- Stadtbahn Jerusalem
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Stadtbahn Jerusalem StreckenführungStreckenlänge: 13,283 km Spurweite: 1435 mm (Normalspur) Maximale Neigung: 90 ‰ Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h Legende'Heil Ha-Avir (doppelter Gleiswechsel) Sayeret Dukhifat Pisgat Ze'ev Center Yekuti'el Adam New Adam Bridge Old Adam Bridge (Autobahn 60) (einfacher Gleiswechsel gegen Fahrrichtung) Beit 'Hanina (innerbetrieblich: Shuafat North) Shu'afat (innerbetrieblich: Shuafat Center) Es-Sahl (innerbetrieblich: Shuafat South) Abzweig zum Depot Giv'at-Ha Mivtar (innerbetrieblich: French Hill) Ammunition Hill (einfacher Gleiswechsel gegen Fahrrichtung) Shim'on Ha-Tsadik Shivtei Israel (Kehrgleis in Mittellage) (einfacher Gleiswechsel gegen Fahrrichtung) Damascus Gate City Hall Jaffa Center (innerbetrieblich: King George) Ha-Davidka Mahane Yehuda Ha-Turim (innerbetrieblich: Jaffa West) (einfacher Gleiswechsel gegen Fahrrichtung) Central Station Calatrava-Brücke (über Kikar Shitrit) Kiryat Moshe (innerbetrieblich: Ben Dor) He-'Haluts (innerbetrieblich: Haft Square) (einfacher Gleiswechsel gegen Fahrrichtung) Denia Square Yefeh Nof Mount Herzl (doppelter Gleiswechsel) Die Stadtbahn Jerusalem (hebr. הרכבת הקלה בירושלים [HaRakevet hakala biruschalajim], engl. Jerusalem Light Rail Transit) ist eine von Alstom/Citadis erbaute und am 19. August 2011 eröffnete Straßenbahn in Jerusalem. Sie besteht derzeit aus einer einzigen Linie, L 1, zwischen Pisgat Ze'ev und Herzlberg.
Diese Linie ist 13,8 Kilometer lang und hat 23 Haltestellen. Wahrzeichen ist die 118 Meter hohe Calatrava-Brücke, eine Hängebrücke, die der spanische Architekt Santiago Calatrava erbaut hat. Die am 25. Juni 2008 eingeweihte Brücke ist für die Straßenbahn und Fußgänger reserviert.[1]
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte schienenbetriebener Nahverkehrsmittel in Jerusalem
Frühe Ideen für ein Straßenbahnsystem in Jerusalem wurden 1892 im Zusammenhang mit der Eröffnung der Bahnstrecke Jaffa–Jerusalem von dem aus dem Libanon stammenden und an der Planung dieser Strecke beteiligten Ingenieur George Franjieh vorgelegt.[2] Dieses Netz sollte Jerusalem mit Bethlehem bzw. Ein Kerem verbinden, die Idee blieb jedoch bereits im Ansatz ohne Resonanz.
1910 gab eine Anzeige in der Havazelet bekannt, dass die damaligen Behörden eine Errichtung planten, indem Gebote „für den Bau elektrischer Wagen“, d.h. den Bau eines Straßenbahnnetzes, erbeten wurden.[3] 1914 hatten schließlich die Behörden des Osmanischen Reichs mit dem griechischen Unternehmer Mavrommatis einen Konzessionsvertrag über den Bau einer Straßenbahn sowie den Ausbau der Wasser- und Stromversorgung in Jerusalem geschlossen. Die Arbeiten verzögerten sich allerdings wegen des Ersten Weltkrieges, an dessen Ende Palästina unter die Verwaltung Großbritanniens gestellt wurde. Folgedessen weigerte sich die britische Regierung, den Vertrag mit Mavrommatis anzuerkennen bzw. aufrechtzuerhalten. Sie vergab die Konzession neu an einen britischen Unternehmer. Da jedoch das XII. Zusatzprotokoll zum Vertrag von Lausanne vorsah, dass die bis einschließlich 1914 von den osmanischen Behörden vergebenen Konzessionen seitens der britischen Regierung zu beachten seien, kam dieser Fall vor den Ständigen Internationalen Gerichtshof. Am 30. August 1924 gab dieser seine Entscheidung unter dem Titel „Mavrommatis Palestine Concessions“ bekannt.[4]
Inwieweit der im Zusammenhang mit der Eröffnung der neuen Stadtbahn in der israelischen überregionalen Tageszeitung Haaretz vorgestellte, bis dahin praktisch vergessene, Betrieb einer Light rail 1918 durch die britische Armee tatsächlich als Straßenbahn und damit in Erfüllung der nunmehr von den britischen Behörden vergebenen Konzession als Vorläufer der heutigen Stadtbahn anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben, den bekannten Fotos nach ist sie eher als dampfbetriebene Schmalspurbahn einzuordnen. Gleichwohl führte die damalige 30 km lange Strecke von der Deutschen Kolonie (Moschawa germanit) im Süden Jerusalems über Giv'at Ram und das heutige Parlamentsgelände entlang des Valley of the Cross, Giv'at Ha-Mivtar, French Hill, Shu'afat bis Al-Bireh, einem Vorort von Ramallah, durch heutiges (bzw. bebautes) Stadtgebiet. Betrieben wurde sie allerdings nach nur viermonatiger Bauzeit (Mai bis September 1918) nur einige Monate: Bereits Ende 1918 wurde sie überflüssig und wenige Monate später abgebaut.[3]
Über weitere Planungen von schienengebundenen Nahverkehrsmitteln in Jerusalem, insbesondere zur britischen Konzessionierung nach dem Ersten Weltkrieg, ist nichts näheres bekannt. Zur Geschichte der Eisenbahn im britischen Mandatsgebiet Palästina siehe im Übrigen unter: Palestine Railways.
