Franziskanerkloster St. Wolfgang in Kreuznach

Franziskanerkloster St. Wolfgang in Kreuznach

Das Franziskanerkloster St. Wolfgang war ein Kloster in Kreuznach im heutigen Landkreis Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Von der ehemaligen Klosteranlage ist nur noch der gotische Chor der ehemaligen St.-Wolfgang-Kirche erhalten. Das Gelände wird heute vom Staatlichen Gymnasium an der Stadtmauer in Bad Kreuznach genutzt.

Chor des ehemaligen Franziskanerklosters St. Wolfgang

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

1472 erhielten Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz (1425-1476) und Pfalzgraf Friedrich I. von Pfalz-Simmern (1417-1480) von Papst Sixtus IV. (1414–1484, reg. 1471) die Genehmigung zur Errichtung eines Franziskaner-Klosters in Kreuznach. 1484 konnte das Klostergebäude von den Mönchen bezogen werden. Das Kloster war für 30 Ordensleute gebaut und wurde dem Hl. Wolfgang von Regensburg geweiht. Es gehörte zur Oberdeutschen oder „Straßburger“ Ordensprovinz.

1489 schrieb Johannes Trithemius (1462-1516) einen Brief über klösterliche Freundschaft (amicitia monastica) an den Prediger des Franziskaner-Klosters zu Kreuznach, Bernhard von Schlierbach, der ihn gebeten hatte, ihm Werke über die Barmherzigkeit und Liebe Gottes, die Herrlichkeit des Himmels, die Eucharistie und das Lob der Maria zu nennen.

Auf dem Provinzialkapitel 1490 in Kreuznach wurde Johannes Heilmann von Lindenfels († 1503) aus Riedfeld (Neustadt an der Aisch) zum dritten Mal zum Provinzialvikar der Ordensprovinz gewählt. Auch der spätere (1499 und 1505) Generalvikar Johannes Keller († 1505) aus Kaysersberg war bei diesem Kapitel anwesend.

Humanistische Annen- und Marienverehrung

Im Kreuznacher Franziskanerkloster wurde - wie im benachbarten Kloster Sponheim der Benediktiner unter Abt Trithemius - eine besondere humanistische Annen- und Marienverehrung gepflegt[1].

1490 verfasste der Franziskaner Franz Wiler († 1514 oder 1517)[2] in Kreuznach das Buch Lignum pomiferum B[eatae] M[ariae] V[irginis][3], wörtlich „Fruchttragendes Holz der Hl. Jungfrau Maria“ als Sinnbild der Inkarnation Christi aus der reinen Jungfrau. Die Schrift widmete er dem Sponheimer Abt Trithemius. Wiler war ein Schüler des Wanderhumanisten Peter Luder (um 1415-1472) und gilt als Vorläufer des Baseler Humanismus. Er schrieb 1490 aus Kreuznach auch einen Brief an den Leipziger Medizinstudenten Peter Morderer über die theologischen Vorstellungen der „Immakulisten[4].

Albert Morderer († 1519)[5] ist 1492, 1496 als Guardian des Kreuznacher Franziskanerklosters belegt. Er verteidigte 1494/95 in einem Brief die Auffassung, dass Maria von ihrer Mutter Anna ohne Sünde empfangen worden sei[6].

Auseinandersetzung mit der Reformation

Im Kreuznacher Kloster ist vermutlich der geborene Kreuznacher („Stauronesius“[7]) Johannes Findling († 1538)[8] in den Franziskanerorden eingetreten. Er war der deutsche Organisator der Ablasspredigten von 1515 und veröffentlichte nach dem Bauernkrieg Streitschriften gegen Martin Luther[9]. Der Schweizer Franziskaner Daniel Agricola (um 1490–um 1540), der in Basel schon verschiedene Schriften veröffentlicht hatte - darunter eine Passion Christi[10] -, verfasste im Kreuznacher Kloster 1528 ebenfalls eine Streitschrift gegen Luther[11], die er Pfalzgraf Johann II. von Simmern (1492-1557) widmete.

Im Frühjahr 1525 fand am Sonntag Jubilate im Kreuznacher Kloster das Provinzialkapitel der Franziskaner statt. Erhalten ist ein Brief von Konrad Pelikan (1478–1556), damals noch Mitglied des Ordens, aus Basel nach Kreuznach, das er von einem Besuch im Jahre 1514 oder 1515 kannte. In dem Schreiben rechtfertigt Pelikan seine Hinwendung zur Reformation und entschuldigt sein Ausbleiben beim Ordenskapitel [12].

