Georg Sperber (Forstmann)

Georg Sperber (Forstmann)

Georg-Sebastian Sperber (* 8. Februar 1933 in Nürnberg) ist ein deutscher Forstpraktiker und Forstwissenschaftler. Er war maßgeblich am Aufbau des Nationalparks Bayerischer Wald beteiligt und wurde bundesweit vor allem durch seine Beiträge zu den Debatten um das so genannte Waldsterben und den Klimawandel bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Georg Sperber wurde 1933 in Nürnberg geboren. Nachdem er 1952 in Fürth sein Abitur abgelegt hatte, nahm er in München das Studium der Forstwissenschaften auf, das er 1959 mit der Diplomprüfung abschloss. Bereits während dieser Studienjahre führten ihn forstliche Auslandsaufenthalte nach Bosnien, Spanien und Schweden. Nach dem Diplom absolvierte Sperber das dreijährige Referendariat in der Bayerischen Staatsforstverwaltung und legte 1962 die Große Forstliche Staatsprüfung als Jahrgangsbester ab. Nebenbei promovierte er im gleichen Jahr mit der Dissertationsschrift Die Strobe im bayerischen Nordspessart auch an der Staatswirtschaftlichen Fakultät der Universität München, der auch die forstwissenschaftliche Abteilung angegliedert war.

In der Bayerischen Staatsforstverwaltung zunächst an mittelfränkischen Forstämtern tätig, kam Sperber 1964 als Lehrer an die Landesforstschule Lohr. 1967 kehrte er als Forstmeister ohne Revier nach Mittelfranken zurück und wurde mit der Vorbereitung der Tagung des Deutschen Forstvereins 1968 in Nürnberg beauftragt. Die für diesen Anlass von ihm verfasste Festschrift Die Reichswälder bei Nürnberg. Aus der Geschichte des ältesten Kunstforstes war weit darüber hinaus eine forstlich-kulturhistorische Studie von Rang. Der Deutsche Forstverein verlieh ihm dafür 1968 den Lorenz-Wappes-Preis.

1969 wurde Sperber zum stellvertretenden Leiter des neu geschaffenen Nationalparkamtes Bayerischer Wald ernannt und war so zusammen mit seinem früheren Kommilitonen Hans Bibelriether, der das Amt leitete, maßgeblich am Aufbau des ersten deutschen Nationalparks beteiligt.[1] Ab 1972 leitete Sperber – zuletzt als Forstdirektor – bis zu seiner Pensionierung zum 1. März 1998 das Forstamt Ebrach. In dieser Funktion war er für die Bewirtschaftung und Pflege des Steigerwalds zuständig. In der „Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft“ (ANW) engagiert, setzte Sperber deren Konzepte in seinem Amtsbereich in die Praxis um. Unter seiner Leitung wurde der Rückgang der Buche gestoppt, der Wald erschlossen und es wurden Pflegerückstände abgebaut. Sein oft kämpferischer Einsatz für eine Verringerung der Rehwild-Bestände sorgte zwar für eine hohe Artenvielfalt der Naturverjüngung, brachte Sperber allerdings auch viel Kritik aus der Jägerschaft ein.[2]

Schon früh betätigte sich Sperber naturschützerisch und engagierte sich in der 1972 von Naturschützern, Wissenschaftlern und Publizisten gegründeten „Gruppe Ökologie“. Der Forstmann bewies, dass sich Naturschutz und nachhaltig genutzter Wirtschaftswald nicht ausschließen. So ließ er während seiner Amtszeit im Staatsforst Ebrach rund 400 Waldtümpel anlegen, die unter anderem für den seltenen Fadenmolch geeignete Laichgewässer darstellen, den Sperber dort im Jahr 2000 erstmals sicher bestätigen konnte. Sperbers Aktivitäten erreichten weit über den Forstamtsbereich und Bayern hinaus bundesweite Aufmerksamkeit. Das Forstamt Ebrach entwickelte sich unter seiner Leitung zu einem forstlich-naturschützerischem „Wallfahrtsort“ nicht nur für Forstreferendare, sondern auch für zahlreiche andere Interessierte.[3]

Nachdem die bayerische Landesregierung unter Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) im Jahr 2003 die Zerschlagung der bisherigen bayerischen Forstorganisation beschlossen hatte, wurde das traditionsreiche Forstamt Ebrach zum 1. Juli 2005 im Zuge der so genannten Forstreform in Bayern aufgehoben.

Von 1967 bis 1969 war Sperber, der in jüngeren Jahren auch die Beizjagd ausübte, Gaumeister (Vorsitzender) des Landesverbands Bayern des Deutschen Falkenordens (DFO). 1988 gehörte er zu den Mitgründern des „Ökologischen Jagdverbandes“ (ÖJV).

Als Anfang der 1980er-Jahre die Diskussion um das so genannte Waldsterben aufkam, war Sperber einer der ersten Warner. Zusammen mit seinem Kollegen, dem Forstamtsleiter Georg Meister, und dem Redakteur Christian Schütze verfasste er die Darstellung Die Lage des Waldes. Ein Atlas der Bundesrepublik. Daten, Analysen, Konsequenzen (1984). Dieses Buch spielte in der Debatte insofern eine wichtige Rolle, da darin erstmals umfangreiches Datenmaterial zur bundesweiten Waldsituation zusammengestellt und allgemeinverständlich aufbereitet worden war.

