutscher Altphilologe und Pädagoge.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz Spitzner wurde als zehntes und jüngstes Kind des evangelisch-lutherischen Pfarrers Johann Ernst Spitzner geboren. Den ersten wissenschaftlichen Unterricht erhielt er durch seinen Vater sowie durch den älteren Bruder Ernst Traugott (* 12. September 1771 in Trebitz, † 29. August 1819 in Trebitz), der seit 1797 als Substitut des erkrankten Vaters fungierte und ebenfalls Pfarrer in Trebitz wurde. Im Jahre 1802 gaben die Eltern ihren Sohn Franz auf die Landesschule Pforta in Schulpforte, wo er unter anderem von Adolph Gottlob Lange und Johann Friedrich Röhr, bei dem er auch Kenntnisse der englischen Sprache erwarb, unterrichtet wurde. Der baldige Tod der Eltern im Jahr 1805 sowie die Kriegsunruhen des folgenden Jahres hinderten zunächst den angestrebten Übergang zur Universität.

Im Mai 1808 konnte Franz Spitzner das Studium der Theologie und Philologie an der Universität Wittenberg aufnehmen. In Wittenberg "lebte er nur den Wissenschaften", war aber auch gehalten, durch Privatunterricht für seinen Lebensunterhalt Sorge zu tragen. Als Student soll Spitzner "öfter sich im Predigen, namentlich in seinem Heimathdorfe, versucht" und hierdurch seinen kränkelnden Bruder Ernst Traugott, seit 1805 Pfarrer in Trebitz, im Amt unterstützt haben, wandte sich jedoch unter der "anregenden Einwirkung" seines akademischen Lehrers Christian August Lobeck schon bald und abschließend seiner "wirklichen Neigung", der klassischen Philologie, sowie dem Schulfach zu.

Als Lehrer, Konrektor und Rektor wirkte Spitzner zwischen 1811 und 1841 in Erfurt und vor allem in Wittenberg (1811–1820 und 1824–1841). Kuraufenthalte in Karlsbad (1828), Putbus auf Rügen (1836) und Bad Kissingen (1840) vermochten nicht, seinem angegriffenen Gesundheitszustand dauerhaft abzuhelfen. Franz Spitzner verstarb 53-jährig im Dienst.

Leistungen

Franz Spitzner gilt als "namhafter Philologe und Schulmann" der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1810 erschien in Wittenberg seine Erstlingsschrift Observationes criticae in Apollonii Rhodii Argonautica et Nonni Dionysiaca, mit der sich der junge Gräzist der Fachwelt seiner Zeit "vortheilhaft" empfahl. Zunächst unterrichtete er ab dem 5. März 1811 als Konrektor und Nachfolger von August Weichert am Lyzeum in Wittenberg. Im April 1812 promovierte Spitzner an der Leucorea mit De productione brevium syllabarum caesurae vi effecta in versu Graeco Heroico maxime Homerico zum Dr. phil. Als Respondent der Disputation fungierte Gregor Wilhelm Nitzsch. Spitzners Probevorlesung widmete sich dem Thema De tragoediae Graecorum origine atque indole. 1812/13 lehrte er vorübergehend als Privatdozent an der philosophischen Fakultät der Universität Wittenberg.

Das Wittenberger Lyzeum leitete Franz Spitzner erstmals vom 19. April 1814 bis zum 8. Juli 1820 als Rektor. Die Schule, deren Geschichte er 1817 als "Skizze" unter dem Titel Kurze Darstellung der früheren Geschichte und neuen Einrichtung des Lyceums zu Wittenberg: als Einladungsschrift zur öffentlichen Herbstprüfung und sodann umfassend 1830 als Geschichte des Gymnasiums und der Schulanstalten zu Wittenberg aus den Quellen erzählt veröffentlichte, wurde nunmehr nach seinen Grundsätzen organisiert.