Umwandlung in ein Hospital

1559/68 wurde das Kloster von den Kurfürsten Ottheinrich (1502–1559) und Friedrich III. von der Pfalz (1559–1576) aufgehoben und das Gebäude mit seiner reichen Pfründendotation in ein Bürgerhospital umgewandelt; die Erinnerung daran hat sich im Straßennamen Hospitalgasse[13] erhalten hat.

1584 wurde das Grabdenkmal der Hedwig von Flersheim (um 1483-1516), der Frau des Franz von Sickingen, das sich im Chor der St.-Wolfgangs-Kirche befunden hatte, in die Pfarrkirche von Ebernburg überführt und war dort 1660 noch vorhanden. Ebenso erging es dem Grabmal der Schonette von Sickingen, geb Sien († 1483).

Wiederbesiedlung des Klosters

1623 wurde das Klostergebäude nach der spanischen Eroberung Kreuznachs wieder von den Franziskanern übernommen mit einer Unterbrechung von 1631 bis 1636 in der Zeit der schwedischen Besetzung[14]. In den 1650er Jahre scheiterte ein Versuch der Franziskaner, in der überwiegend reformierten Stadt Kreuznach eine katholische Schule zu gründen.

1660 wurden die noch vorhandenen Inschriften der Grabdenkmäler des Klosters von Adam Bürvenich (1603-1676) aufgenommen[15].

Der Guardian der Franziskaner in Kreuznach Werner Rost gründete 1680 das Kloster Maria Himmelfahrt in Spabrücken, das allerdings bereits 1681 von Kölner Franziskanern übernommen wurde.

Zerstörung und Wiederaufbau

Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurden Kloster und Kirche (bis auf den Chorraum) 1689 zerstört. 1708 wurde St. Wolfgang Pfarrei für Kreuznach rechts der Nahe. Mit Unterstützung von Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716), Herzog von Jülich und Berg („Jan Wellem“), erfolgte 1715-18 der Wiederaufbau. 1727 wurde die Kirche neu geweiht. Der 2009 wieder aufgefundene Grundstein von 1715 ist jetzt im St. Wolfgangs-Chor ausgestellt.

1802 in der Zeit der Zugehörigkeit von Kreuznach zu Frankreich wurde das Franziskaner-Kloster endgültig aufgehoben. 42 Werke der Klosterbibliothek in 27 Bänden befinden sich heute im Besitz der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf.

Nutzung als Schulgebäude und Bibliothek

Nach der Aufhebung des Kloster wurden die Gebäude zunächst als Militärhospital und Gefangenenlager benutzt, bis sie ab 1811 vom Collège de Creuznach, heute Staatliches Gymnasium an der Stadtmauer, genutzt wurden.

Hauptartikel: Gymnasium an der Stadtmauer

Die St.-Wolfgang-Kirche wurde 1926/28 renoviert und am 2. Januar 1945 bei einem Bombenangriff bis auf den Chor zerstört. Im St. Wolfgangs-Chor befindet sich heute die Heimatwissenschaftliche Zentralbibliothek des Landkreises Bad Kreuznach.

1891 wurde in Bad Kreuznach ein neues Kloster - seit 1905 St. Marienwörth - durch Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz aus Innichen gegründet.

Literatur

  • Patritius Schlager: Die Franziskaner und die katholische Restauration in Kreuznach. In: Pastor bonus 15 (1902/03), S. 367–374
  • Rudolf Stein: Das Franziskanerkloster zum Hl. Wolfgang in Kreuznach (1484-1700). In: Katholische Kirchengemeinde St. Wolfgang (Hrsg.): Festschrift zur Konsekration der Pfarrkirche St. Wolfgang Bad Kreuznach, Bad Kreuznach: Voigtländer 1963, S. 37-52
  • Hans Forster: Die Pfarrei St. Wolfgang in Kreuznach (1708-1808). In: Festschrift zur Konsekration der Pfarrkirche St. Wolfgang Bad Kreuznach, Bad Kreuznach: Voigtländer 1963, S. 53-67
  • Hans Forster: Die Pfarrei St. Wolfgang zu Creuznach im Kirchenkampf zur Zeit der französischen Herrschaft 1798-1814. In: Horst Silbermann (Hrsg.) Studienbuch zur Regionalgeschichte des Landkreises Bad Kreuznach (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach 21), Bad Kreuznach: Fiedler 1986, S. 287-325
  • Max Plassmann: Zur Bibliothek des Kreuznacher Franziskanerkonvents. In Wissenschaft und Weisheit 70 (2007), S. 212-230

