- Kennzeichnungspflicht von Polizisten
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Bei der Kennzeichnungspflicht von Polizisten handelt es sich um die Pflicht zur individuellen Kennzeichnung von Polizisten im Einsatz.
Inhaltsverzeichnis
Arten der Kennzeichnung
Man unterscheidet zwischen von außen sichtbarer Kennzeichnung und der Pflicht, einen Ausweis bei sich zu tragen und diesen auf Wunsch vorzuzeigen. Bei der öffentlich sichtbaren Kennzeichnung gibt es neben Namensschildern die Möglichkeit, individuelle, aber anonymisierte Nummern zu tragen. Die erforderliche Art der Kennzeichnung wird oft von der Art des Einsatzes abhängig gemacht: Hierbei unterscheidet man Verdeckte Ermittler, Streifendienste und Einsätze in Einheiten sowie verschiedene Polizeien wie die städtische, regionale und nationale Polizei.
Rechtslage in einzelnen Ländern
Deutschland
Bisher gibt es in Deutschland eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten in Einsätzen nur in Berlin.[1] In den Bundesländern Hessen, Thüringen und Hamburg ist das Tragen von Namensschildern vorgesehen, jedoch nicht für alle Polizeibeamten verpflichtend. Bei der Bundespolizei gibt es keine individuelle Kennzeichnungspflicht.[2]
Österreich
In Österreich gibt es keine Kennzeichnungspflicht. Polizeibeamte sind verpflichtet, auf Wunsch ihren Dienstausweis zu zeigen oder ihre Dienstnummer offenzulegen, sofern sie dies nicht bei der Erfüllung ihrer aktuellen Aufgabe behindert.[3]
Andere europäische Länder
In den meisten Ländern der Europäischen Union existiert eine Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten durch ein Namensschild oder durch eine Identifikationsnummer.
In Spanien und Tschechien tragen alle uniformierten Polizisten eine Identifikationsnummer. In Griechenland tragen Polizisten mit Ausnahme der höchsten Ränge zu allen Zeiten eine Identifikationsnummer, in Italien sind Polizisten mit einer Identifikationsnummer gekennzeichnet und müssen auf Nachfrage zusätzlich ihren Dienstausweis zeigen.
In Polen und Ungarn tragen Polizisten ein Etikett mit ihrem Namen und Dienstgrad. In Belgien tragen Angehörige aller Polizeieinheiten ein Schild mit ihrem Nachnamen, ihrer Dienststelle und ihrem Dienstgrad an ihrer Uniform. Auch in Frankreich sind Polizisten zum Tragen eine Identifikationskarte mit Namen, Dienstgrad und Dienstadresse verpflichtet.
In Estland, Litauen, Rumänien, der Slowakei und Zypern verpflichtet das Polizeirecht alle Polizisten zum Tragen eines Etiketts mit ihrem vollen Namen und einer Identifikationsnummer. In Slowenien können die Beamten zwischen beidem wählen.
In Großbritannien ist die Kennzeichungspflicht Angelegenheit der regionalen Polizeiführung. Vorgesehen sind Etiketten mit Namen oder Identifikationsnummern und dem jeweiligen Rangabzeichen.
In Schweden sind Polizisten nicht gekennzeichnet, es sei denn, sie sind zum Beispiel durch das Tragen eines Helmes unkenntlich, in welchem Fall sie eine Nummer oder ihren Dienstausweis offen tragen müssen. Auf Wunsch müssen sie ihren Dienstausweis zeigen.
In Dänemark, Finnland, den Niederlanden und Portugal sind Beamte nur verpflichtet, sich auf Wunsch auszuweisen.
In den meisten Ländern, in denen eine Kennzeichnungspflicht besteht, sind Ausnahmeregelungen vorgesehen, nach denen in bestimmten Situationen die individuelle Kennzeichnung reduziert oder weggelassen werden kann. Dazu gehören Einsätze in Zivilkleidung und verdeckte Ermittlungen sowie Einsätze, bei denen eine Gefährdung der Sicherheit der Polizisten oder ihrer Familien befürchtet werden muss. In einigen Ländern sind Polizisten bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen.[3]
USA
In den Vereinigten Staaten tragen Polizeibeamte seit 1975 ein Namensschild; viele tragen zusätzlich eine Personalnummer.[4]
Öffentliche Debatte in Deutschland
In Deutschland wird eine allgemeine Kennzeichnungspflicht von verschiedenen Parteien und Organisationen gefordert. Dazu gehört unter anderem die Kampagne Mehr Verantwortung bei der Polizei der deutschen Sektion von Amnesty International.[5]
Befürworter der Kennzeichnungspflicht führen an, dass die Aufklärung von unrechtmäßiger Gewalt durch Polizeikräfte durch eine individuelle Kennzeichnung erleichtert werde. Dadurch werde auch Gewalt vorgebeugt und das Vertrauen in die Polizei gestärkt.[6][7]
Die Übergriffe eines Polizisten gegen einen Demonstranten auf der Freiheit-statt-Angst-Demonstration im Jahr 2009 lösten in Berlin heftige Diskussionen aus, die schließlich die Einführung einer Kennzeichnungspflicht in Berlin beförderten.[8][9] Die Diskussionen um Gewaltanwendung seitens der Polizei bei den Demonstrationen gegen das Projekt Stuttgart 21 und gegen den Castor-Transport im Oktober 2010 verstärkten auch in anderen Bundesländern die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht.[10]
Zu den Gegnern der Kennzeichnungspflicht gehören unter anderem die Gewerkschaft der Polizei und die Deutsche Polizeigewerkschaft. Sie sprechen von einem „Kontrollwahn gegen die Polizisten“[11] und befürchten eine Zunahme von „willkürlichen Vorwürfen“ gegen Polizeibeamte[12]. In keinem europäischen Land, das eine Kennzeichnungspflicht eingeführt hat, wurde allerdings seitdem ein nennenswerter Anstieg solcher Anschuldigungen verzeichnet.[3]
Einzelnachweise
- ↑ Polizei kämpft nun mit offenem Visier, taz, 26. November 2010
- ↑ Bericht von amnesty international
- ↑ a b c Infobrief des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 18. April 2011
- ↑ Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins
- ↑ Vgl. Impressum der Webseite „amnestypolizei.de“
- ↑ http://www.amnestypolizei.de/mitreden/argumente.html
- ↑ Pressemitteilung des Deutschen Anwaltvereins
- ↑ Neue Koalitionen auf der Straße, taz, 12. September 2010
- ↑ Neue Demo gegen Überwachung, Der Tagesspiegel, 10. September 2010
- ↑ Polizisten nicht mehr anonym, n-tv, 26. November 2010
- ↑ GdP Niedersachsen: Keine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte
- ↑ DPolG: Kennzeichnungspflicht gefährdet Polizisten, 10. Juli 2010
Weblinks
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