Planungen und Bau der Stadtbahn
Planung
Auf das mit der Bevölkerungszahl rapide wachsende Verkehrsbedürfnis reagierte die Stadt, auch auf dem Hintergrund der politisch diffizilen Situation in Israel, bis weit über die 1970er Jahre hinaus nur mit zunehmenden Straßenausbau sowie immer weitergehenderen Planungen zu Stadtautobahnen und Untertunnelungen, wobei der ausschließlich busgestützte öffentliche Nahverkehr durch die trotzdem weiter zunehmende Stauproblematik immer mehr an Attraktivität und an Fahrgästen verlor. Allerdings bereitete dies ab den 1980er-Jahren auch den Boden für einen grundlegend neuen Planungsansatz.[5]
Die konzeptionellen Planungen für die Stadtbahn basieren auf dem Integrierten Verkehrsplan für Jerusalem, der auf dem Hintergrund der beschriebenen Verkehrsprobleme ab den 1980er-Jahren systematisch vorbereitet und aufgebaut wurde.[5] Insofern entspricht dieses Vorgehen den bekannten Ansätzen aus Europa.
1995 erklärte der damalige Bürgermeister von Jerusalem, Ehud Olmert, enthusiastisch, dass das Straßenbahnsystem innerhalb von fünf Jahren im Stadtzentrum etabliert sein wird.[6] Mit der Entscheidung, mit dem Bau der Stadtbahn gleichzeitig das gesamte Wasser- und Abwassersystem im Bereich der Strecke zu erneuern, war allerdings vorprogrammiert, dass der Bau erheblich länger dauern würde, wie von Ehud Olmert zunächst versprochen: Ein Start der Straßenbahn im Jahr 2000 erschien daher von vornherein für unrealistisch.
2000 begann das Bieterverfahren für die Bau- und Betreiberkonzession, das im Jahr 2002 mit dem Zuschlag für den Konzessionär CityPass beendet wurde.
Konzessionierung
Connex Jerusalem Ltd., eine Tochter von Veolia Transportation und später Partner des CityPass-Konsortiums, hat die Konzession für den Bau und Betrieb der ersten Straßenbahnlinie in Israel erhalten. Das CityPass-Konsortium wiederum, das heute der Konzessionär ist, setzt sich aus den Unternehmen Alstom (20 % der Anteile, Fahrzeuge, technische Ausrüstung), Ashtrom (27,5 %, israelischer Bau- und Immobilienkonzern), den Finanzierern Harel (20 %) und Polar Investments (17,5 %), dem Israel Infrastructure Funds (10 %) sowie Veolia Transportation (vormals Connex Jerusalem Ltd., 5 %) als Betreiber zusammen[7]; der Vertrag für den Bahnbetrieb soll bis zum Jahr 2036 laufen. Unter Connex Jerusalem Ltd. wurde Citadis Israel gegründet, ein israelisches Unternehmen, das zu Alstom gehört und das mit dem Einbau, der Inbetriebnahme und Wartung der technischen Einrichtungen beauftragt wurde.