Einzelnachweise

  1. Zu Marienverehrung und Annenkult im Humanismus und zur Diskussion um die Unbefleckte Empfängnis Mariens in Humanistenkreisen vgl. Anna Scherbaum: Albrecht Dürers Marienleben. Form, Gehalt, Funktion und sozialhistorischer Ort (Gratia 42), Wiesbaden: Otto Harrassowitz 2004, bes. S. 230-241 ISBN 3-447-05013-6.
  2. Theologe, Dichter und Musiker, Prediger in Pforzheim, nach der Kreuznacher Zeit tätig in Zabern, bevor er Lektor und Prediger im Barfüßerkloster in Basel wurde, gestorben in Heidelberg.
  3. Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau (Hs. 154, Blätter 1-54).
  4. Marienschrift und Brief Wilers sind erhalten in der Stadtbibliothek von Luxemburg (cod. 236); vgl. Ferdinand W. E. Roth: Aus Handschriften der Stadtbibliothek zu Luxemburg. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 37 (1911/12), S. 296-306, bes. S. 304f.
  5. Auch Albertus Latro (lateinisch „Bandit“) oder Albert François, ungenau auch „Moderer“.
  6. Vgl. Angelika Dörfler-Dierken: Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 50), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1992, S. 63 Anm. 59.
  7. Zu σταυρός „Kreuz“ und νῆσος „Insel“, begegnet auch bei Trithemius als Bezeichnung für Kreuznach.
  8. Auch „Finling, Funling“ u. ä., gräzisiert „Apobolymaeus“, 1512 Lektor des Ordens in Ingolstadt, 1516 Guardian in Mainz.
  9. Anzaigung zwayer falscher Zungen des Luthers wie er mit der ainen die paurn verfueret, mit der andern sy verdammet hat durch Admiratu[m] den Wunnderer, genant Johann Fundling, Landshut: Johann Weissenburger 1525; Lutheri Antilutherana. Opera Fratris Iohannis Apobolymei, alias findeling Minoritae Stauronesij, congesta, o. O. [Ingolstadt] 1528 (Online-Ressourcen, abgerufen am 3. November 2011).
  10. Passio D[omini] N[ostri] I[esu] C[hristi] secundum seriem quatuor evangelistarum ... illustrata, magnorumque virorum sententiis adornata, Basel 1509, und weitere Auflagen.
  11. Nur als Handschrift erhalten; Danielis Agricolae Minoritae Obeliscus (contra Lutherum). Praecedit fratrum Franciscanorum cenobii Crucenacensis ad D. Johannem Palatinem Rheni Bauariae ducem epistola dedicatoria, Kreuznach 1528 (Bayerische Staatsbibliothek München; Clm 9062).
  12. Vgl. Die Hauschronik Konrad Pellikans von Rufach, übers. von Theodor Dulpinus, Straßburg: J.H. Ed. Heitz 1892, S. 50f und 94-100; Johannes Beumer: Aus dem Chronikon des ehemaligen Franziskaners Konrad Pellikan. In: Franziskanische Studien 55 (1973), S. 258-273.
  13. Im 17. Jahrhundert auch: Nickelsgasse .
  14. Vgl. P. Schlager: a. a. O..
  15. Handschrift Adam Bürvenich: Annales seu Chronicon almae provinciae Coloniae Fratrum Minorum Strict. Observantiae Regularis seu Recollectorum, conscribi caepti 1665 mense Septembri, 1665 (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf; Sammlung Anton Joseph Binterim Ms. fol 2 B); vgl. Eberhard J. Nikitsch: Die Inschriften des Landkreises Bad Kreuznach (Die Deutschen Inschriften Bd. 34, Mainzer Reihe Bd. 3). Wiesbaden: Reicher 1993, S. xxiii u. a.
49.8422227.859722

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