Vom 20. Juli 1820 bis zum April 1824 wirkte Spitzner in Folge einer Versetzung vorübergehend als Erster Oberlehrer am erweiterten Evangelischen Ratsgymnasium Erfurt und wurde dort Mitglied der Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften, in der er mit Vorträgen hervortrat. Nach Wittenberg "mit erhöhtem Gehalte" zurück gekehrt, hielt er am 9. Mai 1824 seine zweite Antrittsrede als Rektor des Lyzeums. Zu Spitzners Schülern in Wittenberg und Erfurt gehörten u.a. Agathon Benary, Johann Heinrich Deinhardt, Friedrich Wilhelm Ritschl und Moritz Ludwig Seyffert. Einen Ruf nach Altona schlug er im Sommer 1826 aus. 1827 wurde das Wittenberger Lyzeum zu einem Gymnasium erweitert, das im folgenden Jahr auch ein neues Schulgebäude erhielt.

Zwischen 1810 und 1839 veröffentlichte Spitzner, der als Ehrenmitglied der Herzoglich-Lateinischen Gesellschaft zu Jena angehörte, in größerer Zahl Schriften zu altphilologisch-gräzistischen Themen, darunter als wissenschaftliches Hauptwerk 1832/36 eine kommentierte vierbändige Ausgabe von Homers Ilias, die u.a. "sorgfältige Beobachtungen" über Sprachgebrauch, Prosodie und Metrik der homerischen Gedichte enthält. Professor Franz Spitzner, der "als Lehrer und Director in gleichem Maße hochangesehen" war, verstarb 1841 nach längerer Krankheit im Dienst. Die "bedeutende Bibliothek", die der Wittenberger Homeriker, der zuletzt an Brustwassersucht litt, hinterlassen hatte, wurde 1842 versteigert.

Familie

Verheiratet war Franz Spitzner seit dem 26. November 1815 mit Johanna Wilhelmine Gräffe (* 31. Mai 1789; † 17. Januar 1850 in Plauen) aus Gutmannshausen bei Buttstädt, einer Tochter des Adjunkten G. Gräffe. Aus dieser in Stößen geschlossenen Ehe gingen drei Kinder hervor: der früh verstorbene Franz (* 24. September 1817 in Wittenberg; † 29. November 1819 in Wittenberg), Ida Franziska Wilhelmine (* 2. November 1820 in Erfurt; † 10. März 1902 in Oelsnitz), die einen Cousin, den "patriarchalisch in seiner kleinen treuen Gemeinde" wirkenden Planschwitzer Pfarrer Ernst Rudolph Spitzner (* 28. August 1815 in Crossen; † 29. März 1893 in Oelsnitz), heiratete, sowie schließlich Ernst Wilhelm (* 16. Dezember 1823 in Erfurt; † 30. April 1890 in Nordhausen), der, in Wetzlar von dem dortigen Schuldirektor Carl August Moritz Axt erzogen, Steuerrat wurde und die Ehe mit Sophie Henning (* 27. August 1828 in Coswig; † 29. März 1900 in Halle) einging.