Bau
„Groteske Planungsfehler, jahrelange Verzögerungen, immense Kosten, politische Streitereien über den Trassenverlauf und grundsätzliche Zweifel am Sinn der 13,8 Kilometer langen Strecke haben den Bau der Straßenbahn begleitet.“[8]
Erst im Dezember 2005 - mehr als fünf Jahre nach dem ersten verkündeten Eröffnungstermin - begann der Bau der Strecke selbst mit dem Verlegen der ersten Gleise. Diese Verlegung wurde allerdings unsachgemäß ausgeführt, die Gleise mussten entfernt und wieder neu verlegt werden. Allein dadurch verlängerte sich die Bauzeit um zwei Jahre[9], was zu der Situation führte, dass zwar ab 7. Mai 2008 die ersten Fahrzeuge angeliefert wurden, die Strecke zu diesem Zeitpunkt aber erst zur Hälfte fertiggestellt war.
Weitere Verzögerungen ergaben sich in Shu'afat, als während des Baus Reste einer spätrömischen Siedlung (geordnete Häuserreihen, die nach Norden ausgerichtet waren und Reste zweier Badehäuser) entdeckt wurden.[9] Mehrere Monate ruhten in diesem Abschnitt die Bauarbeiten, da während der archäologischen Ausgrabungen keinerlei Baufortschritt möglich war.
Der Probebetrieb auf der nur teilweise fertiggestellten Strecke begann am 24. Februar 2010, baulich fertiggestellt wurde sie am 15. Juni 2010.[6]
Bedeutende Kontroversen
Die Strecke führt vom Damaskustor bis Shim'on Ha-Tsadik auf der Demarkationslinie von 1967 entlang und weiter nördlich schließlich in den Teil Jerusalems, der von der palästinensischen Autonomiebehörde als Staatsgebiet beansprucht wird. Pisgat Ze'ev als nördlicher Endpunkt der Linie ist ein Stadtteil, der ab 1982 in dem im Sechs-Tage-Krieg 1967 eroberten Ostteil der Stadt errichtet wurde und demzufolge seitdem umstritten ist. Dies hat von Beginn der Planungen an zu Protesten der Autonomiebehörde geführt.
Aus der Sicht des Jerusalemgesetzes werden Stadtgebiete, wie French Hill und Pisgat Ze'ev als untrennbarer Teil des (israelischen) Jerusalem betrachtet, während die palästinensische Autonomiebehörde z.B. 2009 das Ausland um Unterstützung ihrer Position aufrief, den Bau der Stadtbahn zu verhindern.[10].
Wie die israelische Tageszeitung Ha'aretz berichtete, versuchte, die PLO in Frankreich, Veolia und Alstom gerichtlich dazu zu zwingen, das Stadtbahn-Projekt in Jerusalem aufzugeben, da es gegen internationales Recht verstoße, und der Bürochef des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas rief alle arabischen Staaten dazu auf, Veolia zu boykottieren.[11] Überdies wurden die arabischen Staaten aufgefordert, ihre Verbindung zu allen Firmen, die mit der Stadtbahn in Jerusalem (also über die französischen Firmen Veolia und Alstom hinaus) verbunden sind, zu beenden.[10] Dem vorausgegangen war der auf diesen Druck hin erfolgten Rückzug der niederländischen ASN-Bank aus der Finanzierung des Projektes.[12] In der Folge hatte Veolia bei Ausschreibungen in Stockholm und Sandwell (GB) wegen der Proteste das Nachsehen, mehrere Banken und Pensionsfonds entfernten die Aktien von Veolia und Alstom aus ihrem Portfolio.[13]
Im Ergebnis, so die palästinensische Seite in ihrer Argumentation, würde durch diese Stadtbahnverbindung endgültig und dauerhaft verhindert, dass Ost-Jerusalem Hauptstadt eines palästinensischen Staates im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung werden würde und werden könnte.
Vor der Inbetriebnahme gab es Forderungen nach Trennung der Passagiere. Einerseits gab es Juden, die Bedenken hatten mit Arabern im selben Wagen zu fahren[14], andererseits verlangten Haredim nach einer Geschlechtertrennung.[15]. Beide Forderungen wurden nicht erfüllt, im Gegenteil: Am 6. Januar 2011 erklärte der Oberste Gerichtshof von Israel die Geschlechtertrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln für illegal.[16] Für die allgemeine Sicherheit gibt es jedoch eigenes Sicherheitspersonal in jedem Wagen.[17]
Eine aktuell bedeutende Kontroverse - es geht nach Presseangaben um 500 Millionen NIS - ist offenbar die zwischen dem Jerusalem Transport Master Plan Team, das sich im Sinne einer Technischen Aufsichtsbehörde nach dem israelischen Standard SI 5350 (siehe Betrieb (Grundsätzliches)) versteht, und dem Konzessionär CityPass, wobei das Jerusalem Transport Master Plan Team dem Konzessionär Citypass vor allem vorwirft, das gesamte System trotz Kenntnis der vorhandenen Schwierigkeiten von vornherein zu billig angeboten zu haben, während CityPass kontert, dass die Verteuerungen durch die Behörde selbst verursacht worden seien. Diese Kontroverse führte zu einem jahrelangen und noch nicht beendeten Schlichtungsverfahren.[6]
Streckenbeschreibung
Verlauf der Strecke
Die Linie L 1 beginnt im nördlichen Stadtteil Pisgat Ze'ev, zunächst in Mittellage der Straße Sderot Moshe Dayan bis zur Haltestelle „Sayeret Dukhifat“, danach in östlicher Seitenlage bis „Yekuti'el Adam“.
Von hier bis Beit 'Hanina wurde eine an die Straßenführung angelehnte neue Trasse geschaffen, für die u.a. eine Brücke an den Hang gebaut wurde. Für die Überführung über die Autobahn 60 wurde die vorhandene Brücke verbreitert. Durch den arabischen Stadtteil Shu'afat hindurch (ab der Haltestelle Beit 'Hanina) befindet sich die Strecke in Mittellage der Derech Shuafat, deren Fahrbahn dazu von vier auf zwei Kfz-Spuren verengt wurde.
An der Haltestelle Giv'at Ha-Mivtar (French Hill) wechselt die Bahn in Seitenlage der Sderot Haim Bar Lov und fährt von hier bis zum Damaskustor (ab Shim'on Ha-Tsadik in Mittellage) genau entlang der Demarkationslinie zwischen Westjerusalem und Ost-Jerusalem. Ab dem Damaskustor bis zur Einmündung der Jaffa-Straße befindet sich der Abschnitt mit Rasengleis (ca. 300 m). Ab dort ist bis zur Haltestelle „Central Station“ (ZOB) die komplette und einst hoch belastete Jaffa-Straße als Fußgängerzone umgebaut worden. An dieser Stelle wird derzeit auch an dem neuen Hauptbahnhof von Jerusalem gebaut: 2014 soll in ihm in 80 Meter Tiefe die künftige Hochgeschwindigkeitsstrecke von Tel Aviv enden.
Hinter dem Zentralen Omnibus-Bahnhof wird über die Calatrava-Brücke, dem Wahrzeichen der Straßenbahn, die Sderot Herzl erreicht, die nach einem kurzen Stück in westlicher Seitenlage bis He-'Haluts in Mittellage befahren wird. Zwischen He-'Haluts und Yefeh Nof wurde die vierspurige Straße – an der die Straßenbahn nunmehr in Seitenlage fährt – auf zwei Spuren verengt, deren eine Spur Richtung Herzlberg nur von Bussen und Taxis benutzt werden darf. Ab Yefeh Nof bis zur Endstation Mount Herzl liegt die Strecke wieder in Mittellage der Kiryat Hayovel-Straße.
Technische Ausrüstung
Die zweigleisige Strecke mit der Normalspur von 1435 mm ist mit Ausnahme eines kurzen Abschnitts entlang der Stadtmauer der Altstadt von Jerusalem, der als Rasengleis ausgeführt wurde, komplett in der Bauform „feste Fahrbahn“ ausgeführt. Beidseits befinden sich Notwege von 60 cm Breite.
Die Strecke ist mit nachgespannter Einfachfahrleitung ausgerüstet mit einer Spannung von 750 Volt Gleichstrom. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit beträgt 60 km/h.
Als Besonderheit befinden sich an der Trasse insgesamt sieben, durch Schrankeneinrichtungen und rotes Springlicht gesicherte, private Grundstückszufahrten (je eine zwischen Pisgat Ze'ev Center und Yekuti'el Adam, Giv'at Ha-Mivtar und Ammunition Hill, sowie fünf zwischen He-'Haluts und Denia Square, wobei davon zwei mal zwei Grundstückszufahrten direkt nebeneinander liegen und damit gleichzeitig gesteuert werden).
Hinter den beiden Endhaltestellen 'Heil Ha-Avir und Herzlberg befinden sich Wendeanlagen mit jeweils zwei Gleisen für jeweils zwei Zugeinheiten (also für insgesamt vier Züge), gekehrt wird über doppelte Gleiswechsel, die nach keinem festen Plan befahren werden. Diese Gleiskreuze befinden sich in 'Heil Ha-Avir vor der Endstation, in Mount Herzl dahinter.
Die fünf Gleiswechsel befinden sich (vom Herzlberg aus gesehen) nach den Haltestellen Denia Sq., Central Station, Damascus Gate, kurz vor der Haltestelle Ammunition Hill und wieder hinter der Haltestelle Beit 'Hanina und werden nach Bedarf für das Kehren von Zügen verwendet. Die Haltestelle Damascus Gate besitzt überdies ein Kehrgleis in Mittellage, das allerdings, wie auch die Gleiswechsel, nur über handbediente Weichen erreicht werden kann, die nach dem Befahren durch die Fahrer der Züge jeweils wieder zurückgestellt werden müssen.
Dadurch, dass regelmäßig Doppelzüge mit rund 65 m Länge eingesetzt werden, wurden alle Bahnsteige behindertengerecht mit einheitlich 75 m Länge ausgeführt. Sie liegen alle an einem geraden Streckenabschnitt, in der Regel rechts von der Fahrtrichtung, mit Ausnahme der Haltestellen Shivtei Israel, Es-Sahl, Shu'afat und 'Heil Ha-Avir, die in Mittellage (Ausstieg links) liegen.
Calatrava-Brücke - die „weiße Harfe“
Ende Mai 2008 wurde die Hängebrücke über den Kikar Shitrit aufgerichtet und zusammengebaut. Die „weiße Harfe“ wurde von dem spanischen Architekten Santiago Calatrava entworfen. An einem 118 Meter hohen weißen Pylon sind 66 weiße Stahlkabel mit einer Dicke von 4 cm abgespannt, die - neben den außerhalb des Kikar Shitrit befindlichen Stützen - die Last des insgesamt 4.500 Tonnen schweren Brückenbauwerks, dessen Überbau ebenfalls ganz in weiß gehalten ist - tragen. Auf der Autobahn 1 bei der Zufahrt von Tel Aviv nach Jerusalem ist die Calatrava-Brücke schon von weitem zu sehen und ist auf diese Weise ein neues Wahrzeichen der Stadt geworden.
Für den Entwurf soll sich Calatrava durch Psalm 150 („Lobt IHN mit Posaunen, lobet IHN mit Psalter und Harfen“) inspiriert haben. Der Vergleich mit dem Kinnor von König David soll allerdings konkret auf Bürgermeister Uri Lupolianski zurückgehen, der bei der Verwirklichung des Bauprojekts eine entscheidende Rolle spielte.[12] Am 25. Juni 2008 wurde die 49 Millionen Euro teure Brücke im Beisein des Architekten, des Bürgermeisters sowie des Ministerpräsidenten Ehud Olmert mit einem Lichtfest eingeweiht[18], wobei Calatrava bekannte, dass er zwar über 40 Brücken auf der ganzen Welt erbaut habe, „aber auf diese Brücke bin ich stolz“. [1][19]
Betrieb
Grundsätzliches
Der für Stadtbahnen 2002 neu geschaffene israelische Standard SI 5350[20] entspricht exakt der englischen Übersetzung der deutschen BOStrab. Dadurch wird auf Sicht gefahren (§ 49 SI 5350, identisch mit § 49 BOStrab) und die technische Signalisierung ist insgesamt identisch mit Anlage 4 zur BOStrab (SI 5350), die fünf beschrankten Wegübergänge werden bahnseitig allerdings nicht mit Bü-Signalen gesichert.
Gleichwohl wurden wegen der auf der Strecke vorhandenen Steigungen bis zu neun Prozent alle Abschnitte mit mehr als sieben Prozent Gefälle (insgesamt sieben Abschnitte) und zusätzlich das westliche Gleis der Calatrava-Brücke als block zones (Blockstrecken) ausgebildet und gesondert, d.h. über das in § 49 SI 5350 (identisch zu § 49 BOStrab) geforderte hinaus, signalisiert, so dass auf der Strecke insgesamt acht "block zones" vorhanden sind. Zwei weitere block zones befinden sich auf der Zufahrt zum Betriebshof in Anata. Block zones sichern auch die Aufstellgleise in den beiden Endhaltestellen.
Die Straßenbahn ist für die Warnung anderer Verkehrsteilnehmer mit Hupe und Warnklingel ausgestattet, die Türschließung wird mit einem Brummton angekündigt und durch Lichtschranken überwacht.
Wie in Israel im Straßenverkehr allgemein üblich, werden die Stationen dreisprachig - hebräisch, arabisch und englisch - ausgeschildert, in den Zügen im Linienband wechselnd in diesen Sprachen angegeben und auch vor jedem Halt über Band angesagt. Dabei entspricht die Ansage in einzelnen Fällen nicht der Anzeige auf dem Streckenband (zum Beispiel: Ansage „Davidka“ statt „Ha-Davidka“ auf dem Streckenband, gleiches auch bei der Ansage „Dukhifat“ statt „Sayeret Dukhifat“ oder „Central Bus Station“ als offiziell „Central Station“). Auf diese Weise führt es bei der Ansage einzelner Stationen (z.B. Dukhifat, Davidka oder auch Yefeh Nof) praktisch dazu, dass die jeweilige Haltestelle faktisch dreimal angesagt wird. Bei Betriebsstörungen wird derzeit allerdings nur die hebräische Sprache benutzt.
Auf Grund der uneinheitlichen Transkription des Hebräischen kommt es im Englischen zum Teil zu erheblichen Abweichungen in der Schreibweise der Stationen: So folgt das oben rechts ausgewiesene Streckenband der (offiziellen) Schreibweise an den Stationen – in den Zügen wird beispielsweise für die beiden Endhaltestellen „Kheil Ha'avir“ (statt „'Heil Ha-Avir“) und „Mount Hertzel“ (statt „Mount Herzl“) angegeben.
Zentrale Einrichtungen
Der Betriebshof mit den Werkstätten und einer Größe von etwa vier Hektar befindet sich in Ostjerusalem im Stadtteil Anata, nur wenige hundert Meter von einem der großen Grenzübergänge in das Westjordanland entfernt und wird von French Hill aus durch zwei miteinander verbundene eingleisige Strecken erreicht. Erst im Betriebshof selbst befindet sich ein doppelter Gleiswechsel, um dann die Abstellgleise, die Werkstätten und die Waschanlage freizügig zu erreichen.
Im Depot befindet sich das Zentrum für die gesamte Steuerung des Betriebes.
Fahrplan
Die Stadtbahn Jerusalem fährt sonntags bis donnerstags von 5:30 Uhr bis 0:00 Uhr, freitags von 5:30 Uhr bis gegen 15:00 Uhr und samstags von 22:00 bis 0:00 Uhr.
In der vollen Betriebsdurchführung soll die Stadtbahn in der Frühspitze alle 4,5 min, in der Nachmittagsspitze alle 5 Minuten verkehren, tagsüber alle 8 Minuten (freitags tagsüber alle 6 Minuten) und außerhalb dieser Zeiten alle 12 Minuten.[6]
Fahrzeuge
Für den Betrieb sind insgesamt 46 fünfteilige Niederflurfahrzeuge des Typs Citadis 302 mit 32.516 mm Länge vorgesehen, deren zwei jeweils miteinander fest verbunden sind. Um die im Streckennetz vorhandenen Steigungen bis neun Prozent bewältigen zu können, sind alle Achsen der Fahrzeuge angetrieben. Sie haben nach Angaben des Herstellers 56 Sitzplätze und zusätzlich acht Klappsitze sowie 164 Stehplätze (bei 4 Personen/m²), sind mit kugelsicheren Scheiben ausgerüstet und ihre mechanischen Teile wurden vollständig verkleidet.[9]
Von den daraus gebildeten 23 Zügen sollen pro Tag maximal 21 zum Einsatz kommen, das bedeutet, dass eine Verfügbarkeit von 95 Prozent garantiert werden muss. Die Auslieferung der ersten 30 Fahrzeuge erfolgte ab 2008, am 7. Mai 2008 erreichte das erste Fahrzeug den Betriebshof in Anata.[9]
Die Wartung der Fahrzeuge erfolgt durch Citadis Israel Maintenance im Betriebshof Anata.
Betriebsaufnahme
Die Eröffnung[21] wurde nicht weniger als viermal neu angesetzt: Das ursprüngliche Eröffnungsdatum war Januar 2009, mit diesem Datum hatte CityPass auch die Ausschreibung gewonnen (bereits dieses Datum bedeutete gegenüber den Versprechen von Ehud Olmert eine Verzögerung von neun Jahren). Auf Grund finanzieller Probleme und dem Mangel an ausgebildetem Personal wurde der Termin zunächst auf August 2010 verlegt. Zu diesem Zeitpunkt - die bauliche Fertigstellung war gerade zwei Monate her - hatte sich überdies herausgestellt, dass das Signalisierungssystem der Straßenbahn inkompatibel zu dem israelischen System der Knotensignalisierung war, und so war CityPass gezwungen, eine weitere Verlängerung, diesmal bis April 2011 zu beantragen. Doch da diese Probleme weiterhin bestanden und andere Sicherheitsfragen ebenfalls ungelöst waren, wurde der Termin erneut verschoben und nunmehr auf August 2011 festgesetzt.[6]
Wenige Tage vor der Eröffnung gab der Konzessionär CityPass in der Öffentlichkeit bekannt, dass er an der Eröffnung am 19. August 2011 mit einem beschränktem Betrieb („limited operation“) festhalte.[22] Die Stadtverwaltung hatte ihrerseits im Vorfeld entschieden, bis zum 1. September 2011 eine kostenlose Nutzung des Systems anzubieten, da es Probleme mit den Fahrkartenautomaten gibt.[23] Gleichzeitig wurde entschieden, den parallelen Busverkehr solange beizubehalten, bis „full operation“, d.h. der vertraglich vereinbarte Zustand erreicht worden sei.[24] Anfang September waren die Probleme noch immer ungelöst, sodass Citypass die kostenlose Nutzung zunächst bis Mitte Oktober verlängerte.[25] Mittlerweile - die kostenlose Nutzung dauert nach wie vor an (Stand 4. November 2011) - wird über eine Beendigung noch im November 2011 diskutiert.
Ohne große Eröffnungszeremonie begann an diesem Tag mit 14 Zügen der Betrieb.[26] Dabei werden für die Gesamtstrecke 70 Minuten als Fahrzeit veranschlagt, gegenüber den 42 Minuten, die im Vertrag zwischen der Regierung und dem Konzessionär Citypass vorgesehen sind. Dies entspricht einer Taktfolge von zehn bis zwölf Minuten.[27] Umgerechnet auf die Gesamtlänge der Strecke ergibt sich daraus eine Reisegeschwindigkeit von rund 12 km/h.
Die Erlebnisse der Reisenden am Eröffnungstag standen im Blickpunkt der Zeitungen, auch im Ausland, immerhin wurden an diesem Freitag bis zum Betriebsschluss 15 Uhr über 40.000 Passagiere befördert.[26][28]
Verbleibende Probleme, wie z.B. die Bevorrechtigung an Lichtsignalanlagen, Probleme mit der Klimatisierung, elektrische und nachrichtentechnische Probleme und die Probleme mit dem Fahrkartenverkaufssystem, sollen innerhalb der nächsten vier Monate, d.h. bis zum Jahresende 2011, gelöst sein.[6]
Am 10. Oktober 2011 gab es den ersten Steinwurf auf eine Straßenbahn, bei dem die Windschutzscheibe zu Bruch ging, Verletzte gab es nicht.[29]
Literatur
- HaRakevet Nr. 88 (2010), S. 9f; Eisenbahn-Revue International Heft 5/2010, S. 244, gaz: Erste Fahrten bei der Jerusalemer Straßenbahn.
- Main-Echo, 23. August 2011, Seite 8 (nach einer dpa-Meldung) Weblink zur Einführung auf den kostenpflichtigen Artikel
Weblinks
Commons: Stadtbahn Jerusalem – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Webseite des Konzessionärs (in hebräisch)
- Webseite des Betreibers
- Artikel aus dem Online-Auftritt des Haaretz (heb. und engl_1., engl._2, engl._3 & engl._4)
- Jüdische Allgemeine, 18. August 2011
Einzelnachweise
- ↑ a b Birgit Frey, Martin Frey: Unter der weißen Harfe. In: Straßenbahn-Magazin Heft 1/2009, S. 60
- ↑ Potterell, George: "A tramway project in Jaffa". HaRakevet, Ausgabe 6 (Dezember 1989), S. 11. HaRakevet, zu deutsch: Die Eisenbahn, wird als private Veröffentlichung herausgegeben von Rabbi Walter Rothschild, dessen erste Ausgaben nur als Kopierfassung vorliegen und vom Herausgeber sukzessive unter www.harakevetmagazine.com allgemein bereitgestellt werden.
- ↑ a b Nir Hasson: Jerusalem light rail to finally get on track after 101 years, Haaretz, 7. Juni 2011. Obwohl in diesem Artikel behauptet wird, dass dazu nichts näher bekannt sei, konnte ein Beleg dazu hier in der deutschen Wikipedia ermittelt werden.
- ↑ Der Beleg dazu ist tatsächlich nicht in den Tageszeitungen und/oder der Fachliteratur zu finden. Näheres Details dazu aus diesem WP-Link:Mavrommatis Palestine Concessions.
- ↑ a b Robert Daniel, Marc Render: From Mule Tracks to Light Rail Transit Tracks - Integrating Modern Infrastructure into an Ancient City - Jerusalem, Israel S. 768/769
- ↑ a b c d e f Oz Rosenberg:Jerusalem's Light Rail System opens to the public after years of delays Haaretz, 19. August 2011
- ↑ Straßenbahn erst 2011 im Einsatz?IsraelMagazin, 28. Juni 2010
- ↑ Jan-Uwe Ronneburger: Was lange währt Sächsische Zeitung, 20. August 2011
- ↑ a b c d Birgit Frey, Martin Frey: Unter der weißen Harfe. In: Straßenbahn-Magazin Heft 1/2009, S. 61
- ↑ a b Seth Freedman: Israel's occupation, linked by rail. Guardian, 26. November 2009
- ↑ AP: Palestinians hope to derail Jerusalem light rail project, Ha'aretz, 29. Januar 2010; Amira Hass: Palestinians to Arab states: You can stop Jerusalem light rail, 17. November 2009, beide: Ha'aretz, zuletzt aufgerufen am 13. September 2011
- ↑ a b Ian Volner: A Bridge, Yes, But to Where? The jewish daily FORWARD, 9. Juli 2008
- ↑ Adri Nieuwhof: Divestment campaign gains momentum in Europe, The Electronic Intifada, am 24. März 2009.
- ↑ Nir Hasson: J'lem train company asks passengers: 'Do you mind traveling with Arabs?', Ha-Aretz am 20. August 2010
- ↑ Nir Hasson: CityPass CEO says he backs gender-segregated train cars, Ha-Aretz am 24. August 2010
- ↑ Meldungen von APA und AFP, z.B. in Oberster Gerichtshof stoppt Geschlechtertrennung in Bussen, Der Standard, 6. Januar 2011.
- ↑ Nir Hasson: Jerusalem light-rail security guards use pepper spray on Palestinian passengers, Ha-Aretz am 6. Oktober 2011
- ↑ Sal Emergui: Jerusalén inaugura el puente de su nuevo 'rey', Santiago Calatrava (spanisch) Elmundo (Online-Ausgabe), 25. Juni 2008
- ↑ Von anwesenden Einheimischen wurden jedoch nach Bericht eines amerikanischen Journalisten Bürgermeister und Ministerpräsident ausgebuht; die Anwohner bezeichneten die Brücke als Wäscheleine, die unansehnlich und fehl am Platze sei: Ian Volner in A Bridge, Yes, But to Where?.
- ↑ SI 5350: Construction and operation of Light Rail Transit, Verweis über PDF
- ↑ Berichte zur Eröffnung und ihren Problemen in: HaRakevet 94 (September 2011), S. 8-10.
- ↑ Melanie Lidmann: J'lem faces new hurdles before opening Jerusalem Post, 15. August 2011
- ↑ Mit Stand 7. Oktober 2011 wird allerdings auf Grund dieser Probleme nach wie vor die kostenlose Nutzung der Stadtbahn angeboten
- ↑ Pressemitteilung zu beiden Fakten: For the first two weeks the ride will be free Stadtverwaltung Jerusalem, 18. August 2011
- ↑ YWN-The Israel Desk: Jerusalem Light Rail Continues Free Service, The Yeshiva World, 8. September 2011
- ↑ a b Melanie Lidmann: 40.000 ride Israel's first light rail in Jerusalem Jerusalem Post, 20. August 2011
- ↑ Amiram Bakarat: Analysis: Too few trains, too many passengers Jerusalem Post/Globes, 17. August 2011
- ↑ Auch die dpa-Meldung wurde von mehreren Tageszeitungen in Deutschland verarbeitet, z.B. Jan-Uwe Ronneburger: Was lange währt Sächsische Zeitung, 20. August 2011, gleichlautend auch Main-Echo: Endlich freie Fahrt für ein umstrittenes System (kostenpflichtig) 23. August 2011, S. 8
- ↑ Oz Rosenberg: Stones hurled at Jerusalem light rail, bus; police suspect nationalist motives, Ha-Aretz, 11. Oktober 2011. Diese Art und Weise von Gewalt ist in Jerusalem nichts Unbekanntes und wurden bereits im Planungsstadium vorhergesehen: Auch das ist mit ein Grund gewesen, die Fahrzeuge aufwändig gegen jede Art von Attacken zu schützen, auch wenn diese zu erwartenden Steinwürfe nie öffentlich thematisiert wurden, sondern die Diskussion sich auf Bombenattentate beschränkte.
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