In den 1990er-Jahren konzentrierte sich Sperber dann auf die Themen Waldethik und Klimawandel. Für letzteren glaubt er im Wald viele Anzeichen gefunden zu haben, darunter den Umstand, dass der Holzeinschlag früher stets verlässlich im Winter bei Schnee und gefrorenem Boden möglich war, heute aber oftmals nicht mehr, wodurch in den matschigen Waldböden teilweise schwere Schäden durch die Holzernte entstehen.[4] Als der World Wide Fund for Nature (WWF) das Projekt „Klimazeugen“ ins Leben rief und dazu am 22. November 2005 in Brüssel ein Gespräch zwischen fünf europäischen „Klimazeugen“, ihren Länderabgeordneten und weiteren Mitgliedern des europäischen Parlamentes initiierte, vertrat Sperber Deutschland. Als deutscher „Klimazeuge“ berichtete er dort über seine Erfahrungen mit dem Klimawandel und überreichte dem EU-Umweltdirektor Jos Delbeke 1313 Unterstützer-Postkarten aus seinem Heimatland.[5]

Sperber engagiert sich bereits seit einigen Jahren für die Aufnahme von Teilen des Naturparks Steigerwald in das UNESCO-Weltnaturerbe-Programm durch die Umwidmung in einen „Nationalpark Steigerwald“.[6]

Daneben engagiert sich Sperber auch im „Arbeitskreis Forstgeschichte in Bayern“. Zu seinen zahlreichen Fachveröffentlichungen gehört der 2005 zusammen mit Forstamtsleiter Stephan Thierfelder herausgebrachte Bildband Urwälder Deutschlands.

Forstdirektor a. D. Dr. Georg Sperber lebt mit seiner Frau in Ebrach.

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • Die Strobe im bayerischen Nordspessart, Dissertation, München 1962 (auch enthalten in dem zusammen mit Hans Bibelriether verfassten Buch Lärche und Strobe im Spessart, Forstwissenschaftliche Forschungen (Heft 16), Hamburg und Berlin 1962)
  • Die Reichswälder bei Nürnberg. Aus der Geschichte des ältesten Kunstforstes, Mitteilungen aus der Staatsforstverwaltung Bayerns (Heft 37), München 1968
  • zusammen mit Hans Bibelriether: Gehege im Nationalpark Bayerischer Wald, Grafenau 1971
  • zusammen mit Georg Meister, Christian Schütze: Die Lage des Waldes. Ein Atlas der Bundesrepublik. Daten, Analysen, Konsequenzen, Hamburg 1984, ISBN 3-570-02141-6
  • zusammen mit Stephan Thierfelder: Urwälder Deutschlands, München, Wien und Zürich 2005 (Neuausgabe/ 2., durchgesehene Auflage, München 2008, unter dem Titel Urwälder Deutschlands. Nationalparks, Naturwaldreservate und andere Schutzgebiete, ISBN 978-3-8354-0399-4)
  • zusammen mit Thomas Stephan: Frankens Naturerbe. Buchenwälder im Steigerwald, Bamberg 2008 (ISBN 978-3-936897-62-3)

Neben zahlreichen Beiträgen in Fachzeitschriften gehörte Sperber zudem zu den Mitverfassern folgender Werke:

  • Jagd-Lexikon, München 1984, ISBN 3-405-12947-8
  • Waldökosysteme im globalen Klimawandel. Hintergründe und Handlungsbedarf, Bonn 1994, ISBN 3-87081-274-5
  • Ökologische Waldwirtschaft. Grundlagen - Aspekte - Beispiele, Heidelberg 1994 (2. Auflage 1996, ISBN 3-7880-9888-0)
  • Naturnahe Waldwirtschaft. Prozeßschutz oder biologische Nachhaltigkeit?, Holm 1997, ISBN 3-930720-31-0
  • Die Sandbirke - die Birken. Fachtagung zum Baum des Jahres 2000. Berichte aus der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Nr. 28. Freising 2000
  • Forum Forstgeschichte. Ergebnisse des Arbeitskreises Forstgeschichte in Bayern 2000-2002, München 2003, ISBN 3-933506-22-0

Literatur

  • Forstdirektion Oberfranken/Redaktion: Dr. Georg Sperber im Ruhestand, in Forst und Holz, 53. Jahrgang, Heft 08/1998, ISSN 0932-9315, S. 245-246

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Interview von Dr. Dieter Lehner mit dem Forstwissenschaftler Dr. Georg Sperber, BR-alpha, 19. Oktober 2005; abgerufen am 26. Juli 2010
  2. vgl. zum Beispiel Werwolf in Grün. Deutschlands Ökologen blasen zur biologischen Jagd: Überhöhte Rehwildbestände, warnen sie, gefährden den Wald. In: Der Spiegel 10/1974 (Fassung bei Spiegel Online); abgerufen am 26. Juli 2010
  3. Forstdirektion Oberfranken/Redaktion: Dr. Georg Sperber im Ruhestand, in Forst und Holz, 53. Jahrgang, Heft 08/1998, S. 245-246
  4. Interview von Julia Balz mit dem Klimazeugen Dr. Georg Sperber, WWF, November 2005; abgerufen am 26. Juli 2010
  5. WWF: Ortstermin in Brüssel. WWF-Klimazeugen geben Klimawandel Gesicht, www.socialtimes.de vom 17. November 2005
  6. Zurück zum Urwald, spiegel.de.
  7. http://www.br.de/franken/inhalt/aktuelles-aus-franken/deutscher-umweltpreis-verdienstmedaille-bayern-sperber-iphofen100.html

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