Kelle & Hildebrandt

Kelle & Hildebrandt

Die Kelle & Hildebrandt GmbH ist ein ehemaliges Unternehmen in Dresden, dessen Nachfolgebetrieb heute zur SBS-Gruppe gehört.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der Eisengießerei Kelle & Hildebrandt am Hohenthalplatz in der Dresdner Friedrichstadt hergestellter Schachtdeckel auf einer Straße in Hellerau

Die Firma Kelle & Hildebrandt wurde 1874 durch den königlich-sächsischen Hofschmiedemeister Dietrich Conrad Kelle und Adolf Hermann Hildebrandt im Dresdner Stadtteil Friedrichstadt gegründet. Die Eisengießerei befand sich am Hohenthalplatz 5–6. Nach dem Tod Hildebrandts im Jahre 1883 übernahmen dessen Söhne Emil als Technischer Direktor und Clemens, der die kaufmännische Leitung wahrnahm, seine Firmenanteile. Nachdem zwei Jahre später auch Kelle ausschied, wurden sie zu Alleininhabern.

Anfänglich handelte es sich um eine Schmiede und Gießerei.[1] Das Geschäftsfeld erweiterte sich im Laufe der Jahre auf den Brücken- und Stahlbau sowie den Maschinenbau. Besonders bekannt wurde der Betrieb für die Herstellung von Bühnenmaschinerien.

Die Firma war mit ihren Erzeugnissen auf der Weltausstellung 1889 in Paris vertreten. Eines der damaligen Ausstellungsstücke, ein schmiedeeiserner Altan, befindet sich heute in der Radebeuler Borstraße an der ehemaligen Privatvilla Emil Hildebrandts, die unter Denkmalschutz steht.

Als relativ modern für die damalige Zeit erwiesen sich die innerbetrieblichen Maßnahmen zur sozialen Absicherung der Angestellten. Seit 1891 bestand eine Unterstützungskasse für die Arbeiter, die ab 1896 zudem Anspruch auf bezahlten Urlaub hatten. Im Jahre 1899 kam es zur Einrichtung einer Betriebskrankenkasse für die damals bereits 850 Mitarbeiter. [2]

In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Produktion im neuen Werk an der Bosewitzer Straße in Großluga neben der Bahnstrecke Dresden–Bodenbach aufgenommen. Das Lugaer Betriebsgelände gehörte nach einer Eingemeindung ab 1922 zu Niedersedlitz, das deshalb häufig als Ort des Firmensitzes angegeben wird. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs blieb die Firma im Besitz der Familie Hildebrandt.

Nach 1945 wurden Teile der Werksanlagen als Reparationen demontiert und in die Sowjetunion verbracht. Nach einem Volksentscheid in Sachsen am 30. Juni 1946 wurde die Firma schließlich entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt. Walter Hildebrandt, einer der letzten Mitinhaber von Kelle & Hildebrandt, starb im Dezember 1952 70-jährig in Bad Kissingen.[3]

Produkte

Der Aufzug in Bad Schandau, hergestellt bei Kelle & Hildebrandt

Die Produktpalette der Firma Kelle & Hildebrandt war breit gefächert. Hergestellt wurden hauptsächlich Erzeugnisse aus Eisen und Stahl. Dazu zählten Stahlskelettbauten, Brücken, Förderanlagen, Fernsehtürme,[4] Bahnschienen, Gaslaternen, Straßenmasten sowie Schleusen- und Schachtdeckel.[5] Eine Zeit lang produzierten Kelle & Hildebrandt auch Schienenfahrzeuge. Es entstanden vor allem Rollwagen für die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, die auf den Schmalspurbahnen in Sachsen zum Einsatz kamen.

Um 1900 führten Kelle & Hildebrandt erste Bühnentechnik-Aufträge aus. Seither belieferte die Firma viele deutsche und internationale Opernhäuser und Theater mit der technischen Ausstattung für deren Bühnen.

Während beider Weltkriege stellten Kelle & Hildebrandt diverse Rüstungsgüter für das Deutsche Heer und die Wehrmacht her. Im Zweiter Weltkrieg war die Firma einer der wichtigsten Rüstungsbetriebe Dresdens und produzierte ab 1943 vorwiegend Sektionen für die neuen U-Boote des Typs XXI. Das Lugaer Werk lag allerdings 10 km von der Innenstadt entfernt und somit weit außerhalb des Bereichs des Flächenbombardements der Luftangriffe auf Dresden vom Februar 1945.

Für verschiedene Dresdner Gebäude bauten Kelle & Hildebrandt und ihr Nachfolgebetrieb beispielsweise die Dachkonstruktion der Kreuzkirche, die Stahlkonstruktion für das Requisitengebäude der Semperoper und die Hauptmarkthalle in der Friedrichstadt. Auch der Greifenbachviadukt und der Personenaufzug Bad Schandau gehen auf die Firma zurück.

Nachfolgebetrieb

In der Zeit der DDR bestand das Werk als VEB Sächsischer Brücken- und Stahlhochbau Dresden, kurz SBS, weiter.[6] Bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit war der Betrieb am Wiederaufbau kriegszerstörter Infrastruktur beteiligt, so zum Beispiel bei der notdürftigen Wiederherstellung der Stadtbrücke Pirna.[7] Danach entwickelte er sich immer mehr zu einem bedeutenden Exportbetrieb.[8] Er war Teil des Kombinates TAKRAF.

Nach der Wende ging der VEB SBS in den Verantwortungsbereich der Treuhandanstalt über und wurde 1993 von der GEA AG in Frankfurt am Main übernommen. Seit einem MBO leitender Mitarbeiter im Jahre 1998 ist das Unternehmen wieder in sächsischer Hand[9] und wird heute wieder als standortprägender Maschinenbaubetrieb beschrieben.[10] Der Sektor Bühnentechnik besteht bis heute; bei einer Umstrukturierung 2002 entstanden in der SBS-Gruppe auch eigene Sparten für Metall- und Steuerungstechnik und eine Tochtergesellschaft in Peking. Das Unternehmen mit seinen etwa 170 Mitarbeitern in Dresden gehört zu den Weltmarktführern im Bereich Theaterbühnentechnik mit Referenzobjekten im Konzertsaal Luzern, Royal Opera House in London und im Frankfurter Schauspielhaus. [11]

Einzelnachweise

  1. sonapro.de (PDF)
  2. familie-winkelhausen.de
  3. zeit.de
  4. dresden.ihk.de
  5. dresden.de
  6. Geschichte und Verweis auf Findmittelkatalog im Hauptstaatsarchiv Dresden. Bestandsinhalt des Abgabeverzeichnises 1982: Gebäude.- Grundstücke.- Produktionen.- Inventur.- Hauptbücher.- Bilanzen.- Belegschaftsaufstellung.- Lohn.- Lagepläne.- Arbeiterunterstützerkassen.- Schätzungsgutachten über Maschinenwerte.- Werbeprospekte.- Rüstungsproduktion.- Fotos.
  7. attente.de
  8. dresden-und-sachsen.de
  9. sbs-dresden.de
  10. dresden.de
  11. prodresden.m-a-e.de (PDF)

Weblinks


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