Werke

  • Observationes criticae in Apollonii Rhodii Argonautica et Nonni Dionysiaca. Wittenberg 1810
  • De productione brevium syllabarum caesurae vi effecta in versu Graeco Heroico maxime Homerico. Gräßler, Wittenberg 1812
  • De versu Graecorum heroico maxime homerico. Accedunt ejusdem mantissa oberservationum criticarum et grammaticarum in Quinti Smyrnaei Posthomericorum libros XIV. Weidmannsche Buchhandlung, Leipzig 1816 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Kurze Darstellung der früheren Geschichte und neuen Einrichtung des Lyceums zu Wittenberg. Wittenberg 1817
  • De egregiis quibusdam scholarum publicarum incrementis patriae debitis. Erfurt 1822
  • Observationes criticae maximam partem in Pauli Silentiarii descriptionem magnae ecclesiae. Erfurt 1823
  • Versuch einer kurzen Anweisung zur griechischen Prosodie. Henningssche Buchhandlung, Gotha 1823 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • englisch: Elements of Greek Prosody. Translated from the German of Dr. Franz Spitzner by a Member of the University of Oxford. Whittacker, Treacher & Co., London 1831 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Elegia latina, qua Wittenbergam rediturus Erfurto valedicebat Franciscus Spitzner. Uckermann, Erfurt 1824 (bsb-muenchen-digital.de), abgerufen am 6. Juni 2011
  • Geschichte des Gymnasiums und der Schulanstalten zu Wittenberg aus den Quellen erzählt. Hartmann, Leipzig 1830 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • De vi et usu praepositionum ana et kata apud Homerum. Zimmermann, Wittenberg 1831
  • Quaestiuncula de accentus inclinatione particulae peri apud Homerum concedenda. Zimmermann, Leipzig 1832
  • Homeri Ilias recensuit et brevi annotatione instruxit Franciscus Spitzner, Saxo. Wilhelm Hennings, 4 Bde., Gotha/Erfurt 1832/36, Vol. I., Sect. I. Continens Lib. I - VI (books.google.de), Vol. I. Sect. II. Continens Lib. VII - XII (books.google.de), Vol. I. Sect. III. Continens Lib. XIII - XVIII (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Epistola ad Godofredum Hermannum. Wilhelm Hennings, Gotha/Erfurt 1834
  • Carminum Latinor et Graeco petitor specimen. Rübener, Wittenberg 1836
  • Observationes criticae et grammatica in Quinti Smyrnaei Posthomerica. Weidmannsche Buchhandlung, Leipzig 1837 (online), Leipzig 1839 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011

Literatur

  • Intelligenzblätter der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung 1811, Nr. 33 und 34, Sp. 260 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Intelligenzblätter der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung 1812, Nr. 42, Sp. 329 (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung 1815, Nr. 49, Sp. 391 f. (Rezension) (zs.thulb.uni-jena.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Ergänzungsblätter zur Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung 1824, Nr. 41, Sp. 327 f. (Rezension) (zs.thulb.uni-jena.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Carl Friedrich Heinrich Bittcher: Pförtner Album. Verzeichniß sämmtlicher Lehrer und Schüler der Königl. Preuß. Landesschule Pforta vom Jahre 1543 bis 1843. Eine Denkschrift zur dritten Säkularfeier der Anstalt den 21. Mai 1843. Friedrich Christian Wilhelm Vogel, Leipzig 1843, S. 436 (books.google.de), abgerufen am 6. März 2011
  • Neuer Nekrolog der Deutschen, 19. Jahrgang, 1841, Erster Theil. Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1843, S. 627 ff. (books.google.de), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Pierer's Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Pierer, vierte, umgearbeitete und stark vermehrte Auflage, Bd. 16, Altenburg 1863, S. 577 (books.google.com), abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Gustav Hertzberg: Zur Feier der fünfzigjährigen Vereinigung der Universitäten Halle und Wittenberg. Halle 1867, S. 11
  • Conrad Bursian: Geschichte der classischen Philologie in Deutschland von den Anfängen bis zur Gegenwart. Oldenbourg, Bd. 2, München 1883, S. 713 f.
  • Richard HocheSpitzner, Franz Ernst Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 224 f., abgerufen am 2. Oktober 2011
  • Erich Weise (Hg.): Familienchronik des Geschlechtes Spitzner. Druck und Verlag von C. Heinrich, Dresden 1936, S. 42 und 47
  • Veronika Birckner-Albrecht: Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen. Evangelische Verlagsanstalt, Bd. 8: Biogramme Schr - To, Leipzig 2008, S. 317 ISBN 978-3-374-02142-0
  • Albert Spitzner-Jahn: Die Vogtländer Familie Spitzner. Selbstverlag, 2. Aufl., Kamp-Lintfort 2011, S. 10 und 155 